Parlamentskorrespondenz Nr. 40 vom 27.01.2016

Nationalrat: Grüne warnen vor Telekom-Schicksal bei der OMV

Finanzminister Schelling weist geschäftsschädigende Spekulationen zurück

Wien (PK) – Ganz im Zeichen des Klimaschutzes stand die Aktuelle Stunde, mit der die erste Nationalratssitzung des heurigen Jahres eröffnet wurde. Angesichts des knappen Umweltbudgets und der medialen Berichte rund um einen möglichen Verkauf der OMV an die russische Gazprom befürchteten die Grünen, dass Österreich die Ergebnisse des UN-Klimagipfels 2015 in Paris nicht ernst nehme und zudem auch keine wirkliche nationale Strategie in diesem Bereich hat. Schelling hielt es für unredlich, wenn eine Debatte über den Klimaschutz mit einem Gerücht, das jeder realen Grundlage entbehre, verknüpft wird. Derartige Spekulationen schaden nicht nur dem Unternehmen selbst, sondern dem gesamten Wirtschaftsstandort.

Vor Eingang in die Tagesordnung informierte Nationalratspräsidentin Doris Bures die Abgeordneten über die nun offiziell vollzogene Rochade im Regierungsteam. Der Bundespräsident habe gestern Alois Stöger (Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), Gerald Klug (Verkehr, Innovation und Technologie) und Hans Peter Doskozil (Landesverteidigung und Sport) als neue Minister ernannt. Dem bisherigen Minister Rudolf Hundstorfer zollte sie Anerkennung und Dank für seine jahrelange Tätigkeit im Sozialressort.

Schließlich wies Bures noch darauf hin, dass die heutige Plenardebatte am Jahrestag der Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz stattfindet. Das Parlament habe diesen Ereignissen nicht nur im Rahmen einer Veranstaltung gedacht, sondern auch eine Ausstellung über die NS-Medizinverbrechen im Palais Epstein initiiert, die aufgrund des großen Interesses noch bis Samstag für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird (siehe gestrige Parlamentskorrespondenz Nr. 38).

Grüne: Chancen des Klimavertrags müssen so schnell wie möglich genutzt werden

Die Ergebnisse des Weltklimagipfels in Paris geben wirklich Anlass zur Hoffnung, meinte Werner Kogler von den Grünen, da viele große globale Veränderungen mit solchen Vereinbarungen auf Zielebene begonnen haben. Auch seine Fraktionskollegin Christiane Brunner bezeichnete das Abkommen von Paris als historisches Ereignis, da die "ganze Welt entschieden hat, dass das Zeitalter der fossilen Energien zu Ende ist". Nun seien die Nationalstaaten gefordert, so rasch wie möglich konkrete Maßnahmen (wie z.B. die Ökologisierung des Steuersystems) zu setzen, unterstrich Wolfgang Pirklhuber (G).  

Leider habe man jedoch nicht den Eindruck, dass die Chancen und auch die damit verbundene Verantwortung von der österreichischen Bundesregierung ernst genommen werden, urteilten die VertreterInnen der Grünen. Erst vorgestern wurde eine Studie publiziert, die belege, dass der Anstieg des Weltmeeresspiegels wesentlich schneller und dramatischer vor sich gehe als bisher angenommen. Außerdem sei gerade der alpine Raum von den Klimaveränderungen und den extremem Wetterereignissen am stärksten betroffen, gab Kogler zu bedenken. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, warum es zu dramatischen Kürzungen im Umweltbereich, vor allem beim Klimafonds, den Umweltförderungen und der thermischen Sanierung, gekommen ist. Mit Bedauern müsse man auch feststellen, dass Österreich, das in den 90er Jahren noch als Vorreiter in Sachen Umwelt- und Energiewirtschaft gegolten hat, sich zu einem kompletten Nachzügler entwickelt hat.

Äußerst besorgniserregend seien natürlich auch die in den Medien kolportieren Pläne und Vorgänge rund um die OMV, die Erinnerungen an die katastrophalen Auswirkungen des Besitzerwechsels bei der Telekom aufkommen lassen. Für Kogler war es nicht überraschend, dass die OMV wirtschaftlich schlecht da steht und eine völlige falsche Investitionspolitik betreibt, wenn man Leute "wie den Herrn Sigi Wolf an der Spitze der ÖIAG weiter fuhrwerken lässt". Wie soll die Zukunft dieses Konzerns in 30 bis 40 Jahren aussehen, wenn etwa in Westsibirien Schürfrechte erworben werden sollen, fragte sich Kogler. Wenn man den Vertrag von Paris wirklich ernst nehme, dann müsse seiner Meinung nach ein rascher Ausstieg aus dem Ölgeschäft und mittelfristig auch aus dem Gassektor erfolgen. Die OMV habe genug Know-how, um eine Energiewende einzuleiten, war seine Kollegin Brunner überzeugt.

Schelling: Republik nimmt Verantwortung wahr; Gerüchte schaden nur dem Unternehmen

Alleine schon der Titel der Aktuellen Stunde sei falsch gewählt, erklärte Bundesminister Hans Jörg Schelling, da es nicht beabsichtigt sei, Teile der OMV, an der die Republik mit 31,5 % beteiligt ist, an die Gazprom zu verkaufen. Solche Gerüchte schaden nur dem Standort und einem der wichtigsten heimischen Unternehmen, kritisierte der Ressortchef. Klar sei jedoch, dass sich ein Konzern angesichts dramatischer Veränderungen des Marktes und der Preise neue strategische Ausrichtungen ins Auge fassen müsse. Er halte es für sinnvoll, wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat nun Überlegungen anstellt, wie das Unternehmen unabhängiger vom Öl- und Gaspreis aufgestellt werden könne.

Würde die IPIC (International Petroleum Investment Company), d ie mit 24,9 % an der OMV beteiligt ist, wirklich aussteigen wollen, dann gibt es ganz klare Bedingungen bezüglich des Kaufs der Aktien, erläuterte Schelling. Da derzeit Gespräche über die Verlängerung des Vertrags mit der IPIC laufen, seien diverse Zwischenrufe, u.a. von ehemaligen Staatssekretärinnen, nicht besonders hilfreich. Was die Gas Connect betrifft, so stehe sie komplett unter dem regulatorischem Schutz der E-Control, führte der Minister weiter aus. Der Regulator entscheidet nicht nur über die Nutzung der Netze, sondern auch über die Höhe der Preise. Der neue Vorstandsvorsitzende habe jedenfalls den Auftrag, alles daran zu setzen, damit die OMV auch in Zukunft ein starkes österreichisches Unternehmen ist.

Debatte über konkrete Ausgestaltung der nationalen Klimastrategie und die Zukunft der OMV

Auch wenn der Klimagipfel in Paris ein großer Erfolg war, gehe es nun darum, konkrete Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene in Angriff zu nehmen, urteilte SPÖ-Abgeordneter Wolfgang Katzian. Der Verkauf der OMV an die Gazprom stand für ihn nicht zur Debatte, da es weder von Seiten der Republik noch von Seiten des Managements derartige Bestrebungen gebe. Die schwierigen Rahmenbedingungen und Umwälzungen am Energiemarkt machen es jedoch erforderlich, neue Wege zu beschreiten. Auch wenn dies bedeute, den Bereich der erneuerbaren Energien zu forcieren, dürfen bestehende Strukturen nicht gleich "über den Haufen geworfen werden".  Rainer Wimmer (S) zeigte Verständnis dafür, dass die Öffentlichkeit und vor allem die betroffenen ArbeitnehmerInnen aufgrund zahlreicher Medienberichte über die OMV verunsichert sind. Es sei daher wichtig, dass der Finanzminister heute klare Worte gefunden hat und die Diskussion seriös und transparent weitergeführt wird. Man werde sehr genau aufpassen, dass es zu keiner Privatisierung durch die Hintertür kommt, versicherte Wimmer.

Österreich nahm schon immer eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz ein und werde dies auch nach dem Vertrag von Paris so halten, konstatierte ÖVP-Mandatarin Angelika Winzig. Die Realisierung des Abkommens garantiere zudem, dass die Zeiten von unakkordierten und beinahe standortschädlichen Alleingängen Europas vorbei sind. Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern könne nach Ansicht von Andreas Hanger (V) aber nur schrittweise erfolgen. Was die OMV angeht, so gebe es keinen Privatisierungsauftrag, bekräftigte er. Die OMV, das größte börsennotierte Unternehmen Österreichs, sei aber mit stark veränderten Rahmenbedingungen konfrontiert und müsse zukunftsweisende Weichenstellungen vornehmen. Man solle die unabhängigen Organe in Ruhe arbeiten lassen und mediale Zurufe tunlichst vermeiden, betonte Hanger. Die Interessen des Konzerns seien zudem durch den Eigentümervertreter der Republik, Finanzminister Schelling, bestens gewahrt.

FPÖ-Mandatar Johannes Hübner beklagte den negativen Einfluss der Politik auf die Ausrichtung der OMV in den letzten Jahren, was sich vor allem im Gashandel gezeigt habe. Projekte wie Nabucco oder South Stream, die alternative Gaslieferrouten geschaffen hätten, wurden von der EU einfach abgedreht. Im Gegensatz zu den Grünen befürwortete er die mögliche Beteiligung der OMV in die Gasförderung in Westsibirien, weil die Preise dafür so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr sind. Auch sein Fraktionskollege Walter Rauch war der Auffassung, dass es der Unternehmensführung obliege, welche Geschäftsfelder ausgewählt werden. Von Seiten der Politik sollten aber mehr Anreize in Richtung erneuerbare Energien gesetzt werden, schlug Rauch vor, eine Ökosteuer lehne er jedoch kategorisch ab.

Die Vertragsstaaten von Paris haben sich darauf geeinigt, den Ausstieg aus Öl und Gas bis 2050 voranzutreiben, hob Michael Pock von den NEOS hervor, und zwar durch wirtschaftliche Anreize sowie durch klare rechtliche Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund sollte diese Debatte nicht mit der OMV verknüpft werden, urteilte der Redner, da es nicht darum gehe, in wirtschaftliche Mechanismen einzugreifen. Josef Schellhorn (N) warf den Grünen Populismus vor, da nur Kooperationen überlegt werden, aber kein Verkauf. Die große Herausforderung des 21. Jahrhunderts stellt für Pock die Verbindung von Umwelt und Wirtschaft dar, nur dann können echte Fortschritte erreicht werden. Die schon bisher bestehenden großen Exportmöglichkeiten (z.B. Abfallwirtschaft oder Umwelttechnologien) sollten noch weiter ausgebaut und gefördert werden. Nationalen Handlungsbedarf sah Pock vor allem noch im Verkehrssektor.

Der Vertrag von Paris, der ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen beinhalte, müsse nun mit Leben erfüllt werden, forderte Ulrike Weigerstorfer vom Team Stronach. Bis dato habe sie aber nicht den Eindruck, dass dieser Auftrag sehr ernst genommen wird, da keine konkreten Pläne vorgelegt wurden. Auch eine mögliche Beteiligung an einem russischen Gasfeld würde der Intention des Abkommens klar widersprechen. Leopold Steinbichler zeigte sich verwundert darüber, dass die Grünen den Vertrag von Paris so loben, obwohl die Schifffahrt und die Luftfahrt ausgenommen wurden. (Fortsetzung Nationalrat) sue