Parlamentskorrespondenz Nr. 294 vom 09.04.2013

Gesundheitsreform gewinnt an Fahrt

Gesundheitsausschuss stimmt trotz massiver Differenzen zu

Wien (PK) – Die Gesundheitsreform ist am Weg ins Nationalratsplenum. Nach einer intensiven Debatte beschloss der Gesundheitsausschuss des Nationalrats heute mehrheitlich als Grundlage der Reform zwei 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern, mit denen Koordination und Finanzierung des Gesundheitswesens neu und einheitlicher geregelt werden. Ein dabei zusätzlich eingebrachter SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrag passierte den Ausschuss ebenso wie das Gesundheitsreformgesetz 2013 für die tatsächliche Umsetzung der angepeilten Maßnahmen. Einstimmig wurde ein Ausschussantrag angenommen, wonach der Gesundheitsminister dem Nationalrat innerhalb von drei Jahren einen Bericht über den Verlauf der Gesundheitsreform vorzulegen hat.

Während die Regierungsfraktionen die mit den Bundesländern ausverhandelte Lösung zur Gesundheitsreform befürworteten, bekrittelten die Oppositionsparteien, die Einflussnahme der Länder am Reformprojekt baue neuerliche Hürden zur Zielerreichung auf. Ein Abänderungsantrag der Grünen zum Gesundheitsreformgesetz 2013 blieb in der Minderheit. Freiheitliche und BZÖ spezifizierten einige ihrer Kritikpunkte am bestehenden Gesundheitswesen in mehreren Entschließungsanträgen, die der Ausschuss alle mit Mehrheit vertagte.

Eingangs diskutierten die Ausschussmitglieder auf Grundlage zweier Berichte die Lebensmittelsicherheit Österreichs und aktuelle EU-Vorhaben im Gesundheitsbereich. Beide Berichte wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen und gelten damit als enderledigt. Vor Eingang in die Tagesordnung führte eine Anmerkung der Ausschussobfrau Dagmar Belakowitsch-Jenewein, eine angestrebte Enquete zur Bio-Ethik sei in dieser Gesetzgebungsperiode wegen Widerständen in der ÖVP nicht mehr zu erwarten, zu heftigen Reaktionen der Grünen.

Stöger: Leistungsausbau im Gesundheitsbereich trotz Finanzkrise

Österreich nehme nicht wie andere EU-Mitgliedsländer auf Grund der aktuellen Krise drastische Kürzungen im Gesundheitswesen vor. Das habe bereits der Ausbau von Leistungen in Zahnambulatorien oder das Vorantreiben der elektronischen Gesundheitsakte belegt, verdeutlichte Gesundheitsminister Alois Stöger. Der aktuelle Entwurf zur Gesundheitsreform fokussiere nun ebenfalls auf eine verbesserte Versorgungen der PatientInnen, da zukünftig sämtliche Gesundheitsleistungen von Bund, Ländern und Sozialversicherungen gemeinsam zur Verfügung gestellt würden, und sich somit weniger Reibungsverluste ergäben, skizzierte Stöger sein Reformvorhaben. Partnerschaftlich vereinbarte Gesundheitsziele würden auch zukünftig die hohe Qualität des heimischen Gesundheitswesens gewährleisten.

Das neue System werde die finanzielle Sanierung eines Teilbereichs auf Kosten eines anderen Sektors unterbinden, zudem verringere gute medizinische Versorgung die anfallenden Gesundheitskosten, ging Stöger näher auf die Kritik des Abgeordneten Karl Öllinger (G) an den unterschiedlichen Versorgungsleistungen und den Schulden heimischer Krankenkassen ein. Abgeordneten August Wöginger (V), der die 2011 gelungene Reform der Krankenanstalten in Oberösterreich zur Sprache brachte, informierte der Minister, auch die unkoordinierte Vorgangsweise in verschiedenen Bundesländern habe die vorliegende Gesundheitsreform notwendig gemacht. Mit dem gegenständlichen Konzept könne die Bevölkerung nun österreichweit auf qualitätsvolle medizinische Versorgung vertrauen.

Konkret ist die Entwicklung eines Zielsteuerungssystems im Gesundheitsbereich zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung, das eine gemeinsame Planung ermöglichen, die hohe Versorgungsqualität sichern und gleichzeitig die Ausgabensteigerungen dämpfen soll, Kern des umfassenden Reformvorhabens. Eine diesbezügliche 15a B-VG-Vereinbarung (2140 d.B.) soll eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Bereich und den Spitälern bringen. Durch Verlagerung von Leistungen in den tagesklinischen bzw. ambulanten Sektor will man den stationären Bereich nachhaltig entlasten. Auch der Gesundheitsförderung und Prävention sowie der Stärkung von evidenzbasierter Früherkennung und Frühintervention wird ein höherer Stellenwert eingeräumt.

Die anvisierte Reform bringt außerdem eine Adaptierung der 15a B-VG-Vereinbarung aus dem Jahr 2008 über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (2141 d.B.) mit sich. Bund und Länder kommen darin überein, eine gemeinsame integrierte und sektorenübergreifende Planung und Steuerung im Gesundheitswesen sicherzustellen, den Grad der Verbindlichkeit in der Gesundheitsplanung auf Länderebene durch wechselseitige Abstimmung der intra- und extramuralen Versorgungsplanung zu erhöhen und eine sektorenübergreifende Finanzierung aufzubauen. Die Gültigkeit dieses Entwurfs richtet sich nach der Dauer des letzten Finanzausgleichs, besteht also jedenfalls bis 31.12.2014.

Das Gesundheitsreformgesetz 2013 (2243 d.B.), das großteils rückwirkend per 1. Jänner 2013 in Kraft treten soll, dient dazu, die beiden 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern in diesem Bereich transparent und nachvollziehbar umzusetzen. Zur Realisierung der Reformvorhaben sind Zielsteuerungskommissionen auf Bund- und Länderebene angedacht, die Verträge ausarbeiten sollen, in denen festgelegt wird, wo welche Leistungen angeboten werden. Mittels genauer Messgrößen und Zielwerte hinsichtlich Ergebnisorientierung, Versorgungsstrukturen und –prozesse sowie Finanzierung und durch ein Monitoringverfahren wird überprüft, ob die Vorgaben auch erreicht worden sind.

Bessere Steuerung von Leistungen und Kosten erhofft

Alle drei Gesetzesvorlagen passierten den Ausschuss mit Zustimmung der Regierungsparteien, wobei die Novelle zur 15a B-VG-Vereinbarung aus 2008 über Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesen auch die Grünen billigten. Die neuen Bestimmungen würden den BürgerInnen nun Klarheit darüber geben, welche Leistungen sie von welchen Stellen erhalten können, lobte die Gesundheitssprecherin der SPÖ Sabine Oberhauser die Gesetzesvorlagen zur Gesundheitsreform. Österreichs Gesundheitssystem müsse sich zukünftig den Anforderungen der Zeit stellen, was sich beispielsweise darin ausdrücke, dass PatientInnen nur noch die für ihre Genesung erforderliche Zeit in Krankenhäusern verbringen sollten und nicht nur deswegen länger im Spital verblieben, weil dadurch den Krankenanstalten mehr Geld zufließe.

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger begrüßte grundsätzlich die angedachten Reformschritte, er gab jedoch zu bedenken, um die notwendigen finanz- und gesundheitspolitischen Änderungen zufriedenstellend zu realisieren, sei eine konstruktive Verhandlungsarbeit aller Beteiligten nötig. Letztlich gelte es, Österreichs überdimensionierten Spitalssektor vorsichtig zu verkleinern, ohne dabei die qualitätsvolle Versorgung der PatientInnen zu beschneiden. Auch bestehende Lücken im Gesundheitssystem, etwa im Bereich der Psychiatrie, müssten geschlossen werden.

Zur Dämpfung der Gesundheitskosten soll die Reform eine schrittweise Annäherung der öffentlichen Gesundheitsausgaben, insbesondere durch die Länder und die Sozialversicherung, an den mittelfristig prognostizierten Anstieg des nominellen BIP (von derzeit 3,6 %) bringen. Im Vergleich dazu: Seit dem Jahr 1990 sind die öffentlichen Gesundheitsausgaben um durchschnittlich 5,2 % jährlich gestiegen. Durch die Reform sollen bis 2016 kumulierte Ausgabendämpfungseffekte in der Höhe von 3,430 Mrd. € (Länder 2,058 Mrd., Sozialversicherung 1,372 Mrd.) erreicht werden.

Opposition bezweifelt Wirkungsgehalt der Reform

Die kürzlich geäußerte Kritik des Rechnungshofs am gegenständlichen Entwurf zur Gesundheitsreform brachte FPÖ-Abgeordneter Andreas Karlsböck als Untermauerung seines Missfallens am Reformplan vor. Angesichts des zusätzlichen bürokratischen Aufwands, den die neu zu schaffenden Kommissionsgremien mit sich bringen würden, seien Kostendämpfungen lediglich durch Einsparungen bei den tatsächlichen medizinischen Leistungen zu erzielen, befürchtete er. Insgesamt sei das Reformpaket, in dem eine zusätzliche Verwaltungsebene eingezogen werde, daher als "Täuschungsmanöver" zu werten, folgerte Karlsböck und er vermisste Lösungsansätze, die sich nach den Empfehlungen des Rechnungshofes zur Verbesserung des Gesundheitswesens richteten. Seine Parteikollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein bekräftigte, eine echte Reform des Gesundheitswesens hätte einen Verwaltungsabbau und eine Bündelung von Kompetenzen und Zahlungsströmen benötigt, nichts davon sei aber im Reformpapier zu erkennen.

Die mit der Gesundheitsreform anvisierten Ziele seien gut, räumte der Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, ein. Er befand jedoch, die Zielerreichung sei fraglich, da die Bundesländer angesichts der 15a-Vereinbarungen maßgeblich an der Entscheidungsfindung beteiligt sind. Diesen Bedenken schloss sich auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) an, der einzig bei der ÖVP Ablehnung gegenüber einer verfassungsrechtlichen Änderung sah, mit der dem Bund die alleinige Entscheidungskompetenz bei Fragen der Gesundheitsreform zugebilligt würde.

Mit einem Abänderungsantrag drängte Grünewald unter anderem darauf, für Beschlussfassungen in der Bundes-Zielsteuerungskommission eine 2/3-Mehrheit vorzusehen und auch die Vertretung von nichtärztlichen Gesundheitsberufen sowie von Menschen mit Behinderung in den Entscheidungsgremien, die Gesundheitsziele definieren, gesetzlich zu verankern. Unverhältnismäßig fand er allerdings, dass der Rechnungshof seine langjährige Kritik an überbordender Bürokratie nun an der Gesundheitsreform aufhänge, wie Vorredner Karlsböck aufgezeigt hatte. Grünewalds Abänderungsantrag fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Gezielte Planung im Gesundheitsbereich soll Kosten mindern

Eine Bundes-Zielsteuerungskommission (BZK) mit jeweils vier Vertretern von Bund, Ländern und Sozialversicherung hat dem Reformplan zufolge nach einstimmigem Beschluss grundlegende Richtlinien vorzugeben. Gesundheitsminister Stöger verwies dabei auf die aus verfassungsrechtlichen Gründen für die Kooperation mit den Ländern notwendige Rechtsgrundlage eines Vertrags, der nun einmal Einstimmigkeit bei Abstimmungen vorsehe. Die bereits bestehende  Bundesgesundheitskommission wird u.a. für die Weiterentwicklung der Gesundheitsziele sowie dem Auf- und Ausbau der für das Gesundheitswesen maßgeblichen Informations- und Kommunikationstechnologien (wie ELGA, eCard, etc.) zuständig sein.

Künftig gibt es zudem neun sogenannte Landes-Zielsteuerungskommissionen (LZK), in denen jeweils fünf Vertreter des Landes und der Kassen sowie ein Vertreter des Bundes sitzen. Auf Basis eines Landes-Zielsteuerungsvertrags erhalten diese Gremien den Auftrag, die Strukturen im Gesundheitssystem  - etwa Kapazitätsanpassungen bei Krankenanstalten (z.B. Umwandlung in Tageskliniken) oder im niedergelassenen Bereich (z.B. Ausbau von Gruppenpraxen, innovative Versorgungsformen) - gemeinsam zu planen und zu steuern. Der Bund hat in diesem Gremium ein Vetorecht, falls ein Beschluss gegen Bundesvorgaben (z.B. Bundes-Zielsteuerungsvertrag, Qualitätsrichtlinien etc.) verstößt. Bei Streitigkeiten über Inhalte des Bundes- und der Landeszielsteuerungsverträge ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen; bei Nicht-Erreichen der Ziele oder bei Verstößen gegen die Verträge wird ein Sanktionsmechanismus in Gang gesetzt. Abgeordnete Oberhauser (S) und Rasinger (V) hielten in einem von den Regierungsparteien angenommenen Abänderungsantrag fest, falls es bei der Vereinbarung der Gesundheitsziele zwischen Bund und Ländern zu keiner Einigung komme, seien die Gründe für den betreffenden Dissens zu veröffentlichen.

Auf Landesebene gibt es auch weiterhin die Gesundheitsplattformen, deren Aufgaben mit denen der Bundesgesundheitskommission korrespondieren. Für Abgeordneten Öllinger bewies das Weiterbestehen der Gesundheitsplattformen allerdings, dass erneut die Bundesländer ihren Willen bei den Verhandlungen durchgesetzt hätten und er bezweifelte auch die Wirksamkeit der geplanten Schlichtungsstelle.

Stärkung von Tageskliniken und Arztpraxen, mehr Mittel für Prävention

Durch die Verlagerung von Leistungen in den tagesklinischen bzw. in den ambulanten Sektor (Spitalsambulanzen, selbstständige Ambulatorien sowie niedergelassener Bereich) will das Reformkonzept den vollstationären Bereich in den Spitälern entlasten. Ausgebaut werden sollen zudem ambulante Versorgungsstrukturen mit Öffnungszeiten zu Tagesrand- und Wochenendzeiten sowie interdisziplinäre Versorgungsmodelle. Auch die bedarfsorientierte Versorgungs- und Leistungsdichte im akutstationären und ambulanten Bereich wird neu festgelegt. Die Primärversorgung wird bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nach internationalem Vorbild gestärkt.

Um in Zukunft vermehrt auf Prävention zu setzen, wird auf Landesebene ein gemeinsamer Gesundheitsförderungsfonds eingerichtet, der mit insgesamt 150 Mio.€ für 10 Jahre dotiert ist. Die Bundes-Zielsteuerungskommission gebe dabei die Gesundheitsziele vor, über die Art der Mittelverwendung habe die jeweilige Landeszielsteuerungskommission zu entscheiden, erwiderte Bundesminister Stöger eine Frage der FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein. Ein österreichweit einheitliches Qualitätssystem soll die Ergebnisqualität in den Spitälern und bei den niedergelassenen Ärzten messen, wobei der Reformplan eine Teilnahme an bundesweiten Qualitätssicherungsmaßnahmen verpflichtend vorsieht.

FPÖ und BZÖ plädieren für sozial gerechte Gesundheitsversorgung

Im Zuge der Debatte über die Gesundheitsreform wurden auch Forderungen von FPÖ und BZÖ diskutiert, die auf die Leistbarkeit der Gesundheitsversorgung für die Allgemeinheit abzielen. Das Bündnis thematisiert in einem Entschließungsantrag (1772/A[E]) erneut den Mangel an stationären Kinderhospizen und verweist darauf, dass sämtliche palliativen Dienste für Minderjährige auf privaten Spenden beruhen. Abgeordnete Ursula Haubner (B) appelliert deswegen an den Gesundheitsminister, palliative Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Gesundheitssystem ehestmöglich zu verankern. Weiters drängt sie gemeinsam mit ihrem Parteikollegen, BZÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Spadiut darauf, Spitals-Selbstbehalte für Kinder bis 18 Jahre abzuschaffen (2247/A[E]). Beide BZÖ-Anträge wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt, wobei Abgeordneter Dietmar Keck (S) auf eine bereits vom Gesundheitsressort eingerichtete Arbeitsgruppe für Kinderhospize verwies.

Für leistbare zahnmedizinische Behandlungen (973/A[E]) und eine sozial gerechte Staffelung der Selbstbehalte verschiedener medizinischer Leistungen wie Brillen, Hörgeräte, orthopädische Einlagen, Zahnspangen und Zahnprothesen(502/A[E]) tritt FPÖ-Mandatar Andreas Karlsböck ein. Er ortet eine "Zweiklassen-Medizin" auf Grund der gleichbleibenden Höhe derartiger Selbstbehalte, ungeachtet der Einkommenssituation der PatientInnen. Dass viele Personen entweder gänzlich auf den Erwerb nötiger Hilfsmittel verzichten oder diese im Ausland erwerben würden, stelle nicht zuletzt einen volkswirtschaftlichen Schaden dar, so Karlsböcks Kritik.

Ebenfalls zwecks Kostenerleicherung für BezieherInnen niedriger Einkommen fordert FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein in ihrem Entschließungsantrag (1114/A[E]), es sei sicherzustellen, dass für die Berechnung der Rezeptgebührenobergrenze künftig auch Aufwendungen für Medikamente berücksichtigt werden, die von den PatientInnen selbst zu tragen sind, weil die entsprechenden Medikamentkosten unter der gesetzlichen Rezeptgebühr liegen. Der Ausschuss vertagte auch die FPÖ-Anträge mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit.

Während Grün-Sozialsprecher Karl Öllinger eine "soziale Schieflage" im Zusammenhang mit den Selbstbehalten ortete, gaben Abgeordnete Karl Donabauer (V) und Renate Csörgits (S) zu bedenken, dass Selbstbehalte nicht zuletzt zur Bewusstseinsbildung über den Wert einer Gesundheitsleistung beitragen könnten. Zudem müsse man bei einem völligen Wegfall des Selbstbehalts darüber nachdenken, aus welcher Quelle die Mittel dann zu beziehen seien. Bundesminister Alois Stöger berichtete in Folge von Blockaden seitens der Bundesländer gegen seine Bestrebungen, den Spitals-Selbstbehalt für Unter-18-Jährige aufzuheben.

Lebensmittelsicherheit in Österreich immer noch hoch

Österreich befinde sich im Bereich Lebensmittelsicherheit auf hohem Niveau, Transparenz und Kontrolle seien aber wichtige Faktoren zur Qualitätssicherung, so Gesundheitsminister Alois Stöger. Das bestätige der zweite von seinem Ressort vorgelegte Lebensmittelsicherheitsbericht aus dem Jahr 2011 (III-339 d.B.), mit dem sich der Ausschuss zu Sitzungsbeginn befasste. Der Bericht wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen.

Bei den im Berichtsjahr durchgeführten Betriebskontrollen und den erhobenen Proben sei insgesamt ein Rückgang der Beanstandungen festzustellen gewesen, erläuterte Stöger. Österreichweit wurden von den Lebensmittelaufsichtsbehörden der Länder 4.550 Betriebskontrollen durchgeführt und insgesamt 31.782 Proben von der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) oder den Untersuchungsanstalten der Länder (Wien, Kärnten, Vorarlberg) untersucht und begutachtet. Die Landesveterinärbehörden waren 24.747 Mal im Rahmen von Betriebskontrollen in Fleischbetrieben und 2.212 Mal in Milcherzeugerbetrieben aktiv. Keine Fälle gentechnisch kontaminierter Nahrungsmittel habe es bei den Überprüfungen gegeben, hielt der Bundesminister auf diesbezügliche Bedenken des Grün-Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber fest.

Die Untersuchung und Begutachtung ergab bei 27.287 Proben (85,9 %) keinen Grund zur Beanstandung. Als gesundheitsschädlich wurden 159 Proben (0,5 %) beurteilt, 1.177 Proben (3,7 %) wurden als für den menschlichen Verzehr bzw. für den bestimmungsgemäßen Gebrauch als ungeeignet bewertet. Der häufigste Beanstandungsgrund waren Kennzeichnungsmängel bei 1.359 Proben (4,3 %) und zusätzlich wiesen weitere 1.260 Proben (4 %) zur Irreführung geeignete Angaben auf. Insgesamt lag die Beanstandungsrate bei 14,1 %. Für Herkunftsangaben von Fleisch auch bei verarbeiteten Lebensmitteln mache er sich laufend auf EU-Ebene stark, informierte Stöger Abgeordnete Anna Höllerer (V).

Der höchste Anteil an gesundheitsschädlichen Proben (5 von 58 Proben; 8,6 %) fand sich bei Wildbreterzeugnissen, gefolgt von den Materialien mit Lebensmittelkontakt (16 von 428 Proben; 3,7 %), Arbeitsgeräten aus der Lebensmittelerzeugung (7 von 197 Proben; 3,6 %) und Spielwaren (12 von 367 Proben; 3,3 %). Gegen Säumnis in der Kontrolltätigkeit durch die Bundesländer werde mit der transparenten Darstellung solcher Mängel im Lebensmittelsicherheitsbericht vorgegangen, sagte Gesundheitsminister Stöger als Replik auf die Fragen der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G), Wolfgang Spadiut (B) und Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F), die über die Konsequenzen bei Verstößen Bescheid wissen wollten. In Verbindung mit der mittelbaren Bundesverwaltung gebe es hier freilich nur beschränkte Möglichkeiten der Ahndung durch den Bund, so der Minister.

EU-Gesundheitspläne 2013

In seinen Ausführungen über das Arbeitsprogramm 2013 der EU im Bereich Gesundheit (III-385 d.B.) unterstrich Gesundheitsminister Stöger, Österreich stehe dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Humanarzneimitteln ablehnend gegenüber. Besorgt sei man dabei wegen weitreichender Einschnitte in das bestehende und bewährte System des Erstattungskodex, der zu erwartenden Mehrkosten sowie des unverhältnismäßigen Eingriffs in die Souveränität der Mitgliedstaaten. Kürzlich habe die Kommission einen überarbeiteten Vorschlag übermittelt, der noch zu prüfen sei, bemerkte der Minister, doch immer noch seien darin offenbar die Prüffristen für Generika zu kurz angesetzt.  

Hinsichtlich des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen in der EU trete Österreich für mehr Selbstbestimmung der Mitgliedsländer in dieser Frage ein, derzeit sei bei diesem Punkt leider keine qualifizierte Mehrheit für eine Entscheidung zu erreichen, meinte Stöger. Er bezog sich dabei auf die Feststellung des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G), der auf den Zusammenschluss von 57 Regionen in der EU gegen Gentechnik in der Landwirtschaft hinwies. Unterstützend zeigte sich der Bundesminister zu der Forderung des Abgeordneten Bernhard Vock (F), die Zahl an Tiertransporten in der Union zu reduzieren, er machte allerdings darauf aufmerksam, dass es derzeit kein einheitliches elektronisches System für die Nachverfolgung solcher Transporte gebe.

Die Ausschussmitglieder gaben der EU-Jahresvorschau 2013 zum Bereich Gesundheit mit SPÖ-ÖVP-Grüne-BZÖ-Mehrheit ihre Zustimmung und enderledigten den Bericht damit. (Schluss Gesundheitsausschuss) rei/sue