Parlamentskorrespondenz Nr. 382 vom 14.04.2011

Bundesrat: Aktuelle Stunde mit der Wissenschaftsministerin

Beatrix Karl kündigt Standortkonzept für Hochschulen an

Wien (PK) – Zu Beginn der heutigen 795. Sitzung des Bundesrates würdigte Präsident Gottfried KNEIFEL den scheidenden Vizekanzler Josef Pröll als fairen und engagierten Partner der Bundesländer und des Bundesrates, dankte ihm für seine Arbeit in den vergangenen acht Jahren und wünschte ihm für seine Zukunft alles Gute und beste Gesundheit. Die Aktuelle Stunde des Bundesrates bestritt die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Beatrix Karl.

Perspektiven der Länder in der Wissenschafts- und Forschungspolitik

 

Bundesrat Josef SALLER (V/S) begrüßte zunächst die Einführung der Studieneingangs- und –orientierungsphase als ersten Schritt, um die Planbarkeit der Universitäten zu verbessern, hielt aber weitere Regelungen hinsichtlich Hochschulzugang und Finanzierung der Hochschulen für notwendig. Ein geregelter Hochschulzugang steigere die Qualität der Studierenden und senke die Drop-Out-Rate, war er überzeugt. Der Redner hob überdies die Bedeutung der Fachhochschulen als Bildungsmotoren hervor und meinte, gerade im regionalen Bereich sei die Schaffung diesbezüglicher Ausbildungsplätze besonders wichtig. Als vordringlich sah Saller nun vor allem eine Weiterentwicklung und Entfaltung der Potentiale auf dem Gebiet der Technik, so insbesondere in den MINT-Fächern, sowie einen koordinierten Ausbau der Forschungsstrukturen und eine stärkere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Insgesamt war für den Redner klar, dass Österreich in Wissenschaft und Forschung nachhaltig investieren müsse, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.

Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) wünschte einen Dialog für eine, wie sie sagte, verantwortliche Hochschulpolitik mit realistischen Zukunftsszenarien und klaren Zielen, bei dem es nicht in erster Linie darum zu gehen habe, wie viel die Universitäten kosten dürfen. Die gesamte Grundausrichtung der österreichischen Hochschulpolitik sei nicht mehr stimmig, lautete der kritische Befund der Rednerin, die dringenden Handlungsbedarf bereits im Bereich der Studienberatung ortete. Mit der Einführungs- und Orientierungsphase werde man der im internationalen Vergleich überdurchschnittlich langen Studiendauer nicht begegnen können, es brauche vielmehr überschaubare und verständliche Bildungswegweiser. Als beschämend bezeichnete es Kemperle auch, dass sich viele Studierende ihr Studium nicht mehr leisten können. Sie trat deshalb für ein Stipendiensystem ein, das es Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ermöglicht, ohne Nebenjob zu studieren. Die Hochschulen müssen ihrer Meinung nach weiter von der öffentlichen Hand getragen werden, um auch in Zukunft für alle offen zu stehen. Hochschulpolitik dürfe jedenfalls nicht zu einem lukrativen Businessbereich für private Investoren werden, warnte Kemperle.

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) plädierte für die Konzentration der Förderungen auf bestehende Wissenschaftscluster und sprach sich in diesem Zusammenhang für eine stärkere öffentliche Unterstützung der Wiener Hauptuniversität aus. Anliegen des Redners waren auch die Erhöhung der Förderung der Grundlagenforschung an den Universitäten sowie Steuererleichterungen für junge innovative Betriebe. Überdies trat Pisec für die Zurückdrängung des Einflusses von staatlicher Politik auf Wissenschaft und Forschung und für eine stärkere Autonomie der Universitäten ein. Die Rolle des Staates sah er vor allem darin, Hilfestellung zu leisten, für die Vermarktung der Hochschulen zu garantieren und das Management zu finanzieren.

Bundesministerin Beatrix KARL stellte klar, die Hochschulen bräuchten einen geregelten Zugang und ausreichende Finanzierung bei gleichzeitiger Steigerung ihrer Effizienz, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Als Kriterien ihrer Hochschulpolitik nannte Karl dabei die Teilhabe möglichst breiter Bevölkerungsschichten, die Steigerung der Absolventenzahlen, größere Planbarkeit und Transparenz sowie die Entlastung von unnötiger Bürokratie. Der österreichische Hochschulplan müsse sich im Interesse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit gezielter als bisher entwickeln, gab sie zu bedenken und kündigte ein Standortkonzept im Hinblick auf Studienplätze, Forschungsinfrastruktur und Bauten an. Wesentliche Bedeutung werde auch der Studienplatzfinanzierung auf Normkostenbasis und der Kapazitätsfestlegung für alle Universitäten zukommen.

Kritisch äußerte sich Karl zum offenen Hochschulzugang. Dieser habe zu keiner sichtbaren Verbesserung der sozialen Strukturen der
Studierenden geführt, sein Preis sei vielmehr die Massenuniversität und sinkende Qualität gewesen. Auch wäre der offene Hochschulzugang das falsche Rezept, um die Akademikerquote zu erhöhen, meinte Karl.

In den Fachhochschulen wiederum sah die Ministerin eine Erfolgsgeschichte und sprach von einer wichtigen Schnittstelle zwischen Wissenschaft und lokal sowie global agierenden Unternehmen. Sie kündigte in diesem Zusammenhang eine weitere Offensive und den Ausbau dieses Sektor an und verwies gleichzeitig auf die Tatsache, dass Fachhochschulen eine Studienplatzfinanzierung mit Studiengebühren betreiben. Bei der Forschungsstrategie der Bundesregierung wiederum hob die Ministerin die Stärkung der Grundlagenforschung, die Förderung der Innovation sowie Kooperation der Forschungseinrichtungen hervor. Als vorbildlich präsentierte Karl den bereits bestehenden Verbund der Technischen Universitäten in Österreich, den HPC-Cluster, aber auch die international anerkannte Biobank in Graz.

Bundesrätin Jennifer KICKERT (oK/W) wünschte sich, dass Wien hochschulpolitisch Chicago werden möge, denn nach Ansicht der Rednerin sei die US-amerikanische Forschung vorbildlich. Auf diesem Gebiet bestehe im Land noch jede Menge Nachhol- und Handlungsbedarf, sodass es kontraproduktiv sei, gerade in diesem Bereich den Sparstift anzusetzen. Man müsse viel mehr in die Bildung investieren, wolle man als Forschungsstandort kompetitiv sein, erklärte die Rednerin.

Bundesrätin Bettina RAUSCH (V/N) fokussierte in ihrer Rede auf den Beitrag der Bundesländer zu Bildung und Forschung und wies dabei auf die ökonomischen Vorteile hin, die Wissenschaft und Forschung böten, seien diese doch wirtschaftliche Motoren für die Regionen und Gemeinden. Niederösterreich beweise eindrucksvoll, wie eine erfolgreiche Forschungs- und Technologiepolitik für hervorragende Wirtschaftsdaten sorge.

Bundesrat Reinhard TODT (S/W) betonte die Wichtigkeit eines offenen Hochschulzugangs. Deshalb sei es unumgänglich, die Studiengebühren nicht wieder einzuführen. Österreich habe in der OECD die niedrigste Akademikerquote, sodass man sich die Frage stellen müsse, wie diese Quote verbessert werden könne. Hier werde man durch soziale Beschränkungen sicher keine Optimierung erreichen. Derzeit seien in vielen Bereichen die Studienbedingungen inakzeptabel, Österreich spare hier entschieden am falschen Platz, vielmehr brauche es eine entsprechende Offensive, um den Rückstand zu den anderen Staaten endlich aufzuholen und Österreich hinsichtlich der Wissenschaft und Forschung wettbewerbsfähig zu machen.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) konzedierte der Ministerin, dass sie ein schweres Erbe angetreten habe, doch dürfe dies nicht dazu führen, dass die nötige Trendwende auch weiterhin ausbleibt. Ihre Fraktion sei für den freien Hochschulzugang, allerdings müsse man sich überlegen, wie man es vermeiden könne, dass sich zu viele Studierende in denselben Fächern tummelten. Man habe nichts davon, wenn man gute Juristen ausbilde, die dann als Taxifahrer arbeiten oder arbeitslos sein müssten. Der Wert der Bildung könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, weshalb es hier endlich entsprechende Maßnahmen brauche. So müsse man bereits in der Schule ansetzen, wobei die Matura endlich wieder das sein müsse, was sie einmal war, schloss die Rednerin.

Bundesministerin Beatrix KARL beantwortete die aufgeworfenen Fragen und forderte dabei neuerlich die Wiedereinführung von Studiengebühren ein, da nur so die entsprechende Leistung garantiert werden könne. Der offene Hochschulzugang sei ja nach wie vor gegeben, denn jeder, der zu einem Studium fähig und geeignet sei, könne ja auch studieren, nur um dies festzustellen, brauche es eben entsprechende Aufnahmeverfahren, erklärte die Ministerin, die abschließend noch auf die außeruniversitäre Forschung einging, die ihrer Aussage nach auch weiterhin sichergestellt sei. (Schluss Aktuelle Stunde/Fortsetzung Bundesrat)


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