Parlamentskorrespondenz Nr. 79 vom 30.01.2019

Ankündigung der AMS-Neuorganisation beschäftigt Nationalrat

Diskussion über Rechnungshofberichte zu Arbeitsmarktservice und 24-Stunden-Betreuung

Wien (PK) – Die von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein angekündigte Neuorganisation des Arbeitsmarktservice s stand heute im Nationalrat zur Debatte, ebenso wie die Qualitätssicherung der 24-Stunden-Betreuung . Ausgangspunkt waren zwei Berichte des Rechnungshofs, in denen sowohl die bestehende Organisation des AMS, als auch die Förderung der 24-Stunden-Betreuung in Wien und Oberösterreich einer Prüfung unterzogen wurden. Die beiden Prüfberichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

FPÖ und ÖVP sehen Notwendigkeit für AMS-Reform

Die in den Jahren 2015 und 2016 vom Rechnungshof durchgeführte Prüfung des Arbeitsmarktservices zeigte zahlreiche Defizite bei der Steuerung, bei der Leistungseffizienz und beim Kostenmanagement auf. Die Entscheidungsstrukturen seien laut Rechnungshof viel zu komplex, um rasch auf aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt reagieren zu können. Auch die regionale Aufsplittung des AMS wurde seitens des Rechnungshofs kritisch hinterfragt und als ineffizient bezeichnet. Empfohlen wurde daher nicht nur ein umfassendes Controlling und ein nachhaltiges Kostensenkungsprogramm, sondern auch eine neue Organisationsstruktur mit stärkeren Steuerungs- und Eingriffsmöglichkeiten des Bundes sowie Durchgriffsrechten des AMS-Vorstands gegenüber den Landesorganisationen. Im Rechnungshofausschuss kündigte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein daraufhin eine Neuorganisation des AMS an.

Dass man aus dem wichtigen Bericht des Rechnungshofs gelernt habe, betonte Christian Lausch (FPÖ). Die Ministerin werde das AMS neu aufstellen, Reformen durchführen, und "richten, was von der SPÖ vertan wurde", sagte er. Der Kritik an der Vorgängerregierung schloss sich sein FPÖ-Fraktionskollege Gerald Hauser an. Der Rechnungshof habe klar aufgezeigt, wie ineffizient das AMS arbeite. Den Hauptgrund dafür sieht er im von der Sozialpartnerschaft besetzten Verwaltungsrat, der über die Verfügung der Geldmittel entscheide. Er teilte auch die aufgezeigte Kritik an den föderalen Strukturen, der fehlenden Schulungseffizienz bei Personen mit niedrigen Integrationschancen sowie dem Fehlen konkreter Qualifizierungsmaßnahmen. Für Dagmar Belakowitsch (FPÖ) belegt der Rechnungshofbericht jene Mängel, die die FPÖ schon während der Amtszeit des damaligen SPÖ-Sozialministers Rudolf Hundstorfer dargelegt habe. Damals seien durch "Sinnlos-Kurse" enorme Kosten und ein Chaos beim AMS entstanden, sagte die Mandatarin.

Obwohl die Überprüfung zu einem wirtschaftlich schwierigen Zeitpunkt stattfand, könne man aus dem Rechnungshofbericht lehrreiche Schlüsse für die künftige Arbeit des AMS ziehen, meinte Hermann Gahr (ÖVP). Grundsätzlich müsse man das Arbeitsmarktservice effizienter ausrichten und die Wirksamkeit der Fördermaßnahmen steigern. In absehbarer Zeit werde dem auch durch eine Reform Rechnung getragen werden, zeigte er sich zuversichtlich.

Auch die beiden SPÖ-Abgeordneten Ruth Becher und Irene Hochstetter-Lackner betonten die wirtschaftlich schwierige Zeit des Prüfungszeitraums 2015 bis 2016, in dem die Folgen der Weltwirtschaftskrise stark spürbar waren. Für Langzeitarbeitslose habe das damals geschaffene Konjunkturpaket gut gegriffen, deswegen bedauerte Becher, dass diese Maßnahme von der ÖVP-FPÖ-Regierung nicht verlängert wurde. In der derzeitigen Hochkonjunktur wäre es wichtig, Jobsuchende besser zu unterstützen. Durch die ExpertInnen der Sozialpartner könnte man Wissen und Kompetenz weitergeben, ergänzte SPÖ-Fraktionskollegin Hochstetter-Lackner. Im internationalen Ranking der Arbeitsmarkt-Agenturen sei das österreichische AMS außerdem an der Spitze, betonte sie. Philip Kucher (SPÖ) kritisierte an der derzeitigen Regierung, das Fehlen einer "sinnhaften Arbeitsmarktpolitik", insbesondere im Bereich der Langzeitarbeitslosen-Unterstützung.

24-Stunden-Betreuung: Gesamtstrategie soll ausgearbeitet werden

Eine Weiterentwicklung des Fördermodells für die 24-Stunden-Betreuung sei nach Ansicht des Rechnungshofs ebenso notwendig, wie deren Einbindung in eine langfristige, gesamtheitliche Planung aller Pflegeleistungen, um für diese gesellschaftspolitische Herausforderung in Zukunft gewappnet zu sein. Das ergab die Prüfung der 24-Stunden-Betreuung in Wien und Oberösterreich in den Jahren 2013 bis 2015. Aufgrund der großen Nachfrage an dieser Betreuungsform stiegen die bundesweit ausbezahlten Fördermittel seit der Einführung der Maßnahme im Jahr 2008 von 9,14 Mio. € auf 138,75 Mio. € im Jahr 2015, wobei der Bund jeweils 60% und die Länder 40% der Kosten übernehmen. 2015 bezogen bereits 7% der 450.000 PflegegeldbezieherInnen diese Förderung. Die rund 30.400 24-Stunden-Betreuungskräfte, die in 99,8% der Fälle auf selbstständiger Basis tätig sind, kommen vor allem aus der Slowakei und Rumänien (84%). Der Rechnungshof stellte Mängel bei der Ausbildung und den Sprachkenntnissen der Betreuungskräfte fest. Angesichts zahlreicher Beanstandungen in Bezug auf die Vermittlungsagenturen wird eine Ausweitung des Qualitätssicherungssystems inklusive Fortbildungsmaßnahmen sowie die Durchführung von verpflichtenden Hausbesuchen durch diplomierte Fachkräfte empfohlen.

Es sei eine Tatsache, dass die vorhandenen Pflegeplätze in Pflegeeinrichtungen nicht ausreichen, sagte Irmgard Griss (NEOS), daher wäre die Pflege zu Hause ohne die 24-Stunden-Betreuerinnen nicht möglich. Sie dankte dem Rechnungshof für die genaue Überprüfung und teilte die Auffassung über die Notwendigkeit eines Gütesiegels für seriöse Vermittlungsagenturen. Um die Qualität der 24-Stunden-Pflege sicherzustellen, erhofft sich Griss, dass die im Bericht geäußerten Empfehlungen bei der Pflegereform berücksichtigt werden. Auch Philip Kucher (SPÖ) hofft darauf, dass die Empfehlungen von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein aufgenommen werden. Aus Sicht von Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) handelt es sich bei der 24-Stunden-Betreuung um eine "große Baustelle im österreichischen Pflegesystem". Sie sah sich in ihrer Kritik vom Rechnungshof bestätigt und forderte gesetzlich verpflichtende Mindeststandards in der Ausbildung und Qualitätskriterien bei den Sprachkenntnissen.

Gudrun Kugler (ÖVP) kündigte die Entwicklung einer Gesamtstrategie im Bereich der 24-Stunden-Betreuung an, die noch bis Ende dieses Jahres erarbeitet werden solle. Mittels einer Enquete sowie durch Konsultationen mit Stakeholdern und den Bundesländern wolle die Bundesregierung die gegenwärtige Situation verbessern und etwa eine Imagekampagne zur Attraktivierung der Pflege- und Betreuungsberufe starten. "Nach Abschaffung des Pflegeregresses darf der, der zuhause betreut, nicht der Dumme sein", sagte sie. Weil die Menschen immer älter werden, gewinne das Thema Pflege immer mehr von Bedeutung, betonte Alois Kainz (FPÖ). Deshalb sei es wichtig, diese gut zu organisieren und das Qualitätssicherungssystem der 24-Stunden-Betreuung noch weiter auszubauen. Die Empfehlungen des Rechnungshofs befinden sich überdies bereits im Umsetzung durch die Bundesministerin, sagte der FPÖ-Abgeordnete.

Dass die Ministerinnen und Minister auf die Kritikpunkte des Rechnungshof umgehend reagieren und daraus Maßnahmen ableiten, sei auch das grundsätzliche, erklärte Ziel der Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker. Sie betonte, dass der Rechnungshof stets unabhängig und objektiv prüfe uns es in allen Belangen darum gehe, Verbesserungen zu erzielen. (Fortsetzung Nationalrat) fan