Parlamentskorrespondenz Nr. 601 vom 02.06.2016

Gesetzespaket gegen Lohn- und Sozialdumping passiert Bundesrat

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Behörden soll ausgebaut werden

Wien (PK) – Das Gesetzespaket zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping hat heute den Bundesrat passiert. Die BundesrätInnen stimmten mehrheitlich dafür, keinen Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrats zu erheben. Mit dem Paket werden die geltenden Bestimmungen gegen Lohn- und Sozialdumping in einem eigenen Gesetz zusammengefasst und die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung eines elektronischen Behördenkooperationssystems geschaffen, das EU-weit implementiert werden soll. Dadurch sollen Strafverfahren gegen ausländische Unternehmen wegen Lohndumping und ähnlicher Vergehen beschleunigt und die Vollstreckung von Strafen vereinfacht werden. Außerdem wird eine Auftraggeberhaftung im Baubereich für Lohnansprüche grenzüberschreitend tätiger ArbeitnehmerInnen eingeführt. Die Haftung kann auch private Bauherren treffen, für sie muss allerdings offensichtlich sein, dass die vereinbarte Leistung nur durch Unterentlohnung zu erbringen ist.

Zustimmung zum Gesetzespaket kam, wie im Nationalrat, nicht nur von den Koalitionsparteien, sondern auch von den Grünen. Er sei zuversichtlich, dass mit dem neuen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz die richtigen Hebel in Bewegung gesetzt werden, hielt etwa David Stögmüller (G/O) fest. Die Bestimmungen werden seiner Meinung nach aber nur wirksam sein, wenn die Kontrolle funktioniert. Stögmüller begrüßte in diesem Sinn den vorgesehenen verbindlichen Kontrollplan. Schwarze Schafe sieht er nicht nur im Baubereich, sondern etwa auch im Bereich des Tourismus, der Landwirtschaft und im Gesundheits- und Pflegebereich.

Renate Anderl (S/W) hob hervor, dass Österreich bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping in der EU eine Vorreiterrolle einnehme. Es müsse selbstverständlich sein, dass gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit am gleichen Ort bezahlt werde, betonte sie und begrüßte in diesem Sinn, dass mit dem vorliegenden Gesetzespaket ein weiterer Schritt gesetzt werde, um Lohndumping entgegenzuwirken.

Ihr niederösterreichischer Fraktionskollege Rene Pfister wies darauf hin, dass nicht nur viele ausländische ArbeitnehmerInnen nach Österreich entsendet werden. Vielmehr würden auch 250.000 ÖsterreicherInnen zumindest temporär im Ausland arbeiten. Er hält die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping für dringend notwendig, da Unterentlohnung nicht nur die Grundlage des Arbeitsmarkts zerstöre, sondern auch das Sozialsystem aushöhle.

Auch ÖVP-Bundesrätin Sandra Kern sprach von einem wichtigen Gesetz für faire Entlohnung und für fairen Wettbewerb. Wenn man die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen gefährde, gefährde man auch Arbeitsplätze, warnte sie. Man müsse bei Kontrollen aber darauf achten, nicht übermäßige Bürokratie zu produzieren.

Die Öffnung des Arbeitsmarkts in der EU habe viele Vorteile gebracht, machte der steirische Bundesrat Georg Hammerl (V) geltend. Er sprach sich daher dagegen aus, diese Errungenschaft anzutasten. Man müsse aber stärker darauf schauen, dass der Wettbewerb nicht durch unlautere Praktiken wie Unterentlohnung verzerrt werde. Seiner Meinung nach sind auch die Auftraggeber aufgefordert, darauf Bedacht zu nehmen, ob Billigstpreise nicht durch Unterentlohnung zustande kommen.

Zweifel an der Wirksamkeit des vorliegenden Gesetzespakets äußerte hingegen die FPÖ. Wenn die Finanzpolizei nicht mehr Personal bekomme, um die Kontrolle zu verstärken, werde sich nichts ändern, ist der Wiener Bundesrat Bernhard Rösch überzeugt. Seiner Ansicht nach wäre das Gesetz außerdem nicht notwendig, wenn es in den letzten Jahren gelungen wäre, die Wirtschaftskraft der EU-Länder stärker aneinander anzunähern. Löhne, Steuern und Sozialabgaben seien in vielen Nachbarländern Österreichs nach wie vor deutlich niedriger. Solange diese Kluft nicht geschlossen wird und sich die wirtschaftliche Lage in Österreich nicht stabilisiert, hält Rösch sektorale und temporäre Schließungen des österreichischen Arbeitsmarkts für gerechtfertigt. Ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag zu dieser Frage, der sich auch gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Änderung der EU-Entsenderichtlinie richtet, fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Sozialminister Alois Stöger wertete den Antrag als nicht zielführend. Er habe sich auf EU-Ebene sehr bemüht, das Prinzip gleicher Lohn bei gleicher Arbeit am gleichen Arbeitsort durchzusetzen, sagte er.

ÖVP-Bundesrätin Kern nutzte die Debatte auch dazu, um Einschränkungen bei der Mindestsicherung zu fordern. Sie regte etwa an, dass die volle Mindestsicherung erst nach fünf- bis siebenjährigem Aufenthalt in Österreich ausgezahlt wird. Zudem urgierte sie eine Deckelung der Mindestsicherung. SPÖ-Bundesrat Pfister warnte hingegen davor, MindestsicherungsbezieherInnen, die kein Vermögen, kein Sparbuch, kein Auto und auch sonst nichts haben, an den Rand der Gesellschaft zu drängen. Man müsse Obdachlosigkeit und Slums verhindern und die Menschen vom Rand der Gesellschaft in die Mitte der Gesellschaft holen, mahnte auch Sozialminister Stöger Augenmaß in der Diskussion ein. (Fortsetzung Bundesrat) gs


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