Parlamentskorrespondenz Nr. 1475 vom 11.12.2018

Debatte zum Volksbegehren für generelles Rauchverbot in Gastronomie im Nationalrat

Koalition verteidigt bestehende Regelung des NichtraucherInnenschutzes, Opposition will strengere Auflagen

Wien (PK) – Mit 881.692 Unterschriften bzw. einer Stimmbeteiligung von 13,82% hat auch die Kampagne für NichtraucherInnenschutz "Don't smoke" die Marke, ab der ein Volksbegehren im Parlament behandelt werden muss, mit Leichtigkeit erreicht. Der Nationalrat behandelte die Initiative heute im Rahmen einer Ersten Lesung. Der Gesundheitsausschuss wird dann die Forderung des Volksbegehrens, wonach ein umfassender NichtraucherInnenschutzes auch in der Gastronomie gelten solle, noch weiter debattieren.

Volksbegehren tritt für garantierten NichtraucherInnenschutz ein

Aus Gründen eines optimalen Gesundheitsschutzes für alle ÖsterreicherInnen soll mit einer verfassungsgesetzlichen Regelung die Beibehaltung des 2015 beschlossenen NichtraucherInnenschutzes garantiert werden, lautet die zentrale Forderung des Volksbegehrens "Don't smoke". Als wichtigstes Argument werden von den InitiatorInnen die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Rauchens ins Treffen geführt. Der aktive Zigarettenkonsum und passives Rauchen stellen das bedeutendste individuelle Gesundheitsrisiko und sogar die Hauptursache für frühzeitige Sterblichkeit in den Industrieländern dar, unterstreichen sie im Text des Volksbegehrens. Daher müsse dort eine Grenze gesetzt werden, wo es für NichtraucherInnen aus medizinischer Sicht massive gesundheitliche Bedenken gebe. Das gelte aus ihrer Sicht vor allem für die Gastronomie. Während generell an den Arbeitsplätzen strikte Rauchverbote bestehen, seien nämlich MitarbeiterInnen in der Gastronomie von diesem gesetzlichen Schutz ohne sachliche Rechtfertigung ausgenommen.

ÖVP: Schutz von Jugendlichen vor Tabakkonsum wurde ausgeweitet

Das Anliegen des Volksbegehrens werde selbstverständlich sehr ernst genommen, betonte Gabriel Obernosterer (ÖVP). Nicht vergessen solle man aber, dass Österreich beim gesetzlichen Nichtraucherschutz nicht so schlecht abschneide, wie oft dargestellt werde, sondern im Mittelfeld liege. Österreich sei also nicht "der Aschenbecher Europas", wie gelegentlich behauptet werde. Sogar Italien, das als Land mit sehr strengen Bestimmungen gelte, habe vergleichbare Ausnahmebestimmungen wie Österreich. Lokale, in denen noch geraucht werden dürfe, müssten sehr strenge Auflagen der Belüftung erfüllen, betonte Obernosterer. Unterdessen dürfe nur mehr in zehn Prozent der Gaststätten noch geraucht werden. Zudem werde der Jugendschutz bei Tabakkonsum sehr streng gehandhabt. Er wehre sich dagegen, die Gastronomie an den Pranger zu stellen, und hoffe auf eine sachliche Diskussion.

Claudia Plakolm (ÖVP) fügte hinzu, die Anhebung des Schutzalters sei eine effektive Präventionsmaßnahme gegen Nikotinabhängigkeit. Die Bundesländer hätten sich daher geeinigt, das Rauchen erst ab 18 Jahren zu erlauben. Das sei eine wichtige Maßnahme, damit künftig in Österreich weniger geraucht wird. Je früher nämlich Personen mit dem Rauchen beginnen, umso schwerer falle es ihnen später, damit wieder aufzuhören.

SPÖ: Beschäftigte in der Gastronomie besser schützen

Philip Kucher (SPÖ) verwies auf die Gefahren des Passivrauchens, die gerade in der Gastronomie sehr hoch seien. Nachweislich seien die Nichtraucherbereiche der meisten Lokalen sehr hoch mit Schadstoffen belastet, man dürfe die Menschen hier nicht in falscher Sicherheit wiegen. Viele Menschen hätten daher aus guten Gründen das Volksbegehren unterstützt. Die Bundesregierung ignoriere jedoch die Fakten und die Lebensrealität der Beschäftigten in der Gastronomie. Kucher appellierte an ÖVP und FPÖ, ihre derzeitige Haltung nochmals zu überdenken und für einen konsequenten NichtraucherInnenschutz einzutreten. Der ursprüngliche, gute Gesetzesbeschluss dazu sei von der ÖVP leider wieder zurückgenommen worden, kritisierte sein Fraktionskollege Dietmar Keck. Er verstehe nicht, warum der Schutz der Beschäftigten in der Gastronomie weniger ernst genommen werde, als bei Beschäftigten in anderen Branchen. Die Regierung fürchte sich offenbar vor einer Volksabstimmung, da sie wisse, dass sie eine Niederlage zu erwarten hätte.

Schärfere Jugendschutzbestimmungen allein seien nicht die Antwort auf die Problematik des Tabakkonsums, betonte Eva Maria Holzleitner (SPÖ). Man brauche verstärkte Prävention, Aufklärung und Information. Die Abgeordnete sah besonders die Lehrlinge und MitarbeiterInnen in der Gastronomie als die Leidtragenden des Rauchens am Arbeitsplatz. Sie hoffe nun auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs, bei dem einige Beschwerden gegen die Neufassung des NichtraucherInnenschutzgesetzes eingelangt seien. Karin Greiner (SPÖ) sprach den Schutz von Kindern auf Kinderspielplätzen an. Dort werde oft geraucht, es gebe aber derzeit keine gesetzliche Handhabe dagegen. Sie kündigte daher einen Initiativantrag ihrer Fraktion an, in dem ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen gefordert wird, und hoffte auf breite Unterstützung für dieses Anliegen. 

FPÖ: Wahlfreiheit für Rauchen in der Gastronomie hat sich bewährt

Selbstverständlich seien Volksbegehren ein wichtiges demokratisches Instrument, sagte Peter Wurm (FPÖ). Er sei aber dagegen, Volksbegehren zu vereinnahmen, wie die SPÖ es in diesem Fall getan habe, und zudem mit falschen Argumenten zu arbeiten. Österreich habe nämlich mittlerweile eines der strengsten Gesetze gegen das Rauchen im öffentlichen Raum. Wer anderes behaupte, informiere die Bevölkerung schlicht falsch, ist Wurm überzeugt. Die Regierung habe nicht das Rauchen wieder erlaubt, sondern zu bereits bestehenden Bestimmungen einen höheren Kinder- und Jugendschutz hinzugefügt. Man erlaube nur wenige Ausnahmen für die Gastronomie und Hotellerie. Die meisten Betriebe seien unterdessen bereits rauchfrei, das Anliegen des Volksbegehrens erübrige sich damit aus seiner Sicht allmählich von selbst, sagte Wurm. Der gute Kompromiss, der beim NichtraucherInnenschutz erzielt wurde, sollte daher nicht in Frage gestellt werden.

Niemand bestreite, dass Rauchen ungesund sei, unterstrich Gerald Hauser (FPÖ). Die Koalition habe daher den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und Passivrauchen massiv erhöht. Die FPÖ trete jedoch auch ganz klar für die Wahlfreiheit der Gastronomiebetriebe ein, ob sie Raucherbereiche einrichten, um reagieren zu können, was ihre KundInnen wollen. Hauser sah die Gastronomie und Hotellerie bereits unter massivem Druck und sprach sich dagegen aus, sie noch weiter mit Auflagen zu belasten. 

NEOS: Direkte Demokratie muss ernst genommen werden

Die Kampagne für schärferen Nichtraucherschutz sei keinesfalls politisch instrumentalisiert worden, hielt NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger den Abgeordneten der Koalition entgegen. Der Text des Volksbegehrens beruhe vielmehr auf Fakten, die aus der Ärzteschaft kämen. Die Abgeordnete zeigte sich empört über den Vorwurf von FPÖ-Abgeordnetem Wurm, die UnterzeichnerInnen wären falsch informiert worden und hätten nicht genau gewusst, wofür sie unterschrieben hätten. Meinl-Reisinger warf den Koalitionsparteien vor, direkte Demokratie nur auf schöne Sonntagsreden beschränken zu wollen. Wenn sie die UnterzeichnerInnen tatsächlich ernst nehmen würden, müssten sie eine Volksabstimmung zulassen, forderte sie.

Ihr Fraktionskollege Gerald Loacker (NEOS) argumentierte, dass Österreich bei vielen Indikatoren der Volksgesundheit im OECD-Vergleich sehr schlecht abschneide und sogar zu den Schlusslichtern gehöre. Die Bundesregierung könnte hier auf einen Schlag eine wesentliche Verbesserung erreichen, würde sie die früher gefassten Beschlüsse zum Nichtraucherschutz umsetzen. Bei einem so wichtigen Thema wie der Gesundheit könne man nicht mit Wahlfreiheit argumentieren, sagte Loacker, schlichtweg nicht zu rechtfertigen sei es, wenn die Beschäftigten in der Gastronomie weiterhin der enormen Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch ausgesetzt werden.

JETZT fordert verbindliche Volksabstimmung zu Nichtraucherschutz

Sie verstehe nicht, warum man nochmals die Debatte über Nichtraucherschutz in der Gastronomie führen müsse, sagte JETZT-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Internationale Erfahrungen zeigten nämlich klar, dass ein Rauchstopp in der Gastronomie positive Effekte auf die Anzahl der RaucherInnen habe. Die Abgeordnete warf der ÖVP vor, aufgrund der Wünsche des Koalitionspartners FPÖ den NichtraucherInnenschutz wieder aufgeweicht zu haben. Das Volksbegehren stehe an sechster Stelle unter den erfolgreichsten Volksbegehren der Zweiten Republik, man könne es nicht so einfach vom Tisch wischen, sagte Holzinger-Vogtenhuber, die ebenfalls eine verbindliche Volksabstimmung forderte. (Fortsetzung Nationalrat) sox