Parlamentskorrespondenz Nr. 523 vom 20.06.2012

Schönheitsoperationen: Gesundheitsausschuss billigt Regierungsentwurf

Neue gesetzliche Bestimmungen für medizinische Assistenzberufe

Wien (PK) – Ab kommendem Jahr sollen strikte Vorgaben für Schönheitsoperationen gelten. Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats billigte heute einen entsprechenden Gesetzentwurf der Regierung. Er sieht eine Reihe von qualitätssichernden Bestimmungen für chirurgische Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit und andere ästhetische Behandlungen vor. Der Beschluss im Ausschuss fiel einstimmig, Änderungen wurden nicht mehr vorgenommen.

Laut Gesetzentwurf dürfen Schönheitsoperationen wie Bauchstraffungen, Brustvergrößerungen, Facelift, Fettabsaugungen und Nasenkorrekturen künftig nur von speziell ausgebildeten ÄrztInnen durchgeführt werden, die über eine Berechtigung für "Ästhetische Chirurgie" verfügen. Außerdem sind die MedizinerInnen verpflichtet, PatientInnen vor einem Eingriff umfassend aufzuklären, einen schriftlichen Kostenplan vorzulegen, eine Fotodokumentation zu machen und einen Operationspass mit allen relevanten Daten auszustellen. Zwischen nachweislicher Aufklärung und Einwilligung zur Operation muss in der Regel überdies ein Zeitraum von 14 Tagen verstreichen. Ebenso sind strikte Werbebeschränkungen vorgesehen.

Auch die Durchführung ästhetischer Behandlungen wie Botox-Injektionen, Faltenlaserungen und Thermagen sind vom Gesetz erfasst. Bestehende gewerberechtliche Berechtigungen, etwa für KosmetikerInnen, bleiben davon aber unberührt.

In Hinkunft unzulässig sind ästhetische Behandlungen und Operationen an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bis zum 18. Lebensjahr ist die Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforderlich. Bei Gesetzesverstößen drohen Geldstrafen bis zu 25.000 €.

Mit der Regierungsvorlage mitverhandelt wurde ein Entschließungsantrag der Grünen, er gilt mit dem Beschluss als miterledigt. Von den Koalitionsparteien hingegen abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag des BZÖ betreffend die Aufnahme von Ausbildungsmodulen zum Thema Suchterkrankung in die Studienpläne des Medizinstudiums.

In der Debatte wurde die Gesetzesvorlage sowohl von den Koalitionsparteien als auch von der Opposition grundsätzlich begrüßt, auch wenn die Abgeordneten Andreas Karlsböck (F) und Judith Schwentner (G) einige Details hinterfragten. So warnte Karlsböck etwa vor einem unnötigen bürokratischen Mehraufwand und machte geltend, dass eine umfassende ärztliche Aufklärung und eine Kostenaufstellung bereits jetzt ärztlicher Alltag seien. Er begrüßte aber, dass alle ÄrztInnen mit entsprechender Ausbildung Schönheitsoperationen durchführen dürfen werden.

Abgeordnete Schwentner bedauerte, dass das Verbot von Schönheitsoperationen nicht bis zum 18. Lebensjahr verankert wird. Ihr zufolge wird die Wirksamkeit des Gesetzes überdies stark davon abhängen, welche Mindestausbildungsstandards für ÄrztInnen von der Ärztekammer vorgeschrieben werden.

Einig waren sich die Abgeordneten darin, dass Auswüchsen wie der Verlosung von Schönheitsoperationen in Diskotheken oder Maturareisen mit inkludierten Schönheitsoperationen ein Riegel vorgeschoben werden müsse. Von derartigen Praktiken berichteten neben Karlsböck auch die Abgeordneten Johann Maier (S) und Erwin Rasinger (V). Maier warnte auch vor "Schnäppchenwerbung" im Internet und wies darauf hin, dass es bei Konsumentenschutzeinrichtungen zuletzt eine erhöhte Anzahl von Beschwerden nach Schönheitsoperationen wegen mangelnder Aufklärung gegeben habe.

Gesundheitsminister Alois Stöger hob hervor, dass sich die österreichische Ärztekammer bei den Verhandlungen für hohe Qualitätsstandards für Schönheitsoperationen stark gemacht habe. Er selbst erwartet sich durch den Gesetzentwurf eine massive Qualitätsverbesserung bei Schönheitsoperationen, wobei er etwa die vorgesehene Nachdenkfrist zwischen Aufklärung und Operationseinwilligung für besonders wichtig erachtet. Was erlaubte "medizinische Eingriffe" durch Gewerbetreibende betrifft, will sich Stöger dafür einsetzen, dass solche Fragen künftig im Gesundheitsausschuss diskutiert werden.

Gegenüber Abgeordnetem Wolfgang Spadiut (B) versicherte Stöger, übliche Eingriffe wie die Korrektur von "Hasenscharten" und von weit abstehenden Ohren oder plastische Operationen nach Unfällen im Jugendalter würden nicht unter das Verbot von Schönheitsoperationen für Jugendliche unter 16 fallen. Ihm zufolge ist auch eine Doppelbestrafung von ÄrztInnen ausgeschlossen, gegebenenfalls habe das Strafgesetzbuch Vorrang vor Verwaltungsstrafen. Entsprechende Befürchtungen hatte zuvor Abgeordneter Karlsböck geäußert.

Neue Regelungen für medizinische Assistenzberufe

Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ passierte eine Regierungsvorlage zur Etablierung moderner Berufs- und Ausbildungsregelungen für medizinische Assistenzberufe den Ausschuss. Konkret geht es etwa um den medizinisch-technischen Fachdienst sowie die Tätigkeit von Operations- und OrdinationsgehilfInnen. Künftig fallen alle einschlägigen Tätigkeiten unter die medizinischen Assistenzberufe, wobei eine aufeinander abgestimmte, leicht kombinierbare Ausbildung vorgesehen ist. So wird es für den Krankenanstaltenbereich etwa möglich sein, die Ausbildung zur "Operationsassistenz", zur "Gipsassistenz" und zur "Röntgenassistenz" zur medizinischen Fachassistenz zu kombinieren.

Insgesamt sind im Gesetz sieben fachspezifische Berufsfelder verankert: neben den bereits genannten gehören dazu auch die "Desinfektionsassistenz", die "Laborassistenz", die "Obduktionsassistenz" und die "Ordinationsassistenz". Die Ausbildung umfasst, je nach Berufsfeld, zwischen 650 und 1.300 Stunden.

Der Erwerb der medizinischen Fachassistenz setzt auch das Verfassen einer Fachbereichsarbeit voraus, AbsolventInnen steht der Zugang zur Berufsreifeprüfung offen.

Gleichzeitig mit den neuen Regelungen für medizinische Assistenzberufe erhalten SportwisschenschafterInnen neue Befugnisse. Sie können künftig in Rehabilitationseinrichtungen unterstützend zu ÄrztInnen und PhysiotherapeutInnen für Trainingstherapie eingesetzt werden. Bisher durften sie grundsätzlich nur mit gesunden Menschen arbeiten.

Im Rahmen der Debatte kritisierte Abgeordneter Andreas Karlsböck (F), dass die Ausbildungsdauer für die Ordinationsassistenz von 1.000 Stunden auf 650 Stunden reduziert wurde. Er zeigte überdies kein Verständnis für die seiner Meinung nach zu weit gehenden Befugnisse von RöntgenassistentInnen. Karlsböck gab zu bedenken, dass für Radiotechnologie eine eigener akademischer Studienlehrgang geschaffen wurde, mit dem Berufsfeld "Röntgenassistenz" werde dieser Schritt konterkariert.

Die anderen Fraktionen begrüßen den Gesetzentwurf hingegen. So sprach Abgeordneter Erwin Rasinger (V) von einem "sehr wichtigem, sehr engagiertem und sehr gutem Gesetz" und zeigte sich über dessen Zustandekommen nach langwierigen Verhandlungen erfreut. Auch nach Ansicht von Abgeordneter Sabine Oberhauser (S) ist ein guter Kompromiss gelungen, sie hob insbesondere die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Berufsfeldern hervor. Abgeordnete Ursula Haubner (B) sieht eine wichtige Aufwertung der ehemaligen medizinischen Hilfsberufe. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) bewertete das Gesetz trotz einzelner Mängel als "riesigen Fortschritt", auch wenn man es, wie er meinte, nicht allen Recht machen könne.

Zur den auch von Abgeordnetem Grünewald hinterfragten Befugnissen von RöntgenassistentInnen merkten Abgeordnete Oberhauser und Gesundheitsminister Stöger an, es gehe nur um einfache, standardisierte Routineröntgen. Sollte es hier nicht doch noch zu einer gesetzlichen Klarstellung kommen, will Stöger in der Ausbildungsverordnung entsprechende Vorgaben festschreiben. Generell machte Stöger darauf aufmerksam, dass seit rund 20 Jahren über die Aufwertung der medizinischen Hilfsberufe diskutiert wird, er hält es für dringend notwendig, in diesem Bereich "Qualität hineinzubringen". Wie der Minister unterstrich, gibt man damit gerade auch vielen Frauen neue Ausbildungsmöglichkeiten.

Dass die Ausbildungsstunden für OrdinationsassistentInnen von 1.000 Stunden auf 650 Stunden herabgesetzt wurden, begründete Abgeordneter Rasinger nicht zuletzt damit, dass man auch Wiedereinsteigerinnen berufliche Perspektiven bieten wollte. Seiner Meinung nach bewähren sich ältere Ordinationsgehilfinnen bestens.

Die neuen Befugnisse für SportwissenschafterInnen wurden auch von den Freiheitlichen positiv bewertet.

Tierärztekammer wird gänzlich neu strukturiert

Mit einer umfassenden Neustrukturierung der Tierärztekammer reagiert die Politik darauf, dass sich das Berufsbild von TierärztInnen in den letzten Jahrzehnten stark geändert hat. So sind mittlerweile in der Nutztierbetreuung Praxisgemeinschaften und Großpraxen mit Angestellten üblich, parallel dazu ist die Nachfrage nach Kleintierpraxen stark gestiegen. Ebenso haben sich neue tierärztliche Berufsfelder, etwa im Bereich der Labordiagnostik und der Zoonosenbekämpfung, entwickelt.

Der von der Regierung vorgelegte und vom Gesundheitsausschuss unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags mit S-V-G-B-Mehrheit gebilligte Gesetzentwurf sieht im Hinblick auf diese Entwicklung unter anderem die Schaffung von getrennten Abteilungen für selbständig tätige TierärztInnen und für angestellte TierärztInnen vor, um die Wahrnehmung der beruflichen Interessen der jeweiligen Gruppe besser zu gewährleisten. Damit werden auch die Voraussetzungen für den Abschluss eines Kollektivvertrags für angestellte TierärztInnen geschaffen. Weitere Adaptierungen betreffen das Wahlrecht, die Befugnisse der Kammer, die Aufgaben der Kammerorgane, das Aufsichtsrecht und die Wohlfahrtseinrichtungen. Ebenso wird das tierärztliche Disziplinarverfahren neu geregelt.

Gemäß dem von den Koalitionsparteien im Zuge der Verhandlungen eingebrachten Abänderungsantrag werden in den Bundesländern Schlichtungsgremien eingerichtet sowie ein Kontrollausschuss etabliert, der die ursprünglich vorgesehenen Rechnungsprüfer ersetzen soll. Außerdem wird der Delegiertenversammlung die Möglichkeit gegeben, die von ihr gewählten Organe mit Zweidrittelmehrheit wieder abzuberufen. Den LandesstellenpräsidentInnen wird zur Beratung ein Landesausschuss zur Seite gestellt.

Mit den vorgenommenen Abänderungen griffen die Abgeordneten auch einige Anliegen einer Gruppe von TierärztInnen auf, die im Vorfeld der Beratungen massiv gegen den Gesetzentwurf protestiert und diesen Protest mit einer Petition an den Nationalrat bekräftigt hat. Der zentralen Forderung der Petition, mit dem Gesetzesbeschluss zuzuwarten, um einen umfassenden Meinungsbildungsprozess innerhalb der Kammer zu ermöglichen, trugen die Abgeordneten jedoch nicht Rechnung.

Das neue Gesetz wurde nicht nur von den Koalitionsparteien, sondern auch von Grünen und vom BZÖ befürwortet. Die Abgeordneten hoben insbesondere die Stärkung der Position von angestellten TierärztInnen hervor, die, wie Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) meinte, derzeit teilweise mit prekären Beschäftigungsverhältnissen konfrontiert seien.

Für die Querelen innerhalb der Tierärztekammer zeigten die Abgeordneten wenig Verständnis. So äußerte Abgeordneter Dietmar Keck (S) den Verdacht, dass es den KritikerInnen vorrangig darum gehe, einen Mindestlohn für angestellte TierärztInnen zu verhindern und mehr Zugriff auf den gut dotierten Wohlfahrtsfonds zu gewinnen. Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B), selbst Tierarzt, meinte überhaupt, er schäme sich für das, was ein Teil seiner KollegInnen aufgeführt habe. Die "Landesfürsten" in der Kammer könnten nicht machen, was wie wollten.

Dennoch kamen die Abgeordneten der Kritikergruppe durch einzelne Abänderungen am Gesetzentwurf entgegen. So wird, wie Abgeordneter August Wöginger (V) erläuterte, ein Kontrollmechanismus für den Wohlfahrtsfonds eingerichtet, auch wird die Möglichkeit zur Abwahl von Organen geschaffen. Abgeordneter Karl Donabauer sprach in diesem Sinn von einem richtigen Gesetz, das die Situation gegenüber dem Ist-Stand deutlich verbessere.

Abgelehnt wurde der Gesetzentwurf lediglich von den Freiheitlichen. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) begründete diesen Schritt damit, dass das Gesetz, abgesehen von der ihrer Meinung nach nicht optimalen Gesetzeswerdung, keinen Mindestlohn für angestellte Tierärzte vorsehe. Auch die Änderung bei der Verwaltung des Wohlfahrtsfonds macht für sie keinen Sinn.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) und Gesundheitsminister Alois Stöger hielten dem entgegen, dass Mindestlöhne in keiner Branche gesetzlich verankert seien. Oberhauser zufolge wurde in dieser Frage außerdem bereits eine Einigung erzielt: Im ersten vollen Berufsjahr sind demnach 2.000 €, ab dem dritten Berufsjahr 2.300 € vorgesehen. Stöger appellierte an die FPÖ, ihre Ablehnung zu überdenken. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss)