Parlamentskorrespondenz Nr. 155 vom 25.02.2015

Ruf nach psychologischer Hilfe für Schöffen und Geschworene

Nationalrat: Laienrichter sollen besser über Hilfsangebote informiert werden

Wien (PK) – Schöffen und Geschworene sollen in Zukunft gezielt über psychosoziale Dienste und Kriseninterventionszentren informiert werden. Eine heute vom Nationalrat verabschiedete Entschließung trägt damit dem Umstand Rechnung, dass LaienrichterInnen im Zuge von Hauptverhandlungen über Gewalt- und Sexualverbrechen mitunter großen psychischen Belastungen ausgesetzt sind, zumal die Konfrontation mit Beweismitteln wie Videos oder Tatwerkzeugen traumatisierend wirken kann. Ein weitergehender Vorstoß der Grünen auf kostenlose nachträgliche Betreuung fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Einhellige Zustimmung erhielt überdies ein Zusatzprotokoll zum Auslieferungsübereinkommen, das vor allem kürzere Verfahren ermöglichen soll. Auf Änderungen beim Stellenbesetzungsgesetz wiederum drängten die NEOS, wobei sie mehr Transparenz und Objektivität bei der Bestellung von Leitungsfunktionen im staatsnahen Bereich sowie eine Parteistellung für den Rechnungshof in den diesbezüglichen Verfahren forderten. Ihre beiden Anträge wurden ebenso einstimmig dem Verfassungsausschuss zugewiesen wie eine von den NEOS eingebrachte Initiative, die darauf abzielt, der Datenschutzbehörde auch ohne konkreten Anlass die Überprüfung der Löschung von Vorratsdaten zu erlauben.      

NR-Entschließung reagiert auf psychische Belastung von LaienrichterInnen

Anstoß für die von SPÖ, ÖVP und Team Stronach unterstützte Entschließung der Regierungsparteien war ein Antrag der Grünen, in dem Justizsprecher Albert Steinhauser unter Hinweis auf die oft schockierende Wirkung von Fotos, Videos oder Tatwerkzeugen eine nachträgliche kostenlose psychologische Betreuung für Schöffen und Geschworene vorschlug. Den nun vorliegenden Entschließungsantrag der Regierungsparteien lehnte Steinhauser allerdings als Scheinlösung ab und argumentierte, die darin angesprochenen psychosozialen Dienste seien ausschließlich für Akutfälle zuständig und könnten daher als Anlaufstelle für Schöffen und Geschworene nicht in Betracht kommen. Die Kriseninterventionszentren wiederum verfügten nur in Wien und Niederösterreich über ein entsprechendes Angebot.

ÖVP-Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer signalisierte Sympathie für den Vorstoß der Grünen, gab aber zu bedenken, aufgrund der finanziellen Möglichkeiten sei es derzeit nicht möglich, die Forderung nach kostenloser psychosozialer Betreuung zu erfüllen. Wichtig sei es daher, in einem ersten Schritt die Information über externe Angebote zu verbessern, das Thema sei damit aber noch nicht abgehakt, versicherte sie ebenso wie SPÖ-Abgeordneter Klaus-Uwe Feichtinger. Den Staat treffe eine Bringschuld, Menschen, die als LaienrichterInnen ein Sonderopfer für die Justiz erbringen, zu helfen, stand für Elisabeth Grossmann (S) fest, die sich im Übrigen zuversichtlich zeigte, dass es gelingen werde, in Einzelfällen eine Lösung zu finden. Für Georg Vetter vom Team Stronach zeigte das Problem der psychischen Belastung von Schöffen und Geschworenen vor allem auf, wie schwer das Amt von LaienrichterInnen ist.

Die Entschließung der Regierungsparteien sei ein reines Placebo, um das schlechte Gewissen zu beruhigen, und untergrabe überdies das Ansehen des Parlaments, kritisierte hingegen FPÖ-Abgeordneter Walter Rosenkranz. Nikolaus Scherak (N) schließlich zeigte sich empört darüber, dass die Kosten ausschlaggebend für die Ablehnung der Initiative der Grünen durch die Regierungsparteien waren,  und konnte sich ebenfalls der Entschließung von SPÖ und ÖVP nicht anschließen.

Kürzere Verfahren bei Auslieferungen

Einhellig genehmigt wurde das Dritte Zusatzprotokoll zum Auslieferungsübereinkommen, das für die Auslieferung an andere Staaten nun auch ein vereinfachtes Verfahren vorsieht. Demnach kann die Auslieferung mit Zustimmung der auszuliefernden Person bereits auf Grundlage des Fahndungsersuchens bewilligt werden. Darüber hinaus werden die Durchführung der Auslieferung und die Übergabe der gesuchten Person an kürzere Fristen gebunden, was wiederum zu einer Verkürzung der Dauer der Auslieferungshaft führt.

ÖVP-Abgeordneter Bernd Schönegger begrüßte die Vereinfachungen und Beschleunigungen des Auslieferungsverfahrens und sah darin Vorteile für alle Beteiligten sowie einen gelungenen Beitrag zu mehr Effizienz im Rahmen der Europäischen Strafverfolgung. Das Protokoll bringe schnellere, unbürokratische Abwicklungen von Verfahren unter Wahrung der individuellen Rechte, bestätigte auch SPÖ-Mandatarin Ruth Becher. Ihre Fraktionskollegen Harald Troch und Wolfgang Knes erwarteten sich nun vor allem Entlastungen für das Budget und für die überbelegten Justizanstalten.

Eine gute Sache sei das Zusatzprotokoll, pflichtete Christian Lausch (F) bei, der in diesem Zusammenhang einmal mehr die Forderung seiner Fraktion nach Abschluss von bilateralen Verträgen über die Strafverbüßung im Heimatland erneuerte. Ein diesbezüglicher Entschließungsantrag der FPÖ blieb bei der Abstimmung allerdings in der Minderheit. Georg Vetter vom Team Stronach brachte seinerseits den Tod des ehemaligen kasachischen Botschafters Rachat Alijew zur Sprache und stellte fest, dieser Fall schreie nach Aufklärung, möglicherweise bestehe auch Handlungsbedarf für das Parlament. (Fortsetzung Nationalrat) hof