Parlamentskorrespondenz Nr. 669 vom 08.07.2014

Europäische Bankenaufsicht: NR ebnet Weg für Mitarbeit Österreichs

Finanzgesetze mit Stimmenmehrheit beschlossen

Wien (PK) - Nach dem Beschluss des Hypo-Sondergesetzes verabschiedete der Nationalrat mit den Stimmen der Regierungsparteien Anpassungen im Bankwesengesetz und anderen finanzpolitischen Geset zen, die die rechtliche Basis für das Zusammenwirken von FMA, OeNB und EZB im Rahmen der künftigen europäischen Bankenaufsicht legen. Im Wesentlichen geht es dabei auch um die Übertragung von Aufgaben der heimischen Bankenaufsicht auf die Europäische Zentralbank.

Eine Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen sprach sich weiters für Änderungen im Pensionskassengesetz, im Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetz und anderen Gesetzen aus, deren Ziel es ist, privaten Investoren Zugang zu Alternativen Fonds zu eröffnen. Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen allerdings mit einem Entschließungsantrag, der die Forderung nach einem Crowdfunding-Gesetz zur Ermöglichung alternativer Finanzierungsformen mit direkter BürgerInnenbeteiligung unter Berücksichtigung des Anlegerschutzes enthält.

Mit der Neuregelung der Bankenaufsicht ziehe man die richtigen Schlüsse aus der Wirtschaftskrise, gab sich ÖVP-Finanzsprecher Andreas Zakostelsky überzeugt, der die Änderungen des Bankwesengesetzes auch unter dem Aspekt der Stärkung des Finanz- und Wirtschaftsstandorts begrüßte. Jakob Auer von der Volkspartei erwartete sich nun eine Rückkehr des Vertrauens in die Märkte, machte aber auf die den Banken durch die zahlreichen Prüfungen entstehenden zusätzlichen Kosten aufmerksam.

Unterstützt wurde die Umsetzung der europäischen Bankenaufsicht auch durch die SPÖ Abgeordneten Christoph Matznetter und Franz Kirchgatterer, wobei sich der SPÖ-Wirtschaftssprecher aber ein Interpellationsrecht des Parlaments gegenüber der FMA gewünscht hätte. Ihr Fraktionskollege Harald Troch interpretierte das Gesetz als Trendwende und sah darin ein Ende des "Too big to fail"-Grundsatzes sowie eine Garantie dafür, dass in Zukunft SteuerzahlerInnen nicht mehr zur Bankenrettung herangezogen werden.

Das Fehlen von Frage- und Informationsrechten der österreichischen Abgeordneten war letztlich ausschlaggebend für die Ablehnung der Änderung des Bankwesengesetzes durch die Grünen. Das Europäische Parlament habe eine Reihe von Rechten, über die man bei der Umsetzung der Materie in Österreich nicht einmal im Ansatz diskutiert hatte, beanstandete Bruno Rossmann.

Beim Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetz gehe es nicht um den Schutz der Anleger, sondern um den Schutz der Banken vor unliebsamen Kunden, lautete der Einwand des FPÖ-Mandatars Hubert Fuchs, der von einer Entmündigung der Privatinvestoren sprach. Er kritisierte dabei ebenso wie Katrin Nachbaur (T) restriktive und komplizierte gesetzliche Voraussetzungen für qualifizierte Privatanleger. Was es brauche, sei eine Regelung für Crowdfunding, die es erlaubt, ohne Beschränkungen und ohne Prospektpflicht Geld einzusammeln, unterstrich die Klubchefin des Teams Stronach. Einer Meinung war sie dabei mit Grün-Abgeordnetem Matthias Köchl, der einen gesetzlichen Rahmen für unbürokratisches Crowdfunding forderte, mit einer diesbezüglichen Initiative aber in der Minderheit blieb.

Die Bestimmungen über die Alternativen Investmentfonds seien zwar eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand, gehen aber nicht weit genug, meinte auch Nikolaus Alm von den NEOS. Er bemängelte die Regelungen für die Fonds als immer noch zu restriktiv und befürchtete Kapitalabwanderung aus Österreich. Faktum war für Alm, dass heimische Fonds nach wie vor keine internationalen institutionellen Investoren ansprechen werden können. 

Nachschärfungen im Finanzstrafrecht bei Selbstanzeigen, höherer Ökostrom-Freibetrag bei Selbstverbrauch, internationale Finanzabkommen

Mehrheitlich beschloss das Plenum überdies eine Finanzstrafgesetznovelle, die auf Nachschärfungen bei Selbstanzeigen von SteuersünderInnen hinausläuft. Während bisher erstmalige Selbstanzeigen straffrei waren und erst im Wiederholungsfall zu einer Abgabenerhöhung von 25 % führten, soll in Zukunft bereits die erste Selbstanzeige einen Abgabenzuschlag von 5 % zur Folge haben. Bei Beträgen über 33.000 € soll der Zuschlag 15 %, über 100.000 € 20 % und bei über 250.000 € 30 % betragen. Ein Abänderungsantrag der FPÖ zu verschuldungsabhängigen Strafbemessung blieb aber in der Minderheit.

Ebenfalls die Stimmenmehrheit im Nationalrat erhielt eine Änderung im Elektrizitätsabgabengesetz, durch die für Ökostrom-Selbstverbraucher ein Freibetrag von 25.000 kWh pro Jahr eingeführt wird. Auch hierzu brachten die Freiheitlichen einen Abänderungsantrag ein, der auf eine gänzliche Streichung der Verbrauchsobergrenze bei Selbstversorgung mit erneuerbaren Energieträgern abzielte. Der Vorstoß, von den Grünen deutlich unterstützt, wurde jedoch von der Mehrheit im Plenum abgelehnt.

Einstimmigkeit erzielte der Nationalrat hingegen über eine Änderung des Übereinkommens betreffend die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen sowie über ein Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen. Ein Abkommen mit der Vogtei Guernsey über den Informationsaustausch in Steuersachen schließlich wurde mehrheitlich genehmigt. Die Grünen nutzten die Debatte einmal mehr, im Sinne der Steuergerechtigkeit für vermögensbezogene Steuern aufzutreten. Ihr diesbezüglicher Entschließungsantrag fand aber nur Zustimmung bei einer Minderheit der Abgeordneten.

Die Debatte, die über alle Punkte unter einem geführt wurde, konzentrierte sich zunächst auf die Novelle des Finanzstrafgesetzes. Grundsätzlich begrüßten alle Fraktionen, dass nunmehr weitere Schritte im Kampf gegen Steuerbetrug gesetzt werden. ÖVP und FPÖ warnten allerdings vor überschießenden Strafen für kleine Vergehen oder Versäumnisse bei Steuererklärungen, den Grünen gehen die neuen Strafbestimmungen wiederum nicht weit genug.

Dass Selbstanzeigen bei grobem Steuerbetrug nicht mehr straffrei bleiben, sorge zum einen für mehr Steuergerechtigkeit, so Finanzstaatsekretärin Sonja Steßl. Zum anderen würden damit steuerehrliche Unternehmen unterstützt und folglich Wettbewerbsverzerrungen verhindert. Dabei gehe es aber keineswegs darum, betonte die Staatssekretärin, Personen wegen kleiner Steuervergehen oder unabsichtlicher Fehler zu kriminalisieren. Vielmehr stärke die Gesetzesänderung den Kampf gegen weitreichenden Steuerbetrug. Die SPÖ-Abgeordneten Hubert Kuzdas und Sabine Oberhauser pflichteten Steßl vollinhaltlich bei, denn mindere Steuerversehen behandle der Staat auch in Zukunft mit Nachsicht, versicherten sie. Beide nahmen die Steuerdebatte überdies zum Anlass, für eine Senkung der Einkommenssteuer sowie der Lohnnebenkosten einzutreten. Oberhauser bewarb vor allem die Initiative des Gewerkschaftsbunds für weniger Lohnsteuer. Nicht nur die ArbeitnehmerInnen profitieren in ihren Augen davon, sondern auch die Wirtschaft, weil dadurch mehr Kaufkraft in der Bevölkerung entstehe.

Unzureichend seien die neuen Bestimmungen im Finanzstrafrecht, monierte dagegen Bruno Rossmann (G). Lediglich Selbstanzeigen in Verbindung mit Betriebsprüfungen würden nämlich bestraft. Tatsächliche Steuergerechtigkeit lasse sich überhaupt nur mit Vermögens- und Erbschaftssteuern herbeiführen, ist der Grünen-Budgetsprecher überzeugt. Als Anstoß dazu legte er einen Antrag auf Erhebung der aktuellen Vermögenssituation privater Haushalte in Österreich vor, die sich aus Steuerregisterdaten speisen sollte.

Nicht zu wenig scharf, sondern einfach zu ungenau findet demgegenüber Hubert Fuchs (F) die Strafregelungen für SteuerselbstanzeigerInnen. Konkret beanstandete er, die Verschuldensfrage werde im Gesetz zu wenig berücksichtigt, vielmehr seien darin vorsätzlicher und fahrlässiger Steuerbetrug in Hinblick auf die Strafbemessung gleichgestellt. Angesichts der Komplexität des österreichischen Steuerrechts gelte es daher, die Absicht beim Steuerbetrug als Bedingung für die Strafe festzuhalten, skizzierte er in einem Abänderungsantrag. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Zahl an Selbstanzeigen in Zukunft sinkt.

Differenziert bewertete auch ÖVP-Mandatarin Gabriele Tamandl die Verschärfungen im Finanzstrafrecht. Obwohl sie sich dezidiert zum Kampf gegen Steuerbetrug bekannte, wollte sie doch nicht UnternehmerInnen, die vor Betriebsprüfungen bei übersehenen Bilanzierungsfehlern zur Selbstanzeige schreiten, gleich als Kriminelle eingestuft wissen. Sie rief zu vermehrter Aufklärung darüber auf, dass Selbstanzeigen bei Nachzahlungen von Umsatzsteuer nicht unbedingt notwendig sind, wie sie hervorstrich. Unbedingt müssten geringfügige Fehler bei der Steuerleistung außer Strafe gestellt werden, verstärkte ihr Parteikollege Werner Groiß diese Haltung. Man dürfe bei der Bestrafung von vermeintlichen SteuerhinterzieherInnen nicht das Augenmaß verlieren, warnte er, ansonsten könnten beispielsweise auch Falschberechnungen im Zusammenhang mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag oder dem Energieverbrauch zu hohen Strafen führen.

Nutzung erneuerbarer Energie soll steuerlich attraktiver werden

Durch die Erwähnung der steuerrechtlichen Dimension bei der Energienutzung schlug Abgeordneter Groiß den Bogen zur mitverhandelten Novelle des Elektrizitätsabgabegesetzes. Wie er hielt auch Hermann Schultes (V) die Steuererleichterung beim Verbrauch von Strom aus nachhaltiger Erzeugung wie Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft für eine sinnvolle Maßnahme. Besonders die Landwirtschaft zeichne sich in Sachen Energieeffizienz aus, führte Schultes ins Treffen und sah darin den besten Weg zur Energiewende.

Allgemein werde die Bevölkerung von den Steuererleichterungen bei der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern profitieren, unterstrich Staatsekretärin Steßl. Erst ein Verbrauch ab 25.000 kWh werde mit Abgaben belegt. Daran stieß sich jedoch Roman Haider (F), der mit einem Abänderungsantrag für die generelle Streichung der jährlichen Obergrenze bei der Selbstversorgung mit erneuerbarer Energie eintrat. Mit der vorliegenden Novelle, konstatierte der Freiheitliche, konterkariere die Regierung ihren Vorsatz, den Ausbau nachhaltiger Energieformen voranzutreiben. Dieser Sichtweise pflichteten die UmweltsprecherInnen Christiane Brunner (G) und Michael Pock (N) bei, wiewohl der NEOS-Mandatar die Zustimmung seiner Fraktion zum Regierungsvorschlag für die Novelle erklärte. Immerhin ergebe sich dadurch eine gewisse Verbesserung beim Forcieren erneuerbarer Energieträger. Ungeachtet dessen forderte Pock einen Bürokratieabbau bei der Versteuerung alternativer Energie, nicht zuletzt im Rahmen des Ökostromgesetzes. (Fortsetzung Nationalrat) hof/rei