Parlamentskorrespondenz Nr. 639 vom 18.06.2020

Nationalratsplenum weist Initiativen von NEOS und SPÖ zum Thema Zivildienst dem Sozialausschuss zu

Opposition übt Kritik an geringer Bezahlung des verlängerten Zivildienstes, auch Koalition will Maßnahme evaluieren

Wien (PK) – Zwei Anträge, die zu den Möglichkeiten der Anrechnung von Wehrersatzdienst sowie der Besoldung von Zivildienern vorgelegt wurden, wurden vom Innenausschuss an das Plenum des Nationalrats zurückverwiesen. Dort wurden sie heute debattiert und einstimmig dem Sozialausschuss zugewiesen, der sie weiter beraten wird. Der Initiativantrag der NEOS hat zum Ziel, absolvierte Programme eines Freiwilligendienstes im Ausland mit einer Mindestdauer von 10 Monaten als Zivildienstersatz anrechnen zu können. Die SPÖ macht sich angesichts des sogenannten "Zivi-Pay-Gaps" mit einem Entschließungsantrag für eine besoldungsrechtliche Gleichstellung der freiwillig und unfreiwillig verlängerten Zivildiener stark.

Yannick Shetty (NEOS) spricht sich für die Anerkennung von Programmen des Europäischen Solidaritätskorps als Zivildienstersatz aus. Von 2016 bis 2018 sei dies nämlich durch den Europäischen Freiwilligendienst von Erasmus+ möglich gewesen, nach der Umstrukturierung des Programms zum Europäischen Solidaritätskorps (ESK) allerdings nicht mehr. Im Grunde sollte es weiterhin möglich sein, aufgrund des bestehenden Gesetzes den Auslandseinsatz als Zivildienst anzuerkennen. Da die Behörde das Gesetz aber anders interpretiere, sei eine Gesetzesänderung notwendig. Kritisch sah er auch den Umgang mit Zivildienern in der COVID-19-Krise. Sie seien als billige Arbeitskräfte eingesetzt und ungleich entlohnt worden. Der gesetzliche Zustand sollte geändert werden, bevor der Verfassungsgerichtshof dies verlangt.

Michael Seemayer (SPÖ) betonte, es sei ungerecht, dass jene Personen, deren Zivildienst zur Unterstützung der Corona-Krise bis Ende Juni verlängert wurden, weniger verdienen, als jene, die sich aufgrund der COVID-19-Situation freiwillig zum Zivildienst gemeldet haben. Auch die Ungleichbehandlung bei der Bezahlung der Milizsoldaten müsse behoben werden. Er sehe zudem keinen Grund, warum die Tätigkeit im Europäischen Solidaritätskorps nicht als Zivildienst anzuerkennen wäre.

Lukas Brandweiner (ÖVP) erklärte, die Anträge seien im Sozialausschuss an der richtigen Stelle. Was den europäischen Freiwilligendienst betreffe, so müsse man im Auge behalten, dass er keinen Wehrersatzdienst darstelle. Zudem brauche man die Zivildiener im Inland dringend. Die Problematik der Vergütung verstehe er, sagte Brandweiner, er gebe aber zu bedenken, dass für Zivildiener dieselben gesetzlichen Regelungen wie für Grundwehrdiener gelten. Brandweiner sprach sich für eine Evaluierung des außerordentlichen Zivildienstes nach Beendigung der Maßnahme aus.

Die Ungleichbehandlung der Zivildiener sei nicht akzeptabel, sagte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Sie hoffe daher, dass auch den zwangsweise verlängerten Zivildienern die erbrachte Leistung abgegolten wird. Grundsätzlich kritisierte die Abgeordnete, dass viele Anträge im Innenausschuss vertagt wurden. Offenbar scheue die Koalition eine Diskussion über die innere Sicherheit Österreichs, vermutete die Abgeordnete. Die FPÖ werde aber darauf drängen, dass Themen wie die Aberkennung der Staatsbürgerschaft von IS-Kämpfern weiterhin behandelt werden.  

Die beiden Anträge zum Zivildienst seien wichtig und sollten ernsthaft diskutiert werden, betonte David Stögmüller (Grüne). Das Heeresgebührengesetz, aus dem die Ungleichheit der Bezahlung entstehe, sei komplex. Eine unmittelbare Änderung war nicht möglich, ihm sei es jedoch ein Anliegen, dass die Problematik bald behoben wird. Das Europäische Solidaritätskorps leiste wichtige Arbeit, um junge Menschen mit Europa vertraut zu machen. Aus seiner Sicht wäre daher eine weitere Anrechnung als Zivildienst denkbar und vom System durchaus verkraftbar. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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