Parlamentskorrespondenz Nr. 536 vom 14.06.2013

Debatte um den ORF im Nationalrat

BZÖ verlangt Umwandlung des ORF von einer Stiftung in eine AG

Wien (PK) – Aufgrund eines Fristsetzungsantrags des BZÖ entbrannte im heutigen Nationalrat auch eine Debatte über den ORF. In einem Antrag verlangt die orange Fraktion die Entstaatlichung des ORF durch die Umwandlung von einer Stiftung in eine Aktiengesellschaft, wobei der Bund sich zur Sicherung des öffentlich-rechtlichen Auftrages eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Stimme behalten soll und die restlichen 75 Prozent als Volksaktie aufgelegt werden sollen. Das BZÖ wollte nun dem Verfassungsausschuss zur Behandlung dieser Initiative eine Frist bis zum 2. Juli 2013 setzen. Dieses Anliegen fand jedoch nicht die erforderliche Mehrheit.

Petzner: ORF erfüllt gesetzlichen Auftrag kaum mehr

Es gebe viele gute Gründe für das Anliegen seines Antrags, stellte Abgeordneter Stefan PETZNER (B) fest. Da der ORF seinen gesetzlichen Auftrag kaum mehr erfülle, wäre eine Gebührenabschaffung zu diskutieren. Der ORF werde vor allem in Wahlkampfzeiten von den Regierungsparteien für "übelste Parteipropaganda" missbraucht, so Petzner. Das Auslaufen der Gebührenrefundierung werte er als "schlichte Erpressung", denn der Zusammenhang mit der Absage von Parteiduellen sei evident. Das sei auch die Sicht des ORF, sagte Petzner mit Verweis auf Redakteurssprecher Dieter Bornemann. Petzner kritisierte weiter das Sparpaket des ORF von 80 Mio. €, das vor allem zu Lasten des täglichen Programme gehe.

Petzner forderte auch in Österreich eine Debatte wie in Griechenland, denn was die griechische Regierung wolle, werde meist falsch dargestellt, meinte er. Dort gehe es nämlich um eine Neugründung eines tatsächlich öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Vieles im ORF sei nicht mehr zeitgemäß, etwa dass Angestellte dort faktisch Beamtenstatus haben. Die Gehälter der ORF-Chefetage sollten offengelegt werden, so seine weitere Forderung.

Sein Entschließungsantrag stelle eine Neustrukturierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine staatliche Sperrminorität von 25 % und die Entstaatlichung des Rests, etwa durch Ausgabe einer Volksaktie, zur Diskussion. Die Zukunft des staatlichen Rundfunks sei durch die Entwicklung der neuen Medien ohnehin längerfristig in Frage gestellt, zeigte er sich überzeugt. Einen Regierungssender brauche man auf keinen Fall. Um die Medien- und Meinungsfreiheit stehe es viel schlechter, als manche meinen, konstatierte Petzner abschließend.

Cap: Privatisierung öffnet Einfluss für finanzstarke Interessen

SPÖ-Klubobmann Josef CAP warf Petzner vor, mit seiner Behauptung, der ORF sei politisch gegängelt, die vielen RedakteurInnen und JournalistInnen des ORF, die unabhängig und objektiv arbeiten, zu beleidigen. Petzner betreibe mit solchen Aussagen ein böses Spiel auf dem Rücken des ORF, da solche Aussagen dessen Image letztlich Schaden zufügten. Cap interpretierte die Entwicklung in Griechenland konträr zu Petzner als Versuch der Errichtung eines regierungstreuen Rundfunks. Eine Privatisierung des ORF würde nur der Einflussnahme von finanzstarken Interessenten Tür und Tor öffnen und nicht die Unabhängigkeit fördern, sagte Cap. Der ORF stehe einerseits in einem starken Wettbewerb, ihm seien aber gleichzeitig Beschränkungen auferlegt. Die Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei aus seiner Sicht unbedingt zu verteidigen.

Kopf: ORF braucht Konzept für schlanke Strukturen

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF konzedierte, der ORF sei zwar ein Sorgenkind, man müsse die Lage aber differenziert sehen. Er verfüge derzeit über etwa eine Milliarde Euro an Einnahmen. Das sei viel, und man könne erwarten, dass er damit seine Aufgaben erfülle. Teilweise stammten die Kostenstrukturen noch aus der Zeit der alten Monopolstellung, wo man sich stets auf den Staat verlassen konnte, der Defizite immer abdeckte, bemerkte Kopf. Das solle keine Kritik an einzelnen engagierten MitarbeiterInnen sein, sei aber Tatsache. Es gelinge dem ORF noch nicht, seine Strukturen an die Einnahmensituation anzupassen. Er halte es für befremdlich, dass die Gebührenrefundierung, die als Überbrückungshilfe für vier Jahre einer Restrukturierungsphase verstanden wurde, nun als Anspruch interpretiert werde. Kopf bezeichnete es ferner als schäbig, wie die ORF-Führung die österreichische Filmwirtschaft instrumentalisiere, um Druck auf die Politik auszuüben. Der ORF solle seinem Auftrag gerecht werden und ein Konzept für schlanke Strukturen und ein starkes Programm erarbeiten, bevor man über Gebührenerhöhungen reden könne, sagte Kopf.

Vilimsky: Moderne Medienförderung für öffentlich-rechtliche Inhalte überfällig

Als Beispiel dafür, wie der ORF seinen Auftrag früher verstanden habe, nannte Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) die Nachhilfeprogramme, die es nun nicht mehr gebe. Stattdessen habe eine Kommerzialisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stattgefunden, wobei diese ein Übermaß an Trash bedeute. Der ORF biete auch keine Plattform mehr für Diskussionen über aktuelle politische und gesellschaftliche Anliegen. Es stelle sich die Frage, wofür man einem Rundfunk, der seinen eigentlichen Auftrag nur mehr teilweise erfüllt, Gebühren zahlen solle. Die ORF-Führung habe Sparpotenziale nicht genützt und keine anderen Ideen, als eine Verlängerung der Gebührenrefundierung zu fordern. Eine intelligente, moderne Form der Medienförderung für öffentlich-rechtliche Inhalte sei überfällig, meinte Vilimsky.

Brosz: Verbindung von Geld und politischer Einflussnahme kappen

Österreich habe eine besondere Situation aufgrund der starken deutschsprachigen Konkurrenz, räumte Abgeordneter Dieter BROSZ (G) ein. Wolle man einen österreichischen Rundfunk erhalten, koste das auch. Was die Entpolitisierung betreffe, so wolle er anmerken, dass nur die Grünen bereit waren, auf ParteienvertreterInnen in den ORF-Gremien zu verzichten. Die Kernfrage sei, ob dem ORF Geld gegen genehme Berichterstattung zugesagt werde. Die ORF-Politik der SPÖ, die die Unabhängigkeit des ORF so sehr lobe, sei aus seiner Sicht genauso zu hinterfragen, sagte Brosz in Richtung von Abgeordnetem Cap. Der ORF habe seine Stärken und Schwächen, wichtig sei, dass die Verbindung von Geld und politischer Einflussnahme gekappt werde. Er bekenne sich klar zu freier journalistischer Arbeit ohne politische Einflussnahme, schloss Brosz.

Widmann: ORF ist Rotfunk mit grünen Streifen

Aus Sicht der österreichischen Bevölkerung sei der ORF längst zu einem "Rotfunk mit einige grünen Streifen" geworden, meinte wiederum Abgeordneter Rainer WIDMANN (B). Dafür Gebühren zu zahlen, sei nicht zumutbar, Rot und Grün sollten sich einen ihnen genehmen Rundfunk auch selber zahlen, meinte er. Der ORF gebe nur den kleineren Teil seines Budgets für das Programm aus, kritisierte er weiter. Die ÖsterreicherInnen wünschten sich eine gute regionale Berichterstattung und die Unterstützung des österreichischen Films. Man müsse dem ORF dazu die Chance geben, ordentlich wirtschaften zu können. Eine Teilprivatisierung sei daher der richtige Weg. Notwendig sei auch Transparenz bei den Gehältern der Führungsetage. Schafften die Parteien es nicht, sich aus dem ORF zurückzuziehen, wäre ein Neustart des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine akzeptable Option, so Widmann.

Lugar: Nur öffentlich-rechtlichen Teil subventionieren

Im Mittelpunkt der Rede von Abgeordnetem Robert LUGAR (T) stand der Bildungsauftrag des ORF. Dieser sei sein Kernbereich, ORF III zeige vor, wie man hier mit einem kleinen Budget gute Arbeit leisten könne. Er sei der Meinung, dass man alles, was nicht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entspreche, etwa das Abspielen amerikanischer TV-Serien, nicht über Zwangsgebühren quersubventionieren dürfe. Das sei wettbewerbsverzerrend und behindere die Entwicklung der Privatsender. Subventioniert werden sollte also ein öffentlich-rechtlicher Teil, der Rest müsse als Firma wie jede andere auch geführt werden. (Fortsetzung Nationalrat) jan/sox