Parlamentskorrespondenz Nr. 220 vom 09.03.2016
EU-Jahresvorschau des Gesundheitsministeriums für 2016
Wien (PK) – Das Gesundheitsministerium hat dem Parlament einen Bericht über EU-Themen, die für die strategische Planung des Ressorts im Jahr 2016 von Bedeutung sind, zugeleitet (III-236 d.B. und III-575-BR). Der Schwerpunkt liegt dabei auf bereits vorgelegten Legislativvorschlägen und Mitteilungen der Kommission, die von Verordnungen in Bezug auf neuartige Lebensmittel, die Tiergesundheit, die Kontrolle neuer psychoaktiver Substanzen, Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika bis hin zum Klonen reichen. Der Bericht steckt auch den Horizont für die nächsten 18 Monate ab, die die EU-Präsidentschaften der Niederlande, der Slowakei und Maltas umfassen. Im Bereich Gesundheit sollen die Diskussionen zu nichtübertragbaren Erkrankungen, die Verfügbarkeit von und der Zugang zu innovativen und erschwinglichen Arzneimitteln für Patientinnen sowie eine Verstärkung der Kooperationsmöglichkeiten weiter geführt werden, ist dem Bericht zu entnehmen. Entsprechende Aufmerksamkeit werde auch der Gesundheitssicherheit, den grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren sowie dem Thema Antibiotikaresistenzen geschenkt.
Weiterentwicklung der Bio-Verordnung, Modernisierung der Lebensmittelkontrolle, Gentechnik
Von großer Bedeutung für Österreich, das den höchsten Teil an biologisch bewirtschafteten Flächen in der EU aufweist, ist etwa die Verordnung über die ökologische bzw. biologische Produktion und die Kennzeichnung dieser Erzeugnisse. Die Biobestimmungen sollen im Sinne von "Better Legislation" in eine neue Form gegossen werden, wobei es einerseits um stringentere Vorschriften für die Erzeugung und andererseits um ein verbessertes Kontrollsystem geht. Aus heimischer Sicht braucht die biologische Produktion ein stabiles, sich nicht dauernd änderndes Regelwerk mit vertretbaren Kosten, weshalb man sich eine gezielte Weiterentwicklung der bestehenden Rechtsgrundlagen erhofft. Eine Totalrevision der Bio-Verordnung könne das bisher Erreichte sowie den weiteren Aufbau des Bio-Sektors stark gefährden, lauten die Bedenken des Ressorts. Obwohl in den vergangenen Verhandlungen wesentlichen Anliegen Österreich entsprochen wurde, gebe es noch eine Reihe von ungeklärten Punkten, wie z.B. die Frage des Rückstandshöchstwertes oder die einmal im Jahr vorgesehene Kontrolle der Unternehmen.
Weiters soll auch das bisherige Instrumentarium in Bezug auf die amtlichen Kontrollen entlang der Lebensmittelkette modernisiert und verschärft werden. In Hinblick auf den vorliegenden Verordnungsvorschlag werden gemeinschaftsweit einheitliche, horizontale Regeln für Qualität, Transparenz, integrierte Kontrollansätze, Grundsätze der Finanzierung, Einfuhrkontrollen und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten unterstützt. Die Position Österreichs, dass fachspezifische Kontrollanforderungen nicht für eine horizontale Regelung geeignet sind und daher im Fachrecht verbleiben sollten, war leider nicht mehrheitsfähig, heißt es im Bericht. Hinsichtlich der Rolle der amtlichen Tierärzte müsse zudem der bisherige Grundsatz der Anwesenheit des amtlichen Tierarztes beim Schlachtprozess – "ante and post mortem inspection" – und bei der Fleischproduktion aufrecht bleiben, lautet die Forderung aus Österreich.
Auf Ablehnung stößt der Vorschlag zur Änderung der Verordnung hinsichtlich der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, die Verwendung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen. Derzeit gibt es u.a. Zulassungen für Soja, Mais, Baumwolle und Raps für Lebensmittel- und Futtermittelzwecke. Wirtschaftlich ist die Europäische Union insbesondere auf den Import von Soja als Futtermittel angewiesen, der Selbstversorgungsgrad ist gering. Auf Basis des Verordnungsentwurfes können die Mitgliedstaaten in Hinkunft selbst entscheiden, ob die Verwendung von GVO-Futtermitteln auf nationaler Ebene zulässig ist – ähnlich der Richtlinie betreffend den Anbau von GVO. Österreich wendet in dieser Frage ein, dass damit lediglich formal die Rolle der Mitgliedstaaten im Zulassungsverfahren gestärkt würde. Nach eingehender Prüfung dürfte es sich hierbei nur um eine Scheinsubsidiarität handeln, da in der Praxis die mitgliedstaatlichen Rechtfertigungsmöglichkeiten massiv eingeschränkt werden sollen.
Medizinprodukte, In-vitro-Diagnostika und Tierarzneimittel
Die Bestrebungen der Europäischen Kommission zur Revision der Medizinprodukte-Richtlinien und ihrer weiteren Straffung und Harmonisierung in zwei geplanten Verordnungen werden aus österreichischer Sicht befürwortet. Schwerpunkte dieser Revision sollten dabei die Sicherstellung einer einheitlichen hohen Qualifikation der europäischen Zulassungsstellen sowie deren verbesserte europäische Überwachung sein. Neben einigen Unklarkeiten gebe es auch noch keine Einigung bezüglich der In-vitro-Diagnostika, wo Österreich die im Gentechnikgesetz festgelegten Standards beibehalten will.
Bezüglich der Pläne zur Neugestaltung des Rahmens für Tierarzneimittel zeigt man sich in Österreich vor allem darüber besorgt, dass die strengen nationalen Regelungen über den Vertrieb von Arzneimitteln und Fütterungsarzneimitteln ausgehebelt werden könnten (zum Beispiel durch die Einführung einer Vertriebsschiene über das Internet). Hinsichtlich der Anwendung von Tierarzneimitteln ist eine Neufassung der bisherigen Bestimmungen vorgesehen, welche den Tierarzt mehr als bisher zum Einsatz nicht zugelassener Mittel ermächtigen würde. Dies könnte die Bestrebungen zur Bereitstellung sicherer und wirksamer Tierarzneimittel konterkarieren, lautet das kritische Urteil. Im Bereich Fütterungsarzneimittel ist aus österreichischer Sicht wesentlich, dass die Möglichkeit der Herstellung solcher Arzneimittel aus Fütterungsarzneimittel-Vormischungen und hofeigenem Futter am Bauernhof erhalten bleibt. Eine Verschärfung der diesbezüglichen Vorschriften wäre hier kontraproduktiv.
EU nimmt kritische Haltung zum Klonen ein
Das Klonen ist eine im Jahr 1996 durch das Schaf "Dolly" bekannt gewordene Technik der ungeschlechtlichen Reproduktion von Tieren, mit der nahezu genaue genetische Kopien des jeweiligen Tieres erzeugt werden können. Auf der Grundlage einer Folgenabschätzung wurden von der Europäischen Kommission zwei Vorschläge zum Thema Klonen ausgearbeitet. Der Vorschlag für eine Richtlinie über das Klonen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Pferden, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert werden sieht im Gebiet der Union die Aussetzung des Klonens von Tieren und des Inverkehrbringens von Klontieren und Klonembryonen vor. Diese Initiative betrifft nicht Tiere, die ausschließlich für andere Zwecke – zum Beispiel Forschung, Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, Erhaltung seltener Rassen oder gefährdeter Arten oder Sport- und Kulturereignisse - gehalten und reproduziert werden.
Der Vorschlag für eine Richtlinie über das Inverkehrbringen von Lebensmitteln von Klontieren beinhaltet ein vorläufiges Verbot, sowohl was das Inverkehrbringen als auch die Einfuhr von Lebensmitteln von Klontieren aus Drittländern betrifft. Eine Entscheidung der niederländischen Präsidentschaft, wie mit den beiden Dossiers weiterverfahren werden soll, steht noch aus. Österreich hat auf europäischer Ebene wiederholt auf die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer Regelung hingewiesen. Eine Erweiterung des Geltungsbereichs auf alle Tierarten, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert werden, wird positiv gesehen. Erörterungsbedarf bestehe noch hinsichtlich der Ausdehnung des Einfuhrverbots und entsprechender Kennzeichnungs- bzw. der Rückverfolgbarkeitsregelungen. (Schluss) sue