Parlamentskorrespondenz Nr. 1442 vom 17.12.2015

Rechnungshof rügt Unterschiede bei der Dauer von Gerichtsverfahren

Justizthemen auf dem Prüfstand des Rechnungshofausschusses

Wien (PK) – In gerichtlichen Strafverfahren bestehen bundesweit große Unterschiede hinsichtlich der Verfahrensdauer. Dies war nur einer der Beanstandungen, mit denen sich die Abgeordneten des Rechnungshofausschusses heute anlässlich der Diskussion über Prüfungsberichte aus dem Bereich der Justiz auseinandersetzten. Am Beispiel ausgewählter Gerichte hatte der Rechnungshof dabei die Aspekte Steuerung und Qualitätssicherung einer kritischen Untersuchung unterzogen. Was hingegen die Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug betrifft – hier lag dem Ausschuss ein Bericht über eine Follow-up-Prüfung vor – attestierte RH-Präsident Josef Moser dem Justizministerium, die Empfehlungen weitgehend umgesetzt zu haben.

RH ortet Verbesserungsbedarf bei Organisation der Bezirksgerichte und Justizverwaltung

Der Rechnungshof richtete seinen Blick zunächst auf die Bezirksgerichte Döbling, Graz-Ost und Graz-West und kam im gegenständlichen Prüfbericht (III-139 d.B.) zum Ergebnis, dass die Verfahren in Graz-West durchschnittlich 2,2 Monate, jene in Döbling hingegen 17,3 Monate in Anspruch nahmen. Überprüft wurden auch die Landesgerichte Linz und Wiener Neustadt, wobei sich auch hier Unterschiede bei der Verfahrensdauer (2,9 bzw. 6,5 Monate) ergaben. Die Ursachen lagen im Wesentlichen in der unterschiedlich effizienten Arbeitsweise der RichterInnen und waren nicht sachlich begründet, heißt es dazu im Bericht. Auch hätten die Justizverwaltungsorgane ihre Dienstaufsicht teilweise nicht aktiv und konsequent wahrgenommen. Rechnungshofpräsident Moser bemängelte zudem aber auch, dass für die Besetzungen in der Justizverwaltung kein Anforderungsprofil oder Kriterienkatalog festgelegt worden sei, auch habe man bestehende Steuerungs- und Qualitätssicherungsinstrumente seitens der Ressorts nur eingeschränkt eingesetzt. Als problematisch stufte der Bericht auch die derzeitige Organisation der Bezirksgerichte ein. Zwei Drittel der Standorte verfügten nur über eine halbe Richterkapazität im Strafbereich, was für eine Spezialisierung und effiziente Verfahrensführung hinderlich sei.

Brandstetter: Justiz braucht Managementqualitäten

Die Kritik des Rechnungshofes sei absolut nachvollziehbar, betonte Justizminister Wolfgang Brandstetter und sprach in diesem Zusammenhang von einem wichtigen Indikator für die Auslotung von Schwachstellen in der Justizverwaltung. Die richterliche Unabhängigkeit setze bei der Umsetzung der Rechnungshof-Empfehlungen allerdings gewisse Grenzen, dämpfte der Ressortchef allzu hohe Erwartungen. Bei der Reform der Gerichtsstruktur ist es aus der Sicht Brandstetters jedenfalls entscheidend, das Serviceangebot für die rechtssuchende Bevölkerung zu verbessern. Es sei daher nicht sinnvoll, alles nach rein ökonomischen Kriterien zu betrachten, vielmehr müssten auch regionale Aspekte berücksichtigt werden, bemerkte er gegenüber der Grün-Abgeordneten Gabriela Moser. Als Beispiele für eine gelungene Strukturreform der Gerichte nannte Brandstetter die Verbindung des Bezirksgerichtes Montafon mit dem Bezirksgericht Bludenz bei gleichzeitiger deutlicher Aufwertung dieses Standortes sowie die Zusammenlegung des Bezirksgerichts Saalfelden mit dem Standort Zell am See. Was die von den Abgeordneten Christan Lausch (F) und Hermann Gahr (V) kritisierte hohe Bandbreite bei der Verfahrensdauer betrifft, versicherte der Ressortchef, die Gründe dafür erheben zu lassen. Der Einsatz von Sprengelrichtern, wie in etwa Johann Hell (S) vorschlug, sei aber nicht immer ein Allheilmittel gegen lange Verfahren.

In der Justiz sind in zunehmenden Maße Managementqualitäten gefordert, zeigte sich Brandstetter einer Meinung mit NEOS-Mandatarin Claudia Angela Gamon (N) und kündigte an, gerade diesem Aspekt werde in Zukunft im Rahmen der Ausbildung besonders Rechnung getragen. Auch die von SPÖ-Abgeordnetem Erwin Preiner aufgegriffene Empfehlung des Rechnungshofs bezüglich eines einheitlichen Anforderungsprofils für die Justizverwaltung fand den Zuspruch des Ministers. Großes Augenmerk widme das Ressort darüber hinaus dem EDV-Einsatz, wo Österreich international führend sei und eine Reihe europäischer Staaten, so etwa Griechenland, berate, bestätigte Brandstetter gegenüber SPÖ-Abgeordneter Marianne Gusenbauer-Jäger. Ein eigenes Pilotprojekt – gedacht ist an den Standort Korneuburg – werde nun die Heranziehung der Videotechnologie zur Protokollierung zum Gegenstand haben.

RH-Präsident Moser mahnt kürzere Verfahrensdauer ein

Rechnungshofpräsident Josef Moser wies auf die gute Zusammenarbeit mit dem Justizministerium hin, der es zu verdanken sei, dass zahlreiche Empfehlungen bereits umgesetzt werden konnten. Er appellierte allerdings einmal mehr an die Dienstaufsicht, dafür zu sorgen, dass es nicht zu sachlich unbegründet langen Verfahren kommt. Bestätigt fühlte er sich in dieser Forderung auch durch die Europäische Menschenrechtskonvention, die ein Grundrecht auf Abwicklung von Gerichtsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist vorsieht.

Medizinische Versorgung im Strafvollzug: RH-Empfehlungen größtenteils umgesetzt

Weitgehend zufrieden zeigte sich Josef Moser mit der Reaktion des Justizministeriums auf die bei einer Prüfung der Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug vom Rechnungshof relevierten Kritikpunkte. Das Ressort habe die Empfehlungen aus dem Jahr 2012 zum größeren Teil umgesetzt, konnten die Abgeordneten aus dem Bericht über eine diesbezügliche Follow-up-Prüfung (III-127 d.B.) entnehmen. So sei nunmehr eine persönliche Kompetenz zum Zweck der Wahrnehmung der Fachaufsicht und des Controllings der ärztlichen Tätigkeit in Justizanstalten aufgebaut worden, die Anstellung eines allgemeinmedizinischen und eines zahnärztlichen Chefarztes wiederum habe Einsparungen ermöglicht. Vor allem durch die Inbetriebnahme des Forensischen Zentrums Asten sanken die Ausgaben für die stationäre Behandlung von geistig abnormen zurechnungsunfähigen Straftätern in psychiatrischen Krankenanstalten von 35 Mio. € im Jahr 2009 auf 30 Mio. € im Jahr 2013. Offen waren allerdings noch die teilweise Einbeziehung von Häftlingen in das Krankenversicherungssystem, die Erarbeitung von Personalbemessungskonzepten für den Ärztlichen Dienst und den Pflegedienst sowie ein einheitliches Entlohnungsschema für Ärzte in der Vollzugsverwaltung.

Forensisches Zentrum Asten als Leitbild für Reformen

Grundgedanke sämtlicher Reformüberlegungen sei es, die bestmögliche medizinische Betreuung für die Häftlinge sicherzustellen, unterstrich Justizminister Wolfgang Brandstetter. So würden nun Überlegungen in Richtung einer Spezialisierung angestellt, wobei auch die von FPÖ-Abgeordnetem Christan Lausch vorgeschlagene Einrichtung einer Geriatrie im Raum steht. Team Stronach-Abgeordnete Martina Schenk wiederum regte die Schaffung einer eigenen Justizklinik an. Das Forensische Zentrum Asten gilt jedenfalls als Leitbild für optimale Betreuungseinrichtungen und als Ansatz für weitere Reformschritte, betonte Brandstetter. Bezüglich einer Einbeziehung der Häftlinge in die gesetzliche Krankenversicherung – eine Forderung der Abgeordneten Gabriela Moser (G) und Claudia Angela Gamon (N) – seien noch Gespräche mit den zuständigen EntscheidungsträgerInnen zu führen, zumal es noch einiges abzuklären gelte.

Kostentragung bei medizinischer Versorgung: Josef Moser empfiehlt Regelung im Finanzausgleich

Rechnungshofpräsident Josef Moser begrüßte den hohen Umsetzungsstand der Empfehlungen, sah in einigen Bereichen aber noch Handlungsbedarf. Er drängte ebenso wie Elmar Mayer (S) und Christian Lausch (F) auf eine entsprechende Kooperation mit dem Verteidigungsministerium, um die Mitbenützung von Ressourcen des Heeresspitals für die Justiz zu ermöglichen. Moser rief zudem auch das Scheitern einer Art.15a-Vereinbarung mit den Ländern in Erinnerung, das zu mehr Kosten für die Justiz geführt habe, und empfahl nun, die Kostentragung der medizinischen Versorgung zwischen Bund und Ländern im Wege des Finanzausgleichs zu regeln. Brandstetter teilte in diesem Zusammenhang mit, dass es mit den Ländern konkrete Gespräche über deren Leistungen als Kompetenzträger im Gesundheitswesen gibt.

Der Bericht wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) hof