Parlamentskorrespondenz Nr. 427 vom 15.05.2014

Bundesrat: Österreich muss familienfreundlicher werden

Erhöhung der Familienbeihilfe nun fix

Wien (PK) – Der Bundesrat machte in seiner heutigen Sitzung endgültig den Weg zur Erhöhung der Familienbeihilfe ab Mitte Juli des heurigen Jahres mit einhelligem Beschluss frei. Die Maßnahmen für die Familien standen am Beginn einer 17 Punkte umfassenden Tagesordnung, die von Familien- über Justizthemen und Fragen der inneren Sicherheit bis hin zu internationalen Abkommen reichte. Die Bemühungen von Familienministerin Sophie Karmasin um mehr Familienfreundlichkeit in Österreich durch finanzielle Hilfen, aber auch durch verbesserte Rahmenbedingungen für Familien fanden in der Länderkammer breite Unterstützung. 

Die Familienbeihilfe wird in einem ersten Schritt um 4 % angehoben, dann jedes zweite Jahr (bis 2018) um jeweils 1,9 %. Damit werden insgesamt zusätzlich 828 Mio. € für diese Familienleistung von der Bundesregierung bereitgestellt. Auch der Zuschlag für erheblich behinderte Kinder wird erhöht.

Karmasin will 1. Mai als Feiertag nicht herabwürdigen

Die Bundesrätinnen waren sich einig, dass Familien ein Zukunftsthema sind. SPÖ und FPÖ wandten sich aber vehement dagegen, den 15. Mai, den Tag der Familie, anstelle des 1. Mai zum Feiertag zu machen, wie dies Familienministerin Sophie Karmasin vorgeschlagen hatte. So meinte etwa Inge Posch-Gruska (S/B), der 1. Mai sei kein Relikt aus der Vergangenheit. Er sei ein Tag der Gerechtigkeit für ArbeitnehmerInnen und davon profitierten auch die Familien. Auch für Monika Mühlwerth (F/W) würde ein steuerfreies Existenzminimum den Familien mehr helfen als ein Feiertag für die Familien.

Die Ministerin betonte, sie habe mit ihrem Vorschlag einen Diskussionsprozess starten wollen, keineswegs habe sie beabsichtigt, den 1. Mai als Feiertag herabzuwürdigen. Für sie sei Partnerschaft ein wichtiger Wert und auch die Wirtschaft müsse ihren Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie leisten. Vielleicht könnte man sich in diesem Sinne entweder über einen gemeinsamen Tag der Familien und Arbeit einigen oder neben dem 1. Mai einen eigenen Feiertag für Familien ins Auge fassen, meinte Karmasin.

Ziel der Familienministerin: Familienfreundlicheres Österreich

Karmasin bekräftigte ihr Bemühen, Österreich zu einem familienfreundlicheren oder sogar zum familienfreundlichsten Land zu machen. Dafür seine Geldleistungen genauso wichtig wie die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Die Ministerin zeigte sich zufrieden, dass die Erhöhung der Familienbeihilfe trotz prekärer budgetärer Lage gelungen sei. Das nächste große Projekt sei eine  Familiensteuerreform, wo vor allem Mehrkindfamilien und AlleinerzieherInnen besonders berücksichtigt werden sollen. Ihr schweben auch höhere Steuerfreibeträge vor. Als einen zentralen Punkt bezeichnete Karmasin die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und stellte dazu fest, auch Unternehmen sollten sich auf ein familienfreundlicheres Klima einstellen, davon profitierten auch die Betriebe. Familienfreundlichkeit hält sie für einen möglichen Wettbewerbs- und Standortvorteil. Des  Weiteren soll der Ausbau Kinderbetreuung vorangetrieben werden, wofür 350 Mio. investiert werden. Schwerpunkte dabei seien unter anderem die Betreuung der 0-bis 3jährigen und die Sprachförderung.

Positive Reaktionen auf Prioritäten von Karmasin

Die Vorhaben der Ministerin wurden von den Bundesrätinnen und Bundesräten generell positiv aufgenommen. Die Erhöhung der Familienbeihilfe sei ein erster Schritt zu einem familienfreundlicheren Land, stellte Bundesrätin Angela Stöckl (V/N) fest. Notwendig sei ein Gesamtfamilienpaket, das die Familien dort unterstützt, wo sie es brauchen, das ihnen aber auch freie Entscheidungen lasse. Es gehe nicht nur um Familienpolitik, sondern in erster Linie auch um Kinderpolitik, sagte sie. Wie Inge Posch-Gruska (S/B) ist ihr auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein besonderes Anliegen. Posch-Gruska unterstützte den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und forderte besonders die Verantwortung der Wirtschaft ein, vor allem auch hinsichtlich des Papamonats. Es gehe darum, dass man sich wieder für Kinder entscheiden kann, meinte Efgani Dönmez (G/O), der sich ebenfalls erfreut über die Vorhaben der Familienministerin zeigte. Die Erhöhung der Familienbeihilfe ist für ihn aber nicht  großartig. Er sprach sich auch für steuerliche Erleichterungen für Familien und der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen aus.

Kritisch äußerte sich Monika Mühlwerth (F/W). Mit den kürzlich beschlossenen Steuererhöhungen habe man den Familien das Geld aus der Tasche gezogen und damit zahlten sich die Familien die Erhöhung der Beihilfe selbst, machte sie geltend. Die Erhöhung ist ihr zufolge zu gering, aber besser als gar nichts. Mühlwert vermisste vor allem eine Valorisierung der Familienbeihilfe und eine Anhebung des Kinderabsetzbetrags.  Kein Verständnis brachte sie dafür auf, dass 50 Mio. € für Kinder, die nicht in Österreich leben, deren Eltern aber in Österreich arbeiten, ausgegeben werden. Das rief Widerstand bei Efgani Dönmez (G/O) hervor, der betonte, alle Menschen die in Österreich arbeiten, zahlten sie in den FLAF-Topf ein und hätten damit auch Anspruch auf Leistungen.

Gerald Zelina (T/N) machte sich für die Bezahlung von Familienarbeit, vor allem durch Frauen stark. Frauen leisteten 80% der unentgeltlichen Betreuungstätigkeit, sagte er, das müsse von der Volkswirtschaft entlohnt werden. Frauen, die ein Nachbarkind betreuen, würden zu Tagesmüttern, wenn sie aber ihr eigenes Kind betreuen, seien sie nur Mutter und Hausfrau. Kinderbetreuung ist Arbeit, so Zelina. Er forderte daher ein Kinderselbstbetreuungsgeld in der Höhe von ca. 200 € pro Monat und dachte auch über ein Müttergehalt in Höhe der Mindestsicherung nach.

Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit ist wichtiges Anliegen

Im Mittelpunkt der Vorhaben der EU im Bereich Familie und Jugend bleibt der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, wobei besonderes Augenmerk auf die Umsetzung der Jugendgarantie durch die Mitgliedstaaten gelegt wird. Die Europäische Jugendgarantie sieht vor, dass alle unter 25-Jährigen innerhalb von vier Monaten nach Abschluss ihrer formalen Ausbildung oder nach einem Jobverlust ein gutes Angebot für eine Arbeits-, Ausbildungs- oder Praktikumsstelle bzw. für eine Weiterbildung erhalten sollen. Wesentlich ist der EU auch der bessere Zugang zu neuen Technologien, was mit der "Europäischen Strategie für ein besseres Internet für Kinder" unterstützt werden soll. Um die Mobilität Jugendlicher zu erhöhen, wurde das Programm ERASMUS erweitert. Dieses neue integrierte EU-Programm für die allgemeine und berufliche Bildung, Hochschulbildung sowie für Jugend und Sport (2014-2020) sieht drei Aktionsfelder vor: Lernangebote für Einzelpersonen innerhalb und außerhalb der EU; institutionelle Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen, Jugendorganisationen, Unternehmen, lokalen und regionalen Behörden sowie Nichtregierungsorganisationen zur Schaffung strategischer Partnerschaften und die Unterstützung von Reformen in den Mitgliedsstaaten, um Innovation, Unternehmergeist und Beschäftigungsfähigkeit zu fördern. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Die Rednerinnen und Redner hielten den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit für ein prioritäres Thema. Für Walter Temmel (V/B) stellt die Eingliederung junger Menschen in die Gesellschaft, auch wenn sie keine Arbeit haben, eine wichtige Herausforderung dar. Auch Günther Novak (S/K) begrüßte diesen Schwerpunkt der EU. Dem stimmte zwar auch Cornelia Michalke (F/V) zu, die Maßnahmen, die seitens der EU in die Wege geleitet werden, setzen für sie jedoch viel zu spät ein. Die dafür vorgesehenen 46 Mrd. € seien nichts gegen die 3,2 Billionen €, die in den letzten fünf Jahren zur Rettung der Banken ausgegeben wurden. Sie bezweifelte auch, ob die Jugendgarantie greift, denn diese müssten die Mitgliedstaaten mitfinanzieren. In vielen Staaten fehle aber Geld dafür, auch gebe es oft nicht genug Arbeitsplätze.

Temmel und Novak wiesen zudem auf Wichtigkeit des Breitbandinternetausbaus auch in ländlichen Regionen hin und begrüßten das Programm Erasmus+.

Efgani Dönmez (G/O) nahm die Diskussion zum Anlass, einen Appell zum Abbau noch bestehende Diskriminierungen gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren vor allem in Richtung der ÖVP zu richten. Kinder brauchen Sicherheit, Geborgenheit und Liebe, sagte er und wurde darin dezidiert von Bundesrätin Ana Blatnik (S/K) unterstützt. Beide kritisierten den hohen Anteil an Frauen in Teilzeitbeschäftigung und sprachen sich für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen aus, die ganztätig geöffnet und leistbar sind.

Besserer Zugang zum Unterhalt für verlassene Kinder

Einstimmig passierte das Plenum sodann das Auslandsunterhaltsgesetz, das auf die leichtere Durchsetzbarkeit von Unterhaltsansprüchen mit Auslandsbezug abzielt. Es gehe dabei um rund 400 verlassene Kinder, die in keinen guten Verhältnissen leben, betonte Christian Jachs (V/O). Mit diesem Gesetz werde diesen Kindern geholfen, ihre Ansprüche geltend machen zu können. Ingrid Winkler (S/N) hofft auf raschere Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen der Betroffenen und sprach sich für die Weiterentwicklung des Unterhaltsrechts aus. Dem schloss sich auch Efgani Dönmez (G/O) an und meinte, der Unterhalt sei in vielen Fällen zu gering. Sowohl Winkler als auch Dönmez machten sich für die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zu diesem Thema stark. Begrüßt wurde die Vorlage auch von Hermann Brückl (F/O), er nahm aber zu einigen technischen Details kritisch Stellung. Justizminister Wolfgang Brandstetter hob hervor, dass man damit mehr Klarheit und Rechtssicherheit schaffe und auch zur Rechtsbereinigung beitrage. (Fortsetzung Bundesrat) jan


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