Parlamentskorrespondenz Nr. 663 vom 08.07.2013

Nationalrat: Bilanz der Tagungsperiode 2012/13

Mehr als 200 Gesetzesbeschlüsse, 42 % davon einstimmig

Wien (PK) – 204 Gesetzesbeschlüsse in 48 Sitzungen mit einer Gesamtdauer von 340 Stunden und 56 Minuten. Das ist die in Zahlen gegossene Bilanz der kommenden Montag zu Ende gehenden Tagung 2012/13 des Nationalrats. Es ist bereits das fünfte und damit letzte Arbeitsjahr in dieser Gesetzgebungsperiode, insgesamt haben die Abgeordneten seit dem Wiederantritt der Großen Koalition im Herbst 2008 647 Gesetze verabschiedet. Eine reguläre Plenarsitzung bis zu den Wahlen am 29. September ist nicht mehr anberaumt, mit der einen oder anderen Sondersitzung ist aber noch zu rechnen. Tagungsbeginn für eine kurze Herbsttagung ist der 9. September.

42,16 % der Gesetzesbeschlüsse wurden einstimmig gefasst, deutlich mehr als in den ersten vier Jahre dieser Gesetzgebungsperiode (35,21 %). Weiters haben die Abgeordneten in der Tagung 2012/13 43 Staatsverträge und 6 Vereinbarungen mit den Bundesländern genehmigt sowie 26 Berichte der Regierung, des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft zur Kenntnis genommen.

Einen Rekordwert erreichte die Zahl der Ausschusssitzungen: 190 Mal traten die Abgeordneten zu Vorberatungen zusammen. Dazu kommen 34 Unterausschusssitzungen und 10 Sitzungen des im Herbst beendeten Korruptions-Untersuchungsausschusses. Die Zahl der schriftlichen Anfragen an die Bundesregierung kratzte wieder an der 3.000er-Marke.

Gleich neun der 48 Nationalratssitzungen waren Sondersitzungen, sieben davon gehen auf das Konto der Opposition.

Gesetzesbeschlüsse: Von ELGA über die gemeinsame Obsorge bis zu Basel III

Geprägt war die Tagung von der anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa. Immer wieder mussten sich die Abgeordneten mit Rettungspaketen für angeschlagene Euro-Länder und den notverstaatlichten österreichischen Banken befassen. Auch die endgültige Einrichtung des dauerhaften Euro-Schutzschirms ESM fiel in diese Tagungsperiode. Dazu kamen wiederholte Diskussionen über Spekulationsverluste einzelner österreichischer Bundesländer, Firmenpleiten, die hohe Jugendarbeitslosigkeit in der EU und die Schwierigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen, zu Krediten zu kommen.

Reagiert haben die Abgeordneten unter anderem mit strengeren Eigenkapitalvorschriften und weiteren Vorgaben für Banken zur Vermeidung von Bankeninsolvenzen, der Einrichtung einer Bilanzpolizei für börsennotierte Unternehmen und neuen Regeln für Hedgefonds-Manager. Zudem wurden die Einführung von Kurzarbeit in Österreich erleichtert sowie ein Fachkräftestipendium und Bildungsteilzeit zur besseren Qualifizierung österreichischer ArbeitnehmerInnen eingeführt. Die zwischen Bund, Ländern und Gemeinden getroffene Vereinbarung, Spekulationen mit Steuergeldern künftig generell zu verbieten, scheiterte bislang hingegen an der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Auch die in Abstimmung mit anderen EU-Ländern geplante Finanztransaktionssteuer lässt noch auf sich warten. Um die Mitspracherechte des Nationalrats bei europäischen Finanzhilfen abzusichern, wurde ein eigener Unterausschuss des Budgetausschusses für ESM-Angelegenheiten eingerichtet.

Zu den weiteren Gesetzesbeschlüssen der vergangenen Tagung gehören die Einführung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) und der Pflegekarenz, die vorläufige gemeinsame Obsorge für Kinder im Scheidungsfall, neue Regeln für die Invaliditätspension, die Einführung von Verwaltungsgerichten erster Instanz, eine neue Lehrerausbildung, die Einrichtung einer umfassenden Förderdatenbank, die Modernisierung der Jugendwohlfahrt, eine Reform des Zivildienstes, Verschärfungen im Sexualstrafrecht, die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung und ein neues Sportförderungsgesetz. Außerdem wurden die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet, die soziale Absicherung von Selbständigen bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung verbessert, die Pendlerförderung erhöht, erste Schritte zur Einführung der Studienplatzfinanzierung gesetzt und das Staatsbürgerschaftsrecht adaptiert. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes sollen unter anderem die Abschaffung der Bezirksschulräte und die Einführung eines Zentralen Personenstandregisters beitragen.

In Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe Anfang Juni haben die Abgeordneten neben einer Aufstockung des Katastrophenfonds unter anderem beschlossen, Hochwasserschutzbauten zu beschleunigen, betroffenen Tourismusbetrieben mit geförderten Krediten unter die Arme zu greifen, und zusätzliche Mittel für die Anschaffung von Gerätschaften für die Feuerwehren bereitzustellen. Arbeiter und Angestellte sind bei der Entgeltfortzahlung wegen einer Dienstverhinderung im Katastrophenfall künftig gleichgestellt.

Mit den Ländern hat der Bund unter anderem ein besseres Zusammenwirken der Verantwortungsträger im Gesundheitsbereich, eine Ausweitung ganztägiger Schulen sowie die Verlängerung des Pflegefonds und des verpflichtenden Gratiskindergartenjahrs vor Schuleintritt vereinbart.

Derzeit noch in Begutachtung ist ein Gesetzespaket zur Stärkung der direkten Demokratie. Um es noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen, wären zwei Nationalratssondersitzungen im September erforderlich. Ein erster kleiner Teil des Demokratiepakets wurde bereits verabschiedet, er sieht mehr Gewicht für Vorzugsstimmen bei Wahlen vor.

Dass im letzten Arbeitsjahr einer Legislaturperiode besonders viele Gesetze verabschiedet werden, ist im Übrigen kein Novum, auch in der Vergangenheit schnellten die Gesetzesbeschlüsse kurz vor den Wahlen meist nach oben. Als Vergleich zu den 204 Gesetzesbeschlüssen in dieser Tagung: In der Tagung 2011/12 wurden 122 Gesetzesvorlagen verabschiedet, in der Tagung 2010/11 96.

Team Stronach: Sechster Parlamentsklub stellt Nationalrat vor Herausforderungen

Eine besondere Herausforderung für den Nationalrat in dieser Tagung stellte die Gründung eines sechsten Parlamentsklubs dar. Durch den Zusammenschluss ehemaliger BZÖ-Abgeordneter zum Klub Team Stronach mussten unter anderem Ausschüsse neu gewählt und Redezeiten im Plenum neu verteilt werden. Zudem war es notwendig, zusammenhängende Klubräumlichkeiten zu suchen. Intensiv diskutiert wurde auch über die demokratische Legitimation des neuen Klubs, mit dem Ergebnis, dass Klubgründungen künftig nur noch am Beginn einer Gesetzgebungsperiode möglich sein werden.

Neben insgesamt sechs früheren BZÖ-Abgeordneten hat der austrokanadische Unternehmer Frank Stronach auch einen SPÖ-Mandatar abgeworben: Gerhard Köfer trat dem Klub jedoch nicht bei und wechselte später als Landesrat nach Kärnten.

Erste bundesweite Volksbefragung in der Zweiten Republik

Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik wurde eine bundesweite Volksbefragung durchgeführt. Nachdem sich eine deutliche Mehrheit der ÖsterreicherInnen für eine Beibehaltung der Wehrpflicht und gegen ein Berufsheer ausgesprochen hatte, nahm Verteidigungsminister Norbert Darabos den Hut und wurde im März dieses Jahres durch Gerald Klug, zuvor Fraktionsführer der SPÖ im Bundesrat, ersetzt. Eine zweite Regierungsumbildung fand bereits letzten September statt: Abgeordneter Reinhold Lopatka löste Staatssekretär Wolfgang Waldner im Außenministerium ab, dieser wechselte in die Kärntner Landesregierung.

Als neues Trio der Volksanwaltschaft hat der Nationalrat Günther Kräuter, Peter Fichtenbauer und Gertrude Brinek gewählt. Eine weitere Wahl betraf den Steuerexperten Markus Achatz: er wurde zum neuen Mitglied im Verfassungsgerichtshof bestellt.

Erstellung des Budgets 2013 folgte neuen Haushaltsregeln

Das Budget 2013 war das erste, das nach den neuen Haushaltsregeln erstellt wurde. Nicht mehr hunderte detaillierte Budgetansätze, sondern 70 nach Sachbereichen gegliederte Globalbudgets und die zu erreichenden Wirkungsziele standen im Fokus der Budgetberatungen und des Budgetbeschlusses im Herbst. Die Ministerien haben durch die neue Form des Bundesfinanzgesetzes deutlich mehr Spielraum bei der Mittelverwendung, im Gegenzug wird der Budgetvollzug stärker vom Parlament kontrolliert. Zur Unterstützung der Abgeordneten stehen die BudgetexpertInnen des eigens eingerichteten Budgetdienstes des Hohen Hauses mit ökonomischen Analysen zur Verfügung.

Gleich zu Beginn der Tagungsperiode führte das ziemlich abrupte Ende des zur Prüfung von Korruptionsvorwürfen eingesetzten Untersuchungsausschuss des Nationalrats zu viel Kritik. Die Grünen legten ihre Sicht der Dinge in Form eines 600-seitigen Entschließungsantrags dar, nachdem der Ausschuss selbst auf einen Endbericht verzichtet hatte. Lehren aus den im Zuge der Ausschussberatungen gewonnenen Erkenntnissen wurden bereits in der vorangegangenen Tagung gezogen: Unter anderem beschlossen die Abgeordneten die Einrichtung eines Lobbyistenregisters, die Offenlegung von Parteispenden und eine Ausweitung der Meldepflicht für Nebentätigkeiten von Abgeordneten.

Für viel Diskussionsstoff in den vergangenen Monaten sorgten auch der steigende Finanzbedarf der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria, das Bienensterben, der Finanzrahmen der Europäischen Union für die Jahre 2014 bis 2020, die geplante EU-Agrarreform, der EU-weite Skandal um falsch etikettiertes Pferdefleisch, der Abzug des österreichischen Bundesheers von den Golanhöhen und die Amtsverschwiegenheit. Einig waren sich die Abgeordneten in der Ablehnung einer neuen EU-Richtlinie in Bezug auf Konzessionsvergaben, sie befürchteten einen steigenden Druck auf die Gemeinden zur Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Auch die geplante neue EU-Saatgutverordnung stieß auf einhellige Ablehnung.

14 Dringliche Anfragen, 10 Aktuelle Stunden, 8 Misstrauensanträge

Im Rahmen der Plenarsitzungen hielten die Abgeordneten weiters zehn Aktuelle Stunden, vier Aktuelle Europastunden und neun Fragestunden mit 71 Fragen und 299 Zusatzfragen ab. Dazu kommen neun Erklärungen von Regierungsmitgliedern. 20 Gesetzesanträge, darunter das Budget 2013 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2014-2017, wurden in Erste Lesung genommen. In 65 Entschließungen erhielt die Regierung Arbeitsaufträge vom Nationalrat.

Auf Verlangen der Opposition nahm der Nationalrat darüber hinaus 14 Dringliche Anfragen (4 F, 5 G, 3 B, 2 T) und 4 Dringliche Anträge (alle B) in Verhandlung. Weiters hielt er 17 Kurze Debatten (3 F, 5 G, 7 B, 1 T, 1 GBF) zu schriftlichen Anfragebeantwortungen der Regierung, Fristsetzungsanträgen und Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ab. Die Oppositionsparteien konnten sich mit ihrem Anliegen, den Korruptions-Untersuchungsausschuss fortzusetzen, aber ebenso wenig durchsetzen wie mit Forderungen, die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria und anderer österreichischer Problembanken sowie die Änderung des Eurofighter-Kaufvertrags inklusive Stückzahlreduktion im Parlament genauer unter die Lupe zu nehmen.

Auch alle 8 Misstrauensanträge der Opposition scheiterten. Sie waren gegen Verteidigungsminister Norbert Darabos (2), Finanzministerin Maria Fekter (3), Gesundheitsminister Alois Stöger und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich bzw. in einem Fall gegen die gesamte Bundesregierung gerichtet. Vorgeworfen wurde den Regierungsmitgliedern unter anderem ein verzögerter Katastropheneinsatz des Bundesheers nach heftigen Regenfällen in Kärnten, die Blockade von EU-Vereinbarungen zum forcierten Kampf gegen Steuerbetrug, die Zustimmung zum ursprünglichen EU-Rettungspaket für Zypern, Fehlentscheidungen im Zusammenhang mit der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria, ein unzureichendes Ergebnis bei der ausverhandelten Gesundheitsreform, eine zu große Rücksichtnahme auf die Agrarlobby beim Kampf gegen das Bienensterben und ein allgemeines Versagen in der Umweltpolitik.

Von den neun Sondersitzungen des Nationalrats in dieser Tagung gingen drei auf ein gemeinsames Verlangen der Opposition bzw. mehrerer Oppositionsparteien zurück, zwei wurden auf Initiative des BZÖ und je eine auf Initiative der FPÖ und der Grünen einberufen. Dazu kommen zwei von den Regierungsfraktionen beantragte außertourliche Sitzungen. Thematisiert wurden die hohe Steuerbelastung in Österreich, die Inseratenschaltungen des Landwirtschaftsministeriums, die Asylpolitik, mögliche Vorkehrungen gegen Korruption, die Vergabepraxis im Innenministerium und das Bienensterben. Weiters standen die Einigung der EU-Staats- und Regierungschefs auf den EU-Finanzrahmen 2014-2020 und die Finanzhilfe für Zypern zur Debatte.

234 Ausschuss- und Unterausschusssitzungen

Zu den Plenarsitzungen kommen 190 Ausschusssitzungen, 34 Sitzungen von Unterausschüssen und 10 Sitzungen des Korruptions-Untersuchungsausschusses. Dabei nahmen die Abgeordneten 69 Berichte der Bundesregierung zur Kenntnis, die großteils nicht mehr ins Plenum kamen.

Besonders häufig tagten in den vergangenen Monaten wieder die für EU-Angelegenheiten zuständigen Ausschüsse des Nationalrats. Seit der Vertrag von Lissabon den nationalen Parlamenten mehr Mitspracherechte bei der EU-Gesetzgebung einräumt, befassen sich die Abgeordneten verstärkt mit aktuellen EU-Vorhaben. In drei Fällen schickten die Abgeordneten eine offizielle Stellungnahme nach Brüssel, dazu kamen in vier weiteren Fällen verbindliche Verhandlungsvorgaben für das zuständige österreichische Regierungsmitglied. Eine Subsidiaritätsrüge sprach der Nationalrat in den letzten Monaten – im Gegensatz zum Bundesrat – nicht aus. Hochrangiger Gast im EU-Hauptausschuss war der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz.

Ein enormes Arbeitspensum hatte auch der Budgetausschuss zu bewältigen. Bedingt durch das neue Haushaltsrecht nimmt er verstärkt Aufgaben der Budgetkontrolle wahr. Der neu eingerichtete Unterausschuss des Budgetausschusses in ESM-Angelegenheiten hielt bislang vier Sitzungen ab, um über Finanzhilfen für Euro-Länder zu beraten. Vorgesehen ist auch ein zweiter Unterausschuss, der sich unter besonders strengen Vertraulichkeitsvorschriften mit sensiblen Anleihenkäufen beschäftigen soll, seine Konstituierung verzögert sich jedoch wegen nach wie vor fehlender Compliance-Regeln für die Abgeordneten.

Annähernd konstant blieb in dieser Tagungsperiode die Zahl der an den Nationalrat herangetragenen Bürgeranliegen. Insgesamt langten bis zur letzten Woche 49 Petitionen und 22 Bürgerinitiativen ein. Die Möglichkeit, die Initiativen auf der Website des Parlaments elektronisch zu unterstützen, wird weiter rege genutzt: überdurchschnittlich viele Stimmen erhielten auf diesem Weg unter anderem eine Petition, die sich für ein Verbot bienenschädlicher Pestizide in Österreich stark machte (22.392) und eine Bürgerinitiative für mehr BürgerInnen-Freiheit bei der Gewährung von Krediten an kleine Unternehmen (9.029).

Durch eine neue Gesetzesbestimmung ist sichergestellt, dass Volksbegehren und Bürgerinitiativen am Ende einer Legislaturperiode nicht mehr verfallen, sondern auf der Agenda des Nationalrats bleiben.

Direkte Demokratie: Gesetzentwurf ist in Begutachtung

Auf Ausschussebene intensiv diskutiert wurde in den vergangenen Monaten auch über die Ausweitung der direkten Demokratie. Vorläufiges Ergebnis ist eine gemeinsame Initiative von SPÖ, ÖVP und Grünen, die unter anderem eine verpflichtende Volksbefragung über erfolgreiche Volksbegehren vorsieht, wenn das Parlament dem Anliegen nicht von sich aus Rechnung trägt. Zudem ist geplant, eine elektronische Unterstützung von Volksbegehren und Bürgerinitiativen zu ermöglichen. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in Begutachtung, die Frist für Stellungnahmen endet am 15. August. Offen ist, ob es noch vor den Wahlen zu einem Beschluss kommt.

Wohl nicht mehr in dieser Legislaturperiode wird sich die geplante U-Ausschuss-Reform ausgehen. SPÖ und ÖVP haben zwar bereits im Jahr 2009 zugesagt, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als parlamentarisches Minderheitsrecht zu verankern, bisher bleiben die Verhandlungen aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen der einzelnen Fraktionen über Verfahrensregeln und Streitbeilegungsmechanismen jedoch ergebnislos. Auch über die geplante Neuregelung der Immunität von Abgeordneten und die Bestimmungen über einen Amtsverlust wird noch diskutiert.

Die Präsidialkonferenz trat in der Tagung 2012/13 zu 13 Sitzungen zusammen.

Mehr als 15.000 schriftliche Anfragen in dieser Legislaturperiode

Weiter auf Rekordniveau ist die Zahl der schriftlichen Anfragen. Allein bis zum Ende der letzten Sitzung des Nationalrats vergangenen Freitag haben die Abgeordneten 2.953 Anfragen an Regierungsmitglieder eingebracht. Dazu kommen 32 weitere Anfragen an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und 5 Anfragen an Rechnungshofpräsident Josef Moser.

Gerechnet über die gesamte Legislaturperiode, wurde die 15.000er-Marke bereits Anfang Juni überschritten. Die aktuell jüngste Anfrage von BZÖ-Abgeordnetem Rainer Widmann trägt die Nummer 15501/J. Ab sofort können auch in der tagungsfreien Zeit schriftliche Anfragen eingebracht werden.

Die mit Abstand meisten Anfragen gehen wieder auf das Konto der FPÖ (1610), gefolgt von den Grünen (363) und dem BZÖ (329). Die mit fünf Abgeordneten weitaus kleinste Oppositionsfraktion, das erst Ende Oktober gegründete Team Stronach, kann 305 Anfragen verbuchen. Von SPÖ-Abgeordneten wurden 304 Anfragen gestellt, von ÖVP-Abgeordneten 71. Dazu kommen 3 Anfragen von Abgeordneten ohne Fraktion und 5 fraktionsübergreifende Anfragen.

An der Spitze der AnfragestellerInnen liegt heuer FPÖ-Abgeordneter Rupert Doppler mit exakt 290 schriftlichen Anfragen. SPÖ-Abgeordneter Johann Maier kommt, trotz mehr als dreimonatiger Absenz vom Nationalrat, auf 171 Anfragen, Abgeordneter Stefan Markowitz für das Team Stronach auf 160. Ebenso im vordersten Feld: BZÖ-Abgeordneter Gerald Grosz (157) sowie die beiden FPÖ-Abgeordneten Harald Vilimsky (150) und Walter Rosenkranz (142). Grosz führt im Übrigen auch die GP-Gesamtwertung an: er stellte seit November 2008 bereits 1.011 Anfragen.

Das weitaus größte Interesse zeigten die MandatarInnen für das Innenministerium (555 Anfragen). Es folgen das Finanzministerium (309), das Justizministerium (278) und das Unterrichtsministerium (276). Immerhin noch 70 Anfragen wurden an das am Ende der Liste rangierende Frauenressort gestellt.

Was ParlamentarierInnen tun, wenn sie nicht über Gesetze debattieren

In der zu Ende gehenden Tagung des Nationalrats nahmen die Abgeordneten und BundesrätInnen nicht nur ihre verfassungsmäßigen Aufgaben in der Gesetzgebung des Bundes und bei der Kontrolle der Regierung wahr. Die MandatarInnen knüpften auch das Netz ihrer internationalen Beziehungen enger, intensivierten den Kontakt zu den BürgerInnen und richteten den Blick in die Zukunft, gemeinsam mit einer wachsenden Zahl junger Menschen, die sich in der "Demokratiewerkstatt" und im "Jugendparlament" auf ihre Rolle als aktive StaatsbürgerInnen vorbereiteten.

Parlament international vernetzt und bürgernah zugleich



Die PräsidentInnen von Nationalrat und Bundesrat empfingen auch im letzten Parlamentsjahr AmtskollegInnen und ParlamentarierInnen, Staatsmänner und –frauen sowie VertreterInnen internationaler Organisationen aus aller Welt und folgten selbst Einladungen zu Besuchen in andere Länder. Parlamentarierdelegationen pflegten auch in der zu Ende gehenden Tagungsperiode einen regen Besuchs- und Gedankenaustausch (siehe Meldungen der "Parlamentskorrespondenz" auf www.parlament.gv.at , Sachbereich "Parlament international", 2012 und 2 013 ).

Kunstbegeistert und thematisch immer am Puls der Zeit



Stark war im abgelaufenen Arbeitsjahr auch das Interesse der BürgerInnen an ihrem Parlament. Am Nationalfeiertag, dem 26. Oktober 2012, besuchten 11.500 BürgerInnen den Prachtbau am Ring und nutzten den "Tag der offenen Tür" zur Information über die Arbeit ihrer politischen VertreterInnen in der Bundesgesetzgebung. Das Hohe Haus zog aber nicht nur am Nationalfeiertag Menschen aus dem In- und Ausland an. Nahezu täglich bewunderten bei insgesamt 5.000 Führungen und Hausbegehungen 95.000 Menschen aus dem In- und Ausland, viele von ihnen Schülerinnen und Schüler, Theophil Hansens Architektur und ließen sich von den sachkundigen MitarbeiterInnen des Hauses über die politische Arbeit der ParlamentarierInnen informieren.

Weiter ausgebaut wurde auch der Kontakt des Parlaments zu engagierten BürgerInnen, WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen und AutorInnen. Das zeigen fast 100 Veranstaltungen, Symposien, Buch- und Kunstpräsentationen im Hohen Haus und im Palais Epstein, an denen – wie schon in den Vorjahren - viele tausend Menschen teilgenommen haben. Höhepunkte waren ein Symposium zur Staatskrise im März 1933 und die Uraufführung der zeitgenössischen Oper "Spiegelgrund", in der einmal mehr das Bemühen des Parlaments sichtbar wurde, neue Formen für das historische Gedenken zu entwickeln. Die Wiener Festwochen gastierten im Parlament mit dem Musik- und Theaterprojekt "Letzte Tage. Ein Vorabend" von Christoph Marthaler.

Die thematischen Schwerpunkte im Veranstaltungskalender der letzten Tagungsperiode bildeten Demokratie, Medien, Frauen- und Generationenfragen, Nachhaltigkeit, Minderheiten, Gewaltprävention und Entwicklungszusammenarbeit (siehe Meldungen der "Parlamentskorrespondenz" auf www.parlament.gv.at , Sachbereich "Veranstaltungen", 2012 und 2013).

Viele virtuelle BesucherInnen hatten auch die Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) und die eigens für Kinder eingerichtete Homepage (www.demokratiewebstatt.at).

Demokratie will gelernt sein - die ParlamentarierInnen von morgen



Die "Demokratiewerkstatt" des Parlaments setzte ihre 2007 begonnene Erfolgsgeschichte fort. Im November 2012 überstieg die Zahl der Gäste die Grenze von 50.000. Zum Tagungsende 2012/13 zählte die Parlamentsverwaltung bereits 57.000 Kinder und Jugendliche, die seit 2008 an den Workshops zur Vermittlung demokratischer Werte und politischer Bildung teilgenommen haben. Mehr als 9.500 SchülerInnen besuchten im abgelaufenen Schuljahr 435 Workshops. 3.300 Jugendliche konnte Präsidentin Prammer bislang für ihr besonderes Interesse mit dem Titel "Demokratiewerkstatt-Profi" auszeichnen. Die "Demokratiewerkstatt" findet in ganz Österreich Anklang - der Anteil der SchülerInnen aus den Bundesländern an der Arbeit der Demokratiewerkstatt betrug zuletzt 42%.

Der 75. Jahrestag der Annexion Österreichs durch NS-Deutschland im Frühjahr 1938 war für die Demokratiewerkstatt Anlass, eine Reihe spezieller Workshops mit ZeitzeugInnen zu starten. Zum Auftakt kam im März 2013 der in Wien geborene namhafte israelische Journalist Ari Rath, der Wiener SchülerInnen von seinen Erfahrungen als Dreizehnjähriger im Wien des Jahres 1938 und von seiner Flucht mit einem Kindertransport nach Palästina berichtete.

Dass die Demokratiewerkstatt auch international viel Beabchtung findet, zeigt unter anderem der Umstand, dass heuer mit österreichischer Unterstützung im montenegrinischen Parlament eine ähnliche Einrichtung geschaffen wurde.

Auch das "Jugendparlament" arbeitete im abgelaufenen Parlamentsjahr intensiv. Am 23. November 2012 berieten 84 SchülerInnen der neunten Schulstufe aus Innsbruck und Oberinntal in Tirol unter dem Vorsitz von Präsidentin Barbara Prammer und mit Unterstützung von Abgeordneten und ExpertInnen über eine fiktive Gesetzesnovelle zu dem aktuellen Thema "Sport in der Schule". In der Frühjahrssession des Jugendparlaments am 3. Mai 2013 diskutierten 82 Vorarlberger SchülerInnen aus Dornbirn, Lustenau und Rankweil in der Rolle von Abgeordneten und unter Einsatz parlamentarischer Mittel zur Entscheidungsfindung über das Thema "anonymisierte Benotung".  (Schluss) gs/fru