Parlamentskorrespondenz Nr. 342 vom 26.04.2013

Strengere Regelungen für Sonntagsöffnung

Nationalrat stimmt Änderung der Gewerbeordnung zu

Wien (PK) – Ein weiterer Schritt zur Entbürokratisierung der Gewerbeordnung ist heute im Nationalrat gelungen. Eine Novelle der Gewerbeordnung bringt Erleichterungen bei Unternehmensgründungen und Betriebsübergaben. Die Grünen wollten noch Einschränkungen beim Public Viewing, die aber abgelehnt wurden. Die Regierungsparteien schlossen mit einer Präzisierung Gesetzeslücken zur Sonntagsöffnung. Der Verkauf von Drogerieartikeln oder Reiseandenken ist künftig nur gestattet, wenn es sich offensichtlich um einen Gastronomiebetrieb handelt.   

Entrümpelung der Gewerbeordnung und Schutz der Anrainer

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) meinte, die Entrümpelung der Gewerbeordnung sei grundsätzlich ein Anliegen der Grünen. Die vorliegende Novelle sei jedoch teilweise überschießend in der Liberalisierung der Betriebsanlagenprüfung, sagte sie, die Grünen wollten daher eine getrennte Abstimmung der einzelnen Teile. Es sei zu befürchten, dass teilweise der Schutz der Anrainer von Gewerbebetrieben vermindert werde, sagte Lichtenecker und brachte einen Abänderungsantrag ein, der dem Anrainerschutz Rechnung tragen soll. Der Abänderungsantrag der Koalition zur Sonntagsöffnung werde hingegen die Zustimmung der Grünen finden, sagte sie. Die Debatte über eine entsprechende Regelung müsste aber grundsätzlicher und nicht auf Anlassfälle bezogen geführt werden.

Das umfangreiche Regelwerk von Betriebsanlagenprüfungen bei Gewerbebetrieben sei oft wachstumshemmend, meinte Abgeordneter Konrad STEINDL (V). Daher begrüße er die Novelle, die insbesondere für die Erleichterung von Betriebsübergaben gedacht sei. Die Anrainerrechte werden entsprechend gewahrt bleiben, meinte er. Der heute erst eingebrachte Abänderungsantrag betreffe die Regelung der Öffnungszeiten im Gastgewerbe aus aktuellem Anlass, um klarzustellen, welche Ausnahmen von der Sonntagsruhe bestehen und was nicht akzeptabel sei.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) bedauerte, dass die Grünen nicht alle Teile der Novelle mittragen können. Die von den Grünen kritisierte Regelung betreffe Großveranstaltungen, die nur selten stattfinden. Hier seien seiner Ansicht nach Regelungen mit Augenmaß geschaffen worden. Hervorzuheben in der Novelle sei auch, dass Betriebsanlagenübernahmen angemessene Übergangsfristen erhalten. Die Regelung der Haftpflicht für Bauunternehmen sichere, dass auch bei Insolvenzverfahren Geschädigte zu ihrem Recht kommen können. Durch die Änderung werde nun zwischen größeren und kleineren Schäden unterschieden. Bei der Sonntagsruhe müsse man natürlich auf entsprechende Anlässe reagieren, damit die Intention des Gesetzgebers klargestellt werde, meinte Matznetter.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) meinte, die Novelle sei zwar nicht der große Wurf, aber bringe doch Verbesserung, die FPÖ werde daher zustimmen. In den nächsten Jahren stehen 55.000 Betriebsübergaben an, wobei Betriebsüberprüfungen heute sehr kompliziert geworden sind. Bei Betriebsübergaben schaffen die viele Auflagen Probleme, was besonders für Gastwirte eine große Belastung darstelle. Die Sonntagsöffnung dürfe nicht freigegeben werden, das Familienleben dürfe nicht dem Neoliberalismus geopfert werden, sagte Themessl kategorisch.

Auch Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) sah die Gesetzinitiative in die richtige Richtung gehen und unterstützte den Abänderungsantrag der Regierungsparteien zur Sonntagsöffnung. Die bürokratischen Hürden bei der Übergabe von Gaststäten und Beherbergungsbetrieben seien jedenfalls viel zu hoch, hier gebe es viel zu tun, um Abhilfe zu schaffen.

Abgeordneter Martina SCHENK (T) begrüßte die Erleichterungen bei Betriebsgründungen bzw. Betriebsübergaben. Es gebe aber noch einige Steine aus dem Weg zu räumen. Sie hoffe, dass noch weiter Beschlüsse gefasst werden, um Unternehmen von zu viel Bürokratie zu befreien. Nur so könne die Wirtschaft florieren. Die Bedenken der Grünen, es könne eine zu großen Liberalisierung der Überprüfung von Betriebsanlagen geben, teile sie nicht. Den Abänderungsantrag zur Sonntagsöffnung werde das Team Stronach ebenfalls nicht unterstützen. Schenk vertrat die Ansicht, es müsse Arbeitgebern und Arbeitnehmern frei stehen, für ihren Betrieb zu entscheiden, ob sie am Sonntag arbeiten wollten, oder nicht.

Auch für Abgeordnete Eva-Maria HIMMELBAUER (V) war die Entlastung der Unternehmen von Bürokratie ein zentrales Anliegen. Vor allem bei Betriebsübergaben sei die Reduzierung der bürokratischen Auflagen wichtig. Das Maßnahmenpaket dazu sei daher sehr begrüßenswert. Betriebsanlagenrecht sei ebenfalls wesentlich für Übergaben, von denen in den

Breiter gesellschaftlicher Konsens bei Sonntagsruhe

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) brachte den angekündigten Abänderungsantrag von SPÖ und ÖVP zur Sonntagsöffnung ein und erläuterte, dieser schließe eine Lücke in der Gesetzgebung zur Arbeit am Sonntag. Damit werde verhindert, dass die geltenden Einschränkungen durch die Hintertür ausgehebelt werden. Es sei das ein wichtiger Tag für die Beschäftigten im Handel, sagte Katzian. Als Gewerkschafter sei er zufrieden, dass es einen breiten gesellschaftlichen Konsens zur Bewahrung der Sonntagsruhe gibt. Der Sonntag solle prinzipiell der Familie gewidmet sein, die notwendigen Ausnahmen davon seien klar geregelt.

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) begrüßte als Vertreter der UnternehmerInnen Verwaltungsvereinfachungen für kleine und mittlere Betriebe. Dass die Liberalisierung für Gastgärten unter dem Titel Public Viewing nicht einstimmig beschlossen werden könne, bedauerte der Abgeordnete und betonte, dass die UnternehmerInnen nicht Förderungen brauchen, sondern Erleichterungen bei der Ausübung ihres Berufs. Die Aufrechterhaltung der Sonntagsruhe im Handel begrüßte Obernosterer als eine richtige Maßnahme, und zwar auch aus der Sicht eines Touristikers.

Mittlerlehner: Liberalisierung soll Anrainer nicht beeinträchtigen

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER zeigte sich überzeugt, dass die vorgeschlagenen Liberalisierungen ohne Beeinträchtigungen von Nachbarrechten umgesetzt werden können. Für Betriebsübernehmer konnten die Finanzierungsbedingungen verbessert werden, merkte der Minister an und informierte über Verbesserungen bei den Bestimmungen für die örtliche Zuständigkeit. Bedenken hinsichtlich des Abänderungsantrags betreffend Public Viewing seien aus seiner Sicht bereits ausgeräumt. Die vorgeschlagene Genehmigungsfreiheit sei zeitlich beschränkt und gelte nur für bestimmte Ereignisse, die auch im öffentlichen Interesse stehen, erläuterte der Minister.

Zur aktuellen Präzisierung bei der Sonntagsöffnung erinnerte der Minister daran, dass längere Ladenöffnungszeiten nicht mehr Kaufkraft bringen, sondern lediglich eine zeitliche Verschiebung der Kaufkraft, die mit einer Strukturveränderung hin zu großen Betrieben verbunden sei, was dem Gebot eines fairen Wettbewerbs widerspreche. "Jeder Markt braucht seine Regeln", schloss Minister Mitterlehner.

Abgeordneter Elisabeth HAKEL (S) begrüßte Erleichterungen für junge UnternehmerInnen durch die vorliegende Novelle zur Gewerbeordnung, ortete aber zugleich Handlungsbedarf bei der Unterstützung von Einpersonen-Unternehmen. Überrascht zeigte sich die Rednerin vom Abänderungsantrag der Grünen, weil das Public Viewing zeitlich beschränkt sei und alle Erfahrung zeige, dass die Anrainer solche Veranstaltungen bei Welt- und Europameisterschaften mittragen. Sonntagsöffnung bewirke eine Verschiebung, aber kein Wachstum der Kaufkraft und bedeute überdies eine Benachteiligung kleiner Geschäfte, stellte Hakel fest.

Dieser Auffassung schloss auch Abgeordneter August WÖGINGER (V) an, der sich erfreut über die Klarstellung zeigte, was bei der Sonntagsöffnung als Gastgewerbe gelten könne und was nicht. Es sei im Interesse der Familien und der Familienbetriebe geboten, Schlupflöcher beim der Umgehung der Sonntagsruhe zu schließen.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) sprach von einem guten Tag für die ArbeitnehmerInnen im Handel und für die Selbstständigen, die genau wissen, dass eine Sonntagsöffnung im Handel eine Verschiebung der Kaufkraft zu den Großkonzernen bedeute. Sowohl die Beschäftigten als auch die Selbstständigen im Handel haben ein Recht auf ihren freien Sonntag, unterstrich Kirchgatterer, der daran erinnerte, dass die Ausweitung der Ladenöffnungszeit des Jahres 2008 nicht vollständig genutzt werde.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) wies einmal mehr auf die gute Position der österreichischen Wirtschaft im internationalen Vergleich und auf die gute Beschäftigungslage in Österreich hin. Zu den politischen Voraussetzungen für diesen Erfolg zähle die Sozialpartnerschaft, in der sich Wirtschafts- und Arbeitnehmervertreter auf Augenhöhe begegnen und Probleme gemeinsam lösen. Sozialminister Hundstorfer und Wirtschaftsminister Mitterlehner leben diese Gesprächskultur überzeugend, lobte der Abgeordnete.

Auch Kuzdas begrüßte Erleichterungen bei der Übergabe von Gewerbebetrieben und sprach sich für weitere Fortschritte und weitere Erleichterungen bei Betriebsübernahmen aus. Zum Schluss seiner Rede plädierte Kuzdas für eine faire Besteuerung hoher Einkommen und für mehr Gerechtigkeit bei der Vermögensverteilung. Während der Anteil vermögensbezogener Steuern international zunehme, laufe die Entwicklung in Österreich zulasten der Arbeitseinkommen in die entgegengesetzte Richtung. Eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit sei hoch an der Zeit.

Abgeordneter Robert LUGAR (T) brach eine Lanze für die Freiheit der Menschen, auch sonntags zu arbeiten und zeigte kein Verständnis dafür, den Handel grundsätzlich von der Sonntagsarbeit auszunehmen. Nicht nur die Touristen, sondern auch die Österreicher sollen sonntags einkaufen könne, forderte Abgeordneter Lugar. Da im Internet permanent, also auch sonntags eingekauft werden könne, fließe Handelsumsatz nach Deutschland ab, klagte Lugar und warnte vor Politikern, die glaubten, alles besser zu wissen als die Menschen selbst. SPÖ und ÖVP blockierten Veränderungen, weil sie in der Illusion lebten, sich um Veränderungen herumdrücken zu können, die herbeigeführt werden müssen, wenn die heimische Wirtschaft konkurrenzfähig bleiben soll.  

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) merkte demgegenüber an, es sei Aufgabe der Politik, Regeln aufzustellen und den Wettbewerb fair zu steuern. Unter unbegrenzten Öffnungszeiten würden kleine Betriebe und Familien leiden, sagte der Redner, der sich zugleich dafür aussprach, den Sonntagsverkauf in Tourismusgebieten möglich zu machen, damit Campingurlauber nach ihrer Anreise am Wochenende einkaufen können. Ansonsten sei es den Menschen zumutbar, ihre Einkäufe von Montag bis Samstag zu erledigen. "Niemand muss Möbel am Sonntag kaufen", schloss Linder.

Die Novelle zur Gewerbeordnung wurde nach Ablehnung des Abänderungsantrages der Grünen unter Berücksichtigung des SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrages mit Mehrheit verabschiedet.

Wirtschaftsrecht an neue Verwaltungsgerichtsbarkeit angepasst

Das neue System der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat nun auch Anpassungen in zahlreichen Materiengesetzen im Bereich des Wirtschaftsrecht zur Folge. Ein vom Plenum mit den Stimmen der Regierungsparteien und der FPÖ verabschiedetes Bundesgesetz sieht in diesem Sinn Änderungen des Ingenieurgesetzes, des Berufsausbildungsgesetzes, des Maß- und Eichgesetzes, des Vermessungsgesetzes, des Elektrotechnikgesetzes, des Wettbewerbsgesetzes, des Mineralölrohstoffgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes vor.

Abgeordneter Christiane BRUNNER (G) forderte bei den Rechtsanpassungen im Wirtschaftsressort, die im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit notwendig werden, auch materiellrechtliche Verbesserungen, nämlich den Zugang für Umweltorganisationen zum Verwaltungsgerichtshof bei Verfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz. Brunner kritisierte die Aufrechterhaltung der Möglichkeit, einen Betrieb ohne gültigen Genehmigungsbescheid fortzuführen und beklagte die Vertagung von Anträgen ihrer Fraktion auf Verbesserung des Mineralrohstoffgesetzes im Ausschuss. Da diese und andere Verbesserungen nicht erreicht werden konnten, lehnen die Grünen die vorliegende Rechtsanpassung ab.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) erläuterte die notwendigen Rechtsanpassungen im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich des Wirtschaftsressorts, die sich auf formalrechtliche Vorschriften beschränkten, und betonte einmal mehr, dass es sich bei dieser Reform um eine der größten Verwaltungsvereinfachungen in der österreichischen Rechtsordnung handle.

Auch Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) begrüßte die Verwaltungsvereinfachungen im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) sprach von einem bedeutenden Schritt der Verwaltungsreform, wobei er auf die Abschaffung von mehr als 200 Behörden hinwies. Diese Reform zähle zu den großen Reformen der zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode, sagte Weninger und zeigte sich zuversichtlich für weitere Reformschritte.  

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER sah gegenüber den Grünen keinerlei Anlass für eine Debatte über materiell-rechtliche Veränderungen bei der Debatte über die vorliegenden Rechtsanpassungen in seinem Ressort.

Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz wurde mehrheitlich angenommen. (Fortsetzung Nationalrat) red