Parlamentskorrespondenz Nr. 1156 vom 29.11.2011

Landwirtschaftsausschuss debattiert neuerlich die geplante GAP-Reform

Berlakovich wartet auf Präzisierung der EU-Vorschläge

Wien (PK) – Der Landwirtschaftsausschuss des Nationalrats hat sich heute neuerlich mit der geplanten Reform der EU-Agrarförderungen befasst. Im Rahmen einer aktuellen Aussprache informierte Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich die Abgeordneten über den aktuellen Verhandlungsstand. Derzeit wird ihm zufolge in verschiedenen Arbeitsgruppen über die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission beraten, wobei diese aufgefordert ist, einzelne Punkte zu präzisieren. Laut Berlakovich wird der Vorstoß der EU-Kommission, die Agrarförderungen zu ökologisieren, zwar von vielen EU-Staaten begrüßt, nicht nur Österreich fürchtet aber zu viel Bürokratie beim geplanten "Greening". Er sieht zudem das österreichische ÖPUL-Programm in Gefahr.

In Bezug auf die wochenlange Trockenperiode in Österreich hielt Berlakovich fest, es gebe bereits erste negative Auswirkungen auf landwirtschaftliche Kulturen.

Auch die Opposition forderte einen Bürokratieabbau im Bereich der Landwirtschaft, ortet allerdings viele "hausgemachte" Faktoren und übte in diesem Zusammenhang Kritik an der AMA. Einig sind sich die Abgeordneten und Berlakovich darin, dass es bei einem unrechtmäßigen Bezug von EU-Agrarförderungen aufgrund einer Unachtsamkeit oder eines anderen kleinen Versehens keine "übertriebenen Sanktionen" geben solle.

Zu Beginn der Sitzung war Abgeordneter Jakob Auer als Nachfolger von Fritz Grillitsch einstimmig zum neuen Obmann des Landwirtschaftsausschusses gewählt worden. Einen Bericht des Landwirtschaftsministeriums über das aktuelle EU-Arbeitsprogramm nahmen die Abgeordnete einstimmig zur Kenntnis. Anträge der Opposition, etwa zu den Themen insektizid-gebeiztes Saatgut und Biosprit, wurden vertagt. Der BZÖ-Antrag auf Aussetzen der Brachlandförderung wurde abgelehnt.

Agrarförderungen: EU plant ökologisierte Basisprämie

Eingeleitet wurde die aktuelle Aussprache durch eine Stellungnahme von Landwirtschaftsminister Berlakovich. Er wies darauf hin, dass die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission bisher in zwei Agrarministerräten behandelt worden seien. Zu erwarten ist ihm zufolge ein leichtes Minus von 1,1 Prozent in der ersten Säule der Förderungen, den Direktzahlungen, während die Finanzierung der zweiten Säule nach derzeitigem Stand überhaupt nicht gesichert sei. Hierzu würden drei verschiedene Reformmodelle am Tisch liegen. Generell gebe es angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage von Seiten vieler EU-Staaten eine geringe Bereitschaft, das EU-Budget zu erhöhen, gab Berlakovich zu bedenken.

Was die konkreten Vorschläge der Kommission betrifft, hielt Berlakovich fest, viele EU-Staaten, darunter auch Österreich, begrüßten die geplante verstärkte ökologische Ausrichtung der EU-Agrarpolitik. Man sei aber fast unisono der Meinung, dass bei einer Umsetzung des "Greenings" in der vorgeschlagenen Form ein "Bürokratie-Monster" drohe: Künftig müsste jeder Landwirtschaftsbetrieb in Europa die Erfüllung ökologischer Kriterien nachweisen, um eine Basisförderung zu erhalten.

Die EU will laut Berlakovich drei Fördervoraussetzungen für den Erhalt einer Basisförderung verankern, darunter eine Stilllegung von 7 % der Fläche und die Einhaltung einer gewissen Fruchtfolge. Hier sei die EU-Kommission allerdings noch gefordert, Präzisierungen vorzulegen, bekräftigte er. Es sei auch nicht klar, inwieweit Österreich bei einem allgemeinem "Greening" sein ÖPUL-Programm fortsetzen könne, da Doppelförderungen nicht zulässig seien.

Generell strebt Österreich laut Berlakovich allerdings an, sämtliche Finanzmittel für die ländliche Entwicklung weiter wie bisher zu sichern. Dazu gehören neben dem Umweltprogramm

ÖPUL auch die Bergbauernförderung und die LEADER-Programme. Ebenso wolle man darauf achten, dass die Nebenerwerbsbauern "nicht unter die Räder kommen".

Von Seiten der Abgeordneten hinterfragte Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) die Position des Landwirtschaftsressorts bei den Verhandlungen in Brüssel und forderte einen transparenten Diskussionsprozess in Österreich. Seiner Meinung nach sind die EU-Vorschläge "nicht unvernünftig". Es sei merkwürdig, wenn Österreich gegen die Pläne der EU, die Agrarförderungen zu ökologisieren, mobil mache, meinte er.

Die zentrale Frage beim "Greening" ist für Pirklhuber, welche Flächen in die von der EU vorgeschlagene betriebliche Ökofläche im Umfang von 7 % einbezogen würden. Es gehe jedenfalls nicht nur um Brachflächen, sondern allgemein um Flächen im Öko-Interesse, berichtigte er den Minister. Pirklhuber selbst drängte etwa auf die Berücksichtigung von Ackerrändern, Waldstücken und anderen Pufferstreifen sowie von bewachsenen Spurwegen, Streuobstwiesen und Biotopen. Dass Biobauern aufgrund ihres allgemeinen Beitrags zur ökologischen Landwirtschaft keine zusätzlichen Auflagen erhalten sollen, hat die EU-Kommission ihm zufolge bereits klargestellt.

Pirklhuber forderte darüber hinaus eine "vernünftige Nachfolgelösung" für die Milchquote. So regte er etwa an, die Milchquoten im alpinen Bereich aufrecht zu erhalten, um so sicherzustellen, dass die im Alpenraum produzierte Milch auch abgenommen werde. Zur Frage der Bürokratie in der Landwirtschaft merkte er an, seiner Ansicht nach sei ein Teil davon hausgemacht.

Abgeordneter Harald Jannach (F) urgierte eine schriftliche Zusammenfassung der vom Landwirtschaftsministerium in Brüssel vertretenen Positionen. Ohne ausreichende Grundlagen sei es schwierig, eine Diskussion zu führen, meinte er.

Jannachs Fraktionskollege Maximilian Linder setzte sich vehement dafür ein, die Bürokratie für die Landwirte zu vereinfachen und die Kontrollen und Sanktionen auf ein "erträgliches Maß" zu bringen. Prüfungen der AMA seien weitaus bürokratischer als etwa Steuerprüfungen oder Prüfungen der Gebietskrankenkasse, konstatierte er. Seiner Ansicht nach geht es beim Bezug unberechtigter Agrarförderungen überdies meist nicht um "Betrügereien" sondern um Unwissenheit, Ungenauigkeit und eine Überforderung der Landwirte mit dem System. In Einklang mit Pirklhuber urgierte Linder eine Art Liefergarantie für benachteiligte Milchwirtschaftsgebiete.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) gab zu bedenken, dass Österreich einige Besonderheiten im Bereich der Landwirtschaft verteidigen müsse. So wies er etwa darauf hin, dass es einen hohen Anteil an bäuerlichen Betrieben, einen hohen Anteil an Nebenerwerbslandwirten sowie eine gute Bildungsstruktur im Agrarbereich gebe. Man dürfe die österreichische Ausrichtung der Agrarpolitik im Zuge der GAP-Reform nicht aus den Augen verlieren, mahnte er, das Konzept des "Greenings" gehe an der Realität der österreichischen Landwirtschaft vorbei. Konkret regte Schultes etwa "kompakte Fördermodelle" für kleinere Betriebe an, ohne sie zu Sonderauflagen zu verpflichten. 

Abgeordneter Gerhard Huber (B) äußerte sich skeptisch in Bezug auf die geplante Umschichtung von Agrarförderungen von der zweiten in die erste Säule. Dies könnte zu einem Austrocknen des ländlichen Raumes in Österreich führen, warnte er. Durch das baldige Auslaufen der Milchquote fürchtet Huber darüber hinaus massive Verluste für die Milchbauern und forderte Kompensationszahlungen. Ansonsten wird es seiner Auffassung nach nicht möglich sein, beispielsweise einen Zillertaler Bauern weiter zu motivieren, seine Almen zu bewirtschaften.

Generell vermisst der Abgeordnete Pläne des Landwirtschaftsressorts, um die Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit heimischen landwirtschaftlichen Produkten auszuweiten und damit autark zu werden. Es gehe nicht darum Flächen stillzulegen, sondern darum, die landwirtschaftliche Produktion zu steigern, betonte er. Statt mit der "Gießkanne" Förderungen zu kürzen, bräuchte es "richtige Reformen".

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) forderte eine umfassende Diskussion über die GAP-Reform in Österreich und machte geltend, dass es um die Zukunft der Landwirte und des ländlichen Raumes insgesamt gehe. Abgeordnete Christiane Brunner (G) mahnte eigenständige Initiativen von Berlakovich zur Stärkung des Biolandbaus und zur Verankerung von Tierschutzstandards im Rahmen der GAP-Reform ein.

Abgeordneter Franz Hörl (V) wies auf die funktionierende Almenbewirtschaftung und die  Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus im Tiroler Bezirk Schwaz hin. Sein Fraktionskollege Franz Eßl gab zu bedenken, dass man mit einer Beibehaltung der Milchquoten im alpinen Bereich genau das Gegenteil, nämlich eine Benachteiligung der dortigen Landwirte, erreichen würde.

Landwirtschaftsminister Berlakovich machte geltend, dass die AMA im Rahmen der Kontrollen EU-Vorgaben erfüllen müsse. Von einem "aufgeblähten Beamtenapparat" könne keine Rede sein, bekräftigte er, auch die AMA habe durch Verwaltungsabbau einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung geleistet. Berlakovich stimmte Abgeordnetem Linder allerdings zu, dass es nicht angebracht sei, "übertriebene Sanktionen" zu verhängen und von Landwirten "einen Haufen Geld" zurückzufordern, wenn es lediglich um ein kleines Versehen oder eine Unachtsamkeit gehe.

Die Kritik der Grünen an der Position des Landwirtschaftsressorts zur GAP-Reform wies Berlakovich zurück und bekräftigte, Österreich begrüße die geplante Ökologisierung der Landwirtschaft in Europa. Man müsse aber dafür Sorge tragen, dass Österreich seinen bisherigen Weg weiter gehen könne. Er habe auch nie gesagt, dass das "Greening" für Biolandwirte zusätzliche Auflagen bringen würde, unterstrich der Minister. In Richtung Abgeordnetem Huber führt er aus, Österreich habe bereits in vielen Bereichen wie Getreide, Milch, Rinder und Schweine einen hundertprozentigen Selbstversorgungsgrad oder eine Überversorgung.

Was den Tierschutz betrifft, habe sich die Europäische Kommission noch nicht positioniert, sagte Berlakovich. Das Ziel Österreichs sei es jedenfalls, den Tierschutz in die Förderprogramme zu implementieren.

Ausschuss befasst sich mit aktuellem EU-Arbeitsprogramm

Zum Thema EU-Agrarpolitik lagen dem Ausschuss auch ein Bericht des Landwirtschaftsministeriums über das aktuelle EU-Arbeitsprogramm (III-217 d.B.) und vier Entschließungsanträge der Opposition vor, die allesamt mit S-V-Mehrheit vertagt wurden. So drängt Abgeordneter Gerhard Huber (B) auf eine verlässliche Finanzierung der GAP nach 2013 (1197/A(E)). Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) spricht sich unter anderem dafür aus, in der EU-Agrarpolitik die Prinzipien der Ernährungssicherheit und der Kreislaufwirtschaft verstärkt in den Vordergrund zu stellen und sämtliche Exportsubventionen zu streichen (820/A(E)). Zudem haben die Grünen Vorschläge für eine neue, global nachhaltige Agrarpolitik für Nord und Süd vorgelegt (23/A(E)). Abgeordneter Harald Jannach (F) verlangt die Einführung einer Förderobergrenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe auf 50.000 Euro pro Betrieb und Jahr (1349/A(E)).

Die Diskussion der EU-Jahresvorschau 2011 nützten die Abgeordneten, um Detailfragen zu den Themen erneuerbare Energien, Atomkraft, Milchwirtschaft, Gentechnik, Klimawandel, Pflanzengesundheit und Kennzeichnungspflichten zu stellen.

Die G-Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber und Christiane Brunner kamen in diesem Zusammenhang nicht nur erneut auf die Milchquote zu sprechen, sondern verwiesen auch auf die Notwendigkeit, konkrete Maßnahmen zur effizienteren Nutzung von Ressourcen und zur Bekämpfung des Klimawandels zu setzen. Wolle man glaubhaft als "Brückenbauer" bei der UN-Klimakonferenz in Durban auftreten, gelte es endlich tätig zu werden, forderte Brunner: Es sei schließlich eine Schande, wenn Österreich als eines der reichsten Länder der Welt eine katastrophale Klimabilanz vorweise.

F-Mandatar Maximilian Linder kam im Rahmen seiner Wortmeldung auf die notwendige Etablierung einer entsprechenden Kennzeichnung von Lebensmitteln zu sprechen: Wie bereits Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) angesprochen hatte, reiche es nicht aus, Legebatterien zu verbieten, man müsse auch Produkte, die Eier aus solcher Haltung enthielten, für die KonsumentInnen kennzeichnen.

Abgeordneter Gerhard Huber (B) stellte überdies fest, dass es den heimischen LandwirtInnen ermöglicht werden solle, auch als Energiewirte tätig zu sein.

Fragen zum Bericht stellten außerdem auch Abgeordnete der beiden Regierungsfraktionen: So holten etwa die S-MandatarInnen Rosemarie Schönpass, Walter Schopf und Kurt Gaßner Informationen betreffend die Auswirkungen der Seveso-Richtlinien, den angestrebten Nuklearausstieg und die auf dem Gebiet der Pflanzengesundheit gesetzten Maßnahmen ein. Seitens der ÖVP erkundigte sich Abgeordneter Hermann Schultes nach europäischen Initiativen auf dem Gebiet der Biomasse-Nutzung. Dem Umweltminister dankte der V-Mandatar außerdem für seine klare Positionierung, was das Thema Schiefergas-Förderung anbelange.

In Hinblick auf das Thema Kennzeichnung verwies Bundesminister Berlakovich auf die Zuständigkeit des Gesundheitsressort. Auf europäischer Ebene habe sich gegen eine solche Regelung aber nicht geringer Widerstand formiert, gab er zu bedenken.

Was die Klimaschutzziele anbelangte, hielt Berlakovich fest, dass Österreich und die anderen EU-Staaten unter gewissen Bedingungen dazu bereit wären, eine zweite Kyoto-Periode anzuhängen. Es gelte aber auch die großen CO2-Emittenten in die Pflicht zu nehmen und nicht allein auf die europäischen Staaten, die ihren Verpflichtungen nachzukommen versuchten, abzustellen, hielt er G-Mandatarin Brunner entgegen.

Was das Thema Atomkraft anbelange, beobachte man die Entwicklung in den Nachbarstaaten besonders genau. Von Tschechien werde deshalb die Vorlage von Informationen zum etwaigen Ausbau des AKW Temelin verlangt. Dass man auf europäischer Ebene die Durchführung von Stresstests unter Einbeziehung unabhängiger Experten habe erreichen können, sei ein großer Fortschritt gewesen, der enorm zur Transparenz beitrage, zeigte sich Berlakovich überzeugt.

In Zukunft wolle man verstärkt auf erneuerbare Energien setzen, versicherte der Bundesminister. Dazu werde auch der Agrarsektor einen gewissen Beitrag leisten. Da die derzeit praktizierte Förderung von Schiefergas mit nicht unerheblichen Umweltrisiken verbunden ist, könne in diesem Zusammenhang auch von keiner Alternative zum Ausbau der erneuerbaren Energien gesprochen werden, zeigte sich Berlakovich überzeugt.

Der Bericht wurde schließlich mit Stimmeneinhelligkeit zur Kenntnis genommen. Die vier zu ebendiesem Bereich vorliegenden Entschließungsanträge der Opposition vertagte der Ausschuss mit S-V-Mehrheit. An der Art der Behandlung ihrer Initiativen äußerten vor allem die Abgeordneten Gabriela Moser (G) und Harald Jannach (F) Kritik: Sie plädierten für klare Verhältnisse durch Ablehnung bzw. Zustimmung.

Der Antrag des BZÖ betreffend verlässliche Finanzierung der GAP nach 2013, von dem B-Mandatar Gerhard Huber angenommen hatte, er könne Landwirtschaftsminister Berlakovich bei den diesbezüglichen Verhandlungen in Brüssel den Rücken stärken, wurde unter Hinweis auf noch ausstehende Gespräche vertagt. 

Ebenso erging es den Initiativen der Grünen, die G-Mandatar Wolfgang Pirklhuber ausführlich begründet hatte. Der Antrag betreffend Gestaltung der EU-Agrarpolitik nach 2013 enthalte, so V-Abgeordneter Hermann Schultes, zu wenig Konkretes und müsse deshalb "weitergedacht" werden. In der derzeit vorliegenden Fassung könne man ihm schließlich nicht zustimmen. Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) verwies in Hinblick auf die zweite Initiative der Grünen auf Gespräche im Rahmen der Verhandlungen zur neuen GAP. Der Nord-Süd-Problematik werde in diesem Zusammenhang entsprechendes Augenmerk geschenkt, versicherte sie.

Die Forderung der Freiheitlichen nach Einführung einer Förderobergrenze in Höhe von 50.000 € pro landwirtschaftlichem Betrieb, die von Seiten des BZÖ unterstützt wurde, bezeichnete V-Abgeordneter Franz Eßl als wenig zielführend. Angesichts der Tatsache, dass die Bäuerinnen und Bauern auch Investitionen tätigen müssten, sei dies "keine kluge Lösung", meinte er. Eßl stellte daher einen Vertagungsantrag.

Zum Thema Milchquote hielt Berlakovich fest, man solle den Bauern nicht suggerieren, dass man an der Abschaffung im Jahr 2015 noch etwas ändern könne. Er will auf EU-Ebene aber über Nachfolgemodelle diskutieren, wobei Österreich seiner Meinung nach aufgrund der engen Verflechtung von Landwirten und Molkereien Vorteile hat. Exportsubventionen sind ihm zufolge bereits zu 95 Prozent abgeschafft, die Beibehaltung von gewissen Eingriffsmöglichkeiten sei jedoch sinnvoll und habe sich, etwa im Zuge der Milchkrise, bewährt.

Weitere Anträge der Oppositionsparteien

In weiterer Folge befasste sich der Ausschuss mit einem Entschließungsantrag des Abgeordneten Gerhard Huber (B), der sich gegen Pläne der EU wandte, die Stilllegungsprämie und die Brachlandförderung endgültig abzuschaffen. Huber plädierte stattdessen für deren Aussetzung (1617/A(E)) und argumentiert mit der Notwendigkeit, die Agrarproduktion in Europa zu steigern, insbesondere etwa bei Eiweißfuttermitteln.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) begründete die Ablehnung des Antrags mit dem Hinweis, er sei unausgegoren, in einigen Punkten zweifelhaft und berücksichtige regionale Belange nicht ausreichend. Eine Neuregelung der Brachlandförderung werde aktuell ohnedies vorbereitet.  

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) sprach von einem schlechten Instrument, über das man diskutieren sollte, wobei er generell davor warnte, sich in der Agrarpolitik nur auf die Märkte zu verlassen. – Der Antrag blieb bei der Abstimmung in der Minderheit des BZÖ.

Wie gefährlich ist Glyphosat?

Die Abgeordneten Gerhard Huber (B) und Wolfgang Pirklhuber (G) forderten angesichts großer Gesundheitsgefahren bis hin zu Missbildungen bei Embryos ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat (1538/A(E), 1602/A(E)).

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) führte dazu aus, dass sich in den letzten Jahren Verdachtsfälle häuften, Glyphosat in Pestiziden habe gesundheitsschädliche Auswirkungen und warnte vor einem übermäßigen Einsatz der Substanz auch im kommunalen und privaten Bereich. Einmal mehr wies Pirklhuber darauf hin, dass Biogetreide deutlich weniger mit Mykotoxinen belastet sei konventionell produziertes Getreide. Pflanzen, die mit polyethoxyliertes Tallowamin behandelt werden, sollten nicht verfüttert werden dürfen, verlangte Pirklhuber.

Abgeordneter Gerhard Huber (B) zitierte ebenfalls neue Erkenntnisse, die die Politik seiner Meinung nach dazu zwingen, beim Einsatz von Glyphosat die Notbremse zu ziehen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) äußerte Skepsis gegenüber den, wie er sagte, unter sonderbaren Bedingungen entstandenen Studien und riet dazu, eine Evaluierung aller vorhandenen Forschungsergebnisse durch die EU abzuwarten und plädierte daher für die Vertagung der Anträge.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) verlangte den Nachweis der Unbedenklichkeit von Glyphosat, andernfalls seine Fraktion bei der nächsten Abstimmung den beiden Anträgen zustimmen werde. Die heutige Vertagung müsse die letzte sein, stellte Gassner klar.

Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich informierte darüber, dass die Zulassung von Glyphosat 2013 auslaufe und die
Substanz derzeit von der EU geprüft werde. Bisherige Prüfungen haben kein Risiko für Menschen ergeben, teilte der Minister mit. Die Menge der in Österreich in Verkehr gebrachten Pestizide bezifferte der Ressortleiter mit 440 Tonnen. Die beiden Anträge wurden bei der Abstimmung mit S-V-Mehrheit vertagt. 

Maßnahmen gegen das Bienensterben sind gefordert

Zum Thema "Bienensterben" lagen dem Ausschuss gleichgerichtete Anträge der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G) und Werner Neubauer (F) für ein Verbot der Anwendung von insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide (1414/A(E), 1113/A(E)) vor.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) erkundigte sich nach den in Aussicht gestellten Ergebnissen einer Untersuchung zum Bienensterben und strich hervor, dass eine Fruchtfolge die Probleme mit resistenten Maisschädlingen lösen würde.

Abgeordneter Peter Mayer (V) unterstrich die Notwendigkeit für Grünlandbauern, Silomais für die Winterfütterung anzubauen, räumte ein, dass die Fruchtfolge wichtig sei, wies aber auch darauf hin, dass eingeleitete Maßnahmen zu einer Reduktion der in Diskussion stehenden Beize von 40 % ermöglichst haben. Mayer trat für einen Vertagungsantrag ein und riet dazu, die Ergebnisse der voraussichtlich im Jänner 2012 zu erwartenden Studie abzuwarten. 

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) schloss sich diesem Verlangen an, fügte aber hinzu, dass es nach Vorliegen der Studie darum gehen werde, beim Thema Bienensterben Nägel mit Köpfen zu machen. Vehement gegen die Vertagung sprachen sich die Abgeordneten Maximilian Linder (F) und Gerhard Huber (B) aus.

Was bringen Biotreibstoffe?

Seinen Antrag auf Herabsetzung der Substitutionsziele (20 % bis 2020) bei Agrartreibstoffen (471/A(E)) begründete Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) mit der globalen E rnährungskrise und dem Hinweis auf die Produktion von Agrartreibstoffen in Monokulturen mit hohem Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden. Weltweit werden Waldflächen in Plantagen für Energiepflanzen umgewandelt sowie KleinbäuerInnen und indigene Völker von ihrem Grund und Boden vertrieben. Der Antragsteller verlangte eine ökologisch nachhaltige, sozial verträgliche, regional angepasste und wirtschaftlich effiziente Nutzung der Biomasse.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) wandte sich in der Diskussion mit dem Argument gegen Biotreibstoffe, diese hätten eine schlechte Energieeffizienz, eine schlechte Klimabilanz und brächten nur wenige CO2-Einsparungen. Vom Minister erfuhr sie, dass eine Verordnung zur Begrenzung der Feinstaubemissionen von Baumaschinen in Ausarbeitung sei.

Auch Abgeordneter Gerhard Huber (B) wandte sich entschieden dagegen, Biodiesel und Bioethanol aus Rohstoffen herzustellen, die der Lebensmittelproduktion dienen und erwiesenermaßen Spekulanten Gewinnmöglichkeiten zu eröffnen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) erinnerte demgegenüber an die strengen Nachhaltigkeitskriterien, denen die Biospritproduktion in Österreich unterliegt, machte auf die 50%-prozentige CO2-Einsparung aufmerksam sowie darauf, dass die Verspritung von Getreide es möglich mache, große Mengen gentechnikfreier Eiweißfuttermittel herzustellen, die Importe aus Übersee ersetzen können. Das Thema sei weiter zu diskutieren, der Antrag daher zu vertagen, sagte Schultes.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) ersuchte den Landwirtschaftsminister, sich zukunftsträchtige Projekte für eine Biodieselproduktion aus Stroh, organischen Abfällen und Plastikmüll genau anzusehen.

Bundesminister Nikolaus Berlakovich sagte Gaßner gerne zu, sich um die Biotreibstoffgeneration der zweiten Generation zu kümmern, derzeit sei dieser Treibstoff aber noch teuer, sagte der Minister. Wie Schultes hielt Berlakovich eine 10 %-prozentige Substituierung fossiler Treibstoffe für möglich, realistisch und sinnvoll und unterstrich seinerseits die ökonomische und ökologische Bedeutung des Nebenprodukts "gentechnikfreie Eiweißfuttermittel". – Bei der Abstimmung wurde der Antrag mit S-V-Mehrheit vertagt.

Historische Rechtsprobleme Tiroler Agrargemeinschaften  

Abschließend rief Abgeordneter Gerhard Huber (B) die Bundesregierung zur Klärung der Eigentumsverhältnisse an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften zugunsten der Rechte bäuerlicher Anteilseigner auf (1720/A(E)). Substanzwertansprüche der Gemeinden führten in Tirol bereits zu wirtschaftlichen Problemen, weil die Agrargemeinschaften keine Bauplätze mehr verkaufen, berichtete der Antragsteller und warnte eindringlich davor, 18.000 Tiroler Grundeigentümer ohne Entschädigung zu enteignen, nur weil in historischer Vergangenheit der Begriff "Gmoa" falsch interpretiert wurde. Der Abgeordnete mahnte die politische Verantwortung des Bundes für eine rechtliche Klärung im Sinne der Grundeigentümer ein und plädierte für eine Entschädigungspflicht des Bundes.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) sprach von einer komplexen Rechtsmaterie und trat für eine faire Regelung ein. Dabei wies auf die Möglichkeit der Agrargemeinschaften hin, den gerichtlichen Weg zu beschreiten, viele nutzten aber auch die Möglichkeit einer gütlichen Einigung mit ihrer Gemeinde, berichtete der Abgeordnete. Da die Klärung aller offenen Fragen noch einige Zeit brauche, solle man den Antrag vertagen, schlug Gahr vor.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) war dagegen, weiteren höchstgerichtlichen Entscheidungen vorzugreifen, äußerte die Hoffnung auf gute juristische Lösungen und plädierte ebenfalls für die Vertagung.

Abgeordneter Franz Hörl (V) hielt gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Franz Eßl (V) eine historische Aufarbeitung der Problematik für sinnvoll,  hielt aber fest, dass Recht Recht bleiben müsse und wandte sich gegen die Darstellung des Antragstellers, dem er vorwarf, politisches Kleingeld schlagen zu wollen.

Die Frage mehrerer Abgeordneter nach der Position des Bundes zu den Problemen der Agrargemeinschaften beantwortete Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, indem er höchstgerichtliche Entscheidungen zitierte und auf ein Landesgesetz hinwies. Er sehe keinen Anlass für eine bundesgesetzliche Klärung, schloss der Minister. (Schluss)