Parlamentskorrespondenz Nr. 652 vom 01.06.2017

Bundesrat behandelt EU-Jahresvorschau 2017 zum Thema Finanzen

Schelling erwartet rasche Einigung über Finanztransaktionssteuer

Wien (PK) – Die Länderkammer diskutierte heute den Bericht über die Jahresvorschau 2017 von Finanzminister Hans Jörg Schelling und nahm ihn mehrheitlich zur Kenntnis. Im Fokus der EU steht weiterhin die Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Für 2017 und 2018 prognostiziert die Europäische Kommission darin trotz hoher Jugendarbeitslosigkeit ein moderates Wirtschaftswachstum. Ein vorrangiges Anliegen der EU bleibt weiterhin die Verwirklichung der Bankenunion, insbesondere die Einigung über den Vorschlag für eine gemeinsame europäische Einlagensicherung. Die Kommission tritt überdies für eine konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage ein. Weitere Schwerpunkte sind die Weiterentwicklung des Binnenmarkts und die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion.

FPÖ kritisiert wachstumsfeindliches Klima in Österreich

Im Sinne der Privatwirtschaft verfolge die EU durchaus richtige Ziele, sagte Reinhard Pisec (F/W), doch fehle es an deren Umsetzung in Österreich. Ein Hauptproblem bleibe die hinreichende Kreditversorgung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), um die anziehende Konjunktur nützen zu können. Die EZB überschwemme den Markt zwar derzeit mit Geld, es gelte aber, Kapital nach Österreich zu lenken. In der Realität habe Österreich mit einem Kapitalabfluss zu kämpfen. Der heimische Kapitalmarkt sei kaum existent, weshalb der Staat mit Förderungen einspringe was für Pisec ein unhaltbarer Zustand ist. Der unabhängige Unternehmergeist müsse gestärkt werden, standortschädliche Faktoren seien zu beseitigen. Dazu brauchen die KMU laut Pisec höhere Investitionsfreibeträge, Steuersenkungen und geringere Lohnnebenkosten. Pisec forderte den Finanzminister auf, das angekündigte freie Spiel der Kräfte zu nützen, um seine wirtschaftspolitischen Forderungen durchzusetzen.

Team-Stronach: Staatsschuldenkrise ist noch nicht beendet

Gerald Zelina vom Team Stronach Niederösterreich warnte, die Staatsschuldenkrise in Europa sei noch nicht beendet. Ein Zinsanstieg würde die Bedienung der Staatsschulden wesentlich erschweren. Er unterstütze die Forderung einer Kapitalmarktunion zwar, dabei sollte man aber nicht vergessen, dass damit auch der Verbriefungsmarkt wieder belebt werde. Dieser habe jedoch mit der Verlagerung von Kreditrisiken von den Banken in die Pensionskassen wesentlich zur Finanzkrise beigetragen. Dieser Punkt müsse im Auge behalten werden, forderte Zelina.

ÖVP: Bewältigung der Migrationskrise erfordert politische Schritte und finanzielle Mittel

Aus Sicht von Eduard Köck (V/N) enthält das Programm der EU viele wichtige Punkte, wie den Europäischen Fonds für Investitionen, um riskante Investitionen zu unterstützen. Köck erwartet sich daraus positive Effekte für die Konjunktur. Die Eurozone habe die Finanz- und Schuldenkrise grundsätzlich gut bewältigen und wankende Volkswirtschaften auffangen können. Wichtig sei aber, dass die daran geknüpften Auflagen EU weiter eingehalten werden. Im Kampf gegen Steuerflucht und Steuervermeidung sah Köck gewisse Fortschritte. Österreich sei sehr aktiv und in der Ausarbeitung der Finanztransaktionssteuer federführend. Die Bankenunion müsse forciert werden, dabei seien aber auch die Interessen der österreichischen Banken im Auge zu behalten, die stark unter Druck stehen. Die EU setze zunehmend auf Instrumente wie Crowd Funding. Die Bewältigung der Migrationskrise werde auch finanzielle Maßnahmen erfordern. Unklar sei bisher allerdings, woher die Mittel dafür kommen sollen - jedenfalls nicht aus den Töpfen der Agrarförderung kommen, betonte Köck. Zusätzlich seien politische Schritte zur Schließung der Mittelmeerroute notwendig. Köck verwies hier darauf, dass mehrere afrikanische Staaten diese Schließung bereits fordern, da sie durch die Migration ihre Jugend verlieren.

Grüne unzufrieden mit Vorschlägen zur Finanztransaktionssteuer

Heidelinde Reiter (G/S) kritisierte, Österreich habe seine Hausaufgaben zur Verbesserung des Investitionsklimas nicht gemacht. Man unternehme auch zu wenig, um die von der EU geforderten Strukturreformen im Steuersystem und zur Entlastung des Faktors Arbeit umzusetzen. Mangelhaft sind für Reiter auch die Maßnahmen zur Überwindung des Gender-Pay Gap, zur Umsetzung der Bildungsreform und zur Beseitigung von Überregulierungen. Auch in der Umsetzung der vierten Geldwäsche-Richtlinie sei man noch säumig. Positiv vermerkte sie, dass die EU-Kommission das komplexe Thema Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer in Angriff nimmt. Die Pläne, die Schelling zur Finanztransaktionssteuer präsentiere, seien allerdings eher enttäuschend. Das Resultat werde ein sehr abgeschwächtes und wenig wirksames Modell dieser Steuer sein, befürchtet die Bundesrätin.

SPÖ: Kampf gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung muss forciert werden

Die Arbeitslosigkeit, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit in der EU sei nach wie vor auf einem inakzeptabel hohen Niveau, stellte Peter Heger (S/B) fest. Vor diesem Hintergrund habe die Kommission ein Paket zur Förderung von Arbeitsplätzen, Wachstum und Investitionen vorgelegt. Hohe Bedeutung misst Heger auch den Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung bei. Die Wirtschaft in der EU wachse nun bereits das fünfte Jahre in Folge, nicht zuletzt aufgrund des starken Privatkonsums. Allerdings gebe es auch beträchtliche Wachstumsrisiken, wie etwa Probleme im Bankensektor. Der Kampf gegen Terrorismus sei eng mit dem Kampf gegen die Geldwäsche verbunden. Für ihn sei es daher positiv, dass die vierte Geldwäscherichtlinie bis Sommer vollständig umgesetzt werden soll. Heger misst Maßnahmen gegen Steuervermeidung hohe Bedeutung bei. Zur Finanztransaktionssteuer vermisste er im Bericht die Position Österreichs.

Schelling erwartet baldige Erarbeitung eines EU-Legislativentwurfs zur Finanztransaktionssteuer

Österreich vertrete eine klare und gut bekannte Position zur Finanztransaktionssteuer, sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Diese sei daher im Bericht nicht eigens ausgeführt. Unter österreichischem Vorsitz hätten sich die teilnehmenden Mitgliedstaaten auf die wesentlichen Kernelemente geeinigt. Angestrebt werde eine breite Bemessungsgrundlage, verbunden mit einem niedrigen Steuersatz. Offen sind laut Finanzministerium noch einige Detailfragen, wie die Fragen der Pensionsfonds und der Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Man warte auch noch auf die Zustimmung von zwei Mitgliedstaaten zum erarbeiteten Kompromiss. Schelling geht davon aus, dass alle diese Punkte bald geklärt und der Auftrag zur Erarbeitung eines Legislativentwurfs erfolgen wird. (Fortsetzung Bundesrat) sox


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