Parlamentskorrespondenz Nr. 511 vom 23.05.2011

Die Erwartungen an die zukünftige EU-Agrarpolitik

Parlamentarische Enquete zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013

Wien (PK) – "Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013 – Chancen und Herausforderungen für Österreich" lautete der Titel einer Parlamentarischen Enquete, die Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heute eröffnete. Eingeleitet wurde die Enquete von Stellungnahmen der Parlamentsparteien zur beabsichtigten Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014.

Kurt Gassner: Agrarförderungen am Arbeitseinsatz ausrichten

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) sah die Ausgangssituationen zur Neugestaltung GAP geprägt durch die Erhöhung der Zahl der EU-Mitgliedsländer von 15 auf 27 und von der angespannten Finanzlage in den Mitgliedsländern und in der EU insgesamt. Hinsichtlich der Zielsetzungen der GAP-Reform zitierte Gaßner aus dem Regierungsprogramm und unterstrich die Erhaltung der Direktzahlungen, die Förderung der Qualitätsproduktion und die Ausrichtung der Förderungspolitik an der Intensität des Arbeitseinsatzes, die Sicherstellung der Lebensqualität im ländlichen Raum, den Zugang aller Menschen im ländlichen Raum zu Förderungsmitteln, sowie mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Förderungsmittel. Gaßner trat dafür ein, die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich zu erhalten und sicherzustellen, dass Förderungsgelder allen Menschen im ländlichen Raum zu Gute kommen, damit die Menschen dort leben und wohnen bleiben.

Fritz Grillitsch: Agrarpolitik ist moderne Gesellschaftspolitik

Abgeordneter Fritz Grillitsch (V) sah die Aufgabe Österreichs in den Verhandlungen zur Neugestaltung der GAP ab 2014 darin, das Modell einer nachhaltigen und ökologisch ausgerichteten Agrarpolitik, wie sie sich in Österreich bewährt hat, auch in der europäischen Union durchzusetzen. Konkret gehe es dabei um Lebensmittelsicherheit, Ernährungssouveränität, Transparenz, tiergerechte Produktion und um das Offenhalten der Landschaft als Basis des Tourismus. Die Landwirtschaft sichert in Österreich 500.000 Arbeitsplätze, unterstrich Grillitsch. Eine bäuerliche Landwirtschaft könne in Österreich nur erhalten bleiben, wenn die Bauern sichere Rahmenbedingungen, Märkte und faire Preise haben. Sicherheit für die Bauern und Bäuerinnen bedeutet auch Sicherheit für die Konsumenten und Konsumentinnen, sagte Grillitsch. "Da wir keine industrialisierte Landwirtschaft in Österreich haben wollen, müssen die Bauern und Bäuerinnen weiterhin unterstützt werden", schloss Grillitsch und stellte fest: "Agrarpolitik ist moderne Gesellschaftspolitik".

Harald Jannach: Agrarförderungen gerechter verteilen

Abgeordneter Harald Jannach (F) sprach die Hoffnung aus, von den Vertretern der EU heute Informationen über die agrarpolitischen Absichten der europäischen Union zu erhalten und warnte vor einer EU-Agrarpolitik, die nicht vom Konsens der Bauern und Bäuerinnen in Europa getragen, sondern nach Vorstellungen der EU-FinanzministerInnen gestaltet wird. Für Jannach geht es bei der Neugestaltung der GAP darum, die ungerechte Verteilung der Förderungsmittel zugunsten von GroßgrundbesitzerInnen zu überwinden. Dies erfordere eine Umschichtung der Gelder weg von Mengen- und Flächenförderung hin zur Sicherung der Arbeitsplätze. Europa brauche eine radikale Reform seines Agrarförderungssystems, sagte Jannach, der auch eine Lanze für entschiedene Maßnahmen gegen die Spekulation mit Agrarrohstoffen brach und sich für ein Gentechnikverbot nicht nur in Österreich, sondern in der EU aussprach. Eine Absage erteilte Jannach auch unnötig häufigen Kontrollen durch die AMA und einer überdimensionierten Agrarbürokratie.

Wolfgang Pirklhuber: Bio-Landbau ist die Landwirtschaft der Zukunft  

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) kritisierte die Agrarpolitik der EU, weil diese zum weltweiten Agrardumping beitrage und wandte sich konkret gegen den Import gentechnisch veränderter Futtermittel im Rahmen einer nicht zukunftsfähigen industrialisierten Fleischproduktion in Europa. Pirklhuber plädierte für faire Preise, die es den Bauern ermöglichen, Lebensmittel mit hoher Qualität herzustellen, wandte sich gegen eine Agrarpolitik, die zur Zerstörung der Umwelt führt und forderte die Ausrichtung der EU-Agrarpolitik an Umweltschutz und Konsumenteninteressen. Pirklhuber unterstützte Agrarkommissar Ciolos, der zuletzt klar gemacht hat, dass Gentechnik-Landwirtschaft nichts mit Qualitätsproduktion zu tun hat. Die Bio-Landwirtschaft bezeichnete Pirklhuber als die Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts und erwartete sich im Rahmen der GAP-Reform entsprechende Signale an die Bio-Bauern und -Bäuerinnen. Auch Pirklhuber verlangte mehr soziale Gerechtigkeit in der Förderungspolitik, unterstrich das Menschenrecht auf Nahrung und forderte Maßnahmen gegen das Agrardumping. Die GAP sollte am Ziel einer Kreislaufwirtschaft orientiert werden, die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sichert.

Gerhard Huber: Agrarpolitik für Bauern, nicht für Konzerne

Abgeordneter Gerhard Huber (B) betonte das Recht der Bauern und Bäuerinnen auf Arbeitsbedingungen, die es ihnen ermöglichen, von ihrer Produktion auch zu leben. In diesem Zusammenhang warnte der Abgeordnete vor der Anhebung der Agrarförderungen in Osteuropa auf das Niveau im Westen, weil dies bei gleichbleibendem Budget zwangsläufig zu einer Absenkung der Agrarförderungen in den alten EU-Mitgliedsländern führen würde. Huber problematisierte zunehmende Agrarimporte nach Österreich und meinte, Österreich habe die vor einigen Jahren erreichte Autarkie in der Lebensmittelversorgung bereits wieder verloren. "Wir brauchen in der Agrarpolitik Regeln für die Bauern, nicht für die Konzerne", sagte Huber. Der Redner warnte auch vor gefährlichen Pestiziden, die mit dem Einsatz der Gentechnik verbunden seien, und sprach sich entschieden gegen den Import gentechnisch veränderten Futtermittel aus, weil diese die Gesundheit der Menschen gefährden können.

(Fortsetzung Enquete)

HINWEIS: Fotos von der Enquete finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) im Fotoalbum.