Bundespräsidenten-Wahl: Bundesrat hat nichts gegen neuen Wahltermin
Verschiebung der Stichwahl passiert Länderkammer ohne Einspruch
Wien (PK) – Die Verschiebung der Bundespräsidenten-Stichwahl auf den 4. Dezember ist endgültig auf Schiene. Der Bundesrat stimmte heute mit breiter Mehrheit dafür, keinen Einspruch gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrats zu erheben. Damit kann die Änderung des Bundespräsidentenwahlgesetzes im Bundesgesetzblatt kundgemacht und der vorgesehene Fristenlauf für die Wahl eingehalten werden. Scharfe Kritik an der Wahlverschiebung kam neuerlich von der FPÖ. Monika Mühlwerth sprach von einer beispiellosen Serie von Pannen und Pleiten, konnte sich mit einem Einspruchs-Antrag ihrer Fraktion aber nicht durchsetzen.
Dass die Angelobung des neu gewählten Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung erst 2017 stattfinden wird, hat auch Folgen auf anderer Ebene. Nicht der derzeitige Bundesratspräsident Mario Lindner wird Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer angeloben, sondern seine Nachfolgerin Sonja Ledl-Rossmann. Grund dafür ist, dass das Land Tirol mit Jahresbeginn den Vorsitz in der Länderkammer von der Steiermark übernimmt.
In der eigens einberufenen Bundesratssitzung betonte der Wiener SPÖ-Bundesrat Reinhard Todt, dass aufgrund der aufgetauchten schadhaften Briefwahl-Karten akuter Handlungsbedarf bestehe. Gelinge es nicht, den Wahltermin 2. Oktober rechtzeitig abzublasen, drohten zehntausende WählerInnen um ihr Wahlrecht umzufallen. Gleichzeitig befürchtet er einen zusätzlichen Vertrauensverlust der WählerInnen. Die Wahlverschiebung sei bedauerlich, betonte Todt, sie sei aber die einzig richtige Reaktion des Parlaments. Schließlich seien Wahlen das Fundament der Demokratie.
Man könne nicht riskieren, dass tausende Wähler ihr Wahlrecht nicht ausüben können, stellte sich auch der Vorarlberger ÖVP-Bundesrat Magnus Brunner ausdrücklich hinter die Wahlverschiebung. Es sei ärgerlich, dass ein Unternehmen Produktionsfehler gemacht habe, sagte er, man müsse die Kirche aber im Dorf lassen. Keine Schuld an der Wahlverschiebung trägt seiner Meinung nach Innenminister Wolfgang Sobotka, dieser könne nichts für das technisches Versagen. Für die Zukunft hält Brunner eine umfassende Reform des Wahlrechts für erforderlich. Dieses müsse moderner und praktikabler werden, wobei das Ziel eine möglichst hohe Wahlbeteiligung sein müsse.
Ihr gehe es schlecht mit den Entwicklungen der letzten Wochen, gestand die Bundesrätin der Grünen Heidelinde Reiter aus Salzburg zu. Sie habe das Gefühl, dass das bestehendes System "sturmreif geschossen wird" und niemand wirklich etwas dagegen tue, sagte sie. Reiter war es in diesem Sinn ausdrücklich ein Anliegen festzuhalten, dass Österreich eine gut funktionierende Demokratie und auch ein gut verwaltetes Land sei. Sie machte zudem darauf aufmerksam, dass in Österreich die formalen Anforderungen an eine gültig abgegebene Stimme viel höher als etwa in Deutschland seien.
Nicht vorstellen kann sich Reiter eine Abschaffung der Briefwahl. Dies wäre ein massiver Rückschritt, der den BürgerInnen auch nicht zu erklären wäre. Dem schloss sich ihre Tiroler Fraktionskollegin Nicole Schreyer an. Das Wahlrecht sei ein Grundrecht in der Demokratie, nicht jedem sei es möglich, am Wahltag bzw. einem Vorwahl-Tag das Wahllokal aufzusuchen, so Schreyer.
Mayer für Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung
Für die Verschiebung der Wahl sprachen sich auch Inge Posch-Gruska (S/B) und Edgar Mayer (V/V) aus. Man müsse alles tun, um zu vermeiden dass die Stichwahl neuerlich angefochten wird, unterstrich Mayer. Dass es niemanden in Österreich gibt, der mit der Wahlverschiebung eine Freude hat, ist für Posch-Gruska klar, vor allem die beiden Kandidaten nicht. Für unverständlich hält die burgenländische SPÖ-Bundesrätin das Abstimmungsverhalten der FPÖ. Offenbar seien den Freiheitlichen Manipulationsmöglichkeiten bei Briefwahl-Stimmen, die ja der Hauptgrund für die ursprüngliche Wahlanfechtung waren, plötzlich egal.
Allgemein warnte Mayer davor, das Amt des Bundespräsidenten in Frage zu stellen. Er kann sich aber durchaus vorstellen, den Bundespräsidenten künftig – nach dem Vorbild Deutschlands – durch die Bundesversammlung und nicht mehr durch das Volk wählen zu lassen. Das würde Österreich viel Geld und politisches Hick-Hack ersparen, ist er überzeugt.
FPÖ: Rechtzeitiger Nachdruck von Wahlkarten wäre möglich gewesen
Massive Kritik an der Wahlverschiebung kam von den FPÖ-BundesrätInnen Monika Mühlwerth (Wien) und Christoph Längle (Vorarlberg). Mittlerweile mache sich die ganze Welt über Österreich lustig, meinte Mühlwerth. Es könne nicht sein, dass man nicht in der Lage sei, eine Bundespräsidenten-Stichwahl korrekt durchzuführen. Die Wahlverschiebung wäre nach Meinung von Längle auch gar nicht nötig gewesen. Ihm zufolge gibt es eine Firma, die die Wahlkarten innerhalb eines Tages nachdrucken hätte können. Längle hofft, dass die Wahlverschiebung eine Ausnahme bleibt, schließlich koste das viel Geld.
Empört ist Mühlwerth über den sorglosen Umgang der Bezirkswahlbehörden und Wahlleiter mit der Stimmenauszählung. Was das Wahlrecht betrifft, sieht sie vor allem bei der Briefwahl Änderungsbedarf. Sie will diese auf AuslandsösterreicherInnen und ÖsterreicherInnen, die sich am Wahltag im Ausland aufhalten, beschränken. Auch der Verfassungsgerichtshof habe festgestellt, dass die Briefwahl ein Ausnahmefall sei. Gesprochen werden muss nach Meinung von Mühlwerth außerdem über das Wahlrecht von besachwalteten Personen, was bei SPÖ und Grünen aber auf heftigen Widerspruch stieß.
Als "schäbig" wertete Längle, dass das VfGH-Erkenntnis zur Stichwahl-Aufhebung nunmehr von vielen angezweifelt wird, die zuvor betont hatten, dass VfGH-Entscheidungen zu akzeptieren sind. Sein Fraktionskollege Hans-Jörg Jenewein zeigte sich über das Argument empört, dass die FPÖ Schuld an den ausufernden Kosten der Wahl sei, weil sie die Stichwahl angefochten habe.
Sobotka: Hunderte schadhafte Wahlkuverts
Innenminister Wolfgang Sobotka informierte die BundesrätInnen darüber, dass im Rahmen der stichprobenartigen Überprüfung der Wahlkuverts mehrere hundert schadhafte Kuverts aufgetaucht seien. Der genaue Umfang des Schadens werde derzeit geprüft.
Die Abstimmung erfolgte in doppelter Weise. Zunächst lehnte die Mehrheit des Bundesrats den Antrag der FPÖ ab, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrats Einspruch zu erheben. Dann folgten die BundesrätInnen der Empfehlung des Verfassungsausschusses, auf einen Einspruch ausdrücklich zu verzichten.
FPÖ blitzte mit Einwänden gegen Amtliches Protokoll der letzten BR-Sitzung ab
Einwänden der FPÖ gegen das Amtliche Protokoll der letzten Bundesratssitzung hat Bundesratspräsident Mario Lindner nicht Rechnung getragen. Diese bezogen sich auf die Abstimmung über einen von der FPÖ eingebrachten Entschließungsantrag, die nach Meinung der Freiheitlichen unzulässiger Weise wiederholt worden war. Nach Auffassung von Lindner war die Vorgangsweise aber korrekt. (Schluss) gs