Parlamentskorrespondenz Nr. 1031 vom 06.12.2012

Bildungsforschungsinstitut BIFIE zwischen Lob und Rechnungshofkritik

Nationalrat: Schmied will Managerausbildung für DirektorInnen

Wien (PK) – Aspekte des Bildungsbereichs standen auch nach der Fragestunde im Zentrum der Diskussion im heutigen Nationalratsplenum. Das betraf in erster Linie die mehrheitlich beschlossenen Verlängerung der Finanzierung des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) sowie die einstimmig vorgenommene Festlegung im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, wonach bis zum Schuljahr 2014/15 BerufsschullehrerInnen auch an Bundesschulen SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf bis zur neunten Schulstufe unterrichten können. Die Anträge der FPÖ betreffend Technisches und Textiles Werken sowie hinsichtlich die Behandlung der Lawinengefahr im Unterricht erhielten jedoch nicht die erforderliche Unterstützung.

Basisförderung für BIFIE wird verlängert

Die Finanzierung des BIFIE mit 13 Mio. € Basisförderung pro Jahr ist aufgrund des heute mehrheitlich gefassten Beschlusses bis zum Jahr 2015 gesichert. Das entsprechende Gesetz wurde mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP angenommen. In der Debatte übten einige Abgeordnete unter Hinweis auf den Rechnungshofbericht immer wieder Kritik an der Arbeit des BIFIE. Andererseits wurde aber auch die wertvolle Tätigkeit des Instituts im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Schulwesens unterstrichen.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) bezeichnete das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) als eine "Großbaustelle" und zitierte aus einem dazu vorliegenden Rechnungshofbericht, der die Feststellung enthält, bei diesem Institut mangle es an klaren Zielvorgaben und ausreichender Projektkontrolle. Zuwendungen seien verdoppelt worden und Subventionen unverändert geblieben, obwohl das Institut Sparbücher mit großen Beträgen angelegt habe. Statt prognostizierter 60 bis 70 MitarbeiterInnen beschäftige das BIFIE 112 Personen, wobei man den Grundsatz der Budgetwahrheit durch den Einsatz von Sachaufwand für Personal unterlaufen habe. Aufgrund dieser Feststellungen habe der Rechnungshof 48 Empfehlungen verfasst, berichtete Rosenkranz weiter. Angesichts dieser Tatsachen sei es zu wenig, dem Parlament eine Gesetzesänderung vorzulegen, die darauf hinauslaufe, den Aufsichtsrat des BIFIE künftig vier statt nur zwei Mal jährlich tagen zu lassen. Die FPÖ lehne die vorliegende Gesetzesänderung daher ab, so Rosenkranz.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) wollte die Kritik des Rechnungshofs keineswegs beiseite wischen, wies aber doch darauf hin, dass die Ministerin beim BIFIE bereits Konsequenzen gezogen und Weichen für Verbesserungen und die Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen gestellt habe. Darüber werde der Rechnungshofausschuss diskutieren, sagte Mayer.

Die Aufgaben des BIFIE bei der Einführung der Zentralmatura und bei der Festlegung von Bildungsstandards seien wichtig, um LehrlingsausbilderInnen und weiterführenden Schulen Informationen über die Kompetenzen der SchülerInnen zu geben, erklärte Mayer. Die vom BIFIE entwickelten Maßnahmen auf diesem Gebiet griffen bereits, sagte der Redner und unterstrich die Leistungen des BIFIE bei der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität.

Auch Abgeordneter Harald WALSER (G) anerkannte den Beitrag des BIFIE zur Weiterentwicklung der Schulpädagogik und meinte, die Verzögerungen bei der Einführung der Zentralmatura seien nicht dem BIFIE anzulasten, sondern dem Ministerium, das gegenüber beharrenden Kräften nachgegeben habe. Angesichts der Kritik des Rechnungshofs können die Grünen dieser Gesetzesänderung aber nicht zustimmen, sagte Walser und listete seinerseits inakzeptabel hohe Rechnungen für Dienstfahrten sowie eine Überliquidität von 9 Mio. € in Form von Rücklagen auf, bei denen man fragen müsse, welchem Zweck diese Reserven dienten. Walser führte die Missstände beim BIFIE auf das althergebrachten Proporz-Systems zurück und forderte die Installierung von Fachleuten im Wege offener Hearings.

Abgeordneter Werner AMON (V) bekannte sich zum BIFIE und unterstrich dessen Aufgaben vor allem in Hinblick auf die Bildungsstandards und die zentrale kompetenzorientierte Reifeprüfung. Es habe gewisse Fehler gegeben, die vom Rechnungshof aufgedeckt wurden und die es nun gelte, durch gesetzliche Maßnahmen zu bereinigen, betonte Amon und plädierte in diesem Zusammenhang für eine Verstärkung des Vier-Augen-Prinzips. An die KritikerInnen appellierte er allerdings, das BIFIE "nicht mit aller Gewalt schlechtzureden". 

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) qualifizierte die Basiszuwendung an das BIFIE als zu hoch und zu umfangreich und sprach von aufgeblähten Strukturen, Mehrgleisigkeiten und politischen Besetzungen. Bestätigt fühlte sich die Rednerin durch den entsprechenden Rechnungshofbericht, der vor allem fehlende Kontrolle und Deckelung der Beträge kritisiert hatte. Das knappe Geld für die Bildung sollte lieber dort ankommen, wo es gebraucht werde, und zwar an den Schulen, forderte Haubner.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) hob die Bedeutung des BIFIE für die Umsetzung der Bildungsreform hervor, wandte sich gegen Selektion schon ab dem zehnten Lebensjahr und deponierte die Forderung der SPÖ nach einer gemeinsamen und ganztätigen Schule als fixen Bestandteil des Bildungssystems.

Abgeordneter Robert LUGAR (T) erwiderte, Österreich brauche kein Bildungsinstitut, man wisse ohnehin, woran es hapert. Das Problem sei vielmehr die Einmischung der Politik bei Direktorenbestellungen und Lehrplänen. Wenn zwanzig Prozent nach neun Jahren Pflichtschule nicht ausreichend lesen und schreiben können, dann liege der Grund dafür bei der Führung der Schule, stand für Lugar fest. DirektorInnen sollten nicht als politische Günstlinge, sondern als Manager bestellt werden, um die Möglichkeit zu haben, auf die Stärken und Schwächen der SchülerInnen an dem konkreten Schulstandort einzugehen, forderte Lugar und brach eine Lanze für mehr Schulautonomie. "Politik raus, Hausverstand rein", lautete dabei das Motto, mit dem der T-Klubobmann seine Forderungen auf den Punkt brachte.

Bundesministerin Claudia SCHMIED erklärte das BIFIE für unverzichtbar und argumentierte, unter den derzeitigen Rahmenbedingungen des öffentlichen Dienstes wären innovative Projekte nicht durchführbar. Die Ministerin versicherte, sie nehme den Rechnungshofbericht sehr ernst. Konsequenzen wurden und werden gesetzt, betonte Schmied und wies unter anderem auf die Umstellung auf ein System der bedarfsgerechten Finanzierung hin.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) sah in der Vorlage eine neue Chance für das BIFIE und rief dazu auf, die Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen, um dem Projekt mehr Schwung zu geben. Er trat dabei insbesondere für eine Optimierung der Kontrolle und für die Verankerung des Vier-Augen-Prinzips ein.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (T) zeigte kein Verständnis für die Mittelerhöhung des BIFIE und bemerkte empört, 13 Mio. € würden in dieses Institut gesteckt, wo die Menschen doch angesichts der Krise im Land ganz andere Probleme hätten. Er forderte insbesondere effiziente Einsparungen und Konzentration auf die wichtigen Bildungsfragen wie etwa das Funktionieren der Zentralmatura.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) kam auf die Bildungsreform zu sprechen und unterstrich den Stellenwert von Lehrerinnenbildung neu, Sprachförderung, Kleingruppenunterricht und Neuer Mittelschule. Der S-Mandatar appellierte in diesem Zusammenhang an die Opposition, die Erfolge nicht zu verleugnen und an der Umsetzung der Bildungsreform mitzuarbeiten.

Abgeordneter Robert LUGAR (T) untermauerte in einer zweiten Wortmeldung abermals seine Forderungen nach mehr Autonomie der Schulen und weniger Parteipolitik.

Mehr Rechte für PflichtschulleiterInnen bei Auswahl von LehrerInnen

Begrüßt wurden hingegen von allen Fraktionen die Verlängerung der Regelung im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, wonach bis zum Schuljahr 2014/15 BerufsschullehrerInnen auch an Bundesschulen SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf bis zur neunten Schulstufe unterrichten können. Ziel dieser Maßnahmen ist es, benachteiligten SchülerInnen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. DirektorInnen von Pflichtschulen erhalten zudem mehr Mitwirkungsrechte bei der Auswahl von Lehrkräften.

Abgeordnete Angela GESSL-RANFTL (S) begrüßte die Aufrechterhaltung der sonderpädagogischen Förderung durch BerufsschullehrerInnen sowie die Übernahme der Neuen Mittelschule in das Regelschulwesen und sprach insgesamt von einer guten Novelle.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) erwartete sich vor allem von der Neuregelung der Mitwirkungsrechte von SchulleiterInnen bei der Personalauswahl mehr Eigenverantwortung der Direktionen sowie eine Hebung der Qualität der Schulen.

Abgeordneter Harald WALSER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, fand aber im Gesetz einige Wehrmutstropfen. Er kritisierte insbesondere die Einbeziehung der Schulleitungen bei der Anstellung neuer Lehrkräfte bloß in Form einer bisher ohnehin schon üblichen Stellungnahme und meinte, das Gesetz sei kein großer Wurf, sondern bloß ein kleiner Trippelschritt. Aufrecht hielt Walser die Forderungen nach einem neuen Dienst- und Besoldungsrecht und nach mehr Schulautonomie unter Einschluss aller Schulpartner bei zentralen Fragen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) äußerte sich ebenfalls zustimmend, beklagte aber nach wie vor bestehende unterschiedliche Zuständigkeiten sowie Mehrgleisigkeiten in der Schulverwaltung und drängte auf einen großen Wurf bei der Schulreform. Unabdingbar sind nach Meinung der Rednerin dabei vor allem eine Alleinzuständigkeit des Bundes sowie ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (T) reihte sich in den Chor der zustimmenden Wortmeldungen ein, sah aber noch Handlungsbedarf bei der Förderung von benachteiligten Jugendlichen. Er forderte zudem ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für LehrerInnen mit besseren Gehältern für Junge sowie freie Hand der DirektorInnen bei der Auswahl des Lehrpersonals.

Bundesministerin Claudia SCHMIED sah die Einbeziehung der LeiterInnen in die Personalauswahl als Schritt in Richtung von mehr Verantwortung am Schulstandort und befürwortete überdies eine Managerausbildung für SchuldirektorInnen. Mit Nachdruck versicherte sie, das Dienst- und Besoldungsrecht bleibe ganz oben auf ihrer Agenda.

Textiles und Technisches Werken – getrennt oder gemeinsam?

Keine ausreichende Zustimmung fanden die Anträge von Abgeordnetem Walter Rosenkranz (F), angesichts tödlicher Lawinenunfälle Jugendlicher verstärkte Information über Lawinen-Gefahr im Schulunterricht anzubieten (1877/A[E]) und die beiden Hauptschul-Pflichtgegenstände "Technisches Werken" und "Textiles Werken" auch im Lehrplan der Neuen Mittelschule getrennt zu führen (1878/A[E]).

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) begründete seine Forderung nach Verankerung des Technischen und Textilen Werkens als Pflichtgegenstände in den Lehrplänen der Neuen Mittelschule mit dem Hinweis auf den großen Bedarf an Fachkräften in Österreich. Es gehe nicht an, 20.000 PublizistInnen zur Erfüllung der Akademikerquote heranzubilden und andererseits ausschließlich FacharbeiterInnen aus dem Ausland zu haben, gab er zu bedenken.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) replizierte auf die Forderung ihres Vorredners, wichtig sei es, technisches und Textiles Werken gemeinsam zu unterrichten, um Mädchen und Burschen die Möglichkeit zu bieten, Fähigkeiten in beiden Bereichen zu entwickeln.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) stellte die unterschiedlichen Zugänge ihrer Fraktion zu den beiden vorliegenden FPÖ-Anträgen dar. Das Bündnis befürworte die Fortführung der beiden Hauptschulfächer Technisches und Textiles Werken an der Neuen Mittelschule, da praktische und handwerkliche Fähigkeiten jedenfalls Teil der Allgemeinbildung seien und eine Zusammenführung der Gegenstände wohl zu einer Stundenreduktion führe. Den Antrag auf verstärkte Lawinenkunde an Schulen wertete Haubner dagegen als nicht erforderlich, da entsprechende Inhalte bereits im Rahmen des Schulunterrichts vermittelt würden.

Hinsichtlich der Unterweisung über Lawinengefahren an Schulen stimmte Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) seiner Vorrednerin zu, außerdem würden Jugendliche bei Schulschikursen unter pädagogischer Aufsicht nur auf lawinensichere Pisten geführt. Anders als Haubner sah Lettenbichler jedoch in der verpflichtenden Kombination des technischen und textilen Werkunterrichts eine Chance, Kinder und Jugendliche an sämtliche handwerkliche Fertigkeiten heranzuführen. Das komme vor allem Mädchen zugute, da bei diesen damit möglicherweise das Interesse für Technik und Naturwissenschaften geweckt werde, wodurch sich ein neues Berufsbild für sie ergebe, so der V-Mandatar. Er begrüßte zudem, dass an der Neuen Mittelschule erstmals das Fach Berufsorientierung Platz findet und regte an, ähnliches auch für AHS zu überdenken.

Für Abgeordneten Harald WALSER (G) war der geschlechtsneutrale gemeinsame Unterricht im Textilen und Technischen Werken ein pädagogisch richtiger Schritt, ein Problem sah er allerdings in der durch die Zusammenführung der Fächer ausgeweiteten Gruppengröße. Der G-Mandatar brachte daher einen Entschließungsantrag mit der Forderung ein, Gruppen der Werkerziehung auf 15 SchülerInnen zu beschränken. Für mehr Aufklärung über Lawinengefahr zusätzlich zu bereits in den Lehrplänen verankerten diesbezüglichen Informationen sah Walser keinen Bedarf.

Generell halte er eine Größenbegrenzung von Werkgruppen für gut, meinte Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (T), er bemerkte jedoch, dass die im G-Antrag vorgeschlagene Aufteilungsgröße angesichts der bestehenden KlassenschülerInnenzahlen von etwas über 20 Jugendlichen nicht realistisch sei und auch die Kostenfrage einer solchen Bestimmung überdacht werden müsse. Der T-Mandatar befürwortete dagegen den Antrag auf Beibehaltung der unterschiedlichen Werkgegenstände in getrennter Form, um eine Stundenreduktion zu verhindern und so die Förderung der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisen. Ebenso unterstütze er die FPÖ-Forderung für vermehrte Vermittlung der Gefahren von Lawinen, da längst nicht mehr alle Schulklassen Österreichs auf Schikurse führen und so häufig keinen entsprechenden Unterricht erhielten, machte Markowitz klar.

Jugendliche sollten tatsächlich über die Gefahr von Lawinenabgängen Bescheid wissen, betonte Abgeordneter Josef AUER (S), der F-Antrag für eine bessere Vermittlung der Gefahrenpotentiale biete allerdings als Instruktionsinstrument lediglich einen "Werbefilm" an, der keineswegs die richtige theoretische Unterrichtsbasis sei. Als gute Lösung erachtete Auer dagegen die Gemeinsame Schule, auch bis zum 16. Lebensjahr, bei der die Lawinenkunde in den Sportunterricht inkludiert werden könnte. Der ÖVP schlug der S-Mandatar vor, ihre Argumente pro Wehrpflicht als solidarisches Erlebnis besser für die Gemeinsame Schule zu verwenden.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) machte darauf aufmerksam, weite man die Schulangebote auf alle möglichen gesellschaftlichen Bereiche aus – von der Gesundheit bis zur Wirtschaft –, benötige es jedenfalls eine Neustrukturierung der Schulen, um diese Bildungseinrichtungen zu stärken. Letztendlich solle deswegen die Gemeinsame Schule das Ziel der österreichischen Bildungspolitik sein. Konkret zum Unterricht über die Lawinengefahr verwies Mayer auf bestehende Lehrplaninhalte darüber, befand allerdings, es ginge nicht an, die Lösung sämtlicher Probleme von den Schulen zu fordern.

Die Ablehnung des Unterrichtsausschusses der beiden FPÖ-Anträge wurde vom Nationalratsplenum mehrheitlich bestätigt. Der während der Debatte eingebrachte Antrag der Grünen blieb ebenfalls in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat)


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