Parlamentskorrespondenz Nr. 893 vom 09.10.2014

Budgetsituation des Bundesheeres auch Debatte im Bundesrat

Klug skizziert Eckpunkte des Strukturpakets "Bundesheer 2018"

Wien (PK) – Scharfe Kritik für die zu geringen Budgetmittel für das österreichische Bundesheer äußerten in der heutigen Bundesratssitzung die Freiheitlichen im Rahmen einer Kurzen Debatte über eine Anfragebeantwortung durch Verteidigungsminister Gerald Klug. Die Anfrage hatte Hans-Jörg Jenewein (F/W) gestellt.

Geht es nach der Oppositionspartei, könne aufgrund der Budgetsituation bereits jetzt die Kernkompetenz des Bundesheeres nicht mehr erfüllt werden, außerdem habe sich Klug nicht stark genug für das Bundesheer eingesetzt, so der Vorwurf der FPÖ. Der Verteidigungsminister hielt fest, dass das österreichische Bundesheer weiterhin auf Basis des Konzepts "Bundesheer 2018" und einer Sonderinvestition seinen in der Bundesverfassung festgeschriebenen Aufgaben in vollem Umfang nachkommen werde. Das in sich schlüssige Konzept befinde sich innerhalb der Koalition in Endabstimmung, informierte er außerdem die Länderkammer.

FPÖ warnt: Bundesheer kann Kernaufgaben nicht mehr nachkommen

Der freiheitliche Bundesrat aus Wien Hans-Jörg Jenewein bemängelte die Beantwortung des Verteidigungsministers, worin dieser feststellt, dass die Aufgaben des österreichischen Bundesheeres auch in Zukunft in vollem Umfang gewährleistet werden können. Nun sei aber seit ein paar Tagen bekannt, dass das Budget für das österreichische Bundesheer erstmals unter die magische 0,5%-Marke gefallen ist. Es sei ein Trauerspiel, so Jenewein, dass es mit ganz wenigen Ausnahmen über die letzten Jahrzehnte zu einer stetigen Reduktion des Heeresbudgets gekommen ist. Hierfür sind seiner Ansicht nach das Verteidigungsministerium, aber auch das Finanzressort verantwortlich. Jenewein konfrontierte Klug mit dem Vorwurf, nicht intensiv genug verhandelt und nicht das Beste für das österreichische Bundesheer herausgeholt zu haben. So könne man weder den Kernaufgaben der Landesverteidigung nachkommen, noch dem Art. 79 des Bundes-Verfassungsgesetzes. Zudem sei der Wunsch der Länder im Sinne der Identitätsstiftung legitim, Militärkapellen weiterhin zu führen. Was die Ankündigung der Schließung der Militärschule in Wiener Neustadt betrifft, sei diese insofern interessant, als die SPÖ laufend fordere, mehr in Bildung zu investieren, stellte Jenewein in den Raum.

Klug: Schmerzhafte Anpassungen, notwendige Sonderinvestitionen und voll einsatzfähiges Heer

Verteidigungsminister Gerald Klug hielt demgegenüber fest, dass das österreichische Bundesheer auch weiterhin auf der Basis des Konzepts "Bundesheer 2018" und einer Sonderinvestition seinen in der Bundesverfassung vorgeschriebenen Aufgaben in vollem Umfang nachkommen wird. Die Anfragebeantwortung nutzte Klug außerdem dafür, der Länderkammer die aktuellen Entwicklungen und Eckpunkte des Strukturpakets näher zu bringen. Das Konzept sei in sich schlüssig und befinde sich derzeit innerhalb der Koalition in Endabstimmung, informierte er.

Durch die wiederkehrenden Budgetabschläge in den letzten Jahren und durch die über Jahre aufgestauten eklatanten Engpässe, seien die Auswirkungen auf die Armee unübersehbar, räumte Klug ein. Die vorherrschende und zu erwartende Ressourcenlage mache eine nahezu völlige Streichung von Neuinvestitionen in den Jahren 2014 und 2015 notwendig, was letztlich zu signifikanten Leistungsreduktionen des Bundesheeres führe, wie der Minister erläuterte. Aufgrund der allgemeinen Budgetlage und des noch vorgegebenen Budgetrahmens sei die Organisation zu verkleinern und auch Kasernen zu schließen. Der Anteil schwerer Waffen werde bis 2018 zudem signifikant verringert. Auch in der Logistik und bei der Ausbildungsorganisation müssten die Strukturen an den verringerten Bedarf angepasst werden. Insgesamt würden außerdem die Bereiche des Personalaufwands, des laufenden Betriebs und des sonstigen Sachaufwands um durchschnittlich 200 Mio. € pro Jahr reduziert, skizzierte Klug.

Es gelte, den Auftrag der Wehrdienstreform mit dem Ziel einer zeitgemäßen und sinnstiftenden Ausbildung für die Rekruten und Milizangehörigen fortzusetzen, so Klug. Aufgewertet werde in diesem Konzept auf alle Fälle die Miliz, was österreichweit 12 zusätzliche Kompanien bis 2018 und eine materielle Besserstellung bedeutet, erläuterte der Verteidigungsminister. Dafür seien in einem ersten Schritt Investitionen in einem Ausmaß von etwa 20 Mio. € erforderlich. Das sei aber nur über eine Sonderfinanzierung möglich, wie Klug festhielt.

Trotz der Verkleinerung der Organisation werde aber größtenteils vermieden, ganze Bataillone aufzulösen und große Garnisonen zu schließen. Vielmehr würden kleine, unwirtschaftliche Standorte geschlossen und durch die Verdichtung von Personal und Material an großen Standorten ein effizienter Betrieb ermöglicht. Was den Bereich Sonderinvestitionen betrifft, würden trotz "schmerzhafter Maßnahmen", Beschaffungen, etwa die Hubschrauberflotte für die Katastrophenhilfe oder das Nachfolgegerät für die Saab-105, anstehen. Die Finanzierung ist jedoch nach wie vor offen.

Bundesheerdebatte: Zwischen Bangen und Hoffen

In seiner Replik auf den Minister drückte Werner Herbert (F/N) sein völliges Unverständnis darüber aus, dass der Auftrag der Bevölkerung zur Beibehaltung der Wehrpflicht komplett vernachlässigt und eifrigst daran gearbeitet wird, die funktionierenden Strukturen des österreichischen Bundesheeres zu zerschlagen. Er warf den Regierungen vor, nicht die Nachhaltigkeit gewährleistet zu haben, die sicherstellen, dass das Bundesheer seine verfassungsmäßigen Aufgaben in der Landesverteidigung und im Katastrophenschutz auch zu erfüllen. Man brauche daher die Sonderfinanzierung nicht nur, um punktuell Gerät zu beschaffen, sondern vor allem um die Funktionsfähigkeit des Heeres sicherzustellen, appellierte Herbert. Der Redner sprach aber auch die große Frustration unter den Bundesheerangehörigen aufgrund dieser Situation an. Dort gebe es das Gefühl, dass das Heer seit Jahren planmäßig kaputtgespart und systematisch an die Wand gefahren wird. Er beantragte daher auch, die Anfragebeantwortung durch den Minister nicht zur Kenntnis zu nehmen, wofür er aber nicht die erforderliche Mehrheit erhielt.

Das Bundesheer kann seinen Aufgaben in vollem Umfang nicht mehr nachkommen, ergänzte Hermann Brückl (F/O) seinen Klubkollegen. Bei Katastrophen sei das Bundesheer nicht mehr rechtzeitig einsatzfähig. Andere Länder wie Schweden und Finnland würden heute ihre Verteidigungsbudgets erhöhen. Er hinterfragte, ob es sinnhaft ist, die militärische Landesverteidigung runterzufahren, wenn die Gefahr im Osten wieder größer wird. Schutz des Luftraums und der Infrastruktureinrichtungen sowie die Cyberabwehr genügen nicht für eine umfassende Landesverteidigung, sagte Brückl. Er hält es zudem für einen großen Fehler, dass man den Kauf der Eurofighter in das Landesverteidigungsbudget hineingenommen hat. Die Regierung negiere das Ergebnis der Volksbefragung, kritisierte Brückl zusammenfassend, fahre die Landesverteidigung an die Wand und wolle offensichtlich ein Berufsheer.

Claudia Michalke (F/V) gab zu bedenken, dass man das Bundesheer notwendig brauche, und wies darauf hin, dass die Politikverdrossenheit dadurch entstehe, wenn man Forderungen der Bevölkerung mit Füßen trete und nicht ernst nehme. Leider stehen die Gefahren wieder vor unserer Haustür, sagte Michalke und forderte, alles zu tun, das Bundesheer nach dem Willen der Bevölkerung zu erhalten. Sie verteidigte auch die Militärmusikkapellen, denn dort würden gut ausgebildete Soldaten Musik machen und ihre musikalischen Erfahrungen auch in die Musikkapellen der Gemeinden mitbringen.

Michalke verabschiedete sich bei dieser Gelegenheit auch vom Bundesrat, da sie nach den Wahlen in den Vorarlberger Landtag wechselt.

Franz Perhab (V/St) mutmaßte, dass Werner Herbert das Bundesheer kein wirkliches Anliegen sei, sondern nur die Personalvertretungswahlen im Auge habe. Die Situation des Heeres sei kritisch und dramatisch, räumte auch er ein, gleichzeitig wies er darauf hin, dass sich das Bedrohungsszenario geändert hat. Auch der Beitritt zur EU mache eine Strukturänderung notwendig. Nachdem 2016 die letzte Tranche der Eurofighter - die er im Sinne der Luftraumüberwachung für notwendig erachtet - fällig ist, werde dann wieder Geld frei, sagte Perhab und zeigte sich guten Mutes, dass dann wieder die notwendigen Investitionen getroffen werden und die notwendige Reform durchgeführt wird. Seiner Meinung hätte man auch bei mehr Geld auf die schweren Waffen verzichtet, weil sich die Anforderungen eben geändert haben. Perhab setzte sich auch für die Beibehaltung der Militärmusikkapellen ein.

Mit Ausnahme der Eurofighter stimmte Wolfgang Beer (S/W) mit seinem Vorredner überein. Strikt wandte er sich gegen die Ausführungen von Werner Herbert und reagierte auf eine seiner Aussagen mit der Feststellung, das Bundesheer sei keineswegs eine Alternative zur Polizei, indem er auch auf die Bundesverfassung hinwies. Das Bundesheer habe schon mehrere Reformen durchgemacht, weil sich auch die Strategien geändert haben, führte Beer aus. Man habe daher den Bedarf und den Zwang, das Heer anzufassen und zu verändern. Keinesfalls dürfe man aber die Bevölkerung verunsichern, warf er der FPÖ vor. (Schluss Bundesrat) keg/jan


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