Parlamentskorrespondenz Nr. 1123 vom 20.10.2016

Sozialausschuss: Oppositionsforderungen von Pensionen bis Bankomatgebühren

Gespräche zur Erhöhung der Mindestpension laufen

Wien (PK) - Die Pensionen liefern derzeit nicht nur innerhalb der Regierung viel Gesprächsstoff, auch der Sozialausschuss des Nationalrats befasste sich heute damit. Anlass waren zwei Anträge der Grünen auf Verbesserungen für MindestpensionistInnen. Unter anderem wird darin gefordert, dass diese Personengruppe Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet bekommt. Mit der Sozialversicherung befassten sich auch Forderungen von FPÖ und NEOS, die auf Kostenwahrheit bzw. Einsparungen in diesem Bereich abzielen, wobei die Freiheitlichen Kürzungspotential konkret bei der Mindestsicherung für AusländerInnen ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus ausmachen.

Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt für Nicht-ÖsterreicherInnen, also auch für EU-BürgerInnen, gehören zum arbeitsmarktpolitischen Programm der FPÖ. Die Grünen wiederum setzen sich für ein selbstbestimmtes Leben und eine bessere berufliche Integration von Menschen mit Behinderung ein und verlangen dazu zielgerichtete Angebote des Arbeitsmarktservice (AMS). In Bezug auf das AMS urgiert die FPÖ eine Offenlegung der Vorgaben zur Neubesetzung des Vorstands. Nach Meinung der NEOS soll zum Schutz vor Arbeitslosigkeit die Bildungskarenz treffsicherer eingesetzt werden.

Um eine hohe Betreuungsqualität in Alten- und Pflegeheimen geht es den Grünen schließlich in ihrem Antrag auf einen bundesweiten Mindestpersonalschlüssel in diesen Einrichtungen. Die FPÖ nutzte die Sitzung mit Sozialminister Alois Stöger, gegen die Einführung von Bankomatgebühren mobil zu machen. Die meisten debattierten Entschließungsanträge wurden von SPÖ und ÖVP jedoch vertagt, FPÖ und NEOS stießen mit ihren jeweiligen Anläufen einige Male auf Ablehnung. Dem Grünen-Antrag, institutionalisierte Wohnformen für Menschen mit Behinderung abzubauen, trug der Ausschuss jedoch einstimmig mit einer Entschließung Rechnung.

Mindestpension: Grüne drängen auf Kostenersatz

BezieherInnen einer Ausgleichszulage hätten so gut wie keine Möglichkeit, von der Ausweitung der Negativsteuer im Zuge der Steuerreform zu profitieren, kritisieren die Grünen. Eine Änderung des ASVG und des Einkommensteuergesetzes sei daher notwendig, sodass auch PensionistInnen mit äußerst niedrigem Einkommen Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet bekommen können (1858/A). Die Kosten eines solchen Schritts würden sich laut Abgeordneter Judith Schwentner auf 23 Mio. € belaufen. Zur Verhinderung von Altersarmut sei dies angemessen Ein zweiter Antrag der Grünen zur Änderung des ASVG zielt darauf ab, AusgleichszulagenbezieherInnen die Freiwilligenarbeit zu erleichtern (1859/A). Schon aus gesellschaftspolitischen Gründen dürften Kostenersätze, die BezieherInnen einer Mindestpension für freiwillige Tätigkeiten erhalten, nicht länger auf die Höhe der Ausgleichszulage angerechnet werden, fordert Schwentner, stieß allerdings bei der ÖVP auf Unverständnis: laut Sozialexperten würden nur pauschalierte Vergütungen abgezogen, wandte Gabriel Obernosterer (V) ein, nicht aber konkrete Rückerstattungen für getätigte Ausgaben.

Sozialminister Alois Stöger kalmierte schließlich mit der Ankündigung, sein Ressort werde sich mit der konkreten Problemstellung befassen. Zur Ausweitung der Negativsteuer auf MindestpensionistInnen sagte Obernosterer, weil eine Novelle für die Erhöhung der Mindestpension bei 30 Jahren Versicherungsdauer derzeit in Ausarbeitung sei, erübrige sich die weitere Verhandlung des Antrags. Beide Grünen-Forderungen wurden folglich von SPÖ und ÖVP vertagt.

Sozialversicherung: FPÖ für Kassasturz, NEOS für Vermögensdeckelung

Wieviel kostet Österreich die Zuwanderung – das will die FPÖ mittels "Kassasturz" in der Sozialversicherung herausfinden (1747/A(E)). Dabei geht es den Freiheitlichen um die jährlichen Transferzahlungen, die vom AMS bzw. aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung für EU-BürgerInnen, Drittstaatsangehörige, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte an die Sozialversicherungsträger überwiesen werden. Neben Pensionsversicherungsbeiträgen, Krankenversicherungsbeiträgen und Unfallversicherungsbeiträgen seien auch Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung und AMS-Schulungen anzuführen.

Für Herbert Kickl ist Kostenwahrheit essentiell zum Erhalt der sozialen Sicherheit im Land und ganz im Sinne der StaatsbürgerInnen. Nicht nur den Grünen missfiel aber eine Aufschlüsselung der Bezugsberechtigten, auch die SPÖ wandte sich klar dagegen. Sowohl Judith Schwentner (G) als auch Ulrike Königsberger-Ludwig (S) verwiesen darauf, dass Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung von den BezieherInnen vorab durch Einzahlungen erworben werden, also völlig berechtigt seien. Ihre Fraktionen stimmten ebenso wie ÖVP und NEOS gegen den Freiheitlichen Vorschlag. In puncto bedarfsorientierter Mindestsicherung wirbt die FPÖ für das oberösterreichische Modell, wonach Flüchtlinge mit befristetem Asylstatus und subsidiär Schutzberechtigte künftig nur noch 520 € – inklusive eines Integrationsbonus von 155 € – erhalten (1745/A(E)). Diese Anregung ging in die Vertagung, wobei sich August Wöginger (V) gegen eine Differenzierung in Flüchtlinge und InländerInnen bei einer Deckelung der Mindestsicherung aussprach.

Wiederum ohne Zustimmung der Regierungsfraktionen und somit der Ausschussmehrheit blieb die NEOS-Forderung, die Sozialversicherungsträger sollten ihr Finanzvermögen nicht länger in beliebiger Höhe anhäufen können (1520/A(E)). Eine gesetzliche Deckelung würde sicherstellen, dass die BeitragszahlerInnen auch Leistungen für ihre Beiträge erhalten bzw. diese gegebenenfalls gesenkt werden, meinte Gerald Loacker (N), erhielt aber Konter von Erwin Spindelberger (S), das ASVG sehe klare Richtlinien zur Vermögensanlage durch Sozialversicherungen vor. Gegen eine Beitragskürzung spreche, dass dann Einrichtungen wie Unfallkrankenhäuser nicht mehr genug Mittel für eine optimale Versorgung erhalten würden.

Arbeitsmarkt: Wie kann die Belebung gelingen?

Welche Maßnahmen zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit ergriffen werden sollen, darüber debattierten die Abgeordneten einmal mehr intensiv. Die FPÖ macht Druck für Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt, auch für EU-BürgerInnen. Brüssel sollte regionale Bedürfnisse stärker berücksichtigen und den Nationalstaaten mehr Spielraum für spezifische Zugangsregeln zum heimischen Arbeitsmarkt geben, vor allem in wirtschaftlich schwierigen Phasen (1742/A(E)). Gleichermaßen sollte die Entsendung von ArbeitnehmerInnen durch ausländische Unternehmen nach Meinung der FPÖ temporär begrenzt werden können, etwa im Baubereich oder im Bereich der Montagetechnik (1505/A(E)). Die Entsenderichtlinie dürfe kein Schlupfloch für Lohn- und Sozialdumping sein, kritisierte Herbert Kickl (F) vehement das Prinzip der Freizügigkeit in der EU. Das sei eine Einbahnstraße zu Lasten der Österreichischen ArbeitnehmerInnen, meinte er, konnte damit aber nur das Team Stronach überzeugen. Die restlichen Fraktionen lehnten die Anträge ab, wobei Ulrike Königsberger-Ludwig (S) nachdrücklich vor gesellschaftlich spaltenden politischen Aussagen und Aktionen warnte, etwa in Verbindung mit der Mindestsicherung.

Die Grünen bauen zur Hebung der Beschäftigungsquote auf mehr Integration in den Arbeitsmarkt, speziell bei Menschen mit Behinderung, die in besonders hohem Ausmaß von Arbeitslosigkeit betroffen seien. Nötig sind für die berufliche Integration laut Helene Jarmer (G) ein zielgerichtetes AMS-Programm und ausreichend finanzielle Ressourcen (1783/A(E)). Immerhin gebe es auch für andere Gruppen wie Jugendliche, Frauen oder Langzeitarbeitslose spezielle Programme. Franz-Joseph Huainigg (V) bestätigte, Menschen mit Behinderung müssten bei der Arbeitsmarktpolitik besonderes Augenmerk erhalten, wie sich bereits anhand diesbezüglicher Beschäftigungsmaßnahmen zeige. Überdies laufen ihm zufolge derzeit Arbeitsgespräche im Sozialministerium, um neue Initiativen auszuarbeiten, erklärte er die Vertagung des Antrags. Das Sozialressort habe im Rahmen der Budgetplanung extra arbeitsmarktpolitische Ziele für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen festgelegt, Menschen mit Behinderung seien davon mitumfasst, erläuterte Bundesminister Stöger. 405 Mio.€ habe man dafür veranschlagt, zusätzlich zu den Mitteln aus dem Ausgleichsfonds.

Unabhängig vom Berufsleben müsse für Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Wohnen anstelle großer Wohnheime gewährleistet werden (1695/A(E)), so die Grünen in Übereinstimmung mit den übrigen Fraktionen. Einhellige Zustimmung erhielt Jarmers gemeinsam mit Königsberger-Ludwig (S), Huainigg (V) und Loacker (N) eingebrachter Antrag, dass die Bundesländer vom Sozialminister aufgefordert werden, Best-practice Beispiele für zeitgemäße Wohnformen im Behindertenbereich auszutauschen bzw. umzusetzen. Jarmers ursprünglicher Antrag gilt dabei als miterledigt.

Die Bildungskarenz als Möglichkeit zur Höherqualifizierung von Personen, die besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind, werde nicht treffsicher eingesetzt, sehen die NEOS hier Handlungsbedarf (1317/A(E)). Studien zufolge nehmen überproportional viele AkademikerInnen die Bildungskarenz in Anspruch, ältere ArbeitnehmerInnen und bestimmte Branchen wie Handel oder Tourismus seien dagegen unterrepräsentiert. Sozialminister Stöger widersprach nicht völlig, fügte jedoch an, dass auch Investitionen in höhergebildete Gruppen sinnvoll seien. Überdies suche man, mittels Facharbeiterstipendien und innerbetrieblichen Ausbildungen neue Zielgruppen bei der Weiterbildung zu erreichen. Der Antrag wurde von SPÖ und ÖVP abgelehnt.

Das AMS thematisierte die FPÖ einmal mehr in Bezug auf die bevorstehenden Neubesetzung des Zweier-Vorstands. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein fordert Sozialminister Alois Stöger auf, seine Vorgaben an die Mitglieder der zuständigen Entscheidungsgremien, insbesondere den Verwaltungsrat, gegenüber den Abgeordneten offenzulegen (1743/A(E)), stieß aber auf mehrheitliche Ablehnung. Die Wieder- bzw. Neubestellung des AMS-Vorstands erfolge durch den Verwaltungsrat, der dazu vom Nationalrat ermächtigt sei, betonte Minister Stöger.

Pflegeheime: Grüne regen bundesweiten Personalschlüssel an

Zur Absicherung einer hochwertigen Betreuung der BewohnerInnen von Alten- und Pflegeheimen benötige die Republik einen einheitlichen Mindestpersonalschlüssel, unterstreichen die Grünen (1836/A(E)). Die Finanzausgleichsverhandlungen zum Pflegefondsgesetz böten die Gelegenheit, das umzusetzen, Königsberger-Ludwig (S) hingegen nannte diese Verhandlungen zwischen Bund und Ländern als Grund, den Antrag zu vertagen. Diesem Beschluss der Ausschussmehrheit taten auch die Plädoyers von Waltraud Dietrich (T) und Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) im Sinne des Grünen-Antrags keinen Abbruch.

Bankomatgebühren: FPÖ will KonsumentInnen schützen

Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS wurde schließlich auch der Antrag der FPÖ (1662/A(E)) zur Verhinderung der Bankomat-Gebühr vertagt. FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm verlangt darin eine Novelle zum Konsumentenschutzgesetz, falls die Banken auf der Einführung einer Bankomat-Gebühr beharren. Sozialminister Alois Stöger solle jedenfalls umgehend Verhandlungen mit dem Bankensektor zur Verhinderung einer derartigen Gebühr aufnehmen.

Im Ausschuss drängte Wurm  nochmals auf eine derartige gesetzliche Regelung, da man heute de facto bereits eine Bankengebühr habe, wie er betonte. Das stelle aber für viele Menschen  eine finanzielle Belastung dar. Birgit Schatz von den Grünen kritisierte in diesem Zusammenhang die Banken insofern, als diese noch vor einigen Jahren ihre KundInnen angehalten hätten, nicht zum Schalter, sondern zum Bankomaten zu gehen, und jetzt Gebühren verlangen wollten. Arbeitsplätze seien dadurch auch abgebaut worden, sagte sie. Ob es eine eigene  Bankomat-Gebühr gibt oder nicht, die Banken werden die Kosten auf jeden Fall auf die KundInnen abwälzen, gab NEOS-Mandatar Gerald Loacker zu bedenken und Michael Hammer von der ÖVP bezweifelte, ob man das tatsächlich gesetzlich regeln kann. Hammer erinnerte an den Vorschlag des Finanzministers, die Bankomaten entsprechend zu kennzeichnen. Demgegenüber bekräftigte Sozialminister Alois Stöger seine Ansicht, wonach BankkundInnen für das Geldabheben am Bankomat nichts bezahlen dürften. Er hält eine gesetzliche Regelung  für machbar. (Schluss Sozialausschuss) rei/jan

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