Parlamentskorrespondenz Nr. 214 vom 07.03.2011

Vorlagen: Soziales

Regierung legt Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping vor

Um sicherzustellen, dass auch nach der vollständigen Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für BürgerInnen der so genannten "EU-8-Staaten" – Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn – keine Dumpinglöhne bezahlt und Sozialabgaben ordnungsgemäß entrichtet werden, will die Regierung die Kontrolle verschärfen und hat dazu ein eigenes Gesetzespaket geschnürt (1076 d.B. ). Das so genannte Lohn-Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sieht unter anderem vor, bei der Wiener Gebietskrankenkasse ein Kompetenzzentrum für Lohnkontrollen einzurichten und die Unternehmen bei der Mitwirkung von Überprüfungen verstärkt in die Pflicht zu nehmen. Gleichzeitig werden die Strafdrohungen verschärft. Damit sollen nicht nur ArbeitnehmerInnenrechte gesichert, sondern, wie es in den Erläuterungen heißt, auch unfaire Wettbewerbsbedingungen vermieden werden.

Konkret enthält der Gesetzentwurf etwa die Verpflichtung, bei grenzüberschreitenden Arbeitskräfte-Entsendungen bzw. Arbeitskräfte-Überlassungen Lohnunterlagen in deutscher Sprache bereitzuhalten. Das soll den Kontrollorganen die Überprüfung der bezahlten Löhne erleichtern, den Kontrolleuren werden auch entsprechende Betretungs-, Einsichts- und Befragungsrechte eingeräumt. Wird der Grundlohn mehr als geringfügig unterschritten, muss künftig nicht nur wie bisher die Lohndifferenz nachgezahlt werden, es drohen, je nach betroffener ArbeitnehmerInnenzahl und abhängig von etwaigen früheren Anzeigen, auch Verwaltungsstrafen zwischen 1.000 € und 50.000 €. Unternehmen, die Kontrollen behindern oder geforderte Unterlagen nicht bereithalten, können mit bis zu 5.000 € - im Wiederholungsfall bis zu 10.000 € - bestraft werden. Bei wiederholten Verstößen bzw. gravierender Unterentlohnung kann die Dienstleistung von ausländischen ArbeitgeberInnen zur Gänze untersagt werden. Unterentlohnungen im Baubereich können nicht nur durch Organe der Abgabenbehörden, sondern auch durch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) kontrolliert und angezeigt werden.

Zwei Jahre nach In-Kraft-Treten sollen die neu geschaffenen Bestimmungen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

Zugang zum Arbeitsmarkt für AusländerInnen wird neu geregelt

Die vollständige Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts für acht der neuen ost- und mitteleuropäischen EU-Länder sowie die geplante Einführung der so genannten Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer erfordern auch umfassende Änderungen im Ausländerbeschäftigungsgesetz. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde dem Nationalrat von der Regierung vorgelegt (1077 d.B. ). Mit dem Entwurf werden auch zwei EU-Richtlinien umgesetzt, die Bestimmungen für Saisoniers neu regelt und das Arbeitslosenversicherungsgesetz im Hinblick auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs adaptiert.

Konkret wird mit dem Gesetzentwurf der Arbeitsmarktzugang für hoch qualifizierte AusländerInnen, Fachkräfte in Mangelberufen und sonstige so genannte "Schlüsselkräfte" neu geregelt. Für sie gilt in Hinkunft nicht mehr ein Quotensystem, sondern ein "kriteriengeleitetes Punktesystem". Um eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, ist demnach das Erreichen einer bestimmten Punkteanzahl erforderlich, bewertet werden unter anderem erworbene Qualifikationen, Berufserfahrung, deutsche Sprachkenntnisse und das Alter. Besonders hochqualifizierte Zuwanderer müssen etwa 70 von maximal 100 Punkte erreichen, Fachkräfte in Mangelberufen 50 von 75. Für ProfisportlerInnen und TrainerInnen sind Zusatzpunkte vorgesehen. Darüber hinaus werden auch AusländerInnen zur Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, die die Kriterien für die "Blue-Card" der EU erfüllen.

Einen erleichterten Arbeitsmarktzugang gibt es auch für jene AusländerInnen, die in Österreich ein Studium absolviert haben. Voraussetzung dafür ist eine dem Ausbildungsniveau entsprechende Beschäftigung und ein bestimmtes Mindestgehalt. Gleichzeitig wird das Dazuverdienen während des Studiums bzw. eines Schulbesuchs einfacher, in Hinkunft kann ausländischen SchülerInnen und StudentInnen für bis zu zehn bzw. zwanzig Wochenstunden eine Beschäftigungsbewilligung ohne Arbeitsmarktprüfung gewährt werden. Die Arbeitsmarktprüfung entfällt weiters für Personen mit besonderem Schutzstatus, etwa Opfer von Menschenhandel und familiärer Gewalt. Nachgezogene Familienangehörige erhalten in Hinkunft einen sofortigen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.

Ergänzend zum kriteriengeleiteten Zuwanderungsmodell wird es weiter ein Verfahren für sonstige Beschäftigungsbewilligungen geben, wobei die Bundeshöchstzahl für bewilligungspflichtig beschäftigte AusländerInnen angesichts des Wegfalls des eingeschränkten Arbeitsmarktzugangs von ArbeitnehmerInnen aus den "EU-8-Staaten" von 8% auf 7% herabgesetzt wird. Von der siebenjährigen Übergangsfrist in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit sind künftig nur noch Bulgarien und Rumänien betroffen.

Das "Saisoniermodell Neu" sieht eine neue Kategorie von "registrierten Saisoniers" vor. Demnach kann das AMS Saisonarbeitskräften, die in den Jahren 2006 bis 2010 durchgehend für mindestens vier Monate im Jahr in derselben Branche im Rahmen des Saisonierkontingents beschäftigt waren, in Hinkunft ohne Arbeitsmarktprüfung eine Beschäftigungsbewilligung für maximal sechs Monate bzw. maximal zehn Monate im Jahr erteilen. Diese Beschäftigungsbewilligung gilt gleichzeitig als Aufenthaltstitel. Im Gegenzug sollen Saisonierkontingente auf ein Minimum beschränkt werden, da, wie in den Erläuterungen festgehalten wird, neben den registrierten Saisoniers auch in Folge der Ostöffnung zusätzlich Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle wird darüber hinaus die "Sanktionenrichtlinie" der EU umgesetzt, die Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen ArbeitgeberInnen vorschreibt, die illegal im Land aufhältige AusländerInnen beschäftigen. Zu den neuen Bestimmungen gehören etwa eine Meldepflicht für die Beschäftigung von AusländerInnen ohne Daueraufenthaltsrecht, eine systematische Information unrechtmäßig beschäftigter AusländerInnen über ihre Arbeitnehmerrechte vor ihrer Abschiebung und eine Haftung des Auftraggebers für nicht bezahlte Löhne bei wissentlicher Duldung illegaler Ausländerbeschäftigung. Außerdem wird künftig automatisch davon ausgegangen, dass eine illegale Beschäftigung zumindest drei Monate gedauert hat, solange der Arbeitgeber bzw. der Beschäftigte nichts Gegenteiliges beweisen.

Bei wiederholten Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz kann ein Unternehmen bis zu einer Dauer von drei Jahren von öffentlichen Förderungen ausgeschlossen werden und muss unter bestimmten Umständen auch bereits erhaltene Förderungen zurückzahlen. Schwere Formen der illegalen Ausländerbeschäftigung, z.B. die Beschäftigung von illegalen AusländerInnen unter besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, werden in Hinkunft als Straftat gewertet und können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Für die kurzzeitige Beschäftigung einer größeren Zahl illegaler AusländerInnen drohen bis zu sechs Monate Haft.

Gestrichen wird schließlich die Auflage, dass bei der Reduzierung von Arbeitsplätzen oder bei der Einführung von Kurzarbeit zunächst AusländerInnen gekündigt werden müssen.

Die gleichzeitig mit der Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorgesehene Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes betrifft in erster Linie den Bezug von Arbeitslosengeld trotz bereits bestehenden Anspruchs auf eine Korridorpension. Der Verfassungsgerichtshof hat die geltenden Bestimmungen als zu restriktiv gewertet – künftig wird es mehr ältere ArbeitnehmerInnen geben, die nach einem unverschuldeten Verlust ihres Arbeitsplatzes Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. An der maximalen Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für Betroffene von einem Jahr ändert sich nichts.