Parlamentskorrespondenz Nr. 90 vom 05.02.2015

Bundesrat: Mitwirkungsrechte nationaler Parlamente in der EU stärken

Länderkammer drängt auf mehr Transparenz

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats, der europäische Gesetzesvorhaben genau unter die Lupe nimmt und die Möglichkeiten der Subsidiaritätsprüfung rege nützt, hat nun aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen dem Plenum eine Entschließung unterbreitet, worin er auf Verbesserungen der Mitwirkungsmöglichkeiten und mehr Transparenz drängt. Das Plenum der Länderkammer folgte diesen Vorschlägen einstimmig, Forderungen von FPÖ und Grünen, die darüber hinausgehen, fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

Vor allem ist der Länderkammer die 8-Wochenfrist ein Dorn im Auge, weil sie zu wenig flexibel ist. Subsidiaritätsrügen können nach Vorlage eines Gesetzesvorhabens nur innerhalb dieser Zeitspanne an die Kommission geschickt werden, kommt es im Zuge des Diskussionsprozesses auf europäischer Ebene zu Änderungen, haben nationale Parlaments keine Mitwirkungsmöglichkeit mehr. Außerdem ist die Zeit zu kurz bemessen, um sich mit den Landtagen und NGOs zu koordinieren, betonten Edgar Mayer (V/V) und Stefan Schennach (S/W) in der Diskussion. Vorgeschlagen wird daher, Stellungnahmen im gesamten Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens abgeben zu können. Auch sollte die EU-Kommission den aktuellen überarbeiteten Entwurf neu vorlegen. Zudem wünschen sich die LändervertreterInnen die Einbindung der nationalen Parlamente auch im Bereich der Koordination der Budget- und Wirtschaftspolitik auf EU-Ebene. Einmal mehr kritisiert der Bundesrat scharf die Tendenz der Kommission, vieles über so genannte delegierte Rechtsakte zu regeln, wodurch die Einbindung der nationalen Parlamente umgangen wird. Die Länderkammer mahnt daher mehr Transparenz bei der Erarbeitung solcher delegierten Rechtsakte ein. Mehr Transparenz muss es dem Bundesrat zufolge auch bei Freihandelsabkommen geben, vor allem auch vor dem Hintergrund der Diskussion um TTIP und CETA. In diesem Sinne wird die Bundesregierung gebeten, diese Anliegen in einem Diskussionsprozess mit der Kommission einzubringen.

Die in der Entschließung angeführten Punkte wurden von Edgar Mayer (V/V)und Stefan Schennach (S/W) im Plenum nochmals bekräftigt. In diesen Fragen gebe es auch einen Schulterschluss von mehreren Ländern, berichtete Mayer aus Sitzungen aus der COSAC, der Konferenz der Europa-Ausschüsse. Der Vorsitzende des EU Ausschusses des Bundesrats setzt auch in die neue Kommission große Hoffnung, zumal Jean-Claude Juncker und Frans Timmermans betont haben, mit den Nationalstaaten stärker, schneller und intensiver in Dialog treten zu wollen. Auch werde eine sogenannte "Green Card" ins Auge gefasst, informierte Mayer, damit soll bei schwierigeren Materien bereits im Vorfeld eine Kommunikationsschiene eingeschoben werden. Mayer unterstützte auch den Vorschlag der neuen Bundesratspräsidentin Sonja Zwazl, den EU-Abgeordneten ein Rederecht im Plenum einzuräumen, da dies den Informationsfluss wesentlich verbessern könne.

Stefan Schennach legte den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf stärkere Transparenz und Folgenabschätzung. Eine solche wäre insbesondere in Hinblick auf Konsequenzen europäischer Rechtsakte für die Klein- und Mittelbetriebe wichtig, sagte er. Mehr Transparenz hielt er vor allem auch im Hinblick auf das Trilog-Verfahren für notwendig.

Bundesrat will mehr Transparenz auch bei Außenhandelsabkommen

Wie bereits im EU-Ausschuss, entstand auch im Plenum eine Kontroverse, nachdem Monika Mühlwerth (F/W) und Marco Schreuder (G/W) gemeinsam einen Entschließungsantrag eingebracht hatten, der der Entschließung des EU-Ausschusses entspricht, aber zusätzlich darauf abzielt, auch bei Außenhandelsabkommen die nationalen Parlamente stärker bei der Mandatserteilung und im Verhandlungsprozess einzubeziehen. Derartige Abkommen unterliegen zwar nicht der Subsidiaritätsprüfung, sie haben aber oft wesentliche Auswirkungen auf nationale und gemischte Bereiche. Hintergrund dafür ist vor allem die aktuelle Diskussion um die transatlantischen Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA). Dieser Antrag der Opposition entspricht einem ursprünglichem Entwurf der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP, das Wirtschaftsministerium hatte aber gegen die Passage mit den Außenhandelsverträgen im Vorfeld des EU-Ausschusses sein Veto eingelegt.

Stefan Schennach (S/W) argumentierte, diese Forderung würde eine Vertragsänderung nach sich ziehen. Außerdem, so Schennach und Mayer, werde in dem Ausschussantrag ohnehin ein starkes Gewicht auf mehr Transparenz bei Verhandlungen zu Außenhandelsverträgen gelegt, womit der ursprüngliche Inhalt an sich gerettet sei. Grundsätzlich aber zeigte Schennach Sympathie für diesen Wunsch, da am Ende des Verhandlungsprozesses die Parlamente zu den ausgehandelten Verträgen nur Ja sagen können, weil man sonst gegen das Prinzip der loyalen Zusammenarbeit verstoßen würde. Somit befänden sich die nationalen Parlamente in einer Zwangsjacke, sagte Schennach.

Je transparenter Verhandlungen geführt werden und je enger nationale Parlamente in die Verhandlungen eingebunden sind, desto sachlicher werde diskutiert, zeigte sich Marco Schreuder (G/W) überzeugt. TTIP und CETA hätten vorgeführt, dass Intransparenz Verschwörungstheorien Tür und Tor öffne. Der Mandatar der Grünen appellierte auch an das Selbstverständnis der Länderkammer, sich nicht von der Regierung gängeln zu lassen. Vielmehr sollten Resolutionen von Ländern und Gemeinden, von denen zahlreiche zum Thema TTIP vorliegen, als Auftrag aufgefasst werden, diese an die Regierung heranzutragen.

Schreuder wiederholte in der Debatte auch seinen Vorschlag, im EU-Parlament eine zweite Kammer als Vertretung der Mitgliedstaaten in Straßburg einzurichten. Damit könnten nationale Parlamente bei EU-Vorlagen mitbestimmen und der Wanderzirkus zwischen Brüssel und Straßburg wäre unterbunden. (Schluss Bundesrat) jan            


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