Nationalrat nominiert Angela Julcher als neues VfGH-Ersatzmitglied
Opposition hätte sich Hearing gewünscht
Wien (PK) – Der Nationalrat hat heute zum Schluss seiner Sitzung Angela Julcher als neues Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofs nominiert. Die Abgeordneten stimmten mit breiter Mehrheit für einen entsprechenden Wahlvorschlag der Koalitionsparteien. Julcher ist seit vier Jahren Richterin am Verwaltungsgerichtshof und war zuvor unter anderem im Unabhängigen Umweltsenat und im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts tätig. Die Opposition bedauerte, dass kein Hearing durchgeführt wurde, Grüne, NEOS und Team Stronach stimmten in Anbetracht der Qualifikationen Julchers dem Wahlvorschlag dennoch zu. Insgesamt haben sich fünf KandidatInnen für die ausgeschriebene Funktion beworben, darunter zwei Frauen.
In einer kurzen Debatte verwies SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann auf die beeindruckende Biographie Julchers. Er äußerte sich überdies darüber erfreut, dass Julcher die Frauenquote am Verfassungsgerichtshof erhöhen wird. Auch ÖVP-Abgeordneter Bernd Schönegger unterstützte den Wahlvorschlag ausdrücklich, mit einem Hinweis auf die bedeutende Funktion des Verfassungsgerichtshofs nicht nur als Hüter der Verfassung, sondern als wichtiger Mittler und Schiedsrichter in strittigen Fragen.
Die Opposition bedauerte geschlossen, dass zur Erstattung des Wahlvorschlags kein Hearing abgehalten wurde. Die FPÖ könne Julcher deshalb weder die Kompetenz für das Amt zusprechen noch absprechen, sagte Abgeordneter Gernot Darmann.
Seitens der Grünen meinte Abgeordnete Daniela Musiol, die Koalitionsparteien hätten ihrer Fraktion die Zustimmung zum vorliegenden Wahlvorschlag wegen der Ablehnung eines Hearings nicht leicht gemacht. Man habe mit Julcher zwar sicher eine sehr qualifizierte Frau ausgewählt, die, was die Grünen begrüßten, sowohl im umweltrechtlichen als auch im fremdenrechtlichen Bereich Expertise mitbringe, Musiol vermisst aber ein klares und transparentes Bestellungsverfahren.
Die NEOS haben, wie Abgeordneter Nikolaus Scherak berichtete, selbst die Initiative ergriffen und Julcher zu einer Anhörung in den Klub geladen. Dabei habe man sich überzeugt, dass sie eine gute Wahl sei, sagte er.
Angela Julcher folgt Gabriele Kucsko-Stadlmayer nach, die am 1. November ihre neue Funktion als Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg antritt.
Dem Verfassungsgerichtshof gehören neben einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten zwölf weitere Mitglieder sowie sechs Ersatzmitglieder an, wobei der Nationalrat ein Vorschlagsrecht für drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder hat. Drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied werden vom Bundesrat, die übrigen sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder sowie der VfGH-Präsident und der Vizepräsident von der Bundesregierung nominiert. Voraussetzung für das Amt eines VfGH-Richters ist ein abgeschlossenes Jus-Studium und eine zumindest zehnjährige einschlägige berufliche Tätigkeit, die von der Regierung nominierten sechs Mitglieder müssen darüber hinaus ausdrücklich aus dem Kreis der RichterInnen, VerwaltungsbeamtInnen und UniversitätsprofessorInnen kommen. Die formale Ernennung der VfGH-RichterInnen obliegt dem Bundespräsidenten.
Schließlich stimmte der Nationalrat noch über einen Fristsetzungsantrag der FPÖ ab. Das Anliegen von Abgeordneter Anneliese Kitzmüller, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1224/A(E) betreffend Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland an die jeweiligen Lebenshaltungskosten eine Frist bis zum 13. Oktober 2015 zu setzen, fand keine Mehrheit.
Eine weitere (92.) Sitzung des Nationalrats diente formalen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) gs