Parlamentskorrespondenz Nr. 878 vom 04.10.2011

Bundesheer vor UN-Einsatz im Libanon

Novelle zum Auslandseinsatzgesetz passiert Ausschuss

Wien (PK) – Der geplante UN-Einsatz österreichischer SoldatInnen im Libanon, die dramatische Situation im KFOR-Einsatzgebiet Kosovo und die Dauerthemen Wehrpflicht, Eurofighter, Kasernenverkäufe und Personalpolitik im Bundesheer standen im Mittelpunkt einer Aktuellen Aussprache mit Verteidigungsminister Norbert Darabos, die der Landesverteidigungsausschuss unter der Verhandlungsleitung seines Obmanns Peter Fichtenbauer am Beginn seiner heutigen Sitzung abhielt. Eine Novelle zum Auslandseinsatzgesetz, die mehr Rechtssicherheit für SoldatInnen beim Einsatz außerhalb der Grenzen Österreichs bringen soll, passierte den Ausschuss mit S-V-F-B-Mehrheit. Oppositionsanträge zur Vorlage des Eurofighter-Vergleichsvertrags und zur Abschaffung der Wehrpflicht wurden auf Antrag der Koalitionsparteien vertagt.

Risiko für Bundesheer im Libanon laut Minister überschaubar

    

Zunächst teilte Minister Darabos Abgeordnetem Stefan Prähauser (S) die Absicht der Bundesregierung mit, Bundesheersoldaten in den Libanon zu entsenden. Gefahren, die bei diesem Einsatz drohten, etwa durch Sprengfallen, seien überschaubar, technische Vorkehrungen werden der Sicherheit der SoldatInnen dienen, sagte der Minister Abgeordnetem Kurt List (B), der sich besorgt gezeigt hatte. Im Nahen Osten ist Österreich seit 1974 präsent, der Libanoneinsatz führe diese Tradition fort. Es handle sich um eine UNO-Mission mit UN-Gerät und Kostenersatz durch die Vereinten Nationen. Das Bundesheer wird im Libanon Transportaufgaben durch Berufssoldaten und Milizionäre wahrnehmen, führte Darabos aus. Insgesamt ist Österreich derzeit mit 1.360 Soldaten im Auslandseinsatz auf internationaler Ebene sehr sichtbar. Auslandseinsätze sind die zweite Priorität des Heeres nach den Katastropheneinsätze, sagte Darabos und informierte Abgeordnete Christine Lapp (S) über die Situation im Kosovo, wo 600 österreichische SoldatInnen im Einsatz sind. Dort herrsche eine explosive Lage an den nördlichen Grenzübergängen zu Serbien. Eine Reduzierung der dort eingesetzten KFOR-Truppe sei daher nicht sinnvoll, hielt Darabos fest.

Die Abgeordneten Oswald Klikovits (V) und Mario Kunasek (F) informierte der Minister auf deren Fragen hin über die Umsetzung von Pilotprojekten zur Attraktivierung der Miliz und erläuterte in diesem Zusammenhang seine Absicht, Pioniereinheiten jährlich üben zu lassen, um deren Qualität zu erhöhen. Den SoldatInnen soll dafür ein entsprechender finanzieller Anreiz geboten werden. Probleme bei der Bestellung eines Abteilungsleiters, gehen nicht auf seine Entscheidung zurück, sondern auf eine Empfehlung General Entachers. Das Verfahren konnte durch einen Vergleich mit einer Nachzahlung von 5.500 Euro beendet werden. Weiterer Schaden sei nicht eingetreten.

In der Causa Entacher, deren jüngste Entwicklung Abgeordneter Oswald Klikovits (V) ansprach, fühlte sich der Minister in seiner Entscheidung "bestätigt", was Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) mit dem Hinweis darauf problematisierte, dass sich Darabos' Weisung auf Abberufung Entachers als Generalstabschef mittlerweile als rechtswidrig herausgestellt habe. Das derzeit laufende Hauptverfahren soll bis Dezember abgeschlossen werden, war von Darabos zu erfahren.  

Die geplante Zusammenführung der Forstverwaltung Allentsteig mit den Bundesforsten werde derzeit geprüft. Er wolle die Bediensteten, die dort arbeiten, in den Personalstand der Bundesforste überführen, sagte der Minister Abgeordnetem Mario Kunasek (F).

Hinsichtlich der künftigen Personalentwicklung in seinem Ressort erklärte Minister Darabos, er halte eine reines Berufsheer für falsch, erwarte sich aber bei Umsetzung des von ihm vorgeschlagenen Modells durch den Abschluss von Zeitverträgen eine wesentliche Absenkung des Durchschnittsalters beim Bundesheer. Sorgen des Abgeordneten Wolfgang Gerstl (V) hinsichtlich der Motivation der Mitarbeiter im Bundesheer bemühte sich der Verteidigungsminister mit dem Hinweis auf die vielen hochmotivierten Mitarbeiter in seinem Ressort zu zerstreuen. Kein anderes Ministerium sei personalpolitisch so innovativ wie das Verteidigungsministerium, sagte Darabos und berichtete von erfolgreichen Bemühungen. Mitarbeiter, die in seinem Ressort nicht mehr gebraucht werden, auf neue Arbeitsplätze zu vermitteln, insbesondere auch im Bundesministerium für Finanzen. Zudem gelinge es, Personal aus der Verwaltung zur Truppe umzuschichten.

In seinen weiteren Ausführungen erläuterte Minister Darabos Abgeordnetem Elmar Podgorschek (F) den geplanten Verkauf von 40 Leopard-Kampfpanzern und zeigte sich gegenüber Abgeordneter Gabriela Moser (G) optimistisch, beim Kasernenverkauf das Einnahmenziel von 400 Mio. Euro zu erreichen.

Beim Thema Reduzierung der Eurofighter-Flugstunden war für Abgeordneten Rainer Widmann (B) zu erfahren, dass 2010 mit 1.205 Flugstunden das geplante Ziel von 1.220 Stunden nahezu erreicht werden konnte. Die Eurofighter waren bislang insgesamt 3.544 Flugstunden in der Luft. Das Heer gehe beim Einsatz der Eurofighter einen vernünftigen "Mittelweg", erfuhren die Ausschussmitglieder.

Auslandseinsatz: Klarstellung für Befugnisse der SoldatInnen

 

Mit einer Novelle zum Auslandseinsatzgesetz (1391 d.B.) soll klargestellt werden, dass für Handlungen österreichischer SoldatInnen, die sie auf einem Auslandseinsatz in Ausübung ihrer Befugnisse setzen, der Rechtfertigungsgrund der "Ausübung von Amts- und Dienstpflichten" in Betracht kommt. Die Zustimmung erfolgte mit S-V-F-B-Mehrheit. Miterledigt wurde ein gleichgerichteter FPÖ-Antrag ( 1057/A). Ein S-V-F-B-Abänderungsantrag stellte sicher, dass auch die Wahrnehmung der Eigensicherung der SoldatInnen zu ihren Amts- und Dienstpflichten im Auslandseinsatz zählen.

Während Bundesminister Norbert Darabos und die Abgeordneten Stefan Prähauser (S), Oswald Klikovits (V), Peter Fichtenbauer (F) und Kurt List (B) von einem wichtigen und notwendigen Schritt zur Verbesserung der Rechtssicherung von SoldatInnen im Auslandseinsatz sprachen und an Abgeordnete Gabriele Moser (G) appellierten, ebenfalls zuzustimmen, begründete Moser ihre Ablehnung mit der zu wenig genauen Definition der völkerrechtlichen Grundlagen für die Handlungen von Soldaten im Auslandseinsatz im vorliegenden Entwurf.

Grüne pochen auf Vorlage des Eurofighter-Vergleichs  

Einmal mehr forderte Abgeordnete Gabriela Moser (G) sodann den Verteidigungsminister auf, den am 24. Juni 2007 unterzeichneten Vergleich mit der Eurofighter GmbH vollständig vorzulegen (1072/A(E)).

Abgeordneter Stefan Prähauser (S) begründete seinen Antrag auf Vertagung dieser Vorlage mit dem Hinweis darauf, dass sich seit der letzten Debatte über diese Forderung der Grünen nichts Neues ergeben habe. Obwohl auch Abgeordneter Kurt List (B) sein starkes Interesse bekundete, Einsicht in den Vergleichsvertrag zu nehmen, wurde die Debatte mit S-V-Mehrheit vertagt.

BZÖ verlangt Aussetzung der Wehrpflicht

Abgeordneter Kurt List (B) forderte schließlich in einem Entschließungsantrag (1239/A[E]) seiner Fraktion ein Aus für die Wehrpflicht bei gleichzeitiger Schaffung eines Freiwilligenheeres aus BerufssoldatInnen und Miliz. Ein mindestens dreijähriger freiwilliger Dienst oder eine einjährige Milizausbildung mit zehnjähriger Bereitschaft für Einsätze im Inland will das BZÖ durch bevorzugte Aufnahme in den öffentlichen Dienst oder durch Übernahme der Ausbildungskosten honorieren, Anreizsysteme sieht die Initiative auch für Berufssoldaten vor.

In der Debatte warf der Antragssteller den Regierungsparteien vor, bei der Aussetzung der Wehrpflicht "auf der Bremse zu stehen" und hielt es für viel zu spät, erst 2013 eine Volksabstimmung durchzuführen. Abgeordneter Stefan Prähauser (S) plädierte dem gegenüber dafür, die eingeleitete Denk- und Bewusstseinsbildung in dieser Frage fortzusetzen und beantragte die Vertagung der BZÖ-Initiative. Der Vertagungsbeschluss erfolgte mit S-V-Mehrheit. (Schluss)