Parlamentskorrespondenz Nr. 729 vom 02.10.2012

Finanzausschuss stimmt Transparenzdatenbank zu

Internationale Finanzabkommen auf dem Weg ins Plenum

Wien (PK) - Der Internationale Währungsfonds sowie globale Entwicklungsfonds brauchen mehr Geld von ihren Mitgliedsländern, einerseits zur Stabilisierung des globalen Währungssystems, andererseits für den Kampf gegen die Weltarmut. Einer gesetzlichen Grundlage für entsprechende Beiträge Österreichs stimmte der Finanzausschuss mehrheitlich zu. Plenumsreif ist auch der Gesetzentwurf zur Einrichtung der Transparenzdatenbank, mit der die Regierung mehr Licht in staatliche Transferleistungen bringen will. Mehr Transparenz soll künftig auch im außerbörslichen Derivatehandel herrschen, um dort finanzielle Risiken zu verringern - ein Gesetzentwurf mit Rechtsanpassungen an die diesbezügliche EU-Verordnung zählt zu den zahlreichen Vorlagen, die den Finanzausschuss ebenfalls passierten. Dazu gehören auch neue Doppelbesteuerungsabkommen mit Georgien, Hongkong, Schweiz und Zypern sowie Abkommen mit Deutschland zur Kooperation im Kampf gegen die Schwarzarbeit und zur Nutzung von Zollgebäuden im gemeinsamen Grenzgebiet. Oppositionsabgeordnete drängten auf Vorkehrungen gegen die zunehmende Agrarpreisspekulation (F), auf steuerliche Unterstützung von Betrieben, die in der Krise trotz Verlusten Arbeitsplätze sichern (F) und auf neue Regeln für die Verwendung von Verwaltungsstrafen (B). - Alle Oppositionsanträge wurden vertagt.

          

Anpassungen im Bundeschatzscheingesetz

Die Möglichkeit, finanzielle Verpflichtungen gegenüber internationalen Finanzinstitutionen durch Begebung von Bundesschatzscheinen zu erfüllen, wird erweitert. Die Obergrenze für begebene und noch nicht eingelöste Bundesschatzscheine im Bundesschatzscheingesetz wird auf 500 Mill. € (bisher 5 Mrd. Schilling) erhöht und Schillingbeträge auf Euro umgestellt. Mit der Ausgabe von Bundesschatzscheinen werden keine Finanzschulden begründet, erfuhren die Abgeordneten, die dem Plenum mit S-V-Mehrheit empfahlen, die Regierungsvorlage (1899 d.B.) anzunehmen.

Der Debatte äußerten sich die Abgeordneten Peter Westenthaler (B) und Werner Kogler (G) kritisch gegenüber dieser Sonderkonstruktion. Beiträge an internationale Finanzinstitutionen durch Hinterlegung von Bundesschatzscheinen zu leisten, bedeute "Schulden zu verstecken" (Westenthaler) und das Budget "zu verschleiern" (Kogler). Demgegenüber besprach Abgeordneter Kai Jan Krainer die Vorlage positiv und Staatssekretär Andreas Schieder warb mit dem Hinweis auf Entlastungseffekte für das Budget für die erweiterte Möglichkeit, Bundeschatzscheine als Hinterlegungsmittel bei Finanzinstitutionen einzusetzen.

Mehr Geld für die ärmsten Länder der Welt

Die Armut in der Welt soll bis 2015 halbiert werden - dieses und andere Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen erfordern Mittel zur Wiederauffüllungen internationaler Entwicklungsfonds. Österreich Beiträge machen im Zeitraum 2013 bis 2021 16 Mio. € zum Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung und 32 Mio. € zum Asiatischen Entwicklungsfonds aus. Die Zusammenarbeit mit Entwicklungsfonds trägt zum Aufbau künftiger Exportmärkte in Entwicklungs- und Transitionsländern bei und fördert österreichische Unternehmen bei der Bearbeitung dieser Märkte, heißt es in den Erläuterungen zum Entwurf eines Internationale Finanzinstitutionen-Beitragsgesetzes 2012 (1900 d.B.) – Die Zustimmung erfolgte mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen.

Der Kritik des Abgeordneten Peter Westenthaler (B,) Österreich habe auf Entscheidungen internationaler Fonds zu wenig Einfluss und sollte sich in seinem EZA-Engagement stärker auf bilaterale Projekte konzentrieren, trat Staatssekretär Andreas Schieder mit der Unterstützung der Abgeordneten Petra Bayr entgegen, indem er erklärte, wie Österreich durch seine Vertreterinnen bei der Ausgestaltung des Entwicklungsprogramms der Weltbank mitentscheidet.; dasselbe gelte für die europäische Entwicklungsbank. Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) begründete die Ablehnung seiner Fraktion mit der Förderung klimaschädlicher Biospritproduktion in Entwicklungsländer.

Auch der IWF braucht höhere Beiträge 

Die dynamische Entwicklung der Weltwirtschaft macht beim Internationalen Währungsfonds (IWF) eine Quotenerhöhung von 237 Mrd. Sonderziehungsrechten (SZR) auf 476 Mrd. SZR notwendig. Die österreichische IWF-Quote soll von 2,1139 Mrd. SZR auf 3,932 Mrd. SZR erhöht werden. Das Bundesbudget wird infolge verringerter Gewinnabfuhr der Nationalbank – die OeNB ist für die höheren IWF-Beiträge zuständig - pro Jahr um maximal 15,1 Mio. € belastet (1901 d.B.). – Die Zustimmung des Ausschusses erfolgte mit S-V-G-Mehrheit.  

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) betonte, dass der zusätzliche Finanzbedarf des IWF in erster Linie eine Folge der Finanzkrise sei und warnte vor Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg. Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) setzte sich kritisch mit der unglücklichen Rolle des IWF bei der Krisenbewältigung, beispielsweise in Griechenland, auseinander.

Der Finanzstaatssekretär Andreas Schieder konnte den Ausschussmitgliedern beim Thema "Krise" keine Entwarnung geben: "Wir sind mitten in einer Krise, die ihren Ausgang mit der Finanzkrise genommen hat." Ein kleines Exportland wie Österreich leide unter schlechtem Wachstum aus Auslandsmärkten. Daher sei es wichtig, dass Spanien seine Probleme rasch löse.

Abgeordneter Werner Kogler (G) erkundigte sich nach dem aktuellen Stand der europäischen Diskussion über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und erfuhr von Staatssekretär Andreas Schieder, dass sich Österreich massiv für eine solche Steuer einsetze und auch Teil der Bewegung für eine verstärkte Zusammenarbeit von Mitgliedsländern auf diesem Gebiet ist. Da dies die Teilnahme von neun Ländern voraussetze, leiste die Finanzministerin Überzeugungsarbeit bei wankenden Ländern und bemühe sich, die Vorteile einer Finanztransaktionssteuer darzustellen. Er, Schieder sei sehr zuversichtlich, dass eine Finanztransaktionssteuer kommen werde.

In der Debatte waren sich Abgeordneter Günter Stummvoll (V) und Abgeordneter Werner Kogler (G) darin einig, dass es kontraproduktiv wäre, würde statt einer Finanztransaktionssteuer lediglich eine Börsenumsatzsteuer eingeführt, weil damit Unternehmensanteile besteuert würden, was schädliche Auswirkungen auf das Wachstum hätte. Staatssekretär Andreas Schieder bemühte sich, solche Sorgen zu zerstreuen: Österreich engagiere sich auf der Basis des Kommissionsvorschlages für eine Finanztransaktionssteuer und damit für allumfassende Besteuerung des Over-the-counter-Handels und von Highspeed-Geschäften.

EBRD finanziert auch Länder am südlichen und östlichen Mittelmeer

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) will auch Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums (SEMED) finanzieren, sofern sie sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen. Einer entsprechenden EBRD-Satzungsänderung (1904 d.B.) stimmte der Finanzausschuss mit S-V-F-G-Mehrheit zu.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) meldete Zweifel an der demokratischen Entwicklung in Länder wie Ägypten, Marokko, Tunesien, Jordanien an und kritisierte die Absicht der EBRD, ihre Geschäftstätigkeit bis in die Mongolei auszudehnen.

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) stellte Detailfragen nach den Auswirkungen der EBRD-Satzungsänderung auf Österreich.

Abgeordnete Petra Bayr (S) bekannte sich dazu, die demokratische Entwicklung in den Mittelmeeranrainerländern, den nächsten Nachbarn Europas, wie sie sagte, durch wirtschaftliche Anreize zu unterstützen.

Staatssekretär Andreas Schieder erinnerte daran, dass Ägypten und Marokko EBRD-Gründungsmitglieder sowie Jordanien und Tunesien bereits Mitglieder seien. Es gehe darum, die Demokratisierung in den Ländern des Arabischen Frühlings zu unterstützen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Österreich seien positiv, berichtete der Staatssekretär. Am Haftungsumfang und Kapitalanteil Österreichs bei der EBRD werde sich durch die Satzungsänderung nichts ändern.

Transparenzdatenbankgesetz auf dem Weg ins Plenum

Eine Transparenzdatenbank und ein öffentlich zugängliches Transparenzportal über alle öffentlichen Transferleistungen sollen es der öffentlichen Hand erleichtern, ihre Leistungsangebote besser aufeinander abzustimmen und effizienter zu gestalten. Die Regierungsvorlage eines Transparenzdatenbankgesetzes (1891 d.B.) passierte den Ausschuss mit S-V-Mehrheit.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) machte einmal mehr darauf aufmerksam, dass Wien die Absicht geäußert hat, keine Daten für die Transparenzdatenbank zur Verfügung zu stellen. Der Abgeordnete qualifizierte die Entwicklung dieses Projekts als "Misserfolgsgeschichte". Den Abgeordneten Maximilian Linder und Elmar Podgorschek (beide F) teilte Staatssekretär Andreas Schieder auf deren Fragen hin mit, dass die Gemeinden in die Transparenzdatenbank einbezogen werden. Wer Daten zur Verfügung stelle, könne auch selbst Daten abrufen. Auf Kritik am vorliegenden Gesetzentwurf reagierte der Staatssekretär, dass es die geplante Datenbank ermöglichen werde, Doppelförderungen abzustellen, Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und künftig aus den Daten Schlussfolgerungen für eine effizientere Förderungspolitik zu ziehen.

Schließlich kündigte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) für die Debatte im Plenum einen Abänderungsantrag seiner Fraktion zu datenschutzrechtlichen Details an.

Mehr Transparenz beim außerbörslichen Handel mit Derivaten

Mehr Transparenz und weniger finanzielles Risiko beim außerbörslichen ("over the counter" - OTC) Handel mit Derivaten ist das Ziel einer EU-Verordnung, die in Österreich mit einem "Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz" (1914 d.B.) umgesetzt werden soll. Der Regierungsentwurf wurde einstimmig verabschiedet, wobei sämtliche Fraktionsvertreter von einem richtigen Schritt in die richtige Richtung sprachen.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) verknüpfte seine Zustimmung allerdings mit der Forderung nach einer grundsätzlichen Reform der Finanzmärkte auf europäischer Ebene, während seitens der FPÖ Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Finanzmarktaufsicht anmeldete.

Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) erwartete sich von der Regelung mehr Transparenz, schränkte allerdings ein, das Ziel einer wirksamen Regulierung des Derivathandels sei noch immer nicht erreicht. Es müsse, wie er sagte, vor allem darum gehen, zwischen jenen Geschäftsmodellen, die die Realwirtschaft tatsächlich braucht, und jenen Geschäften, die einzig und allein der Spekulation dienen, zu unterscheiden. Derzeit würden die "Zwangsjacken" bei den Falschen angelegt, befand Ikrath.

Staatssekretär Andreas Schieder begrüßte auch seinerseits die Regelung, meinte aber, es gehe zu langsam. Er trat insgesamt für eine Zulassungspflicht für gewisse Produkte ein, und erhoffte sich darüber hinaus auch Fortschritte von den Bemühungen der EU in Richtung Banken-Union.

Vom Abgeordneten Westenthaler auf das Thema Hypo-Alpe-Adria

und den bevorstehenden Ablauf der Frist für die Einbringung der Zivilklage zur Rückabwicklung der Notverstaatlichung angesprochen, erklärte Schieder, es bestehe der politische Wille, alles zu unternehmen, um die Belastung des Bundes möglichst gering zu halten. Die juristischen Fragen seien aber von der Finanzprokuratur abzuklären, Klagen würden jedenfalls normalerweise immer erst gegen Ende der Frist eingebracht.

Staatsvertrag zur Nachnutzung von Zollämtern

Einem Abkommen mit Deutschland über die Nutzung ehemaliger gemeinschaftlicher Zollämter für ein wirtschaftsfreundliches Zoll-Dienstleistungsangebot in Grenznähe (1893 d.B.) stimmten alle Ausschussmitglieder zu.

Zusammenarbeit mit Deutschland bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit

Einstimmig genehmigt wurde auch ein weiterer Vertrag mit Deutschland, der die Kooperation bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler grenzüberschreitender Leiharbeit vertieft (1894 d.B.).

Revision der Steuerabkommen mit Georgien, Hongkong, Schweiz, Zypern

Die bestehende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen mit Georgien (1882 d.B.), Hongkong (1890 d.B.), Schweiz (1896 d.B.) und Zypern (1897 d.B.) werden nach den neuen Grundsätzen der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) revidiert. Die Zustimmung erfolgte mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen, nachdem FPÖ und BZÖ einmal mehr Kritik an der ihrer Meinung nach drohenden Aufweichung des österreichischen Bankgeheimnisses durch die neuen Doppelbesteuerungsabkommen geübt hatten.

Abgeordneter Werner Kogler (G) wies auf das Problem der Steuerflüchtlinge hin und rügte die Bundesregierung wegen ihrer Weigerung, auf EU-Ebene der Aufnahme von Verhandlungen mit der Schweiz und Liechtenstein über einen direkten Datenabgleich in Steuersachen zuzustimmen.

FPÖ gegen Spekulation mit Agrarrohstoffen

Die FPÖ-Abgeordneten Gerhard Deimek und Harald Jannach beantragen Schutzmaßnahmen vor Spekulation mit Agrarrohstoffen (2066/A(E)). Sie begründen ihre Initiative mit der Sorge vor Problemen bei der Nahrungsmittelversorgung, da Analysten von weiteren Preissteigerungen bei Lebensmitteln ausgehen. Die Preisspirale begünstige Profite durch Spekulationen, während immer mehr Menschen, vor allem südlich der Sahara, verhungern. Auch Ökonomen schlagen

Regulierungsmaßnahmen vor, um Spekulationen mit Agrarrohstoffen zu bremsen, etwa durch eine Begrenzung der Zahl von Warenterminkontrakten, liest man im Antrag der FPÖ, der im Ausschuss von den Abgeordneten Bernhard Themessl und Elmar Podgorschek vertreten wurde.

Abgeordneter Jan Krainer (S) erinnerte an einen bereits vom Plenum beschlossenen umfangreicheren Fünf-Parteien-Antrag zu diesem Thema und schlug vor, zur Bekräftigung dieser Entschließung eine weitere gemeinsame Initiative aller Fraktionen einzubringen. Der F-Antrag wurde daraufhin einstimmig vertagt.

FPÖ will Unternehmen steuerliche Verlustrückträge einräumen

Einen Verlustrücktrag bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftssteuer verlangt FPÖ-Abgeordneter Bernhard Themessl (1969/A(E)). In schwierigen Zeiten sollte der Staat Betrieben beistehen, die in der Hoffnung auf bessere Zeiten Verluste in Kauf nehmen und damit Arbeitsplätze erhalten. Verlustvorträge alleine reichten dafür nicht aus, argumentierte Themessl und untermauerte seinen Vorschlag auf eine betraglich limitierte Rücktragsmöglichkeit von Verlusten auf Gewinne der letzten drei Jahre auch mit dem Hinweis auf Vorbildmodelle in Deutschland und Frankreich.

Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt, nachdem Abgeordnete Gabriele Tamandl (V), die die Intentionen grundsätzlich begrüßte, für ein Gesamtkonzept im Rahmen einer Steuerreform plädiert hatte.

BZÖ: Neuregelung für Einnahmen aus Verwaltungsstrafen

Die BZÖ-Abgeordneten Peter Westenthaler und Rainer Widmann verlangen in ihrem Entschließungsantrag (1944/A(E)), die Verwendung von Einnahmen aus Verwaltungsstrafen neu zu regeln. Bislang fließen solche Einnahmen, etwa von der Finanzmarktaufsicht, der Gemeinde zu, in deren Gebiet die Behörde angesiedelt ist, im Falle der Finanzmarktaufsicht etwa dem Fonds Soziales Wien. Zur Vorbereitung einer Novelle verlangen die Antragsteller einen umfassenden Bericht zum Thema Zahlungsflüsse im Zusammenhang mit Verwaltungsstrafen.

Auch diese Initiative vertagte der Ausschuss mit Stimmenmehrheit. Auf Anregung von Obmann Günther Stummvoll (V) wurde allerdings vereinbart, bei der Sondersitzung am kommenden Freitag einen gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrag zu diesem Thema zu erarbeiten. (Schluss)