Parlamentskorrespondenz Nr. 266 vom 25.03.2015

Steuerreform lässt hitzige parlamentarische Verhandlungen erwarten

Parlamentarischer Auftakt zur Steuerdebatte im Frühsommer

Wien (PK) - Die weitere Debatte zu den von Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner vorgestellten Eckpunkten der Steuerreform im heutigen Plenum des Nationalrats spiegelte das in der ersten Diskussionsrunde gezeichnete Meinungsspektrum der Parteien wider. So warf die Opposition der Regierung vor, keine Strukturreform des Steuersystems in Angriff genommen zu haben. Die positiven Aspekte der Steuersenkung würden durch die kalte Progression bald wieder zunichte gemacht, der Mittelstand zahle sich die Steuererleichterungen selbst. Vielfach wurde auch angemerkt, dass es zu keiner sozial gerechten Entlastung komme. Seitens der Regierungsparteien wurde ins Treffen geführt, dass es sich um das größte Steuerentlastungspaket handle.

FPÖ: Paket ist lediglich Umverteilung und keine Strukturreform

Seitens der FPÖ befanden Herbert Kickl und Hubert Fuchs, das vorliegende Paket bringe lediglich eine Umverteilung, zu einer Strukturreform und damit auch zu einer Verringerung der Abgabenquote komme es aber nicht. Ab 2016 werde den SteuerzahlerInnen das zurückgegeben, was ihnen die kalte Progression genommen habe, sagte Fuchs. Kickl meinte sogar, dass die Belastungen der letzten Jahre sogar höher waren als die nun ins Auge gefasste Steuersenkung.

Hart kritisierten beide die geplanten Belastungen für die Wirtschaft. Die Unternehmen würden durch die Bundesregierung unter Generalverdacht gestellt, wetterte Fuchs. Er bemängelte zudem, dass die Senkung der Lohnnebenkosten auf die lange Bank geschoben werde und nicht die Klein- und Mittelbetriebe, sondern Großkonzerne und Privatstiftungen sowie gut Verdienende Profiteure der Steuerreform seien. Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus, so Fuchs. Kickl bezeichnete seinerseits das Reformpaket als unternehmerfeindlich und "proporzstrukturfreundlich".

Er konnte auch keine Trendumkehr für den Arbeitsmarkt erkennen, der Konjunkturimpuls werde ausbleiben, prophezeite er. Zu wenig unterstützt die Regierung den Freiheitlichen zufolge auch die Familien. Diese sparen sich lediglich 18 Cent pro Tag, rechnete Fuchs vor und stellte dem das FPÖ-Modell entgegen, von dem die Familien wesentlich mehr profitieren würden. Des weiteren warf Kickl Bundeskanzler und Vizekanzler vor, mit der Erhöhung der Grunderwerbssteuer die Erbschaftssteuer durch die Hintertür wieder einzuführen.

Grüne: Steuerpaket ohne soziale und ökologische Gerechtigkeit

"Ungerechtigkeit" war auch das Wort, das in den Debattenbeiträgen der Grünen häufig vorkam. Es fehle die soziale Gerechtigkeit und die Ökologisierung des Steuersystems, fasste Bruno Rossmann (G) seine Kritik zusammen. Die unteren Einkommen werden unterdurchschnittlich entlastet, merkte er an, profitieren würden mittlere und hohe Einkommen. Das werde sich kaum auf die Konjunktur und den Arbeitsmarkt auswirken, befürchtete Rossmann, da besser Verdienende nicht mehr konsumieren, sondern ihr Geld eher anlegen würden. Rossmann kritisierte in diesem Zusammenhang auch, dass Frauen kaum etwas von der Steuerreform haben werden. Dass Vermögende keinen Beitrag zur Steuerreform leisten, bezeichnete er als "beschämend und untragbar". In gleicher Weise sah Georg Willi (G) hinsichtlich der für ihn ungerechten Vermögensverteilung in Österreich dringenden Handlungsbedarf. Er wies daher auf das Steuermodell der Grünen hin, demgemäß Arme wesentlich mehr erhalten würden als gut Verdienende.

Ins gleich Horn stieß sein Klubkollege Werner Kogler, der auf eine gleiche Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkommen drängte. Wer nämlich 4 Mio. € erbt, zahlt nichts, wer 4 Mio. € verdient, muss 50% Steuer zahlen, illustrierte Kogler seinen Gedankenansatz. Ihm zufolge könnte die Steuersenkung doppelt so hoch ausfallen, wenn man Erbschaftssteuer, die Besteuerung von Privatstiftungen und eine ökologische Steuerreform einführen würde. Wie viele andere Redner auch, vermisste Kogler die Senkung der Lohnnebenkosten.

Sowohl Rossmann als auch Kogler begrüßten die Bemühungen der Bundesregierung, stärker gegen Steuerbetrug vorzugehen. Das werde aber mit der üblichen Herangehensweise nicht gelingen, meinte Kogler. Grundsätzlich steht ihm zufolge die Gegenfinanzierung des Steuerpakets auf tönernen Beinen, zumal der vorgelegte Pfad zur Reduzierung der Verwaltungskosten keine Reform darstellt und man auch die lineare Kürzung von Förderungen nicht als Reform bezeichnen könne.

Einen breiten Raum nahm in den Stellungsnahmen der Grünen auch die Frage umweltbezogener Steuern ein. Sie drängten unisono auf eine Ökologisierung des Steuersystems und urgierten, wie beispielsweise Georg Willi (G), eine ökosoziale Steuerreform. Diese bleibe aber auf der Strecke, sagte er. Harte Kritik kam auch von der Umweltsprecherin der Grünen Christiane Brunner. Jeder werde von der Klimakrise betroffen sein, warnte sie, zum jetzigen Zeitpunkt könne man noch gestaltend eingreifen. Deshalb drängte sie auf eine sofortige Ökologisierung des Steuersystems und brachte auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ein.

Eine faire Einkommens- und Steuerverteilung sowie eine ökologische Steuerreform seien essenzielle Eckpfeiler einer guten Wirtschaftsentwicklung, meinte auch Ruperta Lichtenecker (G). Sie zeigte sich vorsichtig erfreut über die Regelung des Crowdfunding, appellierte aber, die Bürokratie möglichst flach zu halten. Ebenso begrüßte sie die Erhöhung der Forschungsprämie von 10% auf 12%, forderte aber eine Evaluierung ein, um dann entscheiden zu können, wie die Forschungsmittel investiert werden.

Team Stronach: Steuerentlastung erfolgt auf Pump

"Wir leisten uns eine Steuerentlastung auf Pump", fasste Robert Lugar (T) seine Beurteilung des Steuerpakets zusammen. Er hält eine Steuersenkung erst dann für machbar, wenn man diese durch Einsparungen verdient hat und ohne neue Schulden durchführen kann. Besonders hart kritisierte er die Belastungen für die Wirte und meinte, man müsse diesen erst die Möglichkeit geben, um überleben zu können. Ähnlich äußerte sich sein Klubkollege Georg Vetter, der die Befürchtung in den Raum stellte, dass österreichische Betriebe mit ihrem Geld von der Wiener Börse nach Asien abwandern. Den Grund dafür sieht er darin, dass im Mittelpunkt der Überlegungen der Bundesregierung der Verteilungskampf steht nicht aber die Wirtschaft. Vetter sprach sogar von einer Einführung des "Finanzpolizeistaates" und von einem "Kampf gegen das Eigentum der BürgerInnen", womit er in erster Linie die Erhöhung der Grunderwerbssteuer meinte.

Auch hielt er den Eingangssteuersatz noch immer für viel zu hoch angesetzt. Grundsätzlich unterstrich Vetter, dass mit dem vorliegenden Paket die Chance vertan worden sei, die Steuerabgabenquote massiv zu senken.

NEOS: Keine Generationengerechtigkeit

Wenig Positives konnten auch die NEOS dem Steuerpaket der Regierung abgewinnen. Auf der einen Seite werden Steuern gesenkt, auf der anderen Seite zieht man den Bürgern das Geld wieder aus der Tasche, urteilte Rainer Hable (N), der auch eine Vereinfachung des Steuersystems vermisste. Außerdem gehe das Schuldenmachen weiter, womit kein Beitrag zur Generationengerechtigkeit geleistet werde. Man fahre in den Abgrund, stellte Josef Schellhorn (N) aus seiner Sicht fest. Bei dem Vorschlag der Bundesregierung handle es sich um ein Steueranpassungspaket aber um kein Steuerreformpaket. Es fehle die Vision, sagte er und forderte einmal mehr, bei den Ausgaben anzusetzen.

Emotionell wurde Schellhorn, als er auf die Belastungen für die Unternehmen zu sprechen kam. Das Abschreibungspaket sei ein "Wahnsinn" für Klein- und Mittelbetriebe, die ÖVP habe sich bei der Grunderwerbssteuer über den Tisch ziehen lassen, so der NEOS-Mandatar. Die Wirtschaft werde unter Generalverdacht gestellt.

Scharfe Kritik an der Zustimmung der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer zum Paket der Bundesregierung übten sowohl Josef Schellhorn als auch Gerald Loacker (beide N). Das Schweigen der beiden Kammern rühre daher, dass die außertourliche Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage und der Umsatzsteuersätze Geld in die beiden Institutionen schwemme, mutmaßte Loacker, weshalb man auch von einem "politischen Schweigegeld" sprechen könne. Die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage habe einen weiteren negativen Effekt, nämlich zusätzliche Finanzen für die Pensionskassen, was die Reformverweigerung des Sozialministers im Hinblick auf die Pensionen unterstütze.

Die Entschließungsanträge der NEOS zur Reduktion der Beiträge für Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer, zur Senkung der Lohnnebenkosten, zur Reduktion der Bundes- und Landesparteienförderung, zur Steuerautonomie von Ländern und Gemeinden sowie zur Reduktion der Parteienförderung spiegeln die Anforderungen der NEOS an die Steuerreform wider.  

SPÖ: Steuerreform bringt ein Stück mehr Gerechtigkeit

Die Kritik seitens der Opposition konnte von den Rednern der Regierungsfraktionen nicht nachvollzogen werden. So strich Kai Jan Krainer (S) her, dass die SPÖ konsequent das Ziel verfolge die Steuern und Abgaben auf Arbeit zu verringern und auf Vermögen zu erhöhen. Auf diesem Weg seien sukzessive Schritte gesetzt worden, auch das jetzige Steuerpaket leiste einen Beitrag dazu. 90% der Entlastung fallen auf kleine und mittlere Einkommen, hoben er sowie seine Klubkollegin Giesela Wurm (S) hervor. Wurm illustrierte insbesondere an konkreten Rechenbeispielen, welche Vorteile die Steuerreform den Frauen bringt. Die geplanten Maßnahmen seien ein Stück mehr Gerechtigkeit, so Wurm.  

Ebenso strich Wolfgang Katzian (S) die positiven Seiten des geplanten Steuerpakets hervor. Bei Lohnerhöhungen komme derzeit vom Brutto immer weniger netto bei den Menschen an, sagte er. Für bedenklich hielt er auch den Umstand, dass die Lohnsteuereinnahmen die Mehrwertsteuereinnahmen kürzlich überholt haben. Da Volkswirtschaft und Arbeitsmarkt Wachstum dringend brauchten, sei es wichtig, die Kaufkraft durch eine Lohnsteuerentlastung zu stärken. Auch die Gegenfinanzierung der vorgesehenen Lohnsteuerentlastung könne sich sehen lassen, sagte Katzian, der nachdrücklich darauf drängte, dass die Steuergesetze nicht nur von ArbeitnehmerInnen, sondern auch von UnternehmerInnen eingehalten werden. Die Behauptung, die vorgeschlagene Steuerreform würde niedrige Einkommen nicht berücksichtigen, wies Katzian zurück. Bruttoeinkommen von 1.500 € monatlich können eine Entlastung von 485 € jährlich oder um 42,8 % erwarten, rechnete Katzian vor.

ÖVP: Entlastung der Einkommensteuer, keine Substanzbesteuerung

Die Opposition solle das größte Entlastungspaket nicht schlecht reden, appelliert August Wöginger seitens der ÖVP und wies darauf hin, dass die unteren Einkommensschichten besonders profitierten. Es gehe aber auch darum, jene zu entlasten, die Steuern bezahlen. Für die ÖVP stehe die Senkung der Einkommensteuer und die Vermeidung  der Substanzbesteuerung im Vordergrund, hielten zudem Angelika Winzig und Nikolaus Berlakovich (beide V) fest. Berlakovich warnte vor Eigentums- Vermögens- Erbschafts- und Schenkungssteuern, da diese schlecht für den Wirtschaftsstandort wären. Man müsste die Menschen vielmehr motivieren, etwas zu schaffen. Vor allem wären solche Steuern schädlich für die Landwirtschaft, meinte der ehemalige Minister und erteilte den Bestrebungen, den Einheitswert an den Verkehrswert anzupassen, eine klare Absage.

Winzig zeigte sich zufrieden, dass der Mittelstand entlastet wird und wandte sich dagegen, Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen. Als positiv hob sie die Lösung zum Crowdfunding, das Paket für die Lehrlingsausbildung, die Erhöhung der Forschungsprämie und die Erleichterung für Klein- und Mittelbetriebe bei öffentlichen Aufträgen hervor.

Wöginger wehrte sich auch gegen Vorwürfe der FPÖ, für die Familien werden zu wenig getan, indem er auf die höheren Freibeträge für Kinder, die geplante Anhebung der Familienbeihilfe und an die Investitionen in die Kinderbetreuung erinnerte. (Fortsetzung Nationalrat) jan