Parlamentskorrespondenz Nr. 979 vom 01.10.2020

Menschenrechtsausschuss setzt Signal gegen Strafmündigkeit von Kindern

Weitere Themen: Flüchtlinge an bosnisch-kroatischer Grenze, Radikalisierung, Meinungsfreiheit und UN-Kinderrechtskonvention

Wien (PK) – Ein Signal gegen die Strafmündigkeit von Kindern setzte heute der Menschenrechtsausschuss des Nationalrats. In einem mit breiter Mehrheit angenommenen Entschließungsantrag gaben die Abgeordneten zu bedenken, dass in zahlreichen Staaten die Strafmündigkeit deutlich unter 14 Jahren liegt, und appellierten an die Bundesregierung, sich auf internationaler Ebene für eine entsprechende Erhöhung einzusetzen. Weitere Themen der Sitzung waren die Situation der Flüchtlinge an der bosnisch-kroatischen Grenze, der Kampf gegen Radikalisierung, Fragen der Meinungsfreiheit sowie die UN-Kinderrechtskonvention. Entsprechende Initiativen der Opposition wurden allerdings zunächst vertagt.

Appell zur Erhöhung des Strafmündigkeitsalters

Der Appell des Ausschusses geht auf einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien (901/A(E)) zurück, in dem ÖVP und Grüne von einem menschenrechtswidrigen Strafmündigkeitsalter in vielen Ländern der Welt sprechen. In insgesamt 120 Staaten, so etwa in Nigeria, Afghanistan, Bangla Desh, Thailand oder Pakistan, liege die Strafmündigkeit deutlich unter 14 Jahren, in manchen Ländern kämen sogar 7-Jährige ins Gefängnis, gaben Gudrun Kugler (ÖVP) und Barbara Neßler (Grüne) zu bedenken. Sie riefen die Regierung auf, diese Problematik auf internationaler Ebene zu thematisieren und sich für eine entsprechende Erhöhung einzusetzen. Unterstützung fand die Initiative auch bei SPÖ und NEOS, wobei Petra Bayr (SPÖ) meinte, es gelte auch, den Blick auf jene Staaten zu richten, in denen über eine Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters auf unter 14 Jahre diskutiert werde.

Lage der Flüchtlinge an bosnisch-kroatischer Grenze: SPÖ sieht Handlungsbedarf

Die Situation der Flüchtlinge an der Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien war Thema eines Entschließungsantrags der SPÖ (792/A(E)). Seit Jahren würden Asylsuchende beim Versuch, die EU-Außengrenze zu übertreten, von der kroatischen Grenzpolizei gewaltsam auf bosnisches Gebiet zurückgedrängt werden, wo sie in elenden und menschenunwürdigen Verhältnissen um ihr Überleben kämpfen müssen, schlug Nurten Yilmaz (SPÖ) Alarm. Sie forderte die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für ein Ende der Gewalt gegenüber Geflüchteten einzusetzen und dabei vor allem auch in bilateralen Kontakten mit dem EU-Mitgliedsland Kroatien die Einhaltung der europa- und asylrechtlichen Bestimmungen einzumahnen.

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne ) erinnerte, ihre Fraktion habe das Thema bereits aufgegriffen und 500 dokumentierte Fälle von Gewalt gegenüber Flüchtlingen dem Außenministerium übergeben. Kroatien habe eine Prüfung angekündigt, zwei Polizisten seien bereits suspendiert worden. Zagreb habe sich zudem zur Null-Toleranz bei Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen bekannt. Man werde jedenfalls von Seiten Österreichs "dran bleiben" versicherte sie, was auch Gudrun Kugler (ÖVP) bestätigte. Die Menschenrechtssprecherin der Volkspartei teilte überdies mit, sie habe im Rahmen der OSZE die Übergriffe gegen Flüchtlinge aufs Tapet gebracht. Der Antrag wurde daraufhin mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

FPÖ ruft zu Kampf gegen Parallelgesellschaften und Radikalisierung auf

Mit einem erneut eingebrachten Entschließungsantrag (206/A(E)) macht die FPÖ gegen Parallelgesellschaften und Radikalisierung mobil. Nachdem dieses Anliegen schon im Jahr 2019 gemeinsam mit dem Koalitionspartner ÖVP vorgelegt und vom Nationalrat ohne die Stimme der damaligen Abgeordneten und derzeitigen Justizministerin Alma Zadič unterstützt wurde, wolle man nun mit einer gleichlautenden Entschließung sicherstellen, dass die Bundesregierung den bereits beschrittenen Weg fortsetzt, erklärte Martin Graf (FPÖ). Konkret fordern die Freiheitlichen die türkis-grüne Koalition auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um jeglicher islamistischer Radikalisierung vorzubeugen und die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern.

Diese Initiative wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, nachdem ÖVP-Abgeordneter Johann Weber auf bereits laufende Maßnahmen der Regierung hingewiesen hatte.

FPÖ gegen "Denkverbote" in der Corona-Krise

Kritik an der Kommunikations- und Informationspolitik von Bundeskanzler Sebastian Kurz im Zusammenhang mit der Corona-Krise übt einmal mehr die FPÖ, wobei Martin Graf von einem Angriff auf die Meinungsfreiheit spricht. Es sei nicht legitim, ÄrztInnen und VirologInnen, die zu COVID-19 eine andere Auffassung als die Bundesregierung vertreten, zu verunglimpfen, unterstreicht er und fordert den Bundeskanzler in einem Entschließungsantrag (615/A(E)) auf, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren und Debatten ohne "Denkverbote" zu fördern.

Der Antrag verkürze die Thematik der Meinungsfreiheit, stellte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) fest. Auch hier entschieden die Regierungsparteien auf Vertagung.

UN-Kinderrechtskonvention: NEOS drängen auf Ratifizierung des 3. Fakultativprotokolls

Einen neuerlichen Anlauf zur Stärkung der Rechte der Kinder in Österreich unternahmen die NEOS mit ihrem Aufruf an die Bundesregierung, das von Österreich 2012 unterzeichnete 3. Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zu ratifizieren (105/A(E)). Dies würde Kindern nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs eine Individualbeschwerde an einen unabhängigen UN-Kinderrechtsausschuss ermöglichen, erklärte Nikolaus Scherak.

Die Regierungsparteien wollen hingegen vor einer Ratifizierung noch die Erfahrungen der Praxis evaluieren und beschlossen eine Vertagung. (Fortsetzung Menschenrechtsausschuss) hof