Parlamentskorrespondenz Nr. 455 vom 20.05.2014

Rot-Weiß-Rot-Karte: Mikl-Leitner offen für Weiterentwicklung

Nationalrat debattiert über Ausweitung für BachelorabsolventInnen

Wien (PK) – Der Nationalrat beschäftigte sich heute auch mit dem Fremdenrecht. Anlass dazu gab das Verlangen der NEOS, eine Kurze Debatte über die Beantwortung der schriftlichen Anfrage von Abgeordnetem Niko Alm und Gerald Loacker zum Thema "Rot-Weiß-Rot-Karte – Karte plus" durch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner durchzuführen. Vor dem Hintergrund von Medienberichten, wonach die Rot-Weiß-Rot-Karte auch aufgrund von bürokratischen Hürden nicht die erwünschte Zahl an Fachkräften nach Österreich gebracht habe, wollten die NEOS darin Auskunft etwa über die Anzahl der gestellten, genehmigten und abgelehnten Anträge sowie die häufigsten Gründe für eine Ablehnung. Auch, welche Berufsgruppen bisher favorisiert wurden, lag im Interesse der Oppositionspartei. NEOS und Grüne kritisierten in der Debatte vor allem die Nichtberücksichtigung von BachelorstudentInnen aus Drittstaaten, eine zu lange Verfahrensdauer sowie zu hohe Einkommensgrenzen. FPÖ und das Team Stronach sprachen sich hingegen dafür aus, beim Schulsystem anzusetzen, um dem Fachkräftemangel in Zukunft zuallererst mit österreichischen ArbeitnehmerInnen zu begegnen. Innenministerin Mikl-Leitner bezeichnete die Rot-Weiß-Rot-Karte als Erfolgsmodell, räumte aber ein, dass sie offen für eine Diskussion über deren Ausweitung für ausländische BachelorabsolventInnen und die Senkung der Einkommensgrenze für StudienabsolventInnen sei.

Gerald Loacker (N) gab zu bedenken, dass von zehn Fragen in der parlamentarischen Anfrage nur eine von Seiten der Innenministerin beantwortet wurde. Die anderen seien "eiskalt" unbeantwortet geblieben. Die Anfragebeantwortung gebe Auskunft über bisherige Genehmigungen der "Rot-Weiß-Rot-Karte", für Angaben etwa über bisher gestellte Anträge oder favorisierte Berufsgruppen werden keine entsprechenden Statistiken geführt, erläuterte der Abgeordnete aus dem Antwortschreiben. Laocker interpretierte dieses als aktiv kommunizierte Geringschätzung des Parlaments. Auch zeige Mikl-Leitner mit der Nichterhebung von entsprechenden Informationen, dass ihr die Rot-Weiß-Rot-Karte egal sei, meinte er. An sich äußerte sich Loacker gegenüber dem kriteriengeleiteten Zuwanderungssystem positiv, Kritik kam jedoch gegenüber den zu hohen Einkommensgrenzen, der Verfahrensdauer von 15 Wochen sowie dem Umstand, dass weniger als jeder fünfte Studierende aus einem Drittstaat in Österreich bleiben wolle. Loacker forderte demgemäß eine Überarbeitung des Modells und mahnte mehr qualifizierte Zuwanderung in Österreich ein.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner verteidigte die Rot-Weiß-Rot-Karte als Meilenstein in der österreichischen Zuwanderungspolitik. Man habe damit eine qualifizierte Zuwanderung geschaffen, meinte sie. Es sei wichtig zu sehen, dass das kriteriengeleitete Zuwanderungssystem dem Bedarf viel besser gerecht werde als das Vorgängermodell. Eine klare Sprache würden die Zahlen sprechen, meinte die Ministerin und berichtete, dass sich die Zahl der zugewanderten Schlüsselkräfte seit dem Jahr 2010 verdoppelt hätten. Man sei auf einem guten Weg, meinte Mikl-Leitner und verwies auf Verbesserungen in den Vorjahren, welche die Verfahren beschleunigt so wie auch vereinfacht hätten. Offen sei sie für eine Diskussion, was die Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Karte für ausländische BachelorabsolventInnen und die Senkung der Einkommensgrenze für StudienabsolventInnen betrifft. Die Ministerin verwies hier auf das Regierungsprogramm, in dem eine Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot-Karte unter Einbindung des Sozialministeriums und der Sozialpartner vereinbart wurde. Gegenüber der Kritik von Abgeordnetem Loacker bezüglich der Anfragenbeantwortung verwies sie auf die geteilte Zuständigkeit in dieser Materie. "Alle Daten und Fakten, die dem Innenministerium zur Verfügung stehen, haben sie erhalten", versicherte Mikl-Leitner. Denn sie lege Wert darauf, Transparenz auch zu leben, sagte sie.

Otto Pendl (S) machte einen Sprung in die Vergangenheit und erläuterte den Gesetzwerdungsprozess der Rot-Weiß-Rot-Karte. Schon damals sei klar gewesen, dass es sich hierbei um ein Erfolgskonzept handelt, meinte der Abgeordnete. Auch Pendl machte darauf aufmerksam, dass man die Weiterentwicklung dieser "Erfolgsstory" im Regierungsprogramm festgehalten habe. Dies sei als Willenserklärung der Regierung zu deuten. Nun bedürfe es nur der Umsetzung. Auf jeden Fall sei die Rot-Weiß-Rot-Karte im Interesse der österreichischen Wirtschaft, der Zuwanderer, deren Familienangehörigen aber auch im Interesse der Menschlichkeit. Pendl meinte gegenüber der Kritik der NEOS außerdem, dass es sich bei der Rot-Weiß-Rot-Karte um eine Querschnittskompetenz handle.

"Österreich war schon immer ein Zuwanderungsland, dazu bekennen wir uns auch", meinte Brigitte Jank (V). Die Gesellschaft sei zudem im Wandel, was wiederum Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt habe. Heute stelle man die Notwendigkeit fest, qualifizierte Kräfte nach Österreich zu holen, sagte sie und bezeichnete die Rot-Weiß-Rot-Karte als wichtigen Schritt, um qualifizierte Zuwanderung zu regeln. Ein Anliegen sei, die Rot-Weiß-Rot-Karte auch für ausländische BachelorabsolventInnen zu öffnen. Es sei aus ihrer Sicht notwendig, jungen Menschen diese Möglichkeit zu geben, sagte sie. Auch die Überprüfung der Einkommensgrenzen sollten einer Diskussion unterzogen werden, so Jank.

"Wir verdrängen damit die ÖsterreicherInnen vom Arbeitsmarkt" räumte Walter Rosenkranz von Seiten der Freiheitlichen ein und interpretierte die Rot-Weiß-Rot-Karte als "Zuwanderungsfreibrief". Dementsprechend ablehnend reagierte der Mandatar auch auf die Idee, diese für BachelorabsolventInnen auszuweiten. In Sachen Verfahrensdauer sprach sich der Abgeordnete vehement dafür aus, ausländische Dokumente auf ihre Echtheit zu überprüfen sowie im Vorhinein genau zu eruieren, ob in einer betreffenden Sparte qualifizierte österreichische Kräfte zur Verfügung stehen. Die Lösung sah Rosenkranz in einer vernünftigen Familien- und Ausbildungspolitik, um Arbeitsplätze in Zukunft mit vorzugweise österreichischen hochqualifizierten Arbeitskräften zu besetzen. Erst dann sollte geprüft werden, wen man vom Ausland brauche, meinte er. Es sei kein Geheimnis, dass Österreich einen Fachkräftemangel hat, meinte Christoph Hagen (T) und sprach sich dafür aus, diesem für eine gut funktionierenden Wirtschaft entgegenzutreten. Auch er argumentierte wie Rosenkranz, im Vorhinein beim Schulsystem anzusetzen. Wenn man den Fachkräftemangel mit dem Eigenpersonal nicht abdecken könne, müsse man schließlich über die Grenzen blicken und das Land attraktiv gestalten, sagte er. Das Team Stronach stehe für eine kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften ein, unterstrich Hagen. In der Frage der BachelorabsolventInnen müsse darauf geachtet werden, ob das Potential nicht auch bei österreichischen StudienabgängerInnen bestehe.

Alev Korun (G) bemängelte wie NEOS-Abgeordneter Loacker die Anfragebeantwortung der Ministerin. Vor drei Jahren habe SPÖ und ÖVP dieses sogenannte Erfolgsmodell als große Wende bejubelt, heute gebe Mikl-Leitner durch das Fehlen entsprechender Statistiken offen zu, dass sie die Rot-Weiß-Rot-Karte im Grunde nicht interessiere, sagte Korun. Die Mandatarin meinte zudem, dass es nie Anliegen der Innenministerin gewesen sei, qualifizierte Menschen nach Österreich zu bringen. Das ist eine Bankrotterklärung, sagte Korun. "Wenn sie von einem Erfolg sprechen, halte ich das doch für sehr zynisch", sagte Nikolaus Scherak (N) in Richtung Innenministerin Mikl-Leitner. Das ursprüngliche Ziel von 8000 erteilten Anträgen sei weit verfehlt worden, meinte er. Man könne mit fehlenden Statistiken überdies keine Evaluierung durchführen, machte der Mandatar aufmerksam und ortete das Problem beim Unwillen der SPÖ, das Konzept zu überarbeiten. Die Regelungen im Gesetzestext seien unlogisch, menschlich absurd und volkswirtschaftlich vollkommen blödsinnig, sagte Scherak und kritisierte vor allem die Nichtberücksichtigung von ausländischen BachelorabsolventInnen sowie einzuhaltende Einkommensgrenzen bei der Antragsstellung. (Fortsetzung Nationalrat) keg