Parlamentskorrespondenz Nr. 668 vom 08.07.2014

Hypo-Sondergesetz passiert Nationalrat mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit

Opposition für Insolvenzverfahren und Hypo-Untersuchungsausschuss

Wien (PK) – Das Sondergesetz zum Abbau der maroden Hypo Alpe Adria, das der Nationalrat heute mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP in namentlicher Abstimmung bei 172 abgegebenen Stimmen mit 96 Ja gegen 76 Nein-Stimmen beschloss, sieht die Einrichtung einer Abbaugesellschaft vor, die das Vermögen der 2009 verstaatlichten Bank unter Schonung der SteuerzahlerInnen optimal verwertet. Bevor die Hypo ihre Bankgeschäfte definitiv beenden und ihre Arbeit voraussichtlich im kommenden November als deregulierte Abbaueinheit ohne Bankkonzession fortsetzen soll, wird die Finanzmarktaufsicht auf Basis einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001 eine Kostenbeteiligung für Nachranggläubiger und ehemalige Gesellschafter anordnen. Der Schuldenschnitt sei angesichts von 5,55 Mrd. € an Staatszuschüssen für die Hypo seit 2009 gerechtfertigt, argumentiert die Regierung: Nachranggläubiger hätten um das Gebot der Sparsamkeit beim Einsatz öffentlicher Mittel gewusst und damit das Risiko ihres Engagements gekannt. Überdies entspreche die Beteiligung nachrangiger Gläubiger der Europäischen Entwicklung bei der Abwicklung illiquider Banken. Ein ÖVP-SPÖ-Abänderungsantrag mit technischen Korrekturen verlängert den zulässigen Zeitraum für die Erbringung von Übergangsdienstleistungen durch die Abbaueinheit auf marktübliche zwei Jahre. Entschließungsanträge der Grünen für ein Insolvenzrecht für Bundesländer und der Freiheitlichen auf Einrichtung eines Staatssekretariats für Verwaltungsreform blieben in der Minderheit und wurden abgelehnt.

Vor einem Insolvenzverfahren, wie es Oppositionsabgeordnete in der Debatte forderten, warnten Finanzminister Michael Spindeleger und Sprecher der Koalitionsparteien und zitierten dazu ausführlich Experten, allen voran Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny. Mit einer Insolvenz der Hypo würden die Landeshaftungen sofort schlagend und Kärnten insolvent. Außerdem würde der Konkurs einer mit Landeshaftungen besicherten staatlichen Bank einen Vertrauensverlust auf den Finanzmärkten nach sich ziehen. Das würde die Finanzierung der Republik verteuern sowie die Reputation österreichischer Banken und den Wirtschaftsstandort insgesamt beeinträchtigen.

Das Hypo-Sondergesetz soll noch in diesem Sommer in Kraft treten. Es umfasst vier neue Gesetze und begleitende Rechtsanpassungen. Da die Hypo-Abbaueinheit trotz Schuldenschnitt und frei werdender Eigenmittel durch die geplante bankrechtliche Deregulierung weitere öffentliche Mittel benötigt, wird der Finanzierungsrahmen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes von 15 Mrd. € auf 22 Mrd. € erhöht. Bei der Verwaltung der Anteile an der Hypoabbaueinheit und an der ebenfalls zu verwertenden italienischen Hypo Alpe-Adria-Bank mit Sitz in Udine stellte der Finanzminister eine sparsame Vorgangsweise und Personalunionen in Aussicht. Beim geplanten Verkauf der Balkan-Töchter wird mit sieben potentiellen Käufern bereits verhandelt, eine Entscheidung könnte in den nächsten Wochen fallen, erfuhren die Abgeordneten vom Finanzminister.

Strache: Schuldenschnitt kommt zu spät und fällt zu gering aus

Mit der Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria "ohne Not" im Jahr 2009 befasste sich einmal mehr Abgeordneter Heinz-Christian Strache (F) eingangs der Debatte. Aktuelle Medienberichte erhärteten kriminelle Machenschaften und zeigten einmal mehr, dass die Bayerische Landesbank die Verstaatlichung der Hypo bewusst herbeigeführt und Österreich abgezockt habe. "Warum Verstaatlichung, wenn keine Insolvenz drohte?", fragte Strache und verlangte, diesen Kriminalfall aufzuklären. Der immense Schaden sei nicht vor der Verstaatlichung eingetreten, sondern erst mit der Verstaatlichung ohne Not entstanden, bei der Strache es als absurd bezeichnete, den Bayern ein Mitspracherecht hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise bei der Hypo einzuräumen. Mit der Abbaugesellschaft wolle die Regierung nun dafür sorgen, dass ihre Leichen im Keller bleiben. "Finanzminister Pröll und Staatssekretär Schieder haben den Bayern 4,5 Mrd. € geschenkt". Diese bittere Wahrheit wollten SPÖ und ÖVP nicht eingestehen. Deshalb haben diese Parteien bereits 23 Mal gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gestimmt. Zu klären sei die politische Verantwortung für die nicht notwendige Zwangsverstaatlichung, die Untätigkeit in den Jahren danach und der Verzicht auf eine geordnete Insolvenz, die es erlauben würde, den Schaden für den Steuerzahler zu vermindern.

Rückabwicklung der Verstaatlichung und Rückzahlung von 4,8 Mrd. € durch die Bayern LB lautet einer der Vorschläge Straches, der die vorgeschlagene Gläubigerbeteiligung von 800 Mio. € angesichts von Gesamtverbindlichkeiten über 19 Mrd. € als lächerlich bezeichnet. "Der Haircut kommt zu spät und fällt zu gering aus. So wird der Steuerzahler zur Melkkuh der Nation". Über eine geordnete Insolvenz hinaus, bei der alle Interessen und Verbindungen rund um die Hypo offengelegt würden und die Gläubiger mehrheitlich zum Handkuss kommen, verlangte Strache eine Bankenkonkursordnung und ein Trennbankensystem.

Lopatka: Entlastung des Steuerzahlers beträgt insgesamt 2,2 Mrd. € 

                           

Zu der von seinem Vorredner aufgeworfenen Frage der politischen Verantwortung erinnerte Abgeordneter Reinhold Lopatka (V) Strache an eigene Aussagen aus dem Jahr 2006, in der er die Verantwortung Jörg Haiders für die Hypo Alpe Adria betont hatte. Das Debakel hat seinen Ausgang beim Kärntner Landeshauptmann Haider genommen, der die Landeshaftungen seit 1990 sukzessive erhöht hat. Auch sei Jörg Haider der besonderen Sorgfaltspflicht wegen der Kärntner Landeshaftungen für die Bank nicht nachgekommen. "Haftungen von mehr als 20 Mrd. € zwangen uns 2009 zur Verstaatlichung, die Bayern hatten wegen der Kärntner Landeshaftungen leichtes Spiel", sagte Lopatka. Das gehe auch aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses in Kärnten hervor, erinnerte Lopatka. "Strache verwechselt ständig den Brandstifter mit der Feuerwehr", formulierte Lopatka.

Spindeleggers rascher Schritt sei hingegen mutig und richtig. Mit der Einbindung der Nachranggläubiger gehe Österreich nach dem Standard vor, der in Europa ab 2016 gelten wird. Wir wollen nicht, dass alle Kosten beim Steuerzahler bleiben. Auch die Bayern leisten ihren Beitrag. Dieses Gesetz stärke die Verhandlungsposition Österreichs gegenüber Bayern. "Wir werden den Bayern nichts schenken und wir können auch den Kärntnern nichts schenken", hielt der ÖVP-Klubobmann fest: "Auch Kärnten wird einen Beitrag von 500 Mio. € leisten müssen". Dazu komme der Beitrag der Nachranggläubiger, sodass der Steuerzahler insgesamt um 2,2 Mrd. € entlastet werde.

Kogler: Wo war die Finanzmarktaufsicht?

"Finanzminister Spindelegger will die SteuerzahlerInnen schützen", räumte Abgeordneter Werner Kogler (G) ein. Es geht um Schutz der Steuerzahler versus Schutz von Investoren, Banken, Versicherungen. Dass der Finanzminister die Schulden bei einem ganz kleinen Teil der Gläubiger radikal schneidet, sei gewagt, aber nicht a priori schlecht. "Mit dieser Energie unterscheide sich Spindelegger von seinen Vorgängern", lobte Kogler. Das größte Finanzverbrechen in der Geschichte der Republik werde zu einem Gesamtschaden von mehr als 12 Mrd. € führen, 6 Mrd. € davon seien schon weg. Schon bisher habe jede österreichische Familie 2.000 € bezahlt. Eine weitere Tranche in dieser Höhe drohe. Geld, das die Politik den Gläubigern hinterherwerfe, die die "Balkanmafia" finanziert hätten.

"Wo war die Finanzmarktaufsicht?" fragte Kogler weiter. Die "Finanzfeuerwehr" fuhr nicht aus, als es brannte, kritisierte er und sah darin eines der Hauptprobleme, das aufgeklärt werden müsse. Der Kärntner Untersuchungsausschuss habe keinen einzigen Akt von den Bundesbehörden bekommen, erinnerte Kogler. Der Bund habe Geld in eine "Mafiakiste" geschoben, von der jeder wusste, dass das keine seriöse Bank mehr war. Daher seien Investoren und Gläubiger, die das wussten, nicht zu pardonieren.

Um den Steuerzahler maximal zu schonen, schlug Kogler eine geordnete Insolvenz samt Gläubigerbeteiligung vor. Dass dieser Weg möglich sei, habe das Expertenhearing im Finanzausschuss ergeben. Das Sondergesetz sei hingegen die fast teuerste Lösung für den Steuerzahler. Daher sei die Insolvenz der richtigere Weg. Jeder Investor musste wissen, dass die Kärntner Haftungen "Lufthaftungen" waren, da sie zehn Mal so hoch waren wie das Landesbudget. Auch bei einer Insolvenz sei es möglich, notwendige Leistungen des Landes aufrecht zu erhalten. Diesen Weg sei man bei illiquiden Gemeinden bereits mit Erfolg gegangen. Anknüpfend an EU-Recht könnte man die Bank ein Jahr lang unter Geschäftsaufsicht stellen und in Verhandlungen mit den Gläubigern eintreten. Die Investoren würden lieber 60 bis 70 % ihrer Forderungen bekommen, statt viele Jahre prozessieren zu müssen. Obwohl die Regierung diesen Weg erwogen habe, verweigere sie ihn nun, obwohl er wirtschaftlich vernünftig wäre. Die Verantwortung dafür schob Kogler Gruppen in der ÖVP und der SPÖ zu. Der Finanzminister gehe bei einem kleinen Teil der Gläubiger die Risiken einer gesetzlichen Enteignung ein, statt auf das bestehende Insolvenzinstrumentarium zurückzugreifen. Eine Insolvenz wäre gerechter, wirtschaftlich vernünftiger und würde diejenigen treffen, die das Hypo-Desaster zu verantworten haben.

Krainer begrüßt die Einrichtung einer Bad Bank für die Hypo  

"Die politische Verantwortung für das Hypodesaster liegt bei der FPÖ", sagte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S). Die vorliegende Bad Bank-Lösung sei das beste Modell, auf das auch Werner Kogler jahrelang gedrängt habe. Heute sage Werner Kogler das Gegenteil und stehe damit in Opposition zu sich selbst. Die Abwicklungslösung erlaube es, die Tochtergesellschaften rasch und zu einem guten Preis zu verkaufen, die Aktiva der Bank optimal und im Sinne der Steuerzahler zu verwerten. Die Bayern werden mit 800 Mio. € zur Kasse gebeten, eine Summe, die im besten Fall auf bis zu 6 Mrd. € wachsen könnte, wenn sich die Vorwürfe gegen die Bayrische Landesbank bestätigten. In der Frage der Nachranggläubiger unterstützte Krainer die politische Intention, den Steuerzahler zu schützen, wobei aber unklar sei, ob diese Lösung halte. Es sollen möglichst viele Gläubiger beteiligt werden, ohne die Reputation Österreichs auf Spiel zu setzen. Die SPÖ begrüße die Einrichtung dieser Bad Bank.

Nachbaur: Das Hypo-Sondergesetz wird rechtlich nicht halten

Es werde rechtlich nicht halten, manche Gläubiger willkürlich an den Kosten der Abwicklung zu beteiligen und andere nicht, sagte Abgeordnete Kathrin Nachbaur (T) und kritisierte die Garantie, die die Bayern bei der Verstaatlichung der Hypo von der Republik bekommen haben. "Wie kann man so verhandeln", fragten sich nun die Österreichischen Steuerzahler. Die Rednerin wies auch auf neue Medienberichte über die Umstände der Notverstaatlichung hin und verlangte einmal mehr die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. 

Auch der Kärntner Zukunftsfonds müsse zur Schadensminderung beitragen. Im Gesetz fehle aber eine solche Bestimmung, kritisierte Nachbaur. Wie konnte es geschehen, dass ein Bundesland Provisionen für Haftungen bekommt, die es nie tragen konnte. Es sei hoch an der Zeit, diese Machenschaften aufzudecken. Man sollte aus dem Hypo-Alpe-Adria-Alptraum lernen und ein Bankeninsolvenzrecht und ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften schaffen. Keine Bank dürfe künftig so groß werden, dass Staat und SteuerzahlerInnen für sie erpressbar werden. "Too big to fail" dürfe auch in Österreich nicht länger gelten. Die diesbezüglichen Anträge der Opposition sollte die Regierung nicht automatisch ablehnen. Damit schade sie auch dem österreichischen Parlamentarismus. Die Befürchtung der Team Stronach-Klubobfrau lautete, die Regierung werde auf das Hypo-Desaster und dessen Kosten reagieren wie immer - mit der Erhöhung von Steuern.

Schuldenschnitt für mündelsichere Anleihen - eine einmalige Aktion 

Eine Insolvenz der Hypo hätte, so Abgeordneter Andreas Zakostelsky (V), eine Insolvenz des Landes Kärnten mit unabsehbaren Folgen nach sich gezogen. Beim Abbau der Hypo-Alpe-Adria sollen die Aktiva zu möglichst guten Preisen verkauft und damit die Staatsschulden sukzessive verringert werden. Die Bayern verlieren durch den Schuldenschnitt bei den Gesellschafterdarlehen 800 Mio. €, was die Last der Steuerzahler reduziere. Die Nachranggläubiger verlieren 890 Mio. €, darunter 10% mündelsichere Anleihen, was Zakostelsky als einen "Schönheitsfehler" bezeichnete. Das könne kritische Folgen für den Finanzplatz haben, befürchtete der Abgeordnete. Die Schonung der Steuerzahler führe zu einer gewissen Irritation der Finanzmärkte. Man sollte international darüber informieren, dass diese Vorgangsweise eine einmalige Sondermaßnahme darstelle. Außerdem sei die Beteiligung Kärntens sicherzustellen, wobei Zakostelsky auf die Durchsetzungskraft des Bundeskanzlers hoffte.

In einer Tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordnete Maria Fekter (V) gegenüber Abgeordneter Nachbaur (T) fest, dass das Eigenkapitalersatzgesetz bei der Hypo im Jahr 2012 angewendet worden sei und zu einer Rückzahlungssperre gegenüber Bayern geführt habe.

Kärntner Landeshaftungen ungültig?

Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist laut Abgeordneter Rainer Hable (N) der richtige Ort, um alle Schuldzuweisungen in der Debatte um die Hypo-Alpe-Adria zu klären. Der konstruktive Beitrag seiner Fraktion bestehe in einer Insolvenzrechnung. Außerdem sollte man sich genauer mit den Landeshaftungen befassen, regte Hable mit Hinweis auf jüngste Expertenmeinungen an. Diese Haftungen begründeten die Notverstaatlichung, lieferten Argumente gegen eine Insolvenz und seien auch das Fundament für die Abbaugesellschaft. Bei genauer Betrachtung habe die EU 2002 solche Haftungen für Banken aber für unzulässig erklärt, weil sie gegen das EU-Beihilfenrecht verstoßen. Die Kärntner Landeshaftungen seien daher ungültig. Kein Gläubiger könne sich auf diese Haftungen berufen. Dieser Meinung seien zahlreiche Rechtsexperten, sagte Hable. Damit falle die Rechtfertigung für die Notverstaatlichung, jene gegen die Insolvenz und das vorgelegte Sondergesetz breche in sich zusammen. Die Bundesregierung habe eine Fehlentscheidung getroffen, die den Steuerzahler mindestens 11 Mrd. €, wahrscheinlich sogar 15 Mrd. € kosten werde. Einer Insolvenz und einer Entlastung der SteuerzahlerInnen steht laut Rainer Hable nichts mehr im Wege.

Spindelegger verteidigt sein Modell für den Abbau der Hypo

Finanzminister Michael Spindelegger erläuterte die geplante Zerteilung der Hypo-Alpe-Adria. Das Balkannetzwerk der Hypo befinde sich derzeit im Verkaufsprozess, der mit sieben Anbietern geführt werde. Er erwarte eine Entscheidung in den nächsten Wochen. Zweitens werde eine Abbaueinheit eingerichtet, die keine Bank mehr ist und ihre Assets bestmöglich verwertet.

Eine geordnete Insolvenz hätte tatsächlich eine Möglichkeit dargestellt, räumte der Minister ein. Das hätte aber 10 Mrd. € an Kärntner Haftungen schlagend werden lassen. Die Insolvenz eines Bundeslandes dürfe man nicht kleinreden. Das hätte unabsehbare Folgen für die Menschen. Die FPÖ, die jahrelang Kärnten als "Land an der Sonne" führte, will dieses Bundesland nun in Konkurs gehen lassen – das ist Kindesweglegung, sagte Michael Spindelegger. "Das haben sich die Menschen in Kärnten nicht verdient".

Mit dem Gutachten zum Thema Gültigkeit von Landeshaftungen werde er sich gerne auseinandersetzen, sagte der Finanzminister, wies aber die Behauptung zurück, das vorliegende Sondergesetz breche damit "wie ein Kartenhaus" zusammen. Die offenen Fragen mit der Bayerischen Landesbank wolle er in Verhandlungen klären, sagte Spindelegger. Gelinge dies nicht, werde der Rechtsweg beschritten. Mit diesem Gesetz werden jedenfalls 800 Mio. € als Eigenkapital festgestellt – gut begründet, weil ein Eigentümer nicht behaupten könne, nichts von Schwierigkeiten gewusst zu haben, wenn er bereits staatliches Partizipationskapital beansprucht habe. Eine Anstaltslösung habe sich laut Spindelegger als zu teuer erwiesen.

Das Sondergesetz biete drei Vorteile: Es erspare den Steuerzahlern 1,69 Mrd. € und vermeide eine Insolvenz Kärntens. Zugleich bleiben die Zinsen für die Republik Österreich auf dem historisch niedrigen Niveau von 1,55%. Die Kapitalmärkte beurteilen die Österreichische Finanzpolitik positiv. Diesem Gesetz müssen alle zustimmen, die etwas für die SteuerzahlerInnen übrig haben, schloss der Finanzminister.

Die Vermeidung einer Insolvenz für das Bundesland Kärnten begrüßte Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) und erinnerte die FPÖ daran, dass die Provisionen für die Landeshaftungen in die Handkasse Jörg Haiders geflossen seien. Was die Freiheitlichen in Kärnten hinterlassen hätten, müsse nun von einer anderen Regierung in Ordnung gebracht werden.

Insolvenz würde Untersuchungsausschuss ersparen

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) warf der ÖVP Hypo-Amnesie und Verdrängung ihrer Verantwortung in den Jahren 2006 bis 2014 vor. Die FPÖ habe sich immer zu den Fehlern Jörg Haiders bekannt, die Regierungsparteien lehnten es aber ab, die politische Verantwortung für die Entscheidungen der Jahre 2006 bis 2014 zu klären. Auch für Podgorschek ist eine Insolvenz der Hypo-Alpe-Adria der richtige Weg der Abwicklung. Vor Gericht würde alles aufgearbeitet und die Wahrheit trete ans Tageslicht. Damit könnte man sich eventuell einen Untersuchungsausschuss ersparen. Mit dem Sondergesetz aber sei der Untersuchungsausschuss unverzichtbar.

Die Kärntner Landeshaftungen seien zwar von allen Landtagsparteien beschlossen worden, die Freiheitlichen aber wollten - knapp nachdem sie dort abgewählt wurden - Kärnten in Insolvenz schicken, stellte Abgeordneter Jakob Auer (V) fest. Der enorme Schaden werfe Fragen nach der Verantwortung in der Bank auf, aber auch nach der politischen Verantwortung und nach der Verantwortung der Aufsicht und nach den Regelwerken. Bei den Kärntner Landeshaftungen habe man zugeschaut. Wo waren der Rechnungshof und die Kärntner Aufsicht, fragte Auer. Die FMA habe sich im Falle Kulterers durchgesetzt, den Haider dann zum Chef des Aufsichtsrats machte. Auer erinnerte, dass Banken Kredite an Staaten nicht mit Eigenkapital unterlegen müssen, Kredite – auch an bestbeurteilte Unternehmen aber schon. Darüber und über die Regelwerke Basel II und Basel III wäre nachzudenken, sagte Auer. Die Schritte von Finanzminister Spindelegger sind richtig, schloss Auer.

Rossmann beantragt Insolvenzrecht für Bundesländer

Die Aussage, die Grünen hätten in Kärnten Landeshaftungen mitbeschlossen, wies Abgeordneter Bruno Rossmann (G) zurück. Der Task-Force warf Rossmann vor, die Insolvenzlösung nie ausreichend geprüft zu haben. Stattdessen habe man Totschlagsargumente kreiert - über Refinanzierungsprobleme des Staates, über eine Destabilisierung des Bankenstandorts und sofort schlagend werdende Kärntner Landeshaftungen. Das vorliegende Gesetz minimiere die Kosten für die Steuerzahler nicht, sagte Rossmann. Wer an die SteuerzahlerInnen denke, würde ein Gesetz vorlegen, das alle Gläubiger an den Kosten beteilige. Weder die Task-Force noch das Finanzministerium habe Optionen für die Abwicklung der Hypo risikoorientiert geprüft. Eine Risikobewertung fehle auch beim vorliegenden Sondergesetz. Das richtige Instrument wäre das Bankwesengesetz und eine Geschäftsaufsicht gewesen, wie dies Experten im Finanzausschuss dargelegt hatten. Für diese Lösung sei es noch nicht zu spät, wenn der Finanzminister die SteuerzahlerInnen wirklich schonen wolle. Ein Insolvenzrecht für Bundesländer hätte schon vor Jahren geschaffen werden sollen, sagte Rossmann und legte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor.

Abgeordneter Andreas Hanger (V) erläuterte den vorliegenden Gesetzentwurf und begrüßte insbesondere die Beteiligung der Alteigentümer und Nachranggläubiger an den Kosten der Hypo-Abwicklung. Dieser Gesetzesbeschluss wird die Verhandlungsposition gegenüber den Bayern verbessern und es der Bank erleichtern, ihre Assets bestmöglich zu verwerten. Hanger wies auf das Rechtsgutachten von Professor Bernhard Raschauer hin, der Eingriffe ins Eigentumsrecht für zulässig hält, wenn die Eingriffe in wesentlichem öffentlichen Interesse erfolgen. Wichtig sei auch die Beteiligung des Bundeslandes Kärnten. Der Steuerzahler werde um 1,7 Mrd. € entlastet.

Abgeordneter Robert Lugar (T) ging auf die Erhöhung des Ausgabenrahmens im Finanzmarktstabilitätsgesetz ein und machte darauf aufmerksam, dass dieser um 7 Mrd. € auf 22 Mrd. € erhöht wird. Dieser Höchstbetrag ermögliche es, bestimmte Gläubiger zu schützen und andere zur Kasse zu bitten. Die Frage, wer geschützt werden soll, sei interessant. Da im Konkursfall Raiffeisen 1 Mrd. € zahlen müsse, sei man auch bereit, dem Steuerzahler 22 Mrd. € umzuhängen. Auch die Hypos, die in ihrem Haftungsverbund Haftungen eingegangen seien, würden bei der Kostenbeteiligung außen vorgelassen. Mit dem vorliegenden Gesetz werden einzelne Gläubiger in einer rechtlich unhaltbaren Weise herangezogen, andere geschont und in erster Linie der Steuerzahler belastet. "Maximale Verluste für den Steuerzahler, maximale Schonung für wenige", schloss Lugar.

Strolz: Ein falsches Gesetz

Auch Abgeordneter Matthias Strolz (N) blickte zurück auf die "Notverstaatlichung ohne Not", auf die 7,7 Mrd. € an staatlichen Beihilfen, von denen 5,5 Mrd. € bereits verbrannt wurden. Dass der Finanzminister das Problem anpacke, sei gut, nachdem man jahrelang den Kopf in den Sand gesteckt habe. Vor den Wahlen haben die Regierungsparteien die Wähler getäuscht, weil sie wussten, dass sie die Wahlen verlieren, wenn sie die Hypo-Zahlen auf den Tisch legen. Die NEOS stimmen dem Sondergesetz nicht zu, weil die Lösung ökonomisch falsch sei, die SteuerzahlerInnen belaste und bis zu 18 Mrd. € kosten könnte. Das Gesetz sei auch rechtlich falsch, weil es manchen Gläubigern zumute, nichts zu bekommen, während anderen alles gesichert werde. Auch sei das Gesetz politisch falsch, weil 70% der ÖsterreicherInnen für eine Insolvenz seien. Das Gesetz ist moralisch nicht in Ordnung und es beruhe auf falschen Entscheidungsgrundlangen, weil die Landeshaftungen - das Hauptargument für das vorliegende Gesetz - nicht schlagend werden würden.

Für eine sachliche Auseinandersetzung mit der Causa Hypo-Alpe-Adria plädierte Abgeordneter Gernot Darmann (F). Die Protokolle des Kärntner Landtags zeigten, dass die Idee, Landeshaftungen für die Hypo zu übernehmen, Anfang der 1990er Jahre ursprünglich von einem SPÖ-Landesrat kam. Die Expansion der Bank nach Ost- und Südost-Europa wurde auch von der ÖVP vorangetrieben und die Ausweitung der Haftungen wurde von allen Fraktionen im Landtag beschlossen. Die Bayern haben dann eine noch größere Expansionswelle eingeleitet, diese Periode in der Entwicklung der Bank müsse in einem Untersuchungsausschuss speziell aufgearbeitet werden. Mit der Verstaatlichung der Hypo sei den Steuerzahlern eine deutsche Bank umgehängt worden. Aufzuklären und aufzuarbeiten seien auch die Gründe für die jahrelange "Tiefschlafphase" der Bundesregierung, in der der Schaden um 1 Mrd. € zugenommen habe. Auch die Untätigkeit der Kontrollbehörden des Bundes müsse Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses sein. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion verlangte Abgeordneter Darmann die Einsparung von Staatssekretärin Sonja Steßl zugunsten eines Staatssekretariats zur Verwaltungsreform.

Abgeordneter Andreas Schieder (S) stellte in einer Tatsächlichen Berichtigung fest, dass Staatssekretärin Stessl im Finanzministerium klare Aufgaben hätte. Sie sei mit Besoldungs- und Dienstrecht, Glückspiel, Doppelbesteuerungsabkommen und legistischen Aufgaben betraut und überdies mit allen Fragen der Budgetpolitik befasst.

Die Glaubwürdigkeit des Staates

Abgeordneter Georg Vetter (T) erinnerte daran, dass auch er eine Insolvenz der Hypo präferiert habe und kritisierte das vorliegende Gesetz als sprachlich mangelhaft und inhaltlich fehlerhaft. Auch komme es zur falschen Zeit. Die abzuwickelnde Bank sei nicht korrekt bezeichnet, man rede von einer Beteiligung der Gläubiger, obwohl diese zu 100% enteignet werden und auch die Bestimmungen über Unvereinbarkeiten bei den Geschäftsführern seien verfehlt. Der Haftungsentfall komme sicher vor den Verfassungsgerichtshof, wobei zu fragen sei, was das Wort anderer Bundesländer noch gelten solle, wenn das Wort Kärntens nichts mehr gelte. Der Redner befürchtete entsprechende Reaktionen der Finanzmärkte. Falsch sei es auch, die Haftungen Kärntens zu streichen und hinterher mit Kärnten über einen Kostenbeitrag von 500 Mio. € zu verhandeln. "Dieses Gesetz ist das Ende der Glaubwürdigkeit des Staates", so Vetter.

Dieses Gesetz bringe die Nachteile, aber nicht die Vorteile einer Insolvenz, sagte Abgeordneter Hubert Fuchs (F). Die Kostenbeteiligung bringe nur 800 Mio. €, der Reputationsverlust der Republik sei aber maximal. Weder FMA, Nationalbank noch das Finanzressort hätten jemals Bedenken geäußert, wenn ein Bundesland Haftungen von mehr als 20 Mrd. € übernommen habe. Aber Anleihenehmer hätten Bedenken haben sollen, liest man jetzt in den Erläuterungen des Gesetzes. Hingegen bestünden Bedenken gegen dieses Gesetz, sagte der Redner und nannte Spindeleggers Amtsvorgängerin Fekter, den Bundespräsidenten und namhafte Experten. Eine Insolvenz der Hypo wäre die bessere Lösung gewesen, schloss Fuchs.

Keine Hypo-Lösung ohne Berücksichtigung Kärntens

Einen Abänderungsantrag mit technischen Änderungen legte Abgeordneter Christoph Matznetter (S) vor. Er sieht unter anderem die Verlängerung des zulässigen Zeitraums für die Erbringung von Übergangsdienstleistungen der Abbaueinheit auf marktübliche zwei Jahre vor. Die NEOS würden eine Insolvenz Kärntens verlangen, sagte Matznetter. Würden die Kärntner Landeshaftungen aus EU-rechtlichen Gründen tatsächlich nicht gelten, wie Abgeordneter Hable fälschlicherweise behauptet habe, gebe es immer noch die Amtshaftung jener, die die Haftungen gegenüber den Gläubigern übernommen haben. Es gebe keine Lösung des Falles Hypo, der Kärnten unberücksichtigt lässt, hielt Matznetter fest. Den Vorschlag des Abgeordneten Rossmann, eine Bank ein Jahr lang mit einer Geschäftsaufsicht zu führen, würde überdies einen Bank-Run auslösen. Daher sei es richtig, eine Insolvenz zu vermeiden und zugleich eine Gläubigerbeteiligung vorzusehen. Den Mut des Finanzministers sollte man würdigen und die Einrichtung einer Hypo-Abbaueinheit als eine gute Lösung anerkennen. (Fortsetzung Nationalrat) fru