Parlamentskorrespondenz Nr. 1405 vom 09.12.2015

Asyl: Kostensätze für Grundversorgung werden angehoben

Nationalrat genehmigt Bund-Länder-Vereinbarung

Wien (PK) – Der Nationalrat hat bereits im Zuge der Verankerung des Durchgriffsrechts des Bundes bei der Schaffung von Asylquartieren beschlossen, die Tagsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen in organisierten Unterkünften in zwei Schritten von 19 € auf 21 € zu erhöhen. Auch andere ausgewählte Sätze sind nach Meinung der Regierung zu niedrig, um eine kostendeckende Grundversorgung schutzbedürftiger Fremder sicherzustellen. Sie hat sich daher mit den Ländern auf eine Änderung der Grundversorgungsvereinbarung (GVV) verständigt. In der heutigen Sitzung gab der Nationalrat gegen die Stimmen der FPÖ und des Team Stronach grünes Licht für diesen Bund-Länder-Vertrag. Die Opposition blitzte hingegen mit zwei Anträgen zum Thema Asyl ab, die NEOS wollten etwa eine Neuausschreibung der Flüchtlingsbetreuung in Traiskirchen und anderen Erstaufnahmestellen des Bundes erreichen.

Neben der Erhöhung des Tagsatzes für Erwachsene in organisierten Unterkünften sieht die Bund-Länder-Vereinbarung auch die Anhebung anderer ausgewählter Grundversorungssätze vor, wobei der Kostenhöchstsatz für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen bis zu 10 Personen am deutlichsten steigt. Rückwirkend ab August können hierfür 95 € statt 77 € pro Tag geltend gemacht werden. Keine Änderungen gibt es hingegen beim Taschengeld, dieses bleibt bei 40 € monatlich.

FPÖ und Team Stronach kritisieren "Geschäftsmodell Asyl"

Kritisch zur vorliegenden Vereinbarung äußerten sich die FPÖ-Abgeordneten Günther Kumpitsch und Gernot Darmann. Angesichts der hohen Zahl von AsylwerberInnen wäre es vordringlich, Asylverfahren rasch und effizient abzuwickeln, statt die Kostenhöchstsätze für die Grundversorgung zu erhöhen, sagte Kumpitsch. Damit könnte man die Kosten für den Asylbereich erheblich senken. Ihm zufolge haben mittlerweile überdies viele Institutionen und Private das "Geschäftsmodell Asyl" entdeckt und verdienten sich auf Kosten der SteuerzahlerInnen "eine goldene Nase".

Bekräftigt wurde von Kumpitsch und Darmann auch die Forderung der FPÖ, NGOs vollständig aus der Mitwirkung von Asylverfahren auszuschließen und sowohl die Grundversorgung von Flüchtlingen als auch die Rechtsberatung hoheitlich zu organisieren. Darmann hält außerdem eine Obergrenze für Flüchtlinge für dringend erforderlich. Es könne nicht sein, "dass AsylwerberInnen ohne Ende nach Österreich kommen können". Kein Verständnis hat er überdies dafür, dass für eine Erhöhung von Familienleistungen kein Geld da ist, für eine bessere Versorgung von Flüchtlingen aber schon. Flüchtlinge müssten auch konsequent abgeschoben und zurückgeführt werden, wenn ein Asylverfahren negativ abgeschlossen ist, forderte Kumpitsch.

Auch Team-Stronach-Abgeordneter Christoph Hagen rief die Verantwortlichen dazu auf, bei der Betreuung von AsylwerberInnen mehr auf das Geld der SteuerzahlerInnen zu achten. Man solle nur das Nötigste finanzieren, bekräftigte er und wandte sich ausdrücklich gegen ein "Fünf-Sterne-All-Inclusive-Programm". Man müsse überdies verhindern, dass "sich irgendwelche Organisationen die Taschen voll stopfen".

Grüne und NEOS für bessere Versorgung minderjähriger Flüchtlinge

Die Grünen stimmten zwar für die Bund-Länder-Vereinbarung, Abgeordneter Alev Korun geht der Beschluss aber nicht weit genug. Die Kostensätze seien seit dem Jahr 2004 erst einmal angehoben worden und würden auch nach der nunmehrigen Erhöhung nicht kostendeckend sein, glaubt sie. Insbesondere hält sie es für notwendig, den Tagsatz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf das Niveau der österreichischen Kinderhilfe von 120 € pro Tag anzuheben. Kinder und Jugendliche hätten die gleichen Bedürfnisse nach Betreuung, gleichgültig, woher sie kommen, argumentiert Korun. Ein entsprechender Antrag der Grünen fand bei der Abstimmung jedoch keine Mehrheit.

Auch die NEOS blitzten mit einem eigenen Antrag ab. Nikolaus Scherak und seine FraktionskollegInnen wollten erreichen, dass die Flüchtlingsbetreuung in Traiskirchen und den anderen Erstaufnahmestellen des Bundes neu ausgeschrieben wird. Die SPÖ-Abgeordneten Otto Pendl und Hannes Fazekas sprachen sich zwar dafür aus, die Beauftragung privater Firmen mit der Betreuung von Flüchtlingen generell zu überdenken und in Ruhe über diese Frage zu diskutieren, akuten Handlungsbedarf sehen sie aber nicht.

Hinter die Forderung der NEOS stellte sich hingegen Alev Korun. Ihrer Meinung nach wäre es angebracht, die Betreuung von Flüchtlingen Organisationen zu übertragen, die nicht gewinnorientiert sind. Eine Überprüfung der ORS AG und eine Offenlegung der Verträge hält auch FPÖ-Abgeordneter Kumpitsch für erforderlich, den vorliegenden Antrag lehnte er aber ab.

Zustimmend äußerte sich NEOS-Abgeordneter Scherak zur vorliegenden Bund-Länder-Vereinbarung. Es sei höchste Zeit, dass es zu einer Anhebung der Kostensätze komme. Wie Korun verwies auch Scherak vor allem auf Defizite bei der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge und verlangte eine weitere Erhöhung des Tagsatzes für Kinder und Jugendliche auf 120 €.

SPÖ und ÖVP: Tariferhöhung ist berechtigt

Seitens der Koalition verteidigten unter anderem die Abgeordneten Nikolaus Prinz (V), Nurten Ylmaz (S) und Rudolf Plessl (S) die Erhöhung der Kostensätze. Die neuen Tarife seien in Ordnung und berechtigt, bekräftigte Prinz. Ylmaz erinnerte daran, dass die Sätze schon seit längerem nicht angehoben wurden.

ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon wies darauf hin, dass Österreich bei der Dauer von Asylverfahren international vorbildlich sei, auch wenn sich die durchschnittliche Verfahrensdauer mittlerweile von rund drei Monaten auf sechs Monate verlängert habe. Kein Verständnis zeigte er für die Kritik der FPÖ. Dieser könne man offenbar nichts recht machen, klagte er und versicherte, für den Bund sei das Asylwesen jedenfalls mit Sicherheit kein "Geschäftsmodell". SPÖ-Abgeordneter Pendl hob die Notwendigkeit hervor, auch bei Asylverfahren Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten.

Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler stellte eine Verbindung zwischen Grundversorgung und Pflegegeld her und meinte, auch beim Pflegegeld würde man sich eine rückwirkende Erhöhung wünschen. Er hob außerdem die Notwendigkeit hervor, klar zwischen Flüchtlingen gemäß der UN-Flüchtlingskonvention und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden.

SPÖ-Kritik an Containerdorf für Flüchtlinge in Bruckneudorf

Kritik an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner übte der burgenländische SPÖ-Abgeordnete und Bürgermeister von Inzenhof Jürgen Schabhüttl. Er habe seinerzeit das Durchgriffsrecht des Bundes zur Schaffung von Asylquartieren mitbeschlossen, weil er verhindern habe wollen, dass Flüchtlinge in unbeheizten Zelten oder im Freien schlafen müssten, betonte er. Bei der Umsetzung des Durchgriffsrechts läuft seiner Ansicht nach aber einiges schief, etwa was die Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden betrifft. Schabhüttl stellte sich in diesem Sinn "zu hundert Prozent" hinter den Bürgermeister von Bruckneudorf und den burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl, die Widerstand gegen die Errichtung eines Containerdorfs für Flüchtlinge am Gelände des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf angekündigt haben. Massenquartiere für Flüchtlinge würden Integration nicht fördern, unterstrich Schabhüttl.

Straßenverkehr: Team Stronach will verendenden Tieren Qualen ersparen

Abgelehnt wurde vom Nationalrat schließlich ein Antrag des Team Stronach, dem zufolge die Exekutive das ausdrückliche Recht erhalten soll, Wildtieren und – mit Einverständnis des Besitzers – auch Haus- und Nutztieren einen Gnadenschuss zu geben, wenn diese im Straßenverkehr verletzt wurden und am Verenden sind. Nach Meinung der Abgeordneten Michael Hammer (V) und Anton Heinzl (S) ist der Sachverhalt im Tierschutzgesetz ausreichend geregelt. Es gebe in der Praxis keine Probleme, versicherte Hammer. Generell wies Heinzl auf die enorme Zahl von Verkehrsunfällen mit Wildschäden hin, die er nicht zuletzt auf überhöhte Geschwindigkeit und die Missachtung von Warntafeln zurückführt.

Dass es in der Praxis keine Probleme gibt, dem widersprach nicht nur Abgeordnete Martina Schenk (T). Auch der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler sieht Handlungsbedarf. Es wäre sinnvoll, wenn PolizistInnen Tiere von ihren Qualen erlösen dürften, unterstrich er. Schenk nutzte die Debatte überdies dazu, sich vehement gegen eine Verschärfung des Waffengesetzes auszusprechen.

Christian Lausch stellte namens der FPÖ die Ablehnung des Antrags in Aussicht, obwohl dieser seiner Meinung nach in manchen Punkten durchaus Berechtigung hat. (Fortsetzung Nationalrat) gs