Parlamentskorrespondenz Nr. 1494 vom 12.12.2018

Nationalrat: NEOS machen gegen rückwärtsgewandte Bildungspolitik mobil

Dringliche Anfrage an Bildungsminister Faßmann

Wien (PK) – Die NEOS sind von der Bildungspolitik der Regierung enttäuscht. Das machte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger heute im Rahmen einer Dringlichen Anfrage an Bildungsminister Heinz Faßmann im Nationalrat neuerlich klar. Anstatt innovative Bildungskonzepte vorzulegen, verkrustete Strukturen aufzubrechen und einen stärkeren Fokus auf die Chancengleichheit von Kindern zu richten, setze man weiter auf eine bürokratische und parteipolitische Gängelung der Schulen und errichte neue soziale Trennwände, so der Sukkus der Kritik. Zudem nimmt die Regierung nach Meinung von Meinl-Reisinger die Elementarpädagogik viel zu wenig ernst, verschläft die Digitalisierung und tut nichts, um die Diskriminierung freier Schulen zu beenden.

Faßmann ließ die Vorwürfe allerdings nicht gelten. Er sieht die Bildungspolitik der Regierung auf gutem Weg und versicherte, dass man mit Hochdruck an weiteren Maßnahmen arbeite. Eine baldiges Verhandlungsergebnis stellte Faßmann für gemeinsame Herbstferien in Aussicht.

Meinl-Reisinger für massiven Ausbau von Ganztagsschulen und mehr Schulautonomie

Es gebe kein wichtigeres Thema, als jungen Menschen "die Flügel zu heben", hielt Meinl-Reisinger in Anlehnung an ihren Vorgänger Matthias Strolz im Rahmen der Begründung der Dringlichen Anfrage fest. Bildung sei mehr als Ausbildung und ein wichtiger Schlüssel für viele Bereiche, betonte sie. Schon allein deshalb sei es notwendig, eine umfassende Bildungsdebatte zu führen, statt unzureichende Einzelmaßnahmen zu setzen.

Meinl-Reisinger ortet allerdings keinen Fortschritt in der Bildungspolitik durch die neue Regierung. Nach wie vor sei diese von parteipolitischem Machtkalkül und Ideologie getragen. Das Hickhack zwischen Bund und Ländern, zwischen rechts und links, zwischen verschiedenen Gruppen gehe weiter.

Mit ihrer Bildungspolitik produziere die Regierung eine "abgehängte Generation", glaubt Meinl-Reisinger. Schließlich würden bereits 16% der VolksschülerInnen in die Gruppe der RisikoschülerInnen fallen. Viele SchülerInnen erreichten am Ende ihrer Schullaufbahn die vorgesehenen Bildungsstandards nicht. Anstatt Maßnahmen zur besseren sozialen Durchmischung von Schulen zu setzen und mehr Ressourcen für Brennpunktschulen bereitzustellen, kürze die Regierung jedoch die Mittel aus dem Integrationstopf und setze auf Scheinlösungen, klagte sie. Auch fehlten ausreichende Mittel zur Umsetzung der Digitalisierungsstrategie, die Innovationsstiftung Bildung werde ausgehungert. "Es ist ein einziger Stillstand", zum Teil sogar ein Rückschritt.

Meinl-Reisinger empfiehlt der Regierung in diesem Sinn, "ihre "Scheuklappen abzulegen", über den Tellerrand zu blicken und Expertenmeinungen ernst zu nehmen. Es sei Aufgabe der Politik, jene Kinder zu fördern und mitzunehmen, die von ihren Eltern nicht die Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Ein Plädoyer hielt die NEOS-Chefin in diesem Zusammenhang auch für einen massiven Ausbau von Ganztagsschulen sowie für mehr Schulautonomie. Sie vermisst echte Schritte in diese Richtung.

Faßmann: Österreich hat ein funktionierendes Bildungssystem

Bildungsminister Heinz Faßmann leitete die Beantwortung der Dringlichen Anfrage mit der Bemerkung ein, es gebe keinen empirischen Nachweis für die Behauptung der NEOS, dass der Bildungsstandort Österreich in Bedrängnis sei. Österreich habe ein Bildungssystem, das grundsätzlich funktioniere, das zeige auch die geringe Jugendarbeitslosigkeit, die zu den niedrigsten in Europa zähle. Schon im ersten Jahr habe die neue Regierung außerdem zahlreiche Maßnahmen wie höhere Standards für die frühkindliche Sprachförderung und die Einrichtung von Deutschförderklassen zum Ausgleich von Startnachteilen gesetzt. Auch die Einrichtung von Bildungsdirektionen sieht er als große Chance.

An weiteren Maßnahmen werde mit Hochdruck gearbeitet, bekräftigte Faßmann und wies unter anderem auf den Masterplan "Digitalisierung" hin. Zudem hob er hervor, dass der neue Bestellmodus für SchulleiterInnen umgesetzt werde.

Viel Zeit nahm sich Faßmann dann für die Beantwortung der insgesamt 68 Einzelfragen, wobei er den Vorwurf zurückwies, dass er gegen jegliche wissenschaftliche Evidenz handle. Das sei eine reine Interpretation der NEOS, meinte er. Nicht vorstellbar ist für ihn, das Sitzenbleiben in der Volksschule an das Einverständnis der Eltern zu knüpfen, diese Entscheidung müsse von den PädagogInnen getroffen werden.

Gemeinsame Herbstferien: Lösung steht vor der Tür

An der Umsetzung gemeinsamer Herbstferien wird laut Faßmann intensiv gearbeitet. "Wir werden bald eine Lösung haben", ist er überzeugt.

Bereits startklar sind dem Minister zufolge die neuen Bildungsdirektionen, die mit 1. Jänner 2019 in allen Bundesländern zu implementieren sind. Alle wesentlichen Funktionen sind demnach bereits besetzt. Ob für die einzelnen Direktionen der jeweilige Landeshauptmann beziehungsweise die jeweilige Landeshauptfrau als PräsidentIn bestellt wird, liege in der Zuständigkeit der Länder.

In das Projekt "Grundkompetenzen absichern" sind bislang 261 von 501 Schulen eingebunden. Die anderen Schulen sollen stufenweise dazukommen. Eine ganze Reihe von Maßnahmen sind für die Weiterentwicklung der polytechnischen Schulen vorgesehen.

Kein zusätzlicher Budgetbedarf für 2018

Was das Bildungsbudget betrifft, sieht Faßmann für heuer keinen zusätzlichen Mittelbedarf. Man werde mit den budgetierten Mitteln und der Auflösung von Rücklagen das Auslangen finden. Der separat dotierte Integrationstopf sei von Vornherein nur befristet vorgesehen gewesen, über die Weiterfinanzierung der "mobilen Teams" werde derzeit noch verhandelt. Einen Gesetzentwurf zur Überarbeitung des Bildungsinvestitionsgesetzes stellte Faßmann für das erste Halbjahr 2019 in Aussicht.

Ausdrücklich unterstrich Faßmann, dass das Bildungsministerium den Bereich Elementarpädagogik sehr ernst nehme. So habe sein Ressort für die federführend vom Familienministerium geführten Verhandlungen mit den Ländern über die entsprechende 15a-Vereinbarung etwa Sprachstandards und andere Vorgaben definiert. In der Vereinbarung mit den Ländern habe man auch einen bundesweit einheitlichen und verpflichtenden Rahmenplan festgeschrieben. Auf ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für diejenigen, die es brauchen, wollte sich Faßmann nicht festlegen, er wies auf die vereinbarte Intensivierung frühsprachlicher Förderung hin.

Die Frage, ob es an Österreichs Schulen aktuell einen Lehrermangel gibt, beantwortete Faßmann mit der Feststellung, dass im diesjährigen Schuljahr in den Schulen und in den Klassen keine einzige Pflichtstunde gestrichen werden musste. Für die kommenden Jahre erwartet er je nach Schultyp unterschiedliche Entwicklungen. Die Zahl der besoldungswirksamen Überstunden im vergangenen Jahr bezifferte er mit 2,2 Millionen an Pflichtschulen und 3,1 Millionen an AHS und BHS.

Neues Lehrerdienstrecht: Übergangsfrist wird nicht verlängert

Eine Verlängerung der Übergangsfrist vom alten zum neuen Lehrerdienstrecht schloss Faßmann aus. Zum Vorschlag, arbeitslos gewordene AMS-TrainerInnen als Zusatzpersonal in Brennpunktschulen einzusetzen, merkte er an, dass QuereinsteigerInnen grundsätzlich eine facheinschlägige Ausbildung bräuchten.

Eine Gleichstellung der freien Privatschulen mit konfessionellen Privatschulen würde Faßmann zufolge Zusatzkosten von 37 Mio. € für das Lehrpersonal – ohne Sachaufwand und Personalaufwand im Verwaltungsbereich – verursachen. Ob freie Schulen gegenüber konfessionellen Schulen diskriminiert werden, werde gerade von Gerichten geprüft. (Fortsetzung Dringliche Anfrage) gs


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