Parlamentskorrespondenz Nr. 786 vom 30.06.2016

Reform des Kinderbetreuungsgelds kommt: Bundesrat stimmt zu

Frauen- und Gleichbehandlungsangelegenheiten ab 1. Juli im Gesundheitsressort

Wien (PK) – Das flexible Kinderbetreuungskonto ist nun fix. Das sogenannte Familienbonusgesetz passierte heute auch den Bundesrat mit Stimmenmehrheit von ÖVP und SPÖ. Die Opposition konnte nicht mitgehen. Die FPÖ vermisst unter anderem die jährliche Valorisierung des Kinderbetreuungsgeldes, die Grünen orten in einigen Bereichen noch riesige Probleme, etwa beim Kündigungsschutz. ÖVP und SPÖ unterstrichen die Flexibilität und die Wahlfreiheit, die dieses Gesetz bringt.

Karmasin: Partnerschaft wird erstmals in einem Gesetz festgeschrieben

Erstmals werde in einem Gesetz Partnerschaft festgeschrieben. Damit erfolge ein Paradigmenwechsel, freute sich Familien- und Jugendministerin Sophie Karmasin, dass eine Einigung zu dieser Reform nach zweijährigen Verhandlungen doch noch gelungen ist. Individualität, Flexibilität und Partnerschaft stünden im Vordergrund, der Staat gibt nicht vor, wie die Familien die Kinderbetreuung organisieren. Wenn sich die Familien partnerschaftlich organisieren, werde das mit 1.000 € belohnt. Karmasin zeigte sich überzeugt davon, dass man damit einen großen Schritt in Richtung familienfreundlichstes Land Europas gesetzt hat.

Begrüßt wurde die Reform von den ÖVP- und SPÖ-BundesrätInnen. Die Neuerungen liegen im Interesse der Kinder, jedes Kind ist gleich viel wert, sagte etwa Sonja Ledl-Rossmann (V/T), die detailliert auf die Neuerungen einging. Besonders wichtig sei dabei, dass sich die Väter mehr einbringen. Sandra Kern (V/N) sprach in diesem Zusammenhang die Beihilfe für im Ausland lebende Kinder an und meinte, diese sollte an die ortsübliche Höhe angepasst werden. Dies sei nur fair, unterstützte sie die Linie ihrer Partei.

Für die SPÖ stehen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Wahlfreiheit sowie die partnerschaftliche Erziehung im Vordergrund, wie Ana Blatnik (S/K) darlegte. In diesem Sinn sei das Gesetz ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen. Bei der Väterbeteiligung hätten sich die SozialdemokratInnen  mehr erwartet, etwa was den Kündigungsschutz betrifft, dennoch sei die Regelung positiv zu bewerten, war sie einer Meinung mit Inge Posch-Gruska (S/B). Posch-Gruska freute sich darüber, dass 72% der jungen ÖsterreicherInnen die Reform positiv sehen. Das heutige Familienbild sei jedenfalls bunter und vielfältiger, die Reform trage dem Rechnung und sei somit auch realistischer.

Dem konnte sich Nicole Schreyer (G/T) von den Grünen nur bedingt anschließen. Jedes Kind bekommt gleich viel Geld, das Gesetz gewährleiste Flexibilität und die Väterbeteiligung stelle einen positiven Aspekt dar, attestierte sie der Vorlage. Dennoch bleibe das System kompliziert, ein riesiges Problem sei nach wie vor der Kündigungsschutz, da die maximale Bezugsdauer 35 Monate betrage, der Kündigungsschutz jedoch nur 24 Monate gelte. Damit werde der Wiedereinstieg schwieriger, weil das Rückkehrrecht wegfällt.

Wenig Positives konnten die Freiheitlichen der Reform abgewinnen. Von Vereinfachung könne keine Rede sein, sagte Rosa Ecker (F/O), für HärtegeldbezieherInnen werde es schwieriger und die Lücke beim Kündigungsschutz sei nicht behoben. Alles in allem sehen die Freiheitlichen Verschlechterungen für die Familien, sie drängten zudem auf eine jährliche Valorisierung der Familienbeihilfe. Es werde zwar viel Geld für die Familien ausgegeben, räumte Bernhard Rösch ein, aber beim Zugang komme die Ideologie ins Spiel. Die Verantwortung gehe immer weiter weg von den Familien, die Kinder würden "institutionalisiert". Pädagogisches Personal könne Vater und Mutter nicht ersetzen, so Rösch.

Kernpunkt der Reform ist ein flexibles Kinderbetreuungsgeld-Konto. Es ersetzt ab dem 1. März 2017 die derzeit wählbaren vier Pauschalvarianten. Je nach Länge der Inanspruchnahme werden monatlich zwischen rund 440 € und 1.030 € ausgezahlt, wobei der Bezug für einen Elternteil auf 28 Monate und für beide Eltern auf 35 Monate begrenzt sein wird. Die ausgezahlte Gesamtsumme beträgt 12.337 € für einen Elternteil bzw. 15.449 € für beide Elternteile. Außerdem winkt ein Partnerschaftsbonus von 1.000 € bei annähernd gleicher Aufteilung der Kinderbetreuung sowie ein Vorschuss von 700 € auf das Kinderbetreuungsgeld, sollte der so genannte "Papa-Monat" (Familienzeit) in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für diese einmonatige berufliche Auszeit nach der Geburt eines Kindes ist eine Einigung mit dem Arbeitgeber. Weiter bestehen bleibt die Möglichkeit, 12 bzw. 14 Monate einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld in Anspruch zu nehmen.

Im Paket enthalten sind auch gewisse Verbesserungen für AlleinerzieherInnen. Mit Einbußen von jeweils 1.300 € müssen hingegen Eltern rechnen, die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen versäumen.

EU setzt auf soziale Inklusion und demokratische Beteiligung Jugendlicher

Zudem diskutierten die Bundesrätinnen und Bundesräte die EU-Vorhaben im Bereich Jugend und Familie. Der Bericht von Ministerin Sophie Karmasin wurde mit ÖVP-SPÖ-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Ein primäres Ziel der EU ist es, den im November 2015 verabschiedeten "Arbeitsplan der Europäischen Union für die Jugend (2016-2018)" in den nächsten Jahren umzusetzen. Im Mittelpunkt der zahlreichen Aktivitäten stehen dabei folgende Prioritäten: soziale Inklusion aller jungen Menschen unter Berücksichtigung der europäischen Werte (v.a. durch außerschulische Kinder- und Jugendarbeit), stärkere Teilhabe am demokratischen und bürgerlichen Leben, einfacherer Übergang ins Erwachsenenalter und Integration in den Arbeitsmarkt, bessere Gesundheitsförderung sowie Nutzung der digitalen Möglichkeiten in Bezug auf Jugendpolitik und Jugendarbeit. Die Jugendmobilitätsprogramme (wie z.B. Erasmus+) leisten einen wichtigen Beitrag zur Kompetenz- und Horizonterweiterung, wird festgehalten. Ebenso müssen Wege gefunden werden, wie am besten mit der wachsenden Zahl junger MigrantInnen und Flüchtlinge umzugehen ist.

In den länderspezifischen Empfehlungen für die Umsetzung der EU 2020-Ziele in Bezug auf die Familienpolitik ist Österreich aufgefordert worden, Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Frauen zu ergreifen, indem unter anderem die Kinderbetreuungsdienste verbessert werden. Darüber hinaus werden die bessere Nutzung des Arbeitsmarktpotenzials von Frauen und das geschlechtsspezifische Lohn- und Pensionsgefälle angesprochen. Neben den zusätzlichen Mitteln für den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinderbildungs- und –betreuungsangebote wird von Seiten Österreichs vor allem auf das Netzwerk "Unternehmen für Familien", die Charta "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" sowie die verschiedenen Auditierungsverfahren und Auszeichnungen (z.B. Staatspreis "Familienfreundlichster Betrieb") hingewiesen.

Sabine Oberhauser in Zukunft für Frauen- und Gleichbehandlungsangelegenheiten verantwortlich

Schließlich gab die Länderkammer auch der Änderung im Bundesministeriengesetz mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ ihre Zustimmung, wonach die Zuständigkeit für Frauen- und Gleichstellungsangelegenheiten vom Bildungsressort an Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser übertragen wird. In Kraft treten soll die Novelle mit 1. Juli. (Fortsetzung Bundesrat) jan


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