Parlamentskorrespondenz Nr. 634 vom 18.06.2020

Nationalrat: Kurz sieht österreichischen Weg durch die Corona-Krise aufgrund der Gesundheits- und Wirtschaftsdaten bestätigt

Opposition kritisiert bürokratische Hilfen, unzureichende Sozialpakete und Vereinbarung mit der Lufthansa

Wien (PK) – Für die wirtschaftlichen und sozialen Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise, die Vereinbarung der Republik mit der Lufthansa über die Zukunft der AUA oder die angekündigte Aufwertung der systemrelevanten Berufe interessierten sich die Abgeordneten in der heutigen Fragestunde des Nationalrats, die sich an Bundeskanzler Sebastian Kurz richtete. Österreich sei aufgrund des raschen Handelns sowohl aus gesundheitlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht viel besser durch die Krise gekommen als andere Staaten, zeigte sich Kurz überzeugt. Auch wenn er jeden verstehe, der ungeduldig auf Unterstützung warte, so müsse man sehen, dass inzwischen 80.000 Betriebe Kurzarbeitsgelder erhalten haben und dass Anträge für den Fixkostenzuschuss im Durchschnitt innerhalb von sechs Tagen erledigt werden. Außerdem sei Österreich eines der ganz wenigen Länder, in denen der Staat zu 100% für Kredite an Unternehmen garantiere. Bei der letzten Regierungsklausur wurden weitere Pakete beschlossen, informierte der Kanzler, wodurch nun insgesamt 50 Mrd. € zur Verfügung stehen. Im Besonderen hob er dabei die Entlastungmaßnahmen für BezieherInnen von geringen Einkommen hervor, die gewährleisten, dass Menschen, die hart arbeiten, mehr zum Leben bleiben wird.

Wenig Konkretes war dem Kanzler bezüglich des Ibiza-Untersuchungsausschusses zu entlocken, der vor allem von den Abgeordneten Kai Jan Krainer (SPÖ) und Christian Hafenecker (FPÖ) thematisiert wurde. Als Vertreter der Exekutive könne er die Arbeit des UsA nicht bewerten, erklärte Kurz, der zugleich auf die im Regierungsprogramm vereinbarten Transparenzmaßnahmen wie etwa die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, das einklagbare Recht auf Informationsfreiheit oder die geplanten Verschärfungen im Strafrecht hinwies. Außerdem stellte er klar, dass das Bundeskanzleramt dem Untersuchungsausschuss alle relevanten Akten vorgelegt habe.

Kurz verteidigt Vorgangsweise der Regierung zu Beginn der Corona-Krise

Gegenüber Abgeordneter Susanne Fürst (FPÖ), die der Regierung eine gezielte Verbreitung von Angst und systematische Eingriffe in Grundrechte vorwarf, gab Kurz zu bedenken, dass er als Bundeskanzler aufgrund der intensiven Gespräche mit den WissenschaftlerInnen einen Informationsvorsprung besessen habe. Er hätte es daher für unverantwortlich gehalten, nicht auf die Gefahren einer Ansteckung und Erkrankung an COVID-19 hinzuweisen. Er bleibe auch bei seiner Meinung, wonach die verharmlosenden Vergleiche mit der Grippe falsch und gefährlich waren. Was die rechtliche Komponente anbelangt, so habe Gesundheitsminister Anschober immer mit Unterstützung des Verfassungsdienstes und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, war der Kanzler überzeugt. Der nationale Schulterschluss sowie das rasche Vorgehen haben letztlich dazu geführt, dass Österreich viel besser durch die Krise gekommen sei als viele andere Länder. Es zeige sich nun etwa auch, dass die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen in jenen Staaten schwächer ausgefallen sind, in denen die gesundheitspolitische Situation eine bessere war.

Kontroverse Debatte über Abwicklung der wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen  

Ein zentrales Thema in der Fragestunde waren die im Rahmen der letzten Regierungsklausur auf den Weg gebrachten Rettungspakete vor allem für besonders betroffene Branchen. Bundeskanzler Sebastian Kurz stimmte mit Abgeordnetem Peter Haubner (ÖVP) überein, dass Österreich als exportorientierte Volkswirtschaft und Tourismusland sehr stark von externen Faktoren abhängig sei. Es war der Regierung daher sehr wichtig, die Unternehmen nicht nur während des Lockdowns zu unterstützen, sondern auch längerfristige Akzente zu setzen. So habe man sich etwa dazu entschlossen, den Fixkostenzuschuss auf das ganze Jahr zu verlängern. Generell habe man ein auf die einzelnen Branchen abgestimmtes Bündel an Maßnahmen geschnürt, das zuletzt um weitere 16,5 Mrd. € aufgestockt wurde. Insgesamt stehen somit für die Bewältigung der Krise 50 Mrd. € zur Verfügung.

Wenn große Summen ausbezahlt werden, dann müsse es auch eine gewisse Form der Kontrolle geben, brachte Kurz gegenüber Abgeordnetem Josef Schellhorn (NEOS) vor, der monierte, dass in den vergangenen drei Monaten die wirtschaftliche Hilfe bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht angekommen sei. Außerdem mussten eine gesetzliche Grundlage für die Maßnahmen sowie entsprechende Verordnungen ausgearbeitet werden. Bei der Kurzarbeit gab es das Problem, dass das AMS, das normalerweise ein paar hundert Anträge zu bearbeiten hatte, nun mit hunderttausenden Fällen konfrontiert sei. Sehr schnell ging es zum Beispiel aber bei den Ansuchen auf Steuerstundungen, die im Normalfall innerhalb von 48 Stunden bewilligt werden. Die Einschätzung von Abgeordnetem Christoph Matznetter (SPÖ), wonach in Deutschland und in der Schweiz alles besser gelaufen sei, teile er nicht. Als Beleg führte Kurz den prognostizierten Wirtschaftsrückgang in den einzelnen Ländern an, der sehr ähnlich ausfalle. Die Aufgabenverteilung bei der Abwicklung der Hilfsmaßnahmen auf verschiedene Institutionen war aus seiner Sicht richtig, da es sonst zu einem Zusammenbruch einer einzelnen Organisation gekommen wäre.

Gemeinsam mit dem Regierungspartner habe man sich darauf geeinigt, den ökologischen Schwerpunkt weiter zu forcieren. Österreich sei etwa in den Sektoren Wasserwirtschaft oder Biolandbau ein Vorreiter. Damit werde auch ein wichtiger Beitrag zur Erfüllung der UN-Nachhaltigkeitsziele geleistet, teilte Bundeskanzler Kurz der Abgeordneten Astrid Rössler (Grüne) mit. Auf europäischer Ebene war es wichtig, dass der ESM sehr schnell aufgestellt wurde, merkte er gegenüber Abgeordnetem Wolfgang Gerstl (ÖVP) an. Damit konnte rasch Liquidität für besonders hart getroffene Staaten sichergestellt werden. Die Verhandlungen über den European Recovery Fund seien noch am Laufen. Er hoffe, dass letztendlich ein Kompromiss erzielt werde, konstatierte Kurz.

Kurz: Vereinbarung mit der Lufthansa sichert Fortbestand der AUA, Standort und Drehkreuz Wien

In Richtung des Abgeordneten Jörg Leichtfried (SPÖ) stellte der Bundeskanzler fest, dass es der Regierung bei den Verhandlungen mit der Lufthansa über die Zukunft der AUA immer darum ging, sowohl die Arbeitsplätze als auch das Drehkreuz Wien abzusichern. Eine Beteiligung der Republik an der Fluglinie stand nie im Vordergrund. Da letztendlich Ergebnisse erzielt wurden, die zu Beginn der Gespräche fast als unerreichbar gegolten haben – nämlich eine 10-Jahres-Garantie für das Drehkreuz Wien, für den Standort und die Marke -, könne man mit dem Vertrag sehr zufrieden sein. Dies würden auch die VertreterInnen der Gewerkschaft und der Stadt Wien so sehen. Hätte es aber keine Standortgarantie gegeben, dann wäre eine Beteiligung am Konzern eine denkbare Möglichkeit gewesen, räumte er gegenüber Leichtfried ein. Entscheidend sei für ihn jedenfalls, dass Österreich mit dem Flughafen Wien weiterhin ein Tor zur Welt habe, unterstrich der Kanzler.

Opposition hält Maßnahmen zur Abfederung der sozialen Auswirkungen der Corona-Krise für unzureichend

Beim Fragenkomplex soziale Auswirkungen der Corona-Krise stimmte Bundeskanzler Kurz mit Abgeordneter Meri Disoski (Grüne) darin überein, dass überproportional viele Frauen in systemrelevanten Berufen tätig sind. Ihnen gebühre ein großer Dank, da sie neben ihrer Beschäftigung oft noch Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu betreuen hatten. Der Regierung sei es daher ein großes Anliegen, noch besser dafür zu sorgen, dass man von diesen Berufen ordentlich leben könne und möglichst viel vom Nettogehalt übrig bleibe. Schon während der Krise haben sich die Koalitionspartner darauf verständigt, dass Bonuszahlungen und Zulagen bis zu 3.000 € steuerfrei bleiben sollen. Gleichzeitig soll es durch die Absenkung der untersten Tarifstufe der Lohnsteuer zu einer weiteren deutlichen Entlastung kommen. Für BezieherInnen von sehr niedrigen Einkommen werde es eine Auszahlung in Form einer Negativsteuer geben, teilte er Abgeordnetem Friedrich Ofenauer (ÖVP) mit.

Kritischen Anmerkungen von Seiten der Abgeordneten Petra Wimmer (SPÖ) und Michael Bernhard (NEOS) bezüglich Auszahlungsproblemen beim Familienhärtefonds hielt Bundeskanzler Kurz entgegen, dass rasch Personal aufgestockt wurde, um die Anträge möglichst zügig bearbeiten zu können. Darüber hinaus wurden zusätzliche unbürokratische Hilfen für Familien beschlossen wie zum Beispiel der Kinderbonus in der Höhe von 360 €. Ebenso werde an Adaptierungen des Kurzarbeitsmodells gearbeitet, um MitarbeiterInnen in besonders betroffenen Branchen über die sechs Monate hinaus zu unterstützen. Danach soll eine Arbeitsstiftung ins Leben gerufen werden, um jene Menschen, die noch immer arbeitslos sind, umzuschulen und fit für andere Branchen zu machen.

Äußerst unzufrieden mit der Bewältigung der sozialen Probleme durch die Regierung zeigte sich Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), die überdies darauf aufmerksam machte, dass "arbeitslose Menschen in Österreich mit einer Einmalzahlung von 450 € abgespeist" würden, während den AktionärInnen der deutschen Lufthansa, die 2019 einen Gewinn von 1,2 Mrd. € ausgeschüttet hat, 150 Millionen € geschenkt werden. Die beste Antwort auf Arbeitslosigkeit sei die Schaffung von Arbeitsplätzen, entgegnete der Bundeskanzler. Gerade mit dem im internationalen Vergleich herzeigbaren Kurzarbeitsmodell sei es gelungen, dass ganz viele Jobs erhalten werden konnten. (Fortsetzung Nationalrat) sue

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