Parlamentskorrespondenz Nr. 930 vom 13.09.2016

EU-Agentur soll Europäische Asylpolitik vorantreiben

Flüchtlingsverteilung: EU-Ausschuss bezweifelt Durchsetzungskraft der Asylagentur

Wien (PK) – Die Europäische Kommission will die Flüchtlingsverteilung in der EU vorantreiben: Die Freiwilligkeit der Nationalstaaten bei Flüchtlingsaufnahmen sei zwar beizubehalten, erreichen müsse man aber eine gerechtere Lastenteilung unter den Mitgliedsländern, als es das Dublin-System ermöglicht. Zur Umsetzung einer funktionierenden Europäischen Asylpolitik schlägt die Kommission nun vor, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in eine EU-Asylagentur mit erweitertem Mandat umzuwandeln. Die Agentur soll eine tragfähige Verteilung der Anträge auf internationalen Schutz ermöglichen und eine einheitlichere Prüfung von Asylanträgen in der gesamten Union sicherstellen. Angedacht werden dabei auch Solidarbeiträge von Ländern, die nicht am Umverteilungsprogramm teilnehmen wollen.

Im EU-Ausschuss des Bundesrats stieß das Vorhaben auf Skepsis bei allen Fraktionen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während SPÖ und ÖVP sich vor allem sorgten, dass die neue Asylagentur bei der Flüchtlingsverteilung zu wenig Durchsetzungskraft haben wird, meinte die FPÖ generell, da zumeist Wirtschaftsflüchtlinge nach Europa kämen, solle die Union ihr Augenmerk vor allem auf die Sicherung der Außengrenzen legen. Die Grünen pochen auf die Einbindung von NGOs und das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR in die Arbeit der Asylagentur.

Über die Reaktion der Europäischen Kommission auf Stellungnahmen des EU-Ausschusses sowie der Länder auf verschiedene Legislativvorschläge – etwa zur Transparenz-Richtlinie – äußerte sich Bundesrat Stephan Schennach (S/W) eingangs der Sitzung durchaus positiv und regte einen weitergehenden Austausch mit Brüssel an. So heiße es etwa in einer Antwort der Kommission, die Kritik des Bundesrats werde in der Gestaltung des Transparenzregisters beachtet. Zudem habe man offenbar mit der Beanstandung des übertriebenen Gebrauchs delegierter Rechtsakte in verschiedenen Zusammenhängen "einen wunden Punkt" getroffen. Problematisch sieht der Sozialdemokrat nur die Kommissionshaltung zur Kernenergie als rein nationale Zuständigkeit.

EU-Asylagentur als unterstützende Monitoringstelle konzipiert

Ihr Konzept zur Verbesserung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) stellt die Europäische Kommission im Verordnungsentwurf für die EU-Asylagentur mit Sitz in Malta vor. Um ein faires System zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates herzustellen, brauche es mehr Konvergenz im Asylsystem der Union. Ausgeweitet werden soll in diesem Zusammenhang die Befugnis der Mitgliedstaaten, Daten von Drittstaatenangehörigen und Staatenlosen, die keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und sich illegal in der EU aufhalten, zu speichern und abzufragen.

Das Innenministerium (BMI) versichert, die Agentur habe als neue Kontroll- und Monitoringstelle vor allem unterstützende Funktion: "sie soll nationale Entscheidungen nicht ersetzen", sagte ein Vertreter des Ressorts im Ausschuss. Vor diesem Hintergrund problematisierten Edgar Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W) und Eduard Köck (V/N) allerdings, inwieweit ein Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge beziehungsweise die Kontrolle der Registrierung von AsylwerberInnen umsetzbar ist. Heidelinde Reiter (G/S) hinterfragte die Definition sicherer Herkunftsstaaten im Zusammenhang mit Abschiebungen; und ob hier ausreichend mit Menschenrechtsorganisationen zusammengearbeitet wird. Monika Mühlwerth (F/W) wiederum äußerte Verständnis für Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen und ihre Parteikollege Christoph Längle (F/V) führte überdies die Mehrkosten ins Treffen, die eine Asylagentur mit ausgeweitetem Mandat mit sich bringe.

Zumindest letzteren Punkt bestätigte der Experte des Innenressorts: die Agentur von derzeit 99 Personen solle zum Zweck effizienter Kontrolle und Unterstützung aufgestockt werden, was natürlich nicht gratis sei. So soll die Agentur Unterstützungsteams für Asylfragen entsenden können, um operativ und in technischer Hinsicht auszuhelfen, wenn die Asyl- und Aufnahmesysteme eines Mitgliedstaats durch eine außergewöhnlich hohe Zahl dringender Asylanträge übermäßig belastet sind – wodurch wiederum das Gemeinsame Europäische Asylsystem als Ganzes gefährdet wäre.

Zusammengesetzt würden diese Teams aus einer Einsatzreserve von mindestens 500 Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten und aus eigenen Sachverständigen. Ausgebaut werden soll auch die Möglichkeit von Kooperationen mit Drittstaaten. Reiters Befürchtung, Abschiebungen würden durch die Agentur erleichtert, versuchte der Experte mit dem Hinweis auf die enge Kooperation der Asylagentur mit dem UNHCR auszuräumen. Das Gesamtpaket zur Reform des Dublin-Systems beinhalte überdies eine gesamteuropäische Liste sicherer Herkunftsstaaten, die die nationalen Auflistungen ersetzen solle. Die Durchsetzungskraft des neu zu schaffenden Asylgremiums schließlich wolle Brüssel einerseits durch transparente Kontrolle und ein darauf aufbauendes Berichtswesen samt Empfehlungen stärken. Sollte ein betroffener Staat darauf nicht reagieren, stehe ein Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission im Raum, so der BMI-Mitarbeiter.

Eine der Hauptaufgaben der Asylagentur wird gemäß Kommissionsplan die Handhabung des Schwellenwerts sein, auf dem der Fairnessmechanismus des neuen Dublin-Systems zur Umverteilung von AsylwerberInnen fußt. Darüber hinaus soll sie eine EU-weit einheitlichere Beurteilung von Anträgen auf internationalen Schutz und eine engere praktische Zusammenarbeit sowie einen intensiveren Informationsaustausch der Mitgliedstaaten gewährleisten. Das Unionsrecht und hohe Standards bei Asylverfahren, Aufnahmebedingungen und der Gewährung von Schutz sei zu fördern, wobei die Agentur systemrelevante Mängel möglichst frühzeitig festzustellen habe. (Fortsetzung EU-Ausschuss) rei


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