Parlamentskorrespondenz Nr. 462 vom 06.06.2012

RH-Ausschuss: Klimaschutz, Energieeffizienz und neue Energieträger

Land- und forstwirtschaftliche Schulen: Moser für umfassende Reform

Wien (PK) – Den Mitgliedern des Rechnungshofausschusses lagen heute Prüfberichte zum Klima- und Energiefonds (KLI.EN), zum Aktionsplan Erneuerbare Energie und zur Umsetzung der NEC-Richtlinie (National Emission Ceilings) über Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe zur Debatte vor. Der Rechnungshof hält das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energie am Energieverbrauch bis 2020 auf 34 % zu erhöhen, nur durch eine Stabilisierung des Endenergieverbrauchs und eine Steigerung der Energieeffizienz, vorab in den Sektoren Mobilität und Gebäude, für erreichbar. Beim Verkehr sollten primär Lenkungsmaßnahmen und der Umstieg auf verbrauchsarme Fahrzeuge mit niedrigem Stickstoffoxid–Ausstoß forciert werden, schreiben die Prüfer. Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz bei Gebäuden sollten zwischen Bund und Ländern abgestimmt und die Ziele der Wohnbauförderung neu definiert werden.

Klima- und Energiefonds

Der 2007 errichtete Klima– und Energiefonds, dem zunächst 50 Mio. € und 2008 sowie 2009 jeweils 150 Mio. € aus dem Budget zur Verfügung gestellt wurden, soll dazu beitragen, in Österreich bis 2012 10 Mio. t CO2 einzusparen. Dem diesbezüglichen Prüfbericht des Rechnungshofs (III-230 d.B.) ist zu entnehmen, dass die dauerhafte CO2-Reduktion bis Ende 2009 nur 1,7 Mio. t ausmachte, wobei der prognostizierte Förderungsaufwand je eingesparter Tonne Treibhausgas zwischen 10 € und 13 € lag. Die Empfehlungen der Prüfer an den Fonds lauteten auf Entwicklung neuer Förderungsprogramme zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie auf Abwicklung der Photovoltaikförderung und der Förderung von Holzheizungen von einer Stelle. Zu beenden sei das in Konkurrenz zu den Landesförderungen stehende Programm "KMU–Energieeffizienz–Scheck". Kritisch sah der Rechnungshof, dass das Präsidium aus je einem Vertreter des Umwelt- und des Verkehrsressorts als Aufsichtsrat fungierte, zugleich aber Einfluss auf die operative Tätigkeit des Fonds ausübte und über jede Förderungs– oder Auftragsvergabe entschied.

Angesichts der Kosten für die Abwicklungsstellen von 4,59 Mio. € (2008) und 4,05 Mio. € (2009), die mit 3,5 % des Jahresförderungsvolumens über dem Prozentsatz von 2 % lagen, von denen das Präsidium 2007 ausging, riet der RH dazu, die Leistungsentgelte der Abwicklungsstellen zu evaluieren. Das Finanzmanagement des Fonds wurde ordnungsgemäß durchgeführt, erfuhren die Abgeordneten vom Rechnungshof. Eine Bewertung der Förderungseffizienz des Fonds war Anfang 2010 noch nicht möglich, weil zahlreiche Förderungsprogramme bisher nicht realisiert waren und die Wirkung einzelner Förderungsprogramme (z.B. Modellregionen) noch nicht abschätzbar war.

Ab 2008 entwickelte der Fonds Förderungsprogramme weiter ("Neue Energien 2020") und entwickelte eigene Programme ("Klima– und Energie– Modellregionen", "Gebäude–integrierte Photovoltaik in Fertighäusern"). Die Photovoltaikförderung und die Förderung von Holzheizungen erfolgten parallel zu Programmen anderer Förderungsstellen. Das Förderungsprogramm "KMU–Energieeffizienz–Scheck" stand in Konkurrenz zu Landesförderungen. Der RH kritisierte parallele Förderungen wegen des administrativen Mehraufwands. Organisatorische Mängel ortete der RH bei der Photovoltaikförderung, wobei der große Andrang an Förderungswerbern zu Kapazitätsengpässen bei den Herstellern führte. Daher war die Bewerbung der Photovoltaikförderung nicht zweckmäßig, stellte der RH fest. Weiters kritisierte der RH die verspätete Genehmigung der Jahresprogramme 2008 und 2009, was zu einer verspäteten Genehmigung der einzelnen Förderungsprogramme führte. Drei Inseratenkampagnen kosteten den Fonds insgesamt 564.000 €.

Abgeordneter Erwin Kaipel (S) unterstrich in der Debatte die Empfehlungen des Rechnungshofes auf Evaluierung der Leistungsentgelte der abwickelnden Stellen, zur Einsparung von Kosten und auf Erstellung neuer Förderungsprogramme. Kritisch äußerte sich der Abgeordnete mit der Internet-Abwicklung der Förderungsanträge im Bereich der Fotovoltaik.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) unterstrich die positive Bewertung der Gebarung und der Organisation des KLI.EN und wies auf die Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen seit 2009 hin. Hornek betonte die Bedeutung der Klimaschutzmodellregionen und erkundigte sich nach der Fotovoltaik-Förderung in den einzelnen Bundesländern.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) hielt den KLI.EN für ein gutes Instrument mit der richtigen Fokussierung auf Umweltschutzmaßnahmen in den Bereichen Verkehr, Klimaschutz, Forschung und Energie, sah aber Probleme bei der Planung und Umsetzung notwendiger Maßnahmen und beklagte Verzögerungen bei der Erreichung der Kyoto-Ziele und der 2020-Ziele. Kritik übte Windbüchler-Souschill an einer aus ihrer Sicht nicht notwendigen Inseratenkampagne für die Fotovoltaik-Förderung, da 80 Prozent der Förderungsanträge mangels ausreichender Mittel nicht bewilligt werden konnten.

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) problematisierte die Vorgangsweise bei der Fotovoltaik-Förderung nach dem Grundsatz "Wer zuerst kommt, erhält die Förderung". Dieser Kritik schloss sich Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) an, die darauf hinwies, dass die Fördermittel in der Steiermark nach 40 Sekunden und in Oberösterreich nach 90 Sekunden ausgeschöpft waren. Die Rednerin klagte auch über die Kürzung der Mittel für den Fonds und drängte darauf, Kofinanzierungsmittel für die Klimaschutz- und Energieförderung in Österreich zu bekommen.

Umweltminister Nikolas Berlakovich räumte ein, dass sein Ressort aus den Problemen bei der Bearbeitung der Fotovoltaik-Förderungsanträge gelernt habe. Die Antragstellung per Internet sei sinnvoll, um allen Österreichern gleichen Zugang zu Fördermitteln zu garantieren. Das neue System sehe aliquote Fördermittel für jedes Bundesland und eine Antragstellung zu vernünftigen Zeiten vor. Die degressive Gestaltung der Fotovoltaik-Förderung sei notwendig, um dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen, sagte Berlakovich und teilte den Abgeordneten mit, dass die Anschaffungskosten für die Fotovoltaik-Anlage eines Einfamilienhauses in den letzten Jahren von 25.000 € auf 12.000 € zurückgegangen ist. "Wir können mit weniger Geld mehr Anlagen fördern", freute sich der Umweltminister.

Der KLI.EN bemühe sich auch um Finanzmittel von anderen Seiten, unter anderem von der EU sowie um gemeinsame Programme mit Bundesländern. Die hohen Abwicklungskosten von 4 Prozent seien darauf zurückzuführen, dass die Zahl kleiner Produkte zugenommen habe.

Dann berichtete Minister Berlakovich den Ausschussmitgliedern über die Entwicklung der Modellregionen, in denen viele Bürgermeister sich für die Energieautarkie ihrer Gemeinden engagieren und damit starke Impulse für die regionale Entwicklung setzen.

Fast alle Bundesländer fördern die Fotovoltaik, insbesondere Niederösterreich, Steiermark und Vorarlberg, keine Förderungen gewährten allerdings Oberösterreich und das Burgenland. Die Fotovoltaik-Förderungen wurden im Jahr 2010 auf 18 Mio. € aufgestockt. Die Inseratenkampagne zielte darauf ab, die Dynamik der positiven Bewusstseinsbildung beim Thema Fotovoltaik nicht abreißen zu lassen, nachdem viele abgelehnte Förderungswerber sehr enttäuscht waren.

Probleme bei der Erreichung der Kyoto-Ziele bestehen in den Sektoren Wirtschaft, Raumwärme und Verkehr. "Wir werden die Klimaschutzziele um 30 Mio. Tonnen verfehlen", sagte der Umweltminister, der aber Strafzahlungen ausschloss, weil die Bundesregierung die derzeit niedrigen Preise bei Klimaschutzzertifikaten nütze und Zertifikate um 180 Mio. € kaufe.

Rechnungshofpräsident Josef Moser sah den Zusammenhang der drei Rechnungshofberichte zum Thema Klimaschutz, erneuerbare Energieträger und Luftschadstoffe in der Frage, wie Österreich internationale Verpflichtungen auf diesen Gebieten erfülle. Tatsächlich sei Österreich weit entfernt von der Zielerfüllung, stellte Moser fest. Auch er kritisierte die kostenintensive Werbekampagne für die Fotovoltaik-Förderung, obwohl die Nachfrage für Fördermittel bei weitem nicht gedeckt werden könnte. Moser empfahl die Abstimmung zwischen den Förderungsaktivität zwischen Bund und Ländern zu verbessern und Konkurrenzsituationen bei KMU zu vermeiden. Generell sei zu fragen, wie internationale Verpflichtungen erfüllt werden sollen, wer die Kosten tragen soll und wie Kosten und Nutzen der einzelnen Maßnahmen zu bewerten seien.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) unterstützte die Empfehlung des Rechnungshofes für eine Prioritätenreihung bei der Vergabe der Bundesmittel, wobei er vorschlug, jene Bundesländer großzügiger zu behandeln, die sich stärker für die Erreichung der Klimaschutzziele engagierten als andere. Hornek bekannte sich zur Förderung der Fotovoltaik, brach zugleich aber eine Lanze für die Solarthermie, und empfahl, an dieser Stelle die Effizienzfrage zu beachten.

Auch Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) unterstrich die Bedeutung der Solarthermie, insbesondere in der Tourismusbranche (Schwimmbäder).

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) klagte über ungenutzte Potentiale bei der Fotovoltaik, warnte davor, noch mehr Fördertöpfe einzurichten und wandte sich angesichts diesbezüglicher Pläne des Wirtschaftsressorts dagegen, weitere Fördertöpfe im Bereich Klimaschutz und Energieeffizienz einzurichten.

Abgeordneter Christine Lapp (S) teilte der Umweltminister mit, dass die Förderungsdaten künftig in die Transparenzdatenbank eingespeist werden. Erneuerbare Energieträger sollen keine Dauersubventionsempfänger werden, sondern sich in Zukunft auf dem Markt rechnen, hielt der Minister fest und sah sich mit dem Rechnungshof darin einig, dass eine Abstimmung der Förderung mit den Bundesländern notwendig sei. Hohe Abwicklungskosten bei der Abwicklungsstelle "Kommunalkredit" erklärte der Minister mit der Vielzahl der dort zu behandelnden kleinen Projekten.

Rechnungshofpräsident Josef Moser sprach sich dafür aus, das Zusammenwirken zwischen den Gebietskörperschaften zu verbessern, um internationale Verpflichtungen beim Klimaschutz und bei der Verbesserung der Energieeffizienz besser erfüllen zu können, das gelte insbesondere auch für die Wohnbauförderung. Voraussetzung für die Erreichung der energiepolitischen Ziele bis 2020 sei die Stabilisierung des Energieverbrauchs durch Energieeinsparungen und  Verbesserung der Energieeffizienz, unterstrich der Rechnungshofpräsident.

Nachdem der Rechnungshofpräsident auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten Erwin Hornek den Umweltminister als zuständig für die Koordinierung der Fotovoltaik-Förderung zwischen Bund und Ländern bezeichnet hatte, sagte Bundesminister Nikolaus Berlakovich, es sei mit der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes gelungen, einen nationalen Konsens herbeizuführen und Bund und Länder gleichermaßen in die Pflicht zur Erfüllung der Klimaschutzziele zu nehmen. Berlakovich und Moser stimmten darin überein, dass es nur unter der Voraussetzung einer wesentlich verbesserten Energieeffizienz gelingen werde, den Anteil der erneuerbaren Energieträger am Energieverbrauch bis 2020 auf 34 Prozent zu steigern. - Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Österreichischer Aktionsplan erneuerbare Energie

Die Formel "20–20–20" beschreibt das Ziel der EU bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen in ihren Mitgliedsstaaten gegenüber dem Basisjahr 2050 um 20 % reduzieren, den Anteil erneuerbarer Energiequellen auf 20 % steigern und die Energieeffizienz um 20 % zu erhöhen. Die dafür geplanten Maßnahmen in Österreich dokumentiert der Österreichische Aktionsplan für erneuerbare Energie, der auf Basis der im März 2010 präsentierten Energiestrategie Österreich fristgerecht erstellt wurde. Er enthält allgemein umschriebene Maßnahmen aus früheren Strategien mit Energiebezug ohne Kosten–Nutzen-Überlegungen. Aussagen über die Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen fehlten, liest man im RH-Bericht (III-235 d.B.). Auch an dieser Stelle hält der Rechnungshof fest, dass das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energie am Energieverbrauch bis 2020 auf 34 % zu erhöhen, die Stabilisierung des Endenergieverbrauchs und die Steigerung der Energieeffizienz, vorab in den Sektoren Mobilität und Gebäude, voraussetzt.

Die Empfehlungen des Rechnungshofes lauteten auf eine detaillierte Erhebung von Umsetzungsstand und Wirkung der Klimastrategie sowie der Planungen für deren Weiterentwicklung. Der Rechnungshof empfahl weiters, der Steigerung der Energieeffizienz bei der Umsetzung der Strategie Vorrang einzuräumen und die weiteren Maßnahmen der 5 Mrd. € bis 6 Mrd. umfassenden Energiestrategie nach Maßgabe einer Kosten-Nutzen-Analyse zu reihen. Einen Kosten–Nutzen-Vergleich empfehlen die Prüfer in der Frage einer Angleichung der Kraftstoffpreise an das Niveau der Nachbarstaaten durch Erhöhung der Mineralölsteuer oder Einhebung einer Klimaabgabe. Forcieren sollte man laut Rechnungshof auch den Umstieg auf verbrauchsarme Fahrzeuge. Energieeffizienzmaßnahmen bei Gebäuden sollten zwischen Bund und Ländern abgestimmt und die Ziele der Wohnbauförderung neu definiert werden. Die Errichtung von Neubauten mit Passivhaus– und Niedrigenergiehausstandard und eine hohe Sanierungsqualität setze die Schulung von Fachkräften voraus, schreibt der Rechnungshof.

Die Debatte eröffnete Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) die dafür eintrat, die Kritikpunkte des Rechnungshofes ernst zu nehmen und Maßnahmen gegen den Anstieg des Endenergieverbrauchs zu ergreifen. Gartelgruber wandte sich dagegen, Geld für Klimaschutzzertifikate auszugeben, statt es in Projekte in Österreich zu investieren.

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) erkundigte sich nach den Verhandlungen über die Zielsetzungen bei der CO2-Reduktion in der Nach-Kyoto-Periode bis 2020 und äußerte sich skeptisch, ob es gelingen werde, eine Emissionsreduktion um insgesamt 47 Prozent zu erreichen.

Abgeordneter Josef Lettenbichler (V) unterstützte vehement den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten, weil dies im Interesse österreichischer Industriebetriebe liege, die im harten internationalen Wettbewerb stehen.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) problematisierte den Zertifikatehandel in einer Zeit, in der EZA-Mittel gekürzt werden. Windbüchler-Souschill mahnte stattdessen Maßnahmen zur Reduktion der Fahrleistung im Straßenverkehr ein, weil die technischen Neuerungen nicht ausreichen werden, um den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor ausreichend zu reduzieren. Zudem verlangte die Rednerin ein Energieeffizienzgesetz.

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) warf der ÖVP vor, Wirtschaftsinteressen Vorrang gegenüber Umweltanliegen einzuräumen und verlangte wirksamere Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes in den Bereichen Gebäudesanierung und im Verkehrssektor.

Umweltminister Nikolaus Berlakovich erklärte einmal mehr, der Zeitpunkt sei günstig, um Klimaschutzzertifikate zu kaufen, weil die Preise niedrig seien. Die österreichischen Klimaschutzziele seien ehrgeizig formuliert worden, räumte Berlakovich ein: "Wir haben gewusst, dass wir sie schwer erreichen können". Die Teilnahme am JI/CDM-Programm sei sinnvoll, weil damit Klimaschutzinvestitionen in den Entwicklungsländern finanziert werden können. "Klimaschutz ist ein globales Anliegen", fügte der Umweltminister hinzu. Berlakovich machte zudem darauf aufmerksam, dass Klimaschutzinvestitionen in Osteuropa heimischen Exportfirmen zu Gute kommen.

Laut Experten ist es möglich, den österreichischen Energiebedarf bis 2050 auf heimische erneuerbare Energieträger umzustellen. Voraussetzung dafür sei es, den Energieverbrauch zu stabilisieren und die Energieeffizienz zu erhöhen. Mobilität will der Umweltminister nicht "verbieten", aber umweltfreundlicher gestalten, wobei er insbesondere auf die E-Mobilität setzt.

Rechnungshofpräsident Josef Moser erinnerte daran, dass das Aktionsprogramm Maßnahmen aus der Vergangenheit ohne weitere Kosten- Nutzen-Analyse fortschreibe. Auch reichten die bisher vorgesehenen Maßnahmen nicht aus, weil es nicht gelungen sei, den Energieverbrauch zu stabilisieren. Wenn man eine böse Überraschung im Jahr 2020 verhindern wolle, sei es notwendig, Zwischenziele zu formulieren, Kosten-Nutzen-Betrachtungen anzustellen und die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu verbessern.

In der weiteren Debatte befassten sich die Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill (G) und Carmen Gartelgruber (F) mit der Empfehlung des Rechnungshofes, Vor- und Nachteile einer Erhöhung der Treibstoffpreise durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer oder eine Klimaabgabe abzuwägen.

Bundesminister Nikolas Berlakovich setzte demgegenüber auf die Förderung der E-Mobilität und auf den flotten Umbau in Richtung energieeffizientere und CO2 sparende Fahrzeuge. Berlakovich erläuterte den Abgeordneten im Detail das breite Informations- und Förderungsangebot seines Ressorts beim Thema E-Mobilität.

Rechnungshofpräsident Josef Moser führte aus, dass der im Verhältnis zu den Nachbarländern, niedrige Treibstoffpreis in Österreich einerseits zu Treibstoffexporten im Tank und damit zu Mehreinnahmen der österreichischen Mineralölwirtschaft sowie zu höheren Steuereinnahmen führe, dieser Treibstoffexport aber andererseits die österreichische CO2-Bilanz belaste, was den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten notwendig mache. - Der Bericht wurde einstimmig vertagt.

Luftschadstoffe - Umsetzung der NEC-Richtlinie durch den Bund

Dann befassten sich die Ausschussmitglieder mit einem Prüfbericht des Rechnungshofes zur Umsetzung der NEC–Richtlinie über Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe (III-264 d.B.). Österreich habe die Richtlinie zwar vollständig und zeitgerecht in nationales Recht umgesetzt, erfuhren die Abgeordneten, seine Verpflichtung, ein nationales Programm zur Verringerung der Schadstoffemissionen zu erstellen, erfüllte Österreich aber erst im Februar 2010 mit über siebenjähriger Verspätung. Aussagen zu den Kosten und zur Finanzierung der einzelnen Maßnahmen fehlten im nationalen Programm vom Februar 2010 gänzlich, stand im Rechnungshof-Prüfbericht zu lesen. Die vorgegebenen maximalen Emissionsmengen wurden bei den Schadstoffen Schwefeldioxid und flüchtigen Kohlenwasserstoffen ohne Methan und Ammoniak erreicht. Bei den Stickoxiden lagen die Emissionen 2009 bei 145.400 t/a, für 2010 gilt eine Emissionshöchstmenge von 103.000 t/a. Vor dem Eingehen internationaler und unionsrechtlicher Verpflichtungen sollte sorgfältiger auf die tatsächliche Umsetzbarkeit geachtet werden, um Nachteile aus der Nichterfüllung von Vertragspflichten zu vermeiden, empfahl der Rechnungshof. Künftige Programme sollten auf der Grundlage von Kosten–Nutzen–Überlegungen beschlossen und der Frage der Finanzierung der notwendigen Maßnahmen entsprechendes Augenmerk zugewendet werden. Wegen ihres hohen Potenzials zur Verringerung von Stickstoffoxid–Emissionen sollten im Verkehrssektor primär Lenkungsmaßnahmen forciert werden, die Fahrzeugerneuerungen unterstützen und Fahrzeuge mit niedrigem Stickstoffoxid–Ausstoß bevorzugt behandeln.

Abgeordnete Christiane Brunner (G) problematisierte die Empfehlung des Rechnungshofes, bei internationalen Klimaschutz- und Umweltzielen nur "realistische" Ziele zu vereinbaren. Es gehe vielmehr darum, umweltpolitisch und gesundheitspolitisch notwendige Ziele zu vereinbaren, sagte die Umweltpolitikerin.

Abgeordnete Christine Lapp (S) erkundigte sich nach dem Stand der Verhandlungen über kommende Perioden.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) wollte wissen, welche Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie geplant sind.

Abgeordneter Roman Haider (F) wies auf das Problem hin, dass bei den Stickoxiden noch strengere Grenzwerte zu erwarten seien, Österreich aber nicht einmal die bisher geltenden Werte erfüllen konnte.

Umweltminister Nikolas Berlakovich informierte darüber, dass Österreich bei manchen Schadstoffen die Grenzwerte der Richtlinie weit übererfülle. Die Probleme bei den Stickoxiden resultierten aus dem großen Anteil der Diesel-PKW und aus dem Verkehrszuwachs, der auf die Ostöffnung zurückgehe.

Der Minister informierte im Detail über die ambitionierten Bemühungen der Bundesregierung, durch die Förderung der thermischen Sanierung die Energieeffizienz zu verbessern und durch Förderung der E-Mobilität dem Verbrauch fossiler Brennstoffe im Verkehrssektor entgegenzuwirken. Die Verhandlungen auf europäischer Ebene über neue Luftschadstoffemissionshöchstwerte bis 2020 seien noch nicht abgeschlossen, teilte der Minister mit.

Rechnungspräsident Josef Moser erläuterte den Abgeordneten die Ursachen für die Nichterfüllung der Richtlinie im Bereich der Höchstmengen bei Stickoxiden anhand der Emissionsentwicklung in den Bereichen Verkehr, stationäre Anlagen und Hausheizungen. Die Empfehlungen der dafür eingesetzten Arbeitsgruppe seien nicht vollständig umgesetzt wurden, wobei auch klassische Zielkonflikte zwischen Umweltschutz und Wirtschaftsinteressen aufgetreten seien. Weitere Emissionsminderungen nur mit neuen Maßnahmen erreichbar, die über die bisherigen Konzepte hinausgehen. Bevor Österreich internationale und unionsrechtliche Verpflichtungen eingehe, sollte es sorgfältig auf die tatsächliche Umsetzbarkeit achten, um Nachteile aus der Nichterfüllung von Vertragspflichten zu vermeiden. Auch sollten künftige Programme auf der Grundlage von Kosten-Nutzen-Analysen beschlossen werden, schlug der Rechnungshofpräsident vor und hielt es für zweckmäßig, im Verkehrsbereich Fahrzeuge mit niedrigem Stickoxidausstoß zu bevorzugen.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) wandte sich vehement gegen den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten durch Österreich, da Großemittenten klimaschändlicher Gase wie USA, Brasilien und China keine Zahlungen zu leisten haben. Gradauer wandte sich gegen eine Politik, die dazu führe, dass Betriebe wie die VOEST nicht mehr im Inland, sondern im Ausland investieren.

Abgeordnete Christiane Brunner (G) erinnerte daran, dass die gegenwärtige Krise auf das Wirtschaftssystem zurückzuführen sei und der Verzicht auf Umweltschutz und Schutz der Atmosphäre große gesundheitliche Folgekosten nach sich ziehe, die letztlich auch den Steuerzahler belasten. Brunner drängte auf eine Novellierung des Klimaschutzgesetzes und auf Verkehrsmaßnahmen im Interesse des Klimaschutzes. Auch zählen Stickoxide zu den Vorläufersubstanzen des Feinstaubs, betonte Abgeordnete Brunner.

Umweltminister Nikolaus Berlakovich unterstrich das Bemühen der Bundesregierung, die Großemittenten China, USA, Indien und Brasilien beim globalen Klimaschutz ins Boot zu holen und hielt es für ein positives Ergebnis der Klimaschutzkonferenz von Durban, dass auch diese Länder ein Weltklimaschutzübereinkommen ausarbeiten wollen. Die Vorverhandlungen für dieses Abkommen gestalten sich aber schwierig, teilte Berlakovich mit. Beim Weltgipfel für nachhaltiges Wachstum in Rio werde sich Österreich für ökologisches Wachstum und Green-Jobs einsetzen, kündigte der Minister an. - Der Bericht wurde einhellig vertagt.

Land- und forstwirtschaftliche Schulen: RH für umfassende Reform

Das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen sollte in eine umfassende Reform des österreichischen Schulwesens einbezogen werden. Zu dieser Schlussfolgerung kommt der Rechnungshof in seinem Bericht über eine diesbezügliche Querschnittsprüfung, der den Abgeordneten des Rechnungshofausschusses heute zur Behandlung vorlag. Bezogen auf den einzelnen Schüler sei das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen für die öffentlichen Haushalte mehr als doppelt so teuer wie das übrige berufsbildende Schulwesen, heißt es darin. Die Gründe dafür waren für den Rechnungshof im Detail nicht nachvollziehbar, Unterschiede stellten die Prüfer jedenfalls bei den Verantwortlichkeiten, bei der Organisation der Schulen, bei Lehrerbesoldung, Führungsfunktionen, Größe der Schulstandorte und nicht zuletzt beim Controlling des Bundes fest, das, wie bemerkt wurde, bei den land- und forstwirtschaftlichen Schulen weitgehend fehlte.

Die Prüfung, die neben den Schulen des Bundes schwerpunktmäßig auch die Landesschulen von Oberösterreich, Tirol und der Steiermark erfasste, förderte auch Unterschiede im Zulagenwesen zutage. So gewährten Oberösterreich und Tirol, wie der Rechnungshof in seinem Bericht feststellte, Lehrern an land- und forstwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen über die bundesgesetzlichen Regelungen hinaus Zulagen aus Landesmitteln, die sich in den beiden Ländern auf jährlich jeweils rund 800 000 E beliefen und damit die vom Bund refundierten Pensionen der Landeslehrer erhöhten. Im Fall von Oberösterreich bewirkte dieser höhere Pensionsaufwand allein im Jahr 2010 Zusatzbelastungen für den Bund von 100 000 €. Der Bund hatte allerdings aufgrund fehlender Kontrollen von diesen höheren Pensionen keine Kenntnis und kam den Forderungen Oberösterreichs nach, ohne diese zu beanstanden.

Der Rechnungshof empfahl u.a., aussagekräftige Benchmarks und Kenndaten für die Bildungsausgaben der verschiedenen Schulsysteme zu entwickeln, um detaillierte Vergleiche anstellen und Kostentreibern entgegenwirken zu können. Darüber hinaus wäre auch der von der Statistik Austria erwartete Schülerrückgang in den land- und forstwirtschaftlichen Schulen langfristig in die Schulstandortstrategie einzubeziehen. Weitere Vorschläge des Rechnungshofs betrafen etwa eine Zusammenführung der Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung, die Erarbeitung einer Controllingverordnung, die Erstellung von klaren und verbindlichen Vorgaben für die Refundierung der Kosten für die Lehrer, aber auch die Einstellung der Zahlung von Zulagen zusätzlich zu den bundesgesetzlich vorgesehenen Gehältern.

In der Debatte wurden die Bedeutung und die hohe Qualität des land- und forstwirtschaftlichen Schulwesens seitens aller Fraktionen ausdrücklich unterstrichen. Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (B) führte ebenso wie Abgeordneter Hermann Gahr (V) die vom Rechnungshof festgestellten höheren Kosten pro Schüler vor allem auf die für diesen Schulbereich typischen Internate, Laboreinrichtungen und Werkstätten zurück. Kritik übte die BZÖ-Sprecherin allerdings an der Möglichkeit für Lehrer, ihre Lehrverpflichtung auch mit schulfremden Tätigkeiten, etwa in der Landesverwaltung, zu erfüllen.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) beklagte das bestehende Kompetenz-Wirrwarr, aber auch Unterschiede zwischen landwirtschaftlichen Fachschulen und den übrigen Berufsschulen hinsichtlich Standort und Kosteneinsatz. Er unterstützte mit Nachdruck die Empfehlung des Rechnungshofs, das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen in eine umfassende Schulreform mit einzubeziehen, wobei er dies vor allem auch unter dem Aspekt der Chancengleichheit sah.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) drängte seinerseits auf die Einrichtung eines Controllingsystems für das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen, warf ebenfalls die Kostenfrage auf und zog die von der Statistik Austria behaupteten rückläufigen Schülerzahlen in Zweifel. Für die Grünen rief Abgeordnete Christiane Brunner zur Umsetzung der zahlreichen Reformvorschläge des Rechnungshofs auf.

Bundesminister Nikolaus Berlakovich wies auf eine seit 2009 neu gestaltete Abrechnung der Kosten hin, auf deren Basis nun der jährliche Aufwand pro Schüler – exklusive Overhead, Internat, Mieten und sonstige Investitionen – bloß 7300 € ausmache und damit deutlich unter den vom Rechnungshof festgestellten Beträgen liege. Überdies könne nach den Worten des Ministers von einem rückläufigen Trend bei den Schülerzahlen keine Rede sein. Das Interesse an den landwirtschaftlichen Schulen sei enorm, sagte er und wies auf eine 35 %-prozentige Überbuchung der Schulen hin.

Insgesamt bekannte sich Berlakovich zu einer Neugestaltung des agrarischen Bildungssektors und meinte, schon jetzt würden sich die einzelnen Schulen verstärkt mit eigenen Schwerpunkten profilieren, die Spezialisierung in der Praxis greife auch im schulischen Bereich Platz. Was die Lehrverpflichtung betrifft, will Berlakovich, wie er ankündigte, die vom Rechnungshof kritisierten außerschulischen Tätigkeiten reduzieren.

Rechnungshofpräsident Josef Moser kritisierte die Aufsplitterung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie Doppelgleisigkeiten innerhalb der Bundesverwaltung in Bezug auf das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen und rief zu einer Bereinigung der seiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäßen Kompetenzstruktur auf. Die je nach Bundesländern unterschiedlichen Kosten pro Schüler waren für Moser ein Indiz dafür, dass es sehr wohl Möglichkeiten zur Hebung der Effizienz gibt. Als eine dieser Möglichkeiten sah er auch die Zusammenlegung von Schulstandorten. Handlungsbedarf ortete Moser zudem bei der Verbesserung des Controllings sowie bei der Refundierung der Kosten der Landeslehrer. (Schluss)