Parlamentskorrespondenz Nr. 834 vom 01.08.2019

Neu im Budgetausschuss

ÖVP-FPÖ-Anträge: Steuerreform 2020, Digitalsteuer, Organisationsreform der Bundesfinanzverwaltung

Wien (PK) – Zur Umsetzung eines Teils der von der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Bundesregierung geplanten Maßnahmen zur Steuerreform haben die ehemaligen Koalitionspartner das Steuerreformgesetz 2020 als gemeinsamen Antrag eingebracht. Vorgesehen sind unter anderem die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Selbstständige und Bauern, Steuerentlastungen für GeringverdienerInnen, PensionistInnen und KleinunternehmerInnen, die Neuberechnung der Normverbrauchsabgabe (NoVA), Steuerbegünstigungen für erneuerbare Energie sowie eine Anpassung der Tabaksteuer.

Das Abgabenänderungsgesetz 2020, das ebenso als ÖVP-FPÖ-Antrag eingebracht wurde, bringt eine fünfprozentige Digitalsteuer für "Onlinewerbeleister", also Internetgiganten wie Facebook, Google oder Amazon.

Die österreichische Finanzverwaltung soll mit 1. Juli 2020 auf neue Beine gestellt werden. Der ÖVP-FPÖ-Entwurf zur Finanz-Organisationsreform sieht die Zusammenlegung der vierzig Finanzämter, neun Zollbehörden und weiterer dem Finanzministerium unterstellter Dienstbehörden zu künftig nur mehr fünf Ämtern vor.

Steuerreform 2020: "SV-Bonus" für GeringverdienerInnen, Senkung der KV-Beiträge für Selbstständige und Landwirte

Das Steuerreformgesetz (984/A) sieht eine Entlastung niedrigerer Einkommen durch eine höhere Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge (Negativsteuer) und eine Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrags vor. Bis zu einem maximalen Jahreseinkommen von 21.500 € wird Steuerpflichtigen ab 2020 zusätzlich zur Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge ein "Sozialversicherungsbonus" von 300 € ermöglicht. Geltend gemacht werden kann der Bonus rückwirkend im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung. Für PensionistInnen wird die Negativsteuer von 110 auf 300 € jährlich erhöht. Der Pensionsabsetzbetrag steigt im Einkommensteuergesetz von 400 auf 600 €, der erhöhte Pensionsabsetzbetrag von 764 auf 964 €.

Ursprünglich wäre von der schwarz-blauen Regierung die Entlastung der ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen mittels einer Senkung der Sozialversicherungsbeiträge geplant gewesen. Dies sei derzeit aber technisch und organisatorisch kurzfristig nicht umsetzbar, ist der Antragsbegründung zu entnehmen. Für die Sozialversicherungen der Selbstständigen (SVS) und Bauern (SVB) sind allerdings entsprechende Änderungen ab 1. Jänner 2020 vorgesehen. Die Krankenversicherungsbeiträge der Gewerbetreibenden und Landwirte sollen auf 6,8% gesenkt werden. Die Differenz von 0,85% soll der Bund übernehmen. Durch eine Anpassung im Finanzausgleichsgesetz wäre sichergestellt, dass die Kosten nicht zu Lasten der Länder gehen.

Entlastungen sind ansonsten für KleinunternehmerInnen durch eine einfache Pauschalisierung und Erhöhung der Kleinunternehmergrenze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes auf 35.000 € geplant. Die betragliche Grenze für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern soll außerdem von 400 auf 800 € angehoben werden.

Künftig sollen die Beiträge außerdem auf elektronischem Weg der Finanzverwaltung übermittelt werden, wodurch sie bei der Veranlagung automatisch berücksichtigt wären.

Anpassung der Normverbrauchsabgabe (NoVA)

Ein weiterer Aspekt der geplanten Steuerreform ist die Neuberechnung der Normverbrauchsabgabe, um eine ökologischere Treffsicherheit zu erreichen. Bislang wurde zur Feststellung des CO2/km-Wertes auf den "Neuen Europäischen Fahrzyklus" abgestellt. Er wird durch das Abgasmessverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) ersetzt. Die bestehende NoVA-Formel soll annäherungsweise an die CO2-Emissionswerte angepasst werden. Zu erwarten seien dadurch laut Antragstext realistischere Messergebnisse hinsichtlich Treibstoffverbrauch und CO2-Emissionen und eine Erhöhung der Emissionswerte von zirka 20 bis 25%. Verschiedene Fahrzeugmodelle werden je nach Ausstattung unterschiedlich betroffen sein.

Für Krafträder ab einem Hubraum von 125 Kubikzentimeter etwa soll künftig die Formel (CO2-Emmissionswert in g/km minus 55g) dividiert durch vier (mit einem Höchststeuersatz von 20%) gelten. Für andere Kraftfahrzeuge soll der Steuersatz in Prozent nach (CO2-Emmissionswert in g/km minus 115g) dividiert durch fünf (mit einem Höchststeuersatz von 32% und einem Anzugsposten in Höhe von 350 €) bestimmt sein. Die Werte werden jährlich abgesenkt. Der Malusbetrag für Fahrzeuge mit besonders hohen CO2-Emmissionen soll von derzeit 20 € auf 40 € je g/km steigen. Angewendet werden soll die neue Rechtslage auf Kraftfahrzeuge, deren Kaufvertrag nach dem 1. Dezember 2019 abgeschlossen wird.

Analog dazu soll die Bemessungsgrundlage der motorbezogenen Versicherungssteuer und der Kraftfahrzeugsteuer für Personenkraftwagen und Krafträder ökologisch sozial und verträglich umgestaltet werden. Die Systematik dieser Steuern soll an die aktuell geltende kraftfahrrechtliche Einteilung der Kraftfahrzeuge angepasst werden.

Steuerbegünstigungen für erneuerbare Energie

Mit dem ÖVP-FPÖ-Steuerpaket gehen auch Begünstigungen für Formen erneuerbarer Energie einher. Durch Photovoltaik selbsterzeugter und –verbrauchter Strom soll künftig von der Elektrizitätsabgabe befreit werden. Wasserstoff und Biogas sollen dem Erdgasabgabegesetz zugeordnet und eine Steuerbegünstigung vorgesehen werden. Die Abgabe für Erdgas beträgt gegenwärtig 0,066 € je m³, für Wasserstoff soll ab 2020 eine Abgabe von 0,021 € je m³ gelten.

Anpassung der Tabaksteuer, ermäßigter Steuersatz für E-Books

Langfristig abgesichert werden sollen durch die Steuerreform auch die Einnahmen der österreichischen TabaktrafikantInnen. Geplant ist eine Umstrukturierung der Tabaksteuer für Zigaretten, Feinschnitttabake und Tabak zum Erhitzen. Die Tabaksteuer für Zigaretten besteht zu einem Teil aus Fixkosten – derzeit 58 € je 1.000 Stück – sowie aus einer variablen Tabaksteuer, derzeit 37,5% des Bruttoverkaufspreises. Diese Variante soll noch bis Ende März 2020 gelten, danach soll die Tabaksteuer bis März 2021 36% des Bruttoverkaufspreises und 63 € je 1.000 Stück, ab dann bis inklusive März 2022 34,5% des Kleinverkaufspreises und 68 € je 1.000 Stück, sowie anschließend 33% des Kleinverkaufspreises und 73 € je 1.000 Stück betragen. Die Handelsspanne für Zigaretten soll jährlich leicht ansteigen. Aktuell beträgt sie für Inhaber von Tabakfachgeschäften 0,026 €. Ab dem 1. April 2020 soll sie 0,0291 € betragen. Auch für Feinschnitt und Tabak zum Erhitzen sind entsprechende Anpassungen im Tabaksteuergesetz und im Tabakmonopolgesetz vorgesehen.

Eine Änderung im Umsatzsteuergesetz betrifft elektronische Publikationen. E-Books und E-Zeitungen sollen künftig dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 10% unterliegen und somit Druckwerken gleichgestellt werden. Das Steuerreformgesetz 2020 sieht ferner unter anderem Änderungen im Körperschaftssteuergesetz, im Umgründungssteuergesetz, im Punzierungsgesetz und in der Bundesabgabenordnung vor.

Digitalsteuer auf Online-Werbeumsätze der Internetgiganten

Mit Beginn des Jahres 2020 sollen Internetgiganten wie Facebook, Google oder Amazon eine fünfprozentige Steuer auf Online-Werbeumsätze abzuführen haben, so der Vorschlag von ÖVP und FPÖ (983/A). Laut Digitalsteuergesetz (DiStG) - das als Teil des Abgabenänderungsgesetzes 2020 vorgelegt wurde - würden dieser Digitalsteuer jene Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von 750 Mio. € bzw. einem jährlichen Umsatz aus Onlinewerbeleistungen von mindestens 25 Mio. € unterliegen, soweit diese in Österreich gegen Entgelt erbracht werden. Damit wollen die AntragstellerInnen der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung tragen und einen Beitrag zur Steigerung der Steuergerechtigkeit für Dienstleistungen der "digital economy" leisten.

Die Digitalsteuer soll digitalisierte Werbeleistungen mit Inlandsbezug erfassen. Eine Onlinewerbeleistung gelte dann als im Inland erbracht, wenn sie auf dem Gerät einer Nutzerin bzw. eines Nutzers mit österreichischer IP-Adresse empfangen wird und sich in ihrem Inhalt und in ihrer Gestaltung nach (auch) an österreichische NutzerInnen richtet. Der für die Besteuerung maßgebliche Ort soll auch mittels Geo-Ortungsinstrumenten ermittelt werden können. Nicht von der Steuer erfasst sein sollen hingegen Beiträge auf ausländischen Websites, die für alle, nicht nur österreichische NutzerInnen erscheinen. Klargestellt wird durch den Gesetzesentwurf auch, dass es zu keiner Doppelbesteuerung durch die Werbeabgabe kommt.

Zur Berechnung der Digitalsteuer werden die der Steuer unterliegenden Konzerne dazu verpflichtet, Aufzeichnungen über die übernommenen Onlinewerbeleistungen zu führen. In anonymisierter Form dürfen personenbezogene Daten gespeichert werden. Eine Übermittlung an die Abgabenbehörde soll nur auf Aufforderung und jedenfalls in anonymisierter Form erfolgen.

Aus den aus der Digitalsteuer resultierenden Mitteln sollen jährlich 15 Mio. € an österreichische Medienunternehmen gehen. Damit soll der digitale Transformationsprozess und der Ausbau digitaler Angebote gefördert werden. Geplant ist außerdem eine Evaluierung der ersten Erfahrungen mit der Besteuerung von Onlinewerbeleistungen.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2020 sollen zur Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien ferner das EU-Meldepflichtgesetz, das Umsatzsteuergesetz, das Finanzstrafgesetz sowie etwa das EU-Amtshilfegesetz novelliert werden.

Organisationsreform der Bundesfinanzverwaltung

Aufgrund der Digitalisierung und der Globalisierung sehen ÖVP und FPÖ die Notwendigkeit für eine umfassende Reform der österreichischen Finanzverwaltung (985/A). An Stelle der 40 Finanzämter sollen ab 1. Juli 2020 zwei Abgabenbehörden mit bundesweiter Zuständigkeit treten – das "Finanzamt Österreich" sowie das "Finanzamt für Großbetriebe". Die neun bestehenden Zollämter sollen ebenfalls zu einer bundesweit zuständigen Abgabenbehörde, dem "Zollamt Österreich" zusammengeführt werden. Für die Aufgaben der Finanzpolizei, der Steuerfahndung sowie der Finanzstrafbehörde soll das "Amt für Betrugsbekämpfung" errichtet werden. Vorgesehen ist des Weiteren ein Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge. Somit bleiben von den dem Finanzministerium unterstellten Dienststellen künftig fünf Ämter. Die bisherigen Dienstbehörden werden zu Dienststellen.

Der Wirkungsbereich der Zoll- und Finanzämter erstreckt sich also künftig auf das gesamte Bundesgebiet. Die Leitung erfolgt durch einen Vorstand sowie durch Bereichsleiter. Für Unternehmen mit jährlichen Umsätzen über 10 Mio. € liegt die Zuständigkeit künftig beim eigens eingerichteten Finanzamt für Großbetriebe. Das Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) wird aus vier Geschäftsbereichen bestehen, für die vom Vorstand jeweils eine Bereichsleiterin bzw. ein Bereichsleiter bestellt werden kann. Zusätzlich zu diesen Geschäftsbereichen -Finanzstrafsachen, Finanzpolizei, Steuerfahndung und Zentralstelle Internationale Zusammenarbeit - soll es ferner eine zentrale Koordinierungsstelle für die Kontrolle illegaler Beschäftigung sowie ein Daten- Informations- und Aufbereitungscenter geben.

Beabsichtigt wird mit der Zentralisierung der Finanz- und Zollverwaltung die Bündelung der Kompetenzen, die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten sowie die Erhöhung der fachlichen Qualität. Die Bediensteten bleiben weiterhin mit ihren Arbeitsplätzen bzw. Arbeitsfeldern betraut, werden allerdings den neuen Ämtern - im Bedarfsfall mittels eines speziellen Überleitungsverfahren - zugewiesen.

Um die Umsetzung des für 2020 geplanten Teils der Steuerreform, die Digitalsteuer sowie die Neuorganisation der Finanzverwaltung noch vor der Nationalratswahl auf den Weg zu bringen, wurden die entsprechenden Vorlagen für den Budgetausschuss bis 1. September 2019 fristgesetzt. (Schluss) fan