Parlamentskorrespondenz Nr. 427 vom 28.04.2016

Infrastrukturthemen im Nationalrat: Handystrahlung und Datenschutz

Plenum lehnt Vorstöße der Grünen ab

Wien (PK) – Zwei Anträge der Grünen zum Bereich Infrastruktur verließen heute das Nationalratsplenum ohne die nötige Mehrheit. Zum einen ging es der Oppositionspartei um verstärkte Informationen durch das Infrastrukturministerium über die Gefahren der Handynutzung, gerade in Bezug auf mögliche Strahlenbelastung der Hörorgane. Zum anderen forderten sie mehr Datenschutz bei digitalen Systemen in Kraftfahrzeugen. Anstoß nimmt die Oppositionspartei besonders an Plänen der Europäischen Union, zwecks sicherer Fahrzeugnutzung die Datensammlung hinsichtlich Fahrgewohnheiten auszuweiten.

Warnung vor Handystrahlen

Für Grünen-Mandatarin Gabriela Moser sind die langjährig erprobten Kampagnen zur Hebung der Verkehrssicherheit ein Best Practice Beispiel für Bewusstseinsbildungs- und Vorsorgemaßnahmen, was Schäden durch Strahlung von Mobiltelefonen anbelangt. Als Grundlage für eine bundesweite Informationsinitiative dazu solle eine aktualisierte Fassung der "10 medizinischen Handy-Regeln" der Wiener Ärztekammer dienen, verlangt sie (850/A(E)). Die Regierung erinnerte Moser in ihrem Plädoyer für staatliches Engagement an den per Verfassung gebotenen umfassenden Gesundheitsschutz, womit sie beim fraktionslosen Abgeordneten Rupert Doppler auf Verständnis stieß. Eindeutig steige durch die Nutzung von Handys die Strahlenbelastung, die allerdings erst nach mehreren Jahren nachweisbar sei.

Hermann Lipitsch (S) und Johannes Schmuckenschlager (V) gaben hingegen zu bedenken, der zuständige wissenschaftliche Beirat Funk habe zur Mobiltelefonnutzung umfassend geforscht, und sei bei Beachtung der entsprechenden Grenzwerte auf keinerlei erhöhte Gefährdung gestoßen. Wichtiger als neuerliche Kampagnen sei die regelmäßige Berichterstattung des Beirats an das Ministerium, so Lipitsch. Schmuckenschlager ergänzte, NutzerInnen hätten auch ein gewisses Maß an Eigenverantwortung beim Umgang mit Mobiltelefonen zu tragen. Michael Pock (N) schloss sich der Argumentation der Regierungsfraktionen an.

Digitale Kfz-Systeme am datenschutzrechtlichen Prüfstand

Digitale Systeme in Autos werfen für die Grünen Fragen des Datenschutzes auf. In einem Entschließungsantrag (1427/A(E)) plädiert Justizsprecher Albert Steinhauser dafür, die diesbezügliche Datenverarbeitung auf ein Minimum zu reduzieren, um den Schutz der Privatsphäre der AutofahrerInnen zu gewährleisten. So sollte es etwa Versicherungen nicht erlaubt sein, "Pay-as-you-drive-Geschäftsmodelle" anzubieten, bei denen der Tarif durch Datenübermittlung des Fahrverhaltens festgelegt wird. Vielmehr sei der Fahrzeughalter oder die Fahrzeughalterin als jene Stelle rechtlich abzusichern, die alleinige Verfügungsvollmacht über seine oder ihre Kfz-Daten hat. Da sich der Antrag auf geplante EU-Vorgaben bezog, betonte Steinhauser, seine Fraktion übe auch an unionsweiten Regelungen Kritik, wenn diese rechtlich nicht haltbar seien – siehe Vorratsdatenspeicherung.

Die vermehrte Digitalisierung in Kraftfahrzeugen, warnte Rupert Doppler (o.F.), entziehe sich vielfach der Kenntnis der FahrerInnen. Peter Wurm (F) beschrieb im Detail das ab 2018 EU-weit verpflichtende "e-call-System" in Autos, das die FahrerInnen letztlich zu gläsernen Menschen mache, wie er monierte. Wenn die Politik nicht Vorkehrungen treffe, werde die Überwachung der BürgerInnen seitens der EU immer mehr ausgedehnt – und zwar mit Rückhalt von SPÖ, ÖVP und Grünen. Michael Pock (N) hielt den Freiheitlichen entgegen, Österreich als Teil der Europäischen Union sitze bei "Entscheidungen in Brüssel" mit am Tisch. Österreichische MinisterInnen würden also bei EU-Rechtsakten mitentscheiden, ebenso säßen österreichische MandatarInnen im Europäischen Parlament (EP). Vorschläge im EP zum gesteigerten Datenschutz hätten allerdings Europaabgeordnete von ÖVP, SPÖ und FPÖ abgelehnt.

Die Regierungsfraktionen gaben den Grünen zu verstehen, deren Antrag sei zu spät eingelangt – das Verkehrsministerium arbeite bereits an einer datenschutzrechtlich tragbaren Form der Datenübermittlung. Maximilian Unterrainer (S) unterstrich, Datenschutz dürfe keinesfalls "unter die Räder kommen", auch nicht bei der Gewährleistung von Verkehrssicherheit. Der Schutz der Privatsphäre Mensch werde dementsprechend bei den Verhandlungen auf EU-Ebene eingemahnt, wiewohl ein österreichischer Alleingang bei dieser europäischen Gesetzesmaterie nicht zielführend sei. Johannes Schmuckenschlager (V) erinnerte, die Datenerfassung in Autos sei kein Einfall der Europäischen Kommission gewesen, sondern eine Konsequenz der technischen Weiterentwicklung zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. In puncto Datenschutz setze sich der Bundesminister mit aller Kraft gemäß der österreichischen Rechtslage ein, wonach der Autobesitzer die Datenhoheit haben soll. (Fortsetzung Nationalrat) rei