Vorgehen zu Euro-Rettungsschirm umstritten
Einwendungen von BZÖ und FPÖ gegen Tagesordnung im Nationalrat
Wien (PK) - Präsidentin Barbara PRAMMER kündigte vor Eingang in die Tagesordnung zunächst eine Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag der Grünen betreffend den Antrag 1993/A auf Änderung des Bundesverfassungsgesetzes an. Darin fordern die Grünen die Abwahlmöglichkeit von NationalratspräsidentInnen.
Danach gab es eine Reihe von Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung. Grund dafür war ein Antrag der Regierungsparteien und der Grünen, die Tagesordnung zu ergänzen und die Erste Lesung des S-V-G-Antrags 1986/A betreffend Änderung der Geschäftsordnung als vierten Punkt zu verhandeln. Diese ist im Zusammenhang mit dem ständigen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), auch Euro-Rettungsschirm genannt, zu sehen und soll das Mitspracherecht des Parlaments bei Maßnahmen im Rahmen des ESM sicher stellen.
Abgeordneter Josef Bucher (B) lehnte diese Änderung der Tagesordnung vehement ab und sprach von einer "skandalösen" Vorgangsweise, bei der es in Wahrheit nur darum gehe, den ESM unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzupeitschen, ohne das Parlament ordnungsgemäß damit zu befassen. Er beantragte seitens seiner Fraktion die Abhaltung einer Debatte über diese Ergänzung der Tagesordnung.
Abgeordneter Norbert HOFER (F) schloss sich der Argumentation seines Vorredners an und warf der Regierung und den Grünen vor, in einer "Nacht- und Nebelaktion" die Tagesordnung abzuändern, nur um den ESM beschließen zu können.
Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) erinnerte hingegen an die Dringlichkeit wichtiger europäischer Entscheidungen und gab zu bedenken, dass Milliardenbeträge notwendig seien, um die Stabilität des Euro abzusichern. Das Parlament bestehe darauf, bei der Ausstattung des Euro-Rettungsschirm mitzureden, die Änderung der Geschäftsordnung habe in diesem Sinn die Erweiterung der Rechte des Parlaments zum Inhalt. Geplant sei heute lediglich eine erste Lesung, der Antrag werde dann dem Ausschuss zugewiesen und ausführlichst diskutiert, ein inhaltlicher Beschluss sei frühestens in der nächsten Parlamentssitzung möglich, stellte Kopf klar und betonte mit Nachdruck, von einem "Überfall" könne keine Rede sein. Empört zeigte sich der VP-Klubobmann über Zwischenrufe aus den Reihen von BZÖ und FPÖ und sprach von einem "Hooligan-Sektor", wofür er von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer einen Ordnungsruf erhielt.
Abgeordneter Josef CAP (S) erklärte die geplante Änderung der Geschäftsordnung ebenfalls mit der Notwendigkeit, dem Parlament beim ESM und bei der daraus resultierenden Vergabe von Geldmitteln Mitwirkungsrechte zu sichern, und unterstrich, dies sei eine kluge, richtige und demokratische Vorgangsweise. An die Adresse von BZÖ und FPÖ gerichtet bemerkte Cap, diese beiden Fraktionen "sollten lieber gleich sagen, dass sie den Zusammenbruch der Währung und den Verlust von Arbeitsplätzen wollen".
Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) erklärte seinerseits, es gehe bei der Änderung der Geschäftsordnung ausschließlich um die Mitwirkungsrechte des Nationalrats an den künftigen Entscheidungen rund um den ESM. Was heute beantragt wird, sei die schärfste "Ausgestaltung des Parlaments", die es bisher in der EU in dieser Frage gibt. Kein Verständnis zeigte Van der Bellen für die ablehnende Haltung von BZÖ und FPÖ, denen er vorwarf, gegen die Mitbestimmung des Parlaments aufzutreten.
Bei der Abstimmung wurde zunächst der Antrag des BZÖ auf Durchführung einer weiteren Debatte über die Ergänzung der Tagesordnung abgelehnt. Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) sprach daraufhin von einer nicht tragbaren Vorgangsweise und beantragte die Einberufung einer Sonderpräsidiale. Überdies stellte der F-Klubobmann fest, es sei ein offenes Geheimnis, dass der ESM noch vor dem Sommer durchgepeitscht werden solle.
Abgeordneter Josef BUCHER (B) zeigte sich empört über die Ablehnung seines Antrags und beantragte eine Vorreihung der Ersten Lesung als ersten Tagesordnungspunkt.
Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) qualifizierte die Kritik seiner Vorredner als künstliche Aufregung und stellte fest, FPÖ und BZÖ wollten den Menschen einmal mehr einreden, man würde in dieser Frage keine Debatte zulassen. Die Debatte über die Ergänzung der Tagesordnung sei aber bereits geführt, inhaltlich werde sich das Parlament in weiterer Folge noch ausführlich mit dem Antrag auseinander setzen.
Bei der Abstimmung wurde die von den Regierungsparteien und den Grünen beantragte Ergänzung der Tagesordnung mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit angenommen, der Antrag des BZÖ auf Vorreihung blieb in der Minderheit.
Präsidentin Barbara Prammer kündigte ferner eine Sonderpräsidiale an, deren Termin noch bekannt gegeben werde. FPÖ und BZÖ verließen aus Prostest die Plenarsitzung. (Ende Geschäftsordnungsdebatte/Fortsetzung Nationalrat)