Parlamentskorrespondenz Nr. 643 vom 03.07.2013

Berlakovich sieht Handlungsbedarf bei Feinstaubbelastung

Kurze Debatte im Nationalrat über Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgrund des Immissionsschutzgesetzes-Luft

Wien (PK) – Das Team Stronach thematisierte in der heutigen Nationalratssitzung auch die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen im Zuge des "Immissionsschutzgesetzes-Luft". In einer schriftlichen Anfrage wollte Abgeordneter Christoph Hagen von Umweltminister Nikolaus Berlakovich unter anderem eine Aufschlüsselung, wie oft derartige Geschwindigkeitsbegrenzungen angeordnet wurden und in welcher Höhe die Grenzwerte der Immissionen jeweils überschritten wurden. Da der Minister die geforderten aufgeschlüsselten Daten derzeit nicht liefern konnte, verlangte der Klub eine Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung.

Als Antragsteller erklärte Team Stronach-Politiker Christoph HAGEN eingangs, die Antwort von Minister Nikolaus Berlakovich zur Anfrage über den "Luft-100er" sei nicht befriedigend gewesen. Hagen führte dazu aus, dass er bei einer Autofahrt durch Tirol trotz Regen diese Geschwindigkeitsbeschränkung zu beachten hatte, obwohl der Feinstaubanteil bei Regenwetter wohl nicht allzu hoch gewesen sein könne, wie er vermutete. In seiner Anfrage an das Lebensministerium begehrte er unter anderem eine Aufschlüsselung, wie hoch die tatsächlichen Emissionswerte in mehreren Autobahnteilstücken Österreichs mit Luft-100er Beschilderung am 19. und 20. April 2013 gewesen sind. Der Lebensminister habe in seiner Beantwortung erklärt, eine solche Aufschlüsselung sei nicht öffentlich zugänglich. Das widerspreche aus seiner Sicht dem parlamentarischen Interpellationsrecht, stellte Hagen fest, da er keine konkreten Informationen erhalten habe. Letztendlich, mutmaßte der Abgeordnete, gehe es bei der Tempobeschränkung wohl nur um ein "Abkassieren der Autofahrer", falls diese 100 km/h überschreiten.

Berlakovich: Luftqualität deutlich verbessert, Nachholbedarf bei Feinstaub

Umweltminister Nikolaus BERLAKOVICH informierte den Antragsteller daraufhin, dessen Anfrage sei nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet worden, doch die erfragte Datenlage sei bis dato nicht vorhanden. Der Minister führte dazu aus, die Landeshauptleute würden jährlich Evaluierungsberichte zum Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) vorlegen, die aktuellsten Auswertungen stünden aber noch aus. Diese Berichte böten dann die angefragten Daten und würden auf der Homepage seines Ressorts bereitgestellt, so Berlakovich.

Insgesamt habe sich die Luftqualität Österreichs in den letzten Jahren deutlich verbessert, betonte der Bundesminister und nannte als Beispiel den Rückgang von Schwefeldioxid, des so genannten "sauren Regens". Nachholbedarf gebe es allerdings nach wie vor beim Feinstaub. Das IG-L werde von den Bundeländern, angepasst an die jeweiligen Regionen, eingesetzt, informierte der Lebensminister. Damit hätten die Landeshauptleute seit 2007 die Vollmacht, bei drohenden Grenzwertüberschreitungen auch temporäre Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen festzulegen. Außerdem habe er zwei Verordnungen zum Thema Feinstaub erlassen, mit denen die Umsetzung der Luftreinhaltungs-Programme durch die Bundesländer gewährleistet werde. Die Schaltzeiten der Luft-100er-Anlagen richteten sich jedenfalls immer nach der Höhe der aktuellen Schadstoffbelastung, unterstrich Berlakovich. Zu bedenken sei dabei, dass gerade bei Tiefdruckwetter die Feinstaubbelastung auch trotz Regen noch zu hoch sein könne.

Kritik an der Team Stronach-Anfrage

SPÖ-Mandatar Hannes WENINGER resümierte, nach dem "Anti-Gewerkschafts-Bashing" bei der vorangegangenen Diskussion zur Dringlichen Anfrage des Team Stronach initiiere diese Partei nun eine Diskussion über Geschwindigkeitsbegrenzungen, wohl weil eines seiner Mitglieder zu schnell gefahren sei. Generell meinte der SPÖ-Politiker jedoch, dass die Landeshauptleute mit den Aufgaben der Luftreinhaltung in Österreich betraut sind, garantiere nicht unbedingt immer ein intelligentes System zur umweltbewussten Verkehrsbeeinflussung. Daher wäre es notwendig, auch auf Bundesebene Regelungen zum Erhalt der Luftqualität festzulegen, schloss Weninger.

ÖVP-Abgeordneter Hermann SCHULTES bewertete die laufende Debatte als eine "Lehrstunde zur Politik Stronach". Er führte die Anfrage an den Lebensminister auf Unannehmlichkeiten von Stronach-Politikern beim Autofahren zurück, und interpretierte daraus, die "Werte des Frank Stronach" hätten offenbar nicht für eine Erklärung dazu ausgereicht.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) kritisierte zunächst, der gesetzliche "Werkzeugkoffer" zur Luftreinhaltung sei teilweise zu weit gefasst, denn die UmweltlandesrätInnen könnten dadurch das Autofahren unkontrolliert beschränken. Nicht übersehen werden dürfe, merkte Deimek bezugnehmend auf die vorliegende Team Stronach-Anfrage an, dass schlechte Luftqualität in Österreich nicht nur auf den Autoverkehr zurückzuführen sei, auch Emissionen des Hausbrands würden ihren Beitrag leisten. Aus Praxiserfahrungen wisse er, wenn der Luft-100er eingeschaltet sei, müssten die AutofahrerInnen kurz darauf mit Radarmessungen der Polizei und möglichen Strafzahlungen rechnen, monierte der Freiheitliche.

Grünen-Politikerin Gabriela MOSER richtete an Antragsteller Christoph Hagen pointiert die Empfehlung, in Zukunft den Zug anstatt des Autos zu nehmen, wandte sich danach aber eingehend der Thematik des Immissionsschutzgesetz-Luft zu. Das Gesetz basiere auf einer EU-Regelung zum Gesundheitsschutz vor Schafstoffen, und sei daher jedenfalls umzusetzen, inklusive der angebrachten Geschwindigkeitsbeschränkungen. Immerhin ergäben höhere Geschwindigkeiten auf Autobahnen nur minimale Zeitersparnisse. Im Sinne der Datentransparenz plädierte Moser dafür, dass die Landeshauptleute ihre diesbezüglichen Evaluierungsberichte schnellstmöglich übermitteln.

Abschließend befand Moser, der Umgang von Regierungsmitgliedern mit dem Interpellationsrecht der Parlamentarier stelle oftmals ein Problem dar, auch wenn sie dies bei der aktuellen Beantwortung nicht so sehe. Da sie in der Vergangenheit sogar erleben habe müssen, dass ein Minister bei seiner Antwort die Unwahrheit sage, verdeutlichte die Abgeordnete ihr Anliegen, in der nächsten Legislaturperiode eine andere Kultur bei der Anfragebeantwortung zu etablieren.   

BZÖ-Mandatar Gerhard HUBER stellte sich "dieses Mal" auf die Seite des Bundesministers, da die Anfrage des Team Stronach im Hohen Haus unangebracht sei, wenn er auch bei vielen Anfragebeantwortungen der Regierung Mängel ausmache, wie er sagte. So nannte Huber seine Anfrage zu einem Cross-Border-Leasinggeschäft von Wasserkraftwerken in Tirol, die von der Finanzministerin unbeantwortet geblieben sei. In seiner weiteren Wortmeldung ging der Abgeordnete näher auf den Luft-100er auf der Inntalautobahn ein, denn dieser trage offenbar nicht ausreichend zur Reinhaltung der Luft bei, obwohl etwa 70 Prozent der Schadstoffe dort auf den Autoverkehr zurückzuführen seien.

Antragsteller Christoph HAGEN machte abschließend klar, dass keine Geschwindigkeitsüberschreitung seinerseits der Anfrage zu Grunde liege. (Schluss Kurze Debatte/Fortsetzung Nationalrat) rei/jan