Parlamentskorrespondenz Nr. 37 vom 21.01.2015

Abgeordnete befürworten gendergerechte Schreibweisen

Neufassung der Bundeshymne bleibt

Wien (PK) - Zwei Themen aus dem Gleichbehandlungsausschuss wurden vom Nationalrat in seiner heutigen Sitzung debattiert. Keine Mehrheit fand ein von Abgeordnetem Wolfgang Zanger eingebrachter Antrag der FPÖ nach Maßnahmen zur Abschaffung des Binnen-I. Unterstützung fand er dazu nur beim Team Stronach. Mehrheitlich abgelehnt wurde auch ein Antrag zur Bundeshymne der Republik Österreich von FPÖ-Abgeordneter Carmen Schimanek, die eine Rückkehr zum ursprünglichen Text der ersten Strophe fordert, ohne Erwähnung der "Töchter".

Binnen-I ist keine gesetzliche Norm

Das Binnen-I sei seit langem umstritten, sagte Antragsteller Wolfgang Zanger (F). Zuletzt habe sich das Österreichische Normungsinstitut mit nachvollziehbaren Argumenten klar gegen seine Verwendung ausgesprochen. Das Binnen-I, das der gewachsenen Struktur der deutschen Sprache widerspreche, werde weithin abgelehnt. Überdies werde durch die dadurch entstehenden "Wortungetüme" dem eigentlichen Anliegen, der Stärkung der Rolle der Frauen in der Gesellschaft, kein Dienst erwiesen. Den KritikerInnen des Antrags hielt FPÖ-Abgeordnete Barbara Rosenkranz entgegen, es gehe um lesbare Gesetze und Schulbücher, nicht um ein Verbot des Binnen-I. Sprachpolitik könne ihrer Ansicht nach keine Bewusstseinsprozesse vorschreiben, sondern gesellschaftliche Entwicklungen würden sich umgekehrt ihren sprachlichen Ausdruck suchen.

Das Binnen-I bringe keiner Frau mehr Lohn, Anerkennung oder Gleichstellung, meinte auch Martina Schenk (T). Der Forderung nach einer Rückkehr zu einer vernünftigen Sprachnorm schließe sie sich daher an. Kritisch bewertete sie, dass StudentInnen schlechter benotet werden, wenn sie sich dem Gendern verweigern, das die Verständlichkeit von Texten erschwere. Übrigens wolle in Wels auch die ÖVP das Binnen-I aus dem Amtsgebrauch verbannen, sagte sie.

Hingegen hielt Elisabeth Grossmann (S) fest, dass es keine gesetzliche Norm zur Verwendung des Binnen-I gebe, daher entbehre der Antrag jeglicher Grundlage. Es gebe außerdem verschiedene Möglichkeiten, zu einer geschlechtergerechten Sprache zu gelangen. Diese sei zwar nur ein kleiner Beitrag zu mehr Gerechtigkeit, sollte aber eine Selbstverständlichkeit sein, denn Sprache schaffe Bewusstsein. Auch Parteikollegin Katharina Kucharowits sagte, ihre Fraktion werde nicht müde, die Gleichbehandlung von Frauen, auch im Sinne ihrer sprachlichen Sichtbarmachung, einzufordern. Wolfgang Knes (S) meinte, der Antrag sei billiger Populismus der FPÖ, um Aufmerksamkeit zu erzielen.

Es sei befremdlich, wenn die Forderung nach Abschaffung des Binnen-I dazu benützt werde, das Anliegen der Gleichstellung von Frauen insgesamt in Frage zu stellen, sagte Claudia Durchschlag (V). Das sei nicht hinnehmbar. ÖVP-Abgeordneter Asdin El Habbassi meinte, es sei nicht sinnvoll, eine gesetzliche Regelung zu fordern, um etwas abzuschaffen, das keine gesetzliche Norm darstelle. Es gelte grundsätzlich, die Sprache achtsam zu verwenden.

Eine männliche Begriffswelt führe immer dazu, dass Frauen nicht mitgemeint sind, sagte Aygül Berivan Aslan (G). Es gehe daher bei gendergerechter Sprache um das Ende dieser subtilen Diskriminierung und um die Sichtbarmachung von Frauen. Dazu gebe es viele Möglichkeiten. Es sei nicht angebracht, das Anliegen generell lächerlich zu machen, denn die Benachteiligung von Frauen sei eine gesellschaftliche Tatsache.

Michael Pock (N) erklärte, dass die NEOS die Verwendung des Binnen-I grundsätzlich unterstützen. Die wiederkehrenden Anträge der Freiheitlichen zu Binnen-I und Bundeshymne seien überflüssig und behinderten die Arbeit des Parlaments, das in der Frage der Gleichberechtigung weit wichtigere Anliegen zu diskutieren habe.

Bundeshymne: Mehrheit der Abgeordneten will gendergerechte Fassung beibehalten

Sehr eindeutig fiel auch das Votum des Nationalrats, bei der neuen, gendergerechten Fassung der Bundeshymne zu bleiben, aus. Zwar argumentierte FPÖ-Abgeordnete Carmen Schimanek mit ihren ParteikollegInnen vehement für die Rückkehr zum Text von 1947, dieser Antrag blieb jedoch klar in der Minderheit. Die Änderung der Hymne habe keiner Frau etwas gebracht, sagte Schimanek und die Umtextung der Bundeshymne finde in der Bevölkerung weiterhin keine Mehrheit.

FPÖ-Abgeordnete Petra Steger meinte, es gebe immer stärkere Belastungen der Frauen in diesem Land, die Regierung habe aber nur eine sinnlose Änderung der Hymne zustande gebracht. Dabei habe man den Willen der Mehrheit der Bevölkerung ignoriert, sagte Steger. Sie nahm die Debatte zum Anlass, eine Stärkung der direkten Demokratie zu fordern. Herbert Kickl (F) stellte fest, die Hymne sei ein Beispiel dafür, wie sich in Österreich linke Eliten über die Bedürfnisse der Bevölkerung hinwegsetzten.

Gisela Wurm (S) betonte, dass Sprache Wirklichkeit schafft. Es sei wichtig, Frauen auch sprachlich zu benennen, damit ihr Anteil an der Gesellschaft bewusst werde. Sie verteidigte daher die Neufassung der Bundeshymne. Diese sei mit überwältigender Mehrheit des Hohen Hauses beschlossen worden, denn die großen Töchter Österreichs hätten es sich verdient, erwähnt zu werden. Nurten Yilmaz (S) zufolge ist die Maßnahme nur ein ganz kleiner Schritt in der Gleichberechtigung, eine Rückkehr zum Text von 1947 kommt für sie jedoch nicht in Frage. Damals sei die Stellung der Frau in der Gesellschaft eine ganz andere gewesen. Es gehe heute nicht mehr an, dass Frauen nur mehr "mitgemeint" werden.

ÖVP-Abgeordnete Dorothea Schittenhelm wünschte sich das Engagement, das die Freiheitlichen bei diesem Antrag zeigten, auch für andere Frauenanliegen. Offenbar habe die FPÖ jedoch ein Problem mit den großen Töchtern Österreichs und der Anerkennung ihrer Leistungen, vermutete sie.

Die FPÖ zeige im allgemeinen wenig Engagement bei frauenpolitischen Themen, kritisierte auch Judith Schwentner (G). Die Ansicht der FPÖ, der Text von Paula Preradovic sei quasi "in Stein gemeißelt", sei unberechtigt, die Dichterin habe bereits 1947 Passagen, die als nicht adäquat empfunden wurden, abgeändert.

Eine Streichung der Töchter aus der Hymne wäre eine klare Diskriminierung der Mehrheit der Bevölkerung, stand für NEOS-Mandatar Michael Pock fest. In Fußballstadien dürfe im Übrigen jeder singen, wie er wolle, bemerkte er. (Fortsetzung Nationalrat) sox