Parlamentskorrespondenz Nr. 687 vom 10.07.2014

Nationalrat tritt geschlossen gegen Atomwaffen auf

Einstimmig verabschiedet: Antrag auf nukleare Abrüstung, Übereinkunft zum Schutz archäologischer Kulturgüter

Wien (PK) – Einstimmig bekannte sich heute der Nationalrat zur internationalen Abrüstung von Atomwaffen. Von allen Fraktionen angenommen wurde ein SPÖ-ÖVP-Antrag, mit dem die Abgeordneten die Regierung aufrufen, deutliche Zeichen im weltweiten Vorgehen gegen nukleares Kriegsmaterial zu setzen. Gegenstand österreichischer Initiativen sollte unter anderem das Ziel einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten, aber auch die Streichung der nuklearen Abschreckung aus der NATO-Doktrin sein. Mehrmals mahnten die Abgeordneten in der Debatte die Umsetzung des Atomwaffensperrvertrags ein, dem angesichts der Bedrohung terroristischer Kräfte mehr Bedeutung denn je zugesprochen wurde.

Eine Regierungsvorlage, die Österreichs Beitritt zur Übereinkunft für den Schutz des archäologischen Erbes ermöglicht, billigte das Plenum ebenfalls ohne Gegenstimme.

Atomwaffen: Welt darf Augen vor Gefahr nicht verschließen

Konsens bestand im Nationalrat unter sämtlichen Fraktionen, der Atomwaffensperrvertrag von 1968 sei weltweit umzusetzen. Damit, führte Christine Muttonen (S) aus, würden sich endlich die Nuklearmächte auf einen Prozess der Abrüstung ihrer Arsenale einigen. Tatsächlich wachse nämlich die Gefahr, dass atomare Waffen nach den Katastrophen von Hiroshima und Nagasaki 1945 erneut zum Einsatz kommen, besonders wenn Terroristen ihrer habhaft werden. Jessi Lintl (T) warnte ebenso davor, dass das Wissen über Atomwaffen dem Terrorismus zukommen könnte. Die im Antrag eingeforderte atomwaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten bilde daher eine wichtige Basis für den Friedensprozess. Selbst wenn nur auf Grund eines technischen Fehlers oder einer Falschmeldung in einem nationalen Überwachungssystem für nukleare Angriffe Atombomben gezündet würden, wäre das Resultat verheerend, ergänzte Anton Heinzl (S). Auch spätere Generationen hätten noch unter den Folgen eines Nuklearangriffs zu leiden, wie etwa die Strahlenbelastung nach der Atombombe auf Hiroshima zeige.

Das Außenministerium engagiere sich schon seit langem im weltweiten Kampf gegen Atomwaffen, unterstrich Reinhold Lopatka (V) und er wies auf die im Dezember geplante Konferenz in Wien zu den humanitären Folgen von nuklearer Kriegsführung hin. Gemeinsam mit Norwegen und Mexiko trete Österreich mit solchen Tagungen dafür ein, das Bewusstsein über die Gefahren von atomarem Kriegsmaterial zu schärfen. Nicht vergessen werden dürfe auch die horrende Ressourcenverschwendung, die sich durch Investitionen in Atomwaffen ergibt, hob der ÖVP-Mandatar mit Hinweis auf Pakistan und die USA hervor. Das Geld, das für Nuklearwaffen aufgebracht wird, fehle der Gesellschaft in wichtigen Bereichen wie Sozialleistungen, bekräftigte Josef Cap (S). Gut nachvollziehen konnte der SPÖ-Mandatar die Kritik des Freiheitlichen Johannes Hübner, der beanstandete, im Text des Entschließungsantrags stehen "Nutzen" und "Atomwaffen" in einem Satz. Man werde die Formulierung ändern, betonte Cap, natürlich gebe es keinerlei Nutzen von Atomwaffen. Höchstens mit Kernwaffen ausgestattete Länder suchten dadurch ihrem Rüstungsarsenal einen militärischen Sinn zu geben.

Konkret ging es Hübner um die Ausführung im Antrag, der Nutzen von Atomwaffen stehe in keinem Verhältnis zu den enormen Gefahren und Risiken, was er als zynische Anlehnung an das Argumentarium der Atomgroßmächte für ihre Nukleararsenale wertete. Hübner ersuchte deswegen, diesen Satz zu streichen – dann könne seine Fraktion, die den Antrag vollinhaltlich mittrage, beruhigt zustimmen. Befürwortung kam auch von den übrigen Oppositionsparteien, wiewohl Christoph Vavrik (N) kritisch anmerkte, mit Konferenzen allein werde Österreich im internationalen Vorgehen gegen Atomwaffen keine großen Sprünge machen. Besonders bezweifelt er, ob man als nicht-NATO-Land glaubwürdig die Ablehnung der nuklearen Abschreckung in der NATO-Doktrin werde vermitteln können. Zumal die österreichische Staatsspitze vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts auch noch den russischen Staatspräsidenten empfangen habe. Dennoch sah Vavrik eine Chance für den Antrag, spürbare Wirkung zu entfalten, und zwar in Zusammenhang mit den laufenden Verhandlungen über das iranische Atomprogramm in Wien. Hier müsse Österreich außenpolitisch richtig agieren.

Dass Österreichs Außenpolitik in der Welt nicht viel bewege, ließ dagegen Werner Amon (V) nicht gelten. In den 1990er Jahren sei beispielsweise unter dem damaligen Außenminister Wolfgang Schüssel der Grundstein für das internationale Abkommen gegen Personenminen gelegt worden. Österreich verfüge also in der Völkergemeinschaft über hohes Ansehen im Friedensprozess. Aktive Friedenspolitik sei allerdings mehr als Abrüstung, gab Tanja Windbüchler-Souschill (G) zu bedenken. Beinhaltet sein müssten auch die soziale Gerechtigkeit, die Elemente des Nord-Süd-Dialogs sowie die Abkehr von der Atomenergienutzung. Das Stichwort Minen griff die Grünen-Mandatarin auf, als sie auf die aktuellen Gefahren durch aufgeschwemmte Landminen hinwies, mit denen nach der Flutkatastrophe in Bosnien und Herzegowina die Menschen konfrontiert sind. Zur Minenräumung brauche das Land finanzielle Unterstützung, appellierte sie.

Österreich bekennt sich zum Schutz von Europas archäologischem Erbe

Einhellig sprach sich der Nationalrat überdies dafür aus, dass Österreich dem revidierten Europäischen Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes beitritt. Die dazu angenommene Regierungsvorlage sieht zunächst die Kündigung des ursprünglichen Abkommens aus dem Jahr 1969 vor, sodass die revidierte Fassung des Dokuments ratifiziert werden kann. Kern der Übereinkunft ist, das archäologische Erbe als Quelle gemeinsamer europäischer Erinnerung und als Instrument für historische und wissenschaftliche Studien zu schützen.

Bei der Planung von Bauprojekten sei somit auf archäologische Fundstellen Rücksicht zunehmen, wie es in Österreich ja bereits Praxis der Behörden sei, beschrieb Claudia Durchschlag (V) den Zweck der internationalen Übereinkunft. Jedenfalls vernünftig hielten auch Werner Amon (V) und Gisela Wurm (S) das Übereinkommen, besonders für künftige Generationen, denen so Hinweise auf die eigenen Wurzeln geboten würden, wie Wurm meinte. In Richtung der Grünen erklärte sie, dass Österreich die bereits seit 1992 vorliegende Neufassung des Abkommens erst jetzt ratifiziere, liege daran, dass bislang nicht die dafür nötigen Ausführungsgesetze vorhanden gewesen seien. Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl (G) hatte angemerkt, 22 Jahre schienen ihm eine lange Zeit für die Annahme einer Übereinkunft wie dieser. (Fortsetzung Nationalrat) rei