Parlamentskorrespondenz Nr. 523 vom 12.06.2013

Nationalrat beschließt Senkung des Mindestkapitals für GmbH

Weitere Themen: Rechtspraktika, Patent- und Markenrecht, Kontrolle von Funk- und Telekommunikationsendeinrichtungen

Wien (PK) – Gegen Ende der heutigen Debatte im Nationalrat standen Justizthemen auf der Tagesordnung. Zuerst ging es um eine Senkung des Mindestkapitals von GmbH und um die Verbesserung der Ausbildung von RechtspraktikantInnen. Eine Anpassung des Patent- und Markenrechts gab Anlass, die geplante EU-Saatgutverordnung zu thematisieren. Schließlich verabschiedete das Plenum eine Novelle zum Gesetz über Funk- und Telekommunikationsendeinrichtungen.

Mindestkapital für GmbH wird auf 10 000 € gesenkt

Ein mehrheitlich verabschiedetes Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz soll die Gründung einer GmbH billiger und einfacher machen. Im Einzelnen wird das für die Gründung erforderliche Mindestkapital von bisher 35 000 € nun auf 10 000 € herabgesetzt. Für die Gründung bestimmter Einpersonen-Gesellschaften wiederum sieht die Novelle im Wege einer Mustersatzung einen eigenen, stark verbilligten Tarif vor. Neu ist auch der Wegfall der verpflichtenden Gründungsanzeige in der Wiener Zeitung. Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen und das BZÖ mit ihren Entschließungsanträgen auf Entfall sämtlicher Publikationspflichten in der Wiener Zeitung. Ein weiterer Vorstoß des BZÖ betreffend vereinfachte Firmengründung durch Schaffung einer 1 €-GmbH wurde ebenfalls abgelehnt.

Der Freiheitliche Justizsprecher Peter FICHTENBAUER kündigte eingangs seiner Wortmeldung an, seine Fraktion werde dem Gesetzentwurf anders als im Ausschuss nun zustimmen, wenn auch mit Vorbehalten, da es sich aus Sicht der FPÖ dabei keineswegs um eine Reform zur Ankurbelung der Unternehmensgründungen handle. Der Glaube sei irreführend, dass die Höhe des erforderlichen Stammkapitals zur Gründung eines Unternehmens – das mit der Regierungsvorlage gesenkt wird – für die Kapitalhöhe im operativen Geschäft aussagekräftig sei, erläuterte Fichtenbauer seine Bedenken. Solange nicht die Verpflichtung bestünde, das Grundkapital einige Jahre lang gesperrt zu halten und damit vor Zugriffen der Geschäftsführung zu schützen, und ehe es zu tatsächlichen Gründungserleichterungen – etwa mittels eines Unterstützungsfonds – komme, werde Österreich auch weiterhin zahlreiche Insolvenzen zu verzeichnen haben, warnte er.

ÖVP-Justizsprecher Michael IKRATH hielt dem entgegen, die Novelle sei durchaus eine wichtige Reform zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich. In den letzten Jahren sei die Zahl an Unternehmensgründungen im Land stark rückläufig gewesen, da laut Weltbankstudie hierzulande die Attraktivität für GründerInnen zu wünschen übrig ließe. Als Reaktion darauf setze man jetzt einen Impuls, um Unternehmensgründungen zu beschleunigen, billiger zu machen und zu erleichtern, skizzierte Ikrath die Inhalte des Gesetzesentwurfs, dem zufolge nur mehr 10.000 € anstatt wie bisher 35.000 € Stammkapital nötig sind. Das sei schon deshalb bedeutend, weil vor allem Dienstleistungsunternehmen mit wenig Kapitalbedarf zu den Neugründungen gehörten, wie er sagte. Er merkte allerdings an, um Unternehmen auch zukünftig eine adäquate Finanzierung sicherzustellen, seien noch weitere Maßnahmen – Stichwort Crowdfunding – anzudenken, stünden doch den Banken angesichts von Basel III dabei immer weniger Möglichkeiten offen.

Für die Wirtschaftssprecherin Grünen Ruperta Lichtenecker (G) ist das Gesetz gerade in Zeiten angespannter Konjunkturlagen ein wichtiger Beitrag dafür, um die Rahmenbedingungen für UnternehmerInnen zu erleichtern, da die Gründungskosten eindeutig gesenkt werden. Es gehe jedoch generell um die Vermögenssituation, wobei Basel II und Basel III die Situation verschärfen würden, sagte Lichtenecker und appellierte, einen Schritt weiter zu gehen, um einen gangbaren Weg bei der Finanzierung für klein- und mittelständische Unternehmen sowie Ein-Personen-Unternehmen zu finden. Die Mandatarin betonte die generelle Zustimmung ihrer Fraktion, plädierte jedoch auch dafür, bereits in zwei Jahren eine Evaluierung des Gesetzes durchzuführen. Darüber hinaus sprach sich Lichtenecker für eine Abschaffung der Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt der Wiener Zeitung zugunsten einer Veröffentlichung im Internet aus.

Es sei ein Versuch einer Wirtschaftsankurbelung mittels eines aus seiner Sicht recht schlechten Gesetzes, sagte Abgeordneter Johannes Jarolim (S), wenn es auch "besser als gar nichts" sei. Es sei etwa ein Irrglaube, anzunehmen, dass lediglich die Herabsetzung der Kapitalstärke der Unternehmen den Wirtschaftsstandort beleben werde. Jarolim warnte auch davor, dass bereits bestehende GmbH ihr Kapital absenken würden und der Staat damit mit Ausfällen zu rechnen hätte. Demnach sei das Gesetz nur ein ganz kleiner Schritt, so Jarolim.

Es sei keine große Reform, aber ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, meinte Peter Westenthaler (B). Er sei davon überzeugt, dass das Gesetz eine Erleichterung beim Einstieg darstelle, wenn man künftig statt 35.000 € nur mehr 10.000 € brauche, um eine GmbH zu gründen, wie auch, dass sämtliche Notar- und Rechtsanwaltskosten halbiert werden. Gerade in Anbetracht der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen brauche Österreich eine "neue Gründerwelle", zeigte sich Westenthaler überzeugt. Jede Initiative, die neue und junge UnternehmerInnen unterstützt, sei richtig. Westenthaler kam auch auf den Bereich des Steuerrechts zu sprechen, wo er zu bedenken gab, dass es zu einem potentiellen Steuerentfall von 200 bis 250 Mio. € kommen könnte, falls bereits bestehende GmbH ihr Kapital senken. Hier ortete der Redner Veränderungsbedarf.

Ziel sei es, die GmbH für UnternehmerInnen attraktiv zu halten, führte Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer (V) aus und verwies auf den EU-Durchschnitt des Mindestkapitals von 8000 €. Demnach liege Österreich mit seiner ursprünglichen Regelung weit darüber, konstatierte die Mandatarin. Auch unter dem Gesichtspunkt des internationalen Wettbewerbs sei die Reform dringend notwendig. Hinzu komme der Wandel im österreichischen Wirtschaftsleben, wonach immer mehr Unternehmen im Dienstleistungssektor tätig sind und deutlich weniger Kapitalausstattung haben. Es gelte, so die Rednerin, Hürden für die Gründung kreativer Geschäftsmodelle aus dem Weg zu räumen.

Abgeordneter Stefan Markowitz (T) sah den BZÖ-Antrag betreffend Schaffung einer 1 €-GmbH kritisch. Man müsse sich nur ansehen, etwa am Beispiel Deutschlands, wie viele dieser 1 €-GmbH pleitegehen und wie viele Lieferanten auf der Strecke bleiben. Aufgrund der ungelösten Haftungsfrage könne er der vorliegenden Novelle ebenfalls nicht zuzustimmen, führte Markowitz aus. Er konstatierte auch, dass eine Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt der Wiener Zeitung nicht mehr zeitgemäß und eine elektronische Form völlig ausreichend sei.

Bundesministerin Beatrix KARL berichtete, dass es bei den Neugründungen von GmbH in den letzten Jahren stagnierende Zahlen gebe. Hinzu komme auch, dass Österreich mit einem Mindestkapital von 35.000 € bei einem Durchschnitt von 8000 € im europäischen Vergleich sehr hoch liege. Auch andere Unternehmensformen, wie etwa die 1 €-GmbH, sind Beispiele für internationaler Tendenzen, die man nicht völlig ignorieren könne, wenn man den Anschluss an andere Staaten nicht verlieren wolle. Das Gesetz nehme genau auf diese Entwicklungen Rücksicht, zeigte sich Karl überzeugt, da es einen Impuls für unternehmerische Tätigkeit und zur Schaffung von Arbeitsplätzen setze.

Durch die Reduzierung solle der Einzelne die Möglichkeit haben, das Stammkapital nach dem individuellen Zweck der Gesellschaft und dem zu erwartenden Eigenmittelbedarf flexibel zu wählen. Karl gab ferner zu bedenken, dass das Mindestkapital nichts darüber aussagt, wie viel Kapital ein Unternehmen tatsächlich benötigt. Des Weiteren bilde es auch keine Garantie dafür, dass Gläubigern das Geld auch tatsächlich zur Verfügung stehen werde. Das Mindestkapital sei demnach in erster Linie als Seriositätsschwelle zu betrachten, so die Ministerin.

Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) führte als Motiv für das in Verhandlung stehende Gesetz an, vor allem die Erleichterung von Neugründungen und auch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaftsform GmbH in den Vordergrund zu stellen. Die bisherigen 35.000 € Mindestkapital wertete die Rednerin als große Hürde für UnternehmerInnen besonders in der Gründungsphase, "wo jeder Cent mehrfach umzudrehen ist", so Grossmann. Man müsse sich noch ansehen, wie sich das Gesetz in der Praxis auswirkt, stellte die Rednerin klar.

Es gehe darum, Menschen zu motivieren, selbstständig zu werden, wobei der Eindruck erweckt werde, dass dies nur über die Gesellschaftsform der GmbH funktioniert, konstatierte Harald Stefan (F). Dies sei völlig unrichtig, führte er aus und plädierte dafür, zwischen Unternehmen und Gesellschaft zu unterscheiden. Stefan bezweifelte, dass sich aufgrund des vorliegenden Gesetzes mehr Menschen für das Unternehmertum entscheiden werden. Dies hänge nämlich von ganz anderen Dingen ab. Es werde nur das Stammkapital gesenkt, alles andere, wie die Veröffentlichungspflicht in der Wiener Zeitung, bleibe gleich. Trotz der Kritikpunkte kündigte der Mandatar die Zustimmung seiner Fraktion an.

Abgeordneter Jochen Pack (V) knüpfte an die Ausführungen seines Vorredners an, wonach die GesmbH noch kein Unternehmertum schaffe. Auch das Mindestkapital habe nichts mit dem Gläubigerschutz zu tun oder damit, wie viel Stammkapital ein Unternehmen brauche. Neben den Maßnahmen, die mit diesem Gesetz gesetzt werden, sprach sich der Redner auch dafür aus, auch bei Themen wie der Wertschätzung der UnternehmerInnen oder Unternehmen im ländlichen Bereich anzusetzen. 

Die Gesetzesnovelle wurde in Zweiter und Dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Die Entschließungsanträge der Opposition, die mit in Verhandlung standen, wurden abgelehnt.

Neuerungen bei Organisation und Instanzenzug in der Justiz

Änderungen im Gerichtsorganisationsgesetz wurden vom Plenum nach getrennter Abstimmung in Zweiter Lesung teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit und schließlich in Dritter Lesung mehrheitlich beschlossen. Sie sollen vor allem den Zugang zum Recht erleichtern und legen in diesem Sinn u.a. die gesetzliche Basis für die Justiz-Servicecenter-Einrichtungen. Eine von der Novelle mit erfasste Änderung des Rechtspraktikantengesetzes wiederum zielt darauf ab, die Beurteilung der im Rahmen der Ausbildung erbrachten Leistungen praxisgerechter und aussagekräftiger zu gestalten.

Ein ebenfalls in Zweiter Lesung teils einstimmig, teil mehrheitlich und in Dritter Lesung mehrheitlich verabschiedetes Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Justiz adaptiert außerdem zahlreiche Materiengesetze aus dem Ressortbereich Justiz an das neue System der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Einstimmigkeit herrschte in Bezug auf ein Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2013, durch das der Instanzenzug im Aufhebungsverfahren gegen Schiedssprüche verkürzt wird, sodass nunmehr der Oberste Gerichtshof erste und letzte Instanz ist.

Abgeordneten Peter Fichtenbauer (F) bewertete es als gut, dass die Verschlechterung, die das Budgetbegleitgesetz 2011 brachte, nämlich die Verkürzung der Dauer des Rechtspraktikums, mit dem Gesetz zumindest teilweise beseitigt werde. Es müsse klargemacht werden, dass die Ausbildung des Juristen, bevor er in die Praxis der Rechtsberufe eintritt, von eminenter Wichtigkeit ist. Dieses Erfahrungsgut sei durch nichts Anderes zu ersetzen, führte der Redner aus. Kritik äußerte Fichtenbauer an der Änderung in Bereichen der Rechtsanwalts- und Notariatsordnung, wo er eine Aushöhlung der Bundesverfassung ortete. Deswegen sei die Gesamtmaterie abzulehnen, so der Redner.

Abgeordneter Franz Glaser (V) nahm zum Schiedsrechtsänderungsgesetz Stellung. Hier gehe es in erster Linie nur um eine Verschlankung der Strukturen, informierte der Redner, wonach aus drei Ebenen eine werde. Man erhoffe sich dadurch eine Attraktivierung des Standorts Österreichs, so Glaser. Ein Novum in der Novelle sah der Mandatar darin, dass der Oberste Gerichtshof nun erstmals auch als erste Instanz tätig wird. Das Gesetz sei ein guter und richtiger Schritt, schloss Glaser.

Für Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) bringt die Novelle des Gerichtsorganisationsgesetzes und des Rechtspraktikantengesetzes zahlreiche Vorteile, die das Justizwesen effizienter, kostengünstiger sowie vor allem bürgerInnenfreundlicher machen. Der Weg zum Gericht sei wohl niemand angenehm, stellte Grossmann fest. Umso wichtiger sei eine bürgerInnenfreundliche Vorgangsweise gerade für die Akzeptanz der Justiz, wozu auch diese Novelle beitrage, zeigte sich die Mandatarin überzeugt. Ein besonderes Anliegen ihrer Fraktion war die Verlängerung der Gerichtspraxis, berichtete Grossmann, denn diese sei der wertvollste Teil der Ausbildung überhaupt.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) nahm zur Situation der RechtspraktikantInnen Stellung, wobei es aus seiner Sicht ein eminenter Fehler war, die Praxidauer herabzusetzen. Schon damals sei das Parlament massiv, etwa von der Rechtsanwaltskammer, gewarnt worden. Zwei Argumente wurden vorgebracht. Ersten sei die Zeit zu kurz, um die Besten für das RichterInnenamt auszuwählen und zweitens stelle das Rechtspraktikum eine spezifische Erfahrung in der Ausbildung der Rechtsanwälte dar, die man nicht nachholen könne. Jetzt seien zwei Jahre vergangen und diese Befürchtungen hätten sich bewahrheitet. Der Mandatar regte einen Nachdenkprozess an, ob man wieder zum alten Modell zurückkehren könnte.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu den vorliegenden, aus seiner Sicht begrüßenswerten Verbesserungen im Bereich der Justiz an, zu denen auch die Opposition konstruktive Beiträge geleistet habe. Die Justiz-Servicecenter bewertete der Redner als eine Erfolgsstory im Interesse der Rechtssuchenden, begrüßte die Ausweitung der Veröffentlichungspflichten und registrierte Verbesserungen im Schiedsgerichtsverfahren.

Justizministerin Beatrix KARL erläuterte die Vorteile, die das Schiedsrechtsänderungsgesetz für den Wirtschaftsstandort bringt. Der mehrgliedrige Instanzenzug stelle einen Nachteil für Österreich dar, weil in anderen Ländern oft nur ein oder zwei Instanzen bestehen. Die Verfahrenskonzentration nach Schweizer Vorbild verbessere die Position Österreichs im Wettbewerb der Schiedsstandorte.

Abgeordnete Karin HAKL (V) lobte die Ministerin für die vielen wichtigen justizpolitischen und gesellschaftspolitischen Vorhaben, die sie in der zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode erfolgreich über die Bühne gebracht habe. Hakl bekannte sich zur Qualitätssicherung in der Juristenausbildung und begrüßte auch die Verfahrenskonzentration in Schiedsverfahren. Beim Thema Schiedsgerichte problematisierte die Rednerin die Absicht von Energiekonzernen, auf den Atomausstieg in Deutschland unter dem Titel "Investitionsschutz" mit Milliardenklagen vor Schiedsgerichten zu reagieren. Hakl warnte vor der Gefahr, dass politische Entscheidungen mit Schiedsgerichtsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit unterlaufen werden.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) erläuterte die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit und deren Umsetzung im Bereich des Justizressorts, wies auf den zu erwartenden Entfall von Gebühreneinnahmen hin und hielt es für nicht zielführend, dass für das Disziplinarrecht der Rechtsanwälte künftig Landesgerichte zuständig sein wollen.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) brachte einen ÖVP-SPÖ-Abänderungsantrag mit Rechtsanpassungen zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes ein. Das neue Schiedsverfahren bringe mit dem Ersatz des dreigliedrigen Instanzenzugs durch einen zweigliedrigen Instanzenzug Vorteile für den Wirtschaftsstandort, sagte Jarolim.

Bei der Abstimmung wurde die Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes in der Fassung des SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrags in Zweiter Lesung teils einstimmig, teils mehrheitlich und in Dritter Lesung schließlich mehrheitlich angenommen. Dasselbe Abstimmungsergebnis erzielte das Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz Justiz. Einhellige Zustimmung fand das Schiedsrechts-Änderungsgesetz.

Verwaltungsgerichtsbarkeitsanpassung bei Patent- und Markenrecht

Mit Stimmenmehrheit passierte die Patent- und Markenrechtsnovelle 2014 den Nationalrat, mit der die Anpassung an die neuen Instanzenzüge der Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgenommen wird. Sie führt zur Auflösung des Obersten Patent- und Markensenats, der Rechtsmittelabteilung des Patentamtes sowie des Disziplinarsenats für Patentanwälte. Schutzrechtsverletzungsverfahren sollen aber weiterhin den ordentlichen Gerichten zugewiesen werden. Die Debatte wurde von den Abgeordneten zum Anlass genommen, sich teilweise sehr kritisch mit der geplanten EU-Saatgutverordnung auseinanderzusetzen.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) begrüßte namens ihrer Fraktion Fortschritte im Patent- und Markenrecht, merkte aber skeptisch an, dass Patentanwälte von Verfahren vor dem OGH ausgeschlossen werden, obwohl sie die Experten auf diesem Gebiet sind. Auch sei zu fragen, ob Bedienstete des Patentamtes tatsächlich ausreichend unabhängig seien, um als Laienrichter wirken zu können. Als weiteren Grund für die Ablehnung der Novelle durch ihre Fraktion nannte die Rednerin die angekündigte, aber nicht umgesetzte Verwaltungsreform im Bereich des Patent- und Markenrechtes. 

Abgeordnete Karin HAKL (V) hielt es für richtig, den obersten Patent- und Markenrat, der gute Arbeit geleistet habe, aufzuheben, weil ein ordentliches Gericht mehr Rechtssicherheit bringe. Der Entfall der Vertretungsbefugnis der Patentanwälte beim OGH und beim EuGH sei vertretbar, weil dort nur noch Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung geklärt werden, nachdem alle Sachfragen bereits bei den Oberlandesgerichten verhandelt wurden.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) lehnte die Argumentation seiner Vorrednerin ab und wies darauf hin, dass Patentanwälte in Luxemburg auch in der höchsten Instanz vertreten dürfen und lehnte die Absicht ab, eine "geschützte Werkstätte" für Rechtsanwälte zu schaffen. Beim Thema Sortenschutz verteidigte Gerhard Huber das Recht der Bauern, Saatgut selbst zu produzieren und trat vehement dem Versuch der EU entgegen, die Bauern mit neuen Zertifizierungspflichten in der EU-Saatgutverordnung den Ansprüchen der Agrarkonzerne auszuliefern. Altes Saatgut müsse gegenüber den Interessen der internationalen Saatgutkonzerne geschützt werden, forderte Huber und legte dazu einen Entschließungsantrag des BZÖ vor.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) begrüßte die Zentralisierung der Verfahren nach dem Patent- und Markenrecht und den Schutz der Informationsrechte. Der verbesserte Schutz der Patent- und Markenrechte liege im Interesse kleiner Unternehmen, die oft auf Eigentum an digitalen Produkten angewiesen sind, aber nicht über eigene Abteilungen verfügen, die ihre Rechte wahrnehmen und verteidigen können.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) räumte Verbesserungen durch die Vorlage ein, sah den Ausschluss der Patentanwälte von der Vertretung vor dem OGH aber kritisch, weil sie es seien, die das Verfahren mit ihrem speziellen Wissen begleiten. Die FPÖ trage das Gesetz zwar mit, werde die weitere Entwicklung an diesem Punkt aber kritisch beobachten. Der Redner betonte die Bedeutung von Patenten für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Deimek lehnte aber Patente auf lebende Organismen ab und wandte sich in einem Entschließungsantrag seiner Fraktion gegen die aus seiner Sicht überzogenen Zulassungsbestimmungen für Saatgut, wie sie die EU-Kommission plane. Er verteidigte die Erhaltung alter und regionaler Saatgutsorten.

Bundesministerin Doris BURES hielt fest, das Patentamt sei ein wichtiger Faktor für den Innovationsstandort Österreichs und schütze geistiges Eigentum österreichischer Unternehmen. Die Novelle dient einer besseren Rechtsdurchsetzung und der Verbesserung der Rechtssicherheit bei Patenten und Markenrechten. Das fördere die Innovation in der Wirtschaft Österreichs, verursache keine zusätzlichen Kosten und stärke den gewerblichen Rechtsschutz.

Auch Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) hielt Patente auf lebende Organismen für gefährlich und brachte seinerseits einen Entschließungsantrag zur geplanten EU-Saatgutverordnung ein. Der Fortbestand lokaler, alter und seltener Saatgutsorten sei zu gewährleisten und der Austausch von Saatgut zwischen Bauern weiterhin zu ermöglichen. Dieses Anliegen findet die Unterstützung tausender ÖsterreicherInnen, hielt der Redner fest.

Abgeordneter Johann HELL (S) erläuterte die Novelle im Detail und machte auf eine positive Stellungnahme des Rechnungshofs aufmerksam. Erfreut zeigte sich Abgeordneter Hell über die gute Entwicklung bei der Zahl der Patentanmeldungen, weil dies erkennen lasse, dass Österreich an Innovationskraft gewinne.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) brach ebenfalls eine Lanze für die erleichterte Wahrnehmung von Patent- und Markenrechten durch kleine und mittlere Unternehmen, die es oft schwer hätten, sich auf diesem Rechtsgebiet gegenüber großen Unternehmen durchzusetzen. Der Redner wies darauf hin, dass Förderungsprogramme für betriebliche Innovationen gute Wirkungen zeigen und plädierte dafür, diese Förderungsmöglichkeiten stärker als bisher publik zu machen. Als Zukunftsfeld für Fachhochschulen bezeichnete der Redner die Werkstofftechnik, von der er sich zusätzliche Produktions- und Beschäftigungsmöglichkeiten erwartet.

Bei der Abstimmung wurde die Patent- und Markenrechtsnovelle mehrheitlich angenommen. Die Entschließungsanträge von BZÖ, Freiheitlichen und Grünen mit Kritik an der geplanten EU-Saatgutverordnung wurden mangels Mehrheit abgelehnt.

Mehr Kontrolle für Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen

Mehrheitlich erfolgte die Änderung des Bundesgesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen (FTEG). Eine nationale Behörde Erster Instanz erhält die zentrale Koordinierungskompetenz bei Produktprüfungen. Damit werden Kapazitäten frei, die für mehr Prüfungen und verbesserten Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Produkten eingesetzt werden sollen. Das Büro für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (BFTK) des BMVIT übernimmt den internationalen Datenaustausch, was den Informationsaustausch über gefährliche Produkte beschleunigen soll. 

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) meinte, die vorliegende Gesetzesnovelle habe einen positiven Aspekt: die Marktüberwachung im Bereich von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen werde auf eine Behörde konzentriert. Damit sei es aber schon getan, kritisierte sie. Ihrer Ansicht nach wird verabsäumt, mit der Novelle auch zeitgemäße Nachbarrechte bei der Errichtung von Handymasten zu verankern und den Datenschutz zu verbessern. Auch wird ihr zufolge zwar das Gefahrenpotential von Funkanlagen bestätigt, aber keine Konsequenz daraus gezogen. Lichtenecker kündigte in diesem Sinn eine Ablehnung der Gesetzesnovelle durch die Grünen an.

Begrüßt wurde der Gesetzentwurf hingegen von Abgeordneter Eva-Maria HIMMELBAUER (V). Es gehe zum einen darum, das österreichische Recht an das EU-Recht anzupassen, zum anderen würden administrative Vereinfachungen vorgenommen, die auch zu einer effizienteren Marktüberwachung führten, skizzierte sie. Ziel dahinter sei eine Verbesserung des Schutzes des Endverbrauchers, der Handys, elektronische Türöffner oder ähnliche High-Tech-Produkte nutze. Himmelbauer zufolge wird mit der Gesetzesnovelle auch der Straftatbestand bei Verstößen gegen das Gesetz neu formuliert. Wer ein Gerät entgegen der Anordnung der Behörde nicht vom Markt nimmt oder ein gefährliches Produkt nicht zurückruft, kann künftig mit bis zu 58.000 € bestraft werden.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHLER (S) brachte namens der Koalitionsparteien einen Abänderungsantrag zur Gesetzesnovelle ein. Damit soll sichergestellt werden, dass die neue behördliche Zuständigkeit für die Marktüberwachung nicht durch die vor kurzem beschlossene Sammelnovelle zur Anpassung diverser Gesetze aus dem Bereich Verkehr, Innovation und Technologie an die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit wieder aufgehoben wird.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) kündigte die Zustimmung der FPÖ zur Gesetzesnovelle an und hob insbesondere die kürzeren Verfahrenswege und die Konzentration der Marktüberwachung bei einer Behörde als positiv hervor. Deimek zufolge ist damit sichergestellt, dass nicht markt- und nicht technikkonforme Produkte nicht auf den Markt kommen können.

Verkehrsministerin Doris BURES hielt fest, niemand könne sich heute mehr vorstellen, kein Handy zu haben. Gerade deshalb ist es ihrer Meinung nach besonders wichtig, auch im Bereich der Telekommunikationsendeinrichtungen auf Konsumentenschutz zu achten. Die bereits bestehenden hohen Standards würden weiter verbessert und es werde sichergestellt, dass gefährliche Geräte rasch vom Markt genommen werden, betonte sie. Als Beispiel nannte Bures etwa Gefahren durch zu hohe Abstrahlwerte oder durch drohende Akku-Überhitzungen. Überdies bringe die Novelle Verwaltungsvereinfachungen.

Zur Kritik der Grünen merkte Bures an, die Aufstellung von Handymasten sei nicht in diesem Gesetz, sondern im Telekommunikationsgesetz geregelt.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) signalisierte namens des BZÖ Zustimmung zum Gesetz. Er wertete es allerdings als Wermutstropfen, dass die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Marktüberwachung nicht zu Kosteneinsparungen führen wird.

Die Gesetzesnovelle wurde unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags der Koalitionsparteien mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Kein Untersuchungsausschuss zur Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria

Zum Schluss der Sitzung lehnte der Nationalrat den Antrag des BZÖ ab, zur Prüfung der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria Bank, der Kommunalkredit Austria und der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Allerdings wird nun wohl der Rechnungshof die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria unter die Lupe nehmen. Wie Dritter Nationalratspräsident Martin Graf bekannt gab, liegt ein Verlangen der Grünen auf eine entsprechende Gebarungsüberprüfung vor, dem aufgrund ausreichender Unterstützung ohne Abstimmung stattzugeben ist. (Schluss) red