Parlamentskorrespondenz Nr. 1359 vom 02.12.2020

Gleichbehandlungsausschuss: Gewaltschutzgipfel und entlastende Maßnahmen für Frauen in der Corona-Krise

Aktuelle Aussprache mit Frauenministerin Susanne Raab

Wien (PK) – Bei der aktuellen Aussprache im Gleichbehandlungsausschuss stand der Gewaltschutzgipfel, der am 23. und 24. November 2020 stattgefunden hat, im Zentrum des Interesses der Abgeordneten. Darüber hinaus informierte Frauenministerin Susanne Raab über die Maßnahmen zur Entlastung von Frauen in systemrelevanten Berufen während der Corona-Krise. Im Anschluss an die Aussprache wurden zahlreiche Anliegen der Opposition debattiert und schließlich vertagt.

Raab: Sehr zufrieden mit Gewaltschutzgipfel

Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen auf verstärkte Beratung und Aufklärung. Man werde die Beratungsstellen ausbauen, informierte Frauenministerin Susanne Raab auf Nachfrage von Romana Deckenbacher, Elisabeth Pfurtscheller (beide ÖVP) und Philip Kucher (SPÖ). 300 Personen hätten online an dem Gipfel teilgenommen. Die gute Zusammenarbeit lobte Raab in diesem Zusammenhang mit Polizei und NGOs. Informationskampagnen würden in vielen Printmedien gestartet und Informationen für Frauen bei Ärzten und Apotheken bereitgelegt. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention sei im Gange, sagte Raab.

Frauen in der Corona-Krise

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) trat für die Stärkung der Elementarpädagogik ein. Die Ausbildung der PädagogInnen sowie ein zweites Gratis-Kindergartenjahr standen für die SPÖ-Abgeordnete an wichtiger Stelle. Von Seiten der Frauenministerin gab es dazu ein positives Bekenntnis. Sie wolle die Kinderbetreuung stärken, PädagogInnen weiter ausbilden und auf ein Aufbrechen der Stereotypen hinwirken. Um Stereotype aufzubrechen und Frauen für technische Berufe zu interessieren, setze sie auf den Einsatz von Role Models, sagte Raab in Richtung Maria Smodics-Neumann (ÖVP). Dazu seien bereits gute Strategien erarbeitet worden, unterstrich sie. Systemerhaltende Frauen würden in der Corona-Krise durch den Familienkrisenfonds, den Familienhärtefonds, den Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit und die Senkung des Eingangssteuertarifs entlastet, so Raab zu den SPÖ-Abgeordneten Sabine Schatz, Verena Nussbaum und Philip Kucher. Verbesserungspotential erkannte Raab darin, die Bevölkerung über die Maßnahmen zu informieren.

Henrike Brandstötter (NEOS) machte auf die Petition "Fakten helfen! Für eine bundesweite anonymisierte Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und die anonyme Erforschung der Motive dafür" aufmerksam und sah Fragen nach Gründen von Schwangerschaftsabbrüchen kritisch. Frauenministerin Raab war es in dem Zusammenhang ein wichtiges Anliegen, Frauen bei schwierigen Entscheidungen zu unterstützen und zu beraten. Perspektiven sollen offengelegt werden.

Die weiteren Anliegen der Abgeordneten reichten von dem Ende des Blutspendeverbots von Homo- und Bisexuellen (Yannick Shetty, NEOS), über Fortschritte beim Gender Mainstreaming (Verena Nussbaum) zu Konsequenzen bei der Nichterfüllung von Quotenregelungen (Sonja Hammerschmid, beide SPÖ). Zur Unterstützung älterer Frauen gebe es mehrere Projekte, sagte die Ministerin zu Edith Mühlberghuber (FPÖ). Das geplante Pensionssplitting werde zu strukturellen Verbesserungen bei der Altersarmut von Frauen führen.

SPÖ-Forderungen nach mehr Schutz für Schwule, Lesben und Bisexuelle

Im Anschluss an die aktuelle Aussprache behandelte der Gleichbehandlungsausschuss mehrere Oppositionsanträge, die allesamt vertagt wurden. Mit dem sogenannten "Levelling Up" forderte die SPÖ den Diskriminierungsschutz für Schwule, Lesben und Bisexuelle (LGBTIQ) auf das Privatleben auszuweiten. Während LGBTIQ-Personen in der Arbeitswelt bereits geschützt seien, würden Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen - etwa zu Wohnungen - nicht verboten, kritisierte Heinisch-Hosek (SPÖ) (693/A(E)). Österreich sei eines der letzten EU-Länder, das diese Schlechterstellung nicht untersage, sagte Fraktionskollege Kucher und forderte den Schutz der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen auf Bundesebene.

Seitens der Grünen war es Faika El-Nagashi ein Anliegen festzuhalten, dass die Grünen weiterhin ihre Position vertreten. Die Zustimmung zu dem Antrag sei aufgrund der Koalition nicht möglich, erklärte sie unisono mit Fraktionskollegin Meri Disoski. Auch die FPÖ-Abgeordnete Edith Mühlberghuber stellte die inhaltliche Zustimmung ihrer Fraktion in Aussicht, was Yannick Shetty (NEOS) überrascht begrüßte.

Eine weitere Forderung der SPÖ betraf die Lage für Schwule, Lesben, bisexuelle, transidente und intergeschlechtliche Personen in Ungarn, die sich seit Jahren in eine besorgniserregende Richtung entwickle, so Gabriele Heinisch-Hosek (1044/A(E)). Die SPÖ forderte von Frauenministerin Susanne Raab, sich auf europäischer und bilateraler Ebene gegen die in Ungarn geplanten Verfassungsänderungen einzusetzen. Ähnlich kritisch sahen dies die NEOS. Auch an dieser Stelle unterstrichen die Grünen ihre inhaltliche Zustimmung und die Bindung an das Regierungsabkommen. Für die ÖVP sagte Nico Marchetti, dass das Gesetz in Ungarn noch nicht beschlossen sei und hoffentlich auch nicht beschlossen werde. Es gebe den Auftrag an Außenminister Alexander Schallenberg, sich bei bilateralen Gesprächen dagegen auszusprechen.

Mehr Personal für die Gleichbehandlungsanwaltschaft forderte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in einem weiteren Entschließungsantrag (1043/A(E)). Abgeordnete Pfurtscheller (ÖVP) betonte den guten Austausch mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und sprach sich auch an dieser Stelle für die Vertagung aus.

NEOS fordern Strategie zur Gleichstellung von LGBTIQ in Österreich

Die NEOS fordern, Aktionspläne für die Gleichstellung von LGBTIQ in Österreich und Maßnahmen für die Gleichstellung zu setzen. Am 12. November 2020 habe die Europäische Kommission erstmals eine Strategie zur Gleichstellung von LGBTIQ vorgelegt, führte Yannick Shetty (1007/A(E)) aus und drängte auf deren Umsetzung. Die ÖVP begründete die Vertagung mit dem Abwarten auf weitere europäische Schritte.

SPÖ für mehr Transparenz beim Einkommen

Erneut diskutiert wurde eine Initiative für ein Einkommenstransparenzgesetz (276/A), mit der die SPÖ mehr Lohngerechtigkeit in der Privatwirtschaft erreichen will. Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren zähle Österreich nach wie vor zu den Ländern mit einem großen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschied, warf Antragstellerin Gabriele Heinisch-Hosek auf. Die NEOS konnten dem Antrag keine inhaltliche Zustimmung geben. Das Anliegen sei nachvollziehbar, so Henrike Brandstötter, aber die NEOS würden den Weg des offenen Gesprächs forcieren. Meri Disoski (Grüne) zeigte sich bei ihrem Vertagungsantrag zuversichtlich, dass es zu Verbesserungen bei der Lohngerechtigkeit kommen werde, Gespräche seien im Gange, sagte sie.

Des Weiteren machte sich die SPÖ für eine Maßnahmenoffensive für Lohn- und Einkommensgerechtigkeit stark (278/A(E)). Das Forderungspaket enthält neben einem steuerfreien Mindestlohn von 1.700 € die Vorlage von effektiveren Einkommensberichten, ein Recht auf Arbeitszeitwechsel sowie auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr. Positiv beurteilten dieses Anliegen die NEOS. Ähnlich wie beim vorherigen Anliegen begründeten die Grünen die Vertagung mit laufenden Gesprächen und bereits erfolgten Maßnahmen.

Gewaltschutz-Sofortpaket und Maßnahmenpaket gegen Sexismus

Auf der Tagesordnung des Gleichbehandlungsausschusses stand auch die SPÖ-Forderung nach einem Gewaltschutz-Sofortpaket in Höhe von 5 Mio. €, um den besonderen Herausforderungen der Corona-Krise Rechnung zu tragen (576/A(E)). Während Meri Disoski (Grüne) die Vertagung mit der erfolgten budgetären Umsetzung und anderen Maßnahmen begründete, wollte Sabine Schatz (SPÖ) zusätzliche 5 Mio. € - außerhalb des bestehenden Programms - erwirken.

Darüber hinaus forderte die SPÖ von Frauen- und Integrationsministerin Raab ein Maßnahmenpaket gegen strukturellen Sexismus (690/A(E)). Auch dieser Antrag wurde vertagt. Disoski begründete dies mit zahlreichen Maßnahmen gegen Sexismus in der Koalitionsvereinbarung.

NEOS für jährliche Pensionskontomitteilung

Um der Pensionslücke zwischen Frauen und Männern entgegenzuwirken, traten die NEOS (1015/A(E)) für jährliche Pensionskontomitteilungen, in denen durch Hochrechnung des bisherigen Versicherungsverlaufs eine voraussichtliche Pensionshöhe für verschiedene Antrittsalter ausgewiesen wird, ein. Damit sollen laut Brandstötter Bewusstsein und Anreize für einen späteren Pensionsantritt geschaffen werden. Laut Werner Saxinger (ÖVP) ist ausreichend Transparenz durch die Möglichkeit des Abrufs des Pensionskontostands gegeben. Außerdem würden Personen ab dem 55. Lebensjahr automatisch darüber informiert, sagte er. Obwohl die ÖVP gegenüber der Thematik aufgeschlossen war, wurde auch dieser Antrag vertagt. (Schluss Gleichbehandlungsausschuss) gla/kar