Parlamentskorrespondenz Nr. 1 vom 02.01.2017

Neu im Verfassungsausschuss

Regierung will elektronischen Behördenverkehr forcieren, Bürokratie abbauen und GmbH-Gründung mit Bürgerkarte ermöglichen

Wien (PK) – Die Regierung hat bereits zwei Gesetzespakete vorgelegt, die auf Verwaltungsvereinfachungen in verschiedenen Bereichen, insbesondere Umwelt und Inneres, abzielen. Nun liegt mit dem Deregulierungsgesetz 2017 (1457 d.B.) eine dritte Sammelnovelle vor, die die Bereiche E-Government, Finanzen, Justiz, Wirtschafts- und Arbeitsrecht, Gesundheit und Verkehr umfasst. Sie soll unter anderem ein Recht auf elektronischen Behördenverkehr und bürokratische Erleichterungen für Unternehmen bringen. Zudem soll es künftig möglich sein, eine GmbH mit Handysignatur bzw. Bürgerkarte zu gründen. Insgesamt werden mit der Sammelnovelle 25 Gesetze geändert, angefangen von der Bundesabgabenordnung über das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz bis hin zum Kraftfahrgesetz.

Recht auf elektronischen Behördenverkehr ab 2020

Das Recht auf elektronischen Verkehr mit Gerichten sowie mit Verwaltungsbehörden im Zuständigkeitsbereich des Bundes soll dem Gesetzentwurf zufolge ab 2020 gelten. Bis dahin haben diese Zeit, etwaige noch fehlende technische und organisatorische Voraussetzungen zu schaffen. Ziel ist es, Behördengänge zu minimieren. Zwar würden viele Services der Behörden bereits jetzt elektronisch angeboten, heißt es dazu in den Erläuterungen, weder gebe es aber ein Recht auf elektronische Kommunikation noch bestehe eine flächendeckende Möglichkeit dazu.

Unternehmen müssen künftig an elektronischer Zustellung teilnehmen

Die Unternehmen werden mit dem Gesetzespaket verpflichtet, am System der elektronischen Zustellung behördlicher und gerichtlicher Schriftstücke teilzunehmen. Nur wer über keinen Internetanschluss bzw. notwendige technische Voraussetzungen verfügt, ist davon ausgenommen. Außerdem können sich Kleinstunternehmen, die aufgrund  des Unterschreitens der Umsatzgrenze nicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, per Widerspruch ausklammern. Für die übrigen Unternehmen gilt die Pflicht spätestens mit 1. Jänner 2020, wobei ein einheitliches, in das Unternehmensserviceportal (USP) eingebundenes Anzeigemodul den Zugang zu eingegangenen elektronischen Behördendokumenten, unabhängig von Absender, Zustellsystem und Dokumentenart, erleichtern soll.

Die Teilnahme an der elektronischen Zustellung für Unternehmen ist kostenfrei. Auf die dritte – postalische – Verständigung mittels "gelbem Zettel" im Briefkasten soll in Hinkunft jedoch verzichtet werden. Dafür wird die elektronische Abholung nicht-nachweislicher Dokumente auch ohne Bürgerkarte ermöglicht. BürgerInnen, die an der elektronischen Zustellung teilnehmen, erhalten über das Bürgerserviceportal Help.gv.at Zugang zum Anzeigemodul.

Gründung von Einzelunternehmen und Standard-GmbHs wird vereinfacht

Als Teil des auf Regierungsebene vereinbarten Maßnahmenpakets zur Förderung von Start-Ups wird die Gründung von Unternehmen vereinfacht. So können künftig sowohl Einzelunternehmen als auch Standard-GmbHs mit Mustersatzung und nur einem einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer unter Verwendung der elektronischen Signatur (Bürgerkarte, Handysignatur) via Unternehmensserviceportal gegründet werden. Die Beiziehung eines Notars bei GmbH-Gründungen ist nicht mehr zwingend erforderlich. Damit wird der Gründungsprozess beschleunigt und verbilligt, heißt es dazu in den Erläuterungen. Auch alle weiteren Schritte im Gründungsprozess wie etwa die Inanspruchnahme der Neugründungs-Förderung sollen elektronisch über das USP erfolgen. Wer bei der Firmengründung dennoch auf einen Notar zurückgreift, muss in Standardfällen künftig einen deutlich geringeren Tarif zahlen.

Eine rein elektronische GmbH-Gründung wird allerdings nur dann möglich sein, wenn das Kreditinstitut anlässlich der bar zu leistenden Stammeinlage auf ein neu eröffnetes Konto die Identität des Unternehmensgründers prüft und eine Kopie des zwingend vorzulegenden Lichtbildausweises mit einer Musterunterschrift und allen anderen Daten an das Firmenbuch schickt. Durch diese physische Identifizierung will die Regierung Geldwäsche, Sozialbetrug und anderen Formen von Wirtschaftskriminalität vorbeugen. Laut Erläuterungen sind rund 38% der ca. 10.000 jährlichen GmbH-Gründungen Standard-Gründungen mit nur einem Gesellschafter bzw. Geschäftsführer.

Arbeitnehmerschutz-Bestimmungen müssen nicht mehr in Betrieben aufliegen

Eine bürokratische Entlastung für Unternehmen haben die geplanten Änderungen im Arbeitsrecht zum Ziel. Anders als bisher sollen ArbeitgeberInnen nicht mehr verpflichtet sein, alle Gesetze und Verordnungen zum Arbeitnehmerschutz im Betrieb aufzulegen oder den MitarbeiterInnen elektronisch zur Verfügung stellen. Damit entfällt für rund 200.000 Unternehmen der aufwändige Aktualisierungsaufwand. Ausgenommen sind nur Transportunternehmen und andere Unternehmen, die LenkerInnen beschäftigen, da hier eine EU-rechtliche Verpflichtung zur Auflage besteht.

Erleichterungen für BürgerInnen bei Wohnsitz- bzw. Namenswechsel

Auch für BürgerInnen bringt das Gesetzespaket diverse Erleichterungen. So muss ein Wohnsitzwechsel künftig nicht mehr dem Finanzamt gemeldet werden, da die Zuständigkeit der Finanzbehörden an den im Zentralen Melderegister gespeicherten Hauptwohnsitz geknüpft wird und ein automatischer Datenabgleich vorgesehen ist. Auch ein neuer Zulassungsschein für das Auto oder ein anderes Kraftfahrzeug wird nicht mehr benötigt, wenn man innerhalb des gleichen Wohnbezirks bzw. Kennzeichen-Gebiets umzieht oder lediglich den Namen wechselt. Die geänderten Daten werden ab Oktober 2017 automatisch von den zuständigen Standes- bzw. Meldebehörden an die Zulassungsevidenz übermittelt und sind dort im Bedarfsfall abrufbar.

Geschaffen wird schließlich auch eine rechtliche Grundlage für die Ausstellung so genannter Apostillen in elektronischer Form. Mit derartigen Amtssignaturen wird die Gültigkeit öffentlicher Urkunden ohne volle diplomatische Beglaubigung für die Verwendung im Ausland bestätigt.

ELGA: Datenschutzrechtliche Meldepflichten entfallen

Im Bereich Gesundheit wird es Suchthilfe-Einrichtungen ermöglicht, Drogensubstitute über den Arzneimittel-Großhandel zu beziehen und als Einzeldosen an Drogensüchtige abzugeben. Außerdem soll die datenschutzrechtliche Meldepflicht des Gesundheitsministeriums für alle mit ELGA verbundenen Gesundheitsdiensteanbieter – ÄrztInnen, Apotheken, Krankenanstalten – entfallen. Damit will das Ministerium in den nächsten zwei Jahren rund 650.000 € einsparen.

Rohrleitungsgesetz wird an EU-Vorgaben angepasst

Anlass für eine Änderung des Rohrleitungsgesetzes ist ein von der Europäischen Kommission eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen mangelhafter Umsetzung einer EU-Richtlinie über die geologische Speicherung von Kohlendioxid. Mit der Novelle werden Betreiber von Rohrleitungen für Kohlendioxidströme grundsätzlich verpflichtet, Dritten Anschlüsse an das Leitungsnetz zu ermöglichen und über diese Anschlüsse eingeleitetes Kohlendioxid weiterzubefördern. Die Regelungen sind allerdings rein theoretischer Natur, da derzeit kein CO2-Transportnetz auf heimischem Boden existiert und Österreich darüber hinaus vom Recht Gebrauch gemacht hat, die geologische Speicherung von Kohlendioxid auf seinem Hoheitsgebiet zu verbieten.

Das Gesetzespaket soll nicht nur Einsparungen für den Bund bringen (2017: 0,5 Mio. €, 2018: 1,13 Mio. €, 2019: 0,87 Mio. €), auch Unternehmen und BürgerInnen sollen sich in erheblichem Ausmaß Zeit und Kosten ersparen. Weitere Pakete zur Effizienzsteigerung der Verwaltung, zur Entlastung von Unternehmen und zur Serviceverbesserung für BürgerInnen sollen gemäß den Erläuterungen folgen. (Schluss) gs