Parlamentskorrespondenz Nr. 36 vom 18.01.2021

Parlament: TOP im Nationalrat am 20. Jänner 2021

Aktuelle Stunde, Europastunde, Gemeindehilfspaket, Kontenregister, Bundesministeriengesetz, Rechnungshofberichte, Petitionen

Wien (PK) – Der Nationalrat wird sich in seiner ersten regulären Sitzung im Jahr 2021 unter anderem mit dem von der Regierung geschnürten neuen Gemeindehilfspaket im Ausmaß von 1,5 Mrd. € und mit einer Novelle zum Bundesministeriengesetz befassen. Im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher und der Angelobung von Arbeitsminister Martin Kocher sollen die Familien- und Jugendagenden in das Bundeskanzleramt zu Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab wandern. Zudem nehmen ÖVP und Grüne einen neuen Anlauf, um ein Gesetzespaket zur Verhinderung von Geldwäsche zu verabschieden, nachdem der erste Versuch im Dezember an der notwendigen Zweidrittelmehrheit gescheitert war. Weiters auf der Tagesordnung stehen zahlreiche Rechnungshofberichte, der Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft, ein Sammelbericht des Petitionsausschusses über sechs Bürgerinitiativen und zehn Petitionen sowie die Erste Lesung von zwei Anträgen zur Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde. Die ÖVP hat dafür das Thema "Arbeitsmarkt in Zeiten von COVID-19: Status – Ausblick – Möglichkeiten" gewählt.

Aktuelle Europastunde

In der daran anschließenden Aktuellen Europastunde will die SPÖ über den ihrer Meinung nach beschädigten Ruf des österreichischen Verfassungsschutzes in Europa diskutieren. Konkret lautet das Thema: "Keine europäischen Nachrichtendienstinformationen für das BVT – Österreich im schwarzen Loch der gemeinsamen europäischen Terrorbekämpfung durch Versagen der Innenminister in den letzten Jahren"

Kompetenzen für Familie und Jugend kommen in das Bundeskanzleramt

Eine Novelle zum Bundesministeriengesetz sieht vor, die Agenden für Familie und Jugend aus dem Arbeitsministerium herauszulösen und in das Bundeskanzleramt zu Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab zu verschieben. Damit erhalte der neue Arbeitsminister Martin Kocher die Möglichkeit, sich auf den Bereich Arbeit zu konzentrieren, wird diese Maßnahme von den Koalitionsparteien begründet. ÖVP und Grüne verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die großen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt und im Bereich des Arbeitsrechts durch die COVID-19-Pandemie.

Abgelehnt wurde die Gesetzesinitiative im Verfassungsausschuss lediglich von der SPÖ. Sie fordert die Rückkehr zu einem gemeinsamen Ressort für Arbeit und Soziales und sieht außerdem die Vereinigung der Agenden für Frauen und Familien in einem Ministerium kritisch. Zweifel an der Sinnhaftigkeit der neuen Ressortaufteilung haben auch die NEOS, sie sind wie die FPÖ aber der Meinung, dass die Aufgabenverteilung innerhalb der Regierung im Wesentlichen dieser selbst obliegen sollte.

Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft

Der Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft für die Jahre 2018 und 2019, der anschließend zur Debatte steht, gibt Auskunft über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes durch die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Gleichbehandlungskommission. In beiden Stellen wurden überwiegend Diskriminierungserfahrungen in der Arbeitswelt vorgebracht. 4.017 Mal hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) im Berichtszeitraum Menschen zu Diskriminierungsfragen beraten, (rechtlich) unterstützt und allgemein über Gleichbehandlung informiert. Zwei Drittel der Anfragen kamen dabei von Frauen. Die meisten Anfragen (78%) betrafen Diskriminierungsfälle in der Arbeitswelt, am häufigsten waren Fälle von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (52%). 196 Mal wandten sich Menschen an die GAW, weil sie sich diskriminiert fühlten, ohne gesetzlichen Diskriminierungsschutz nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) in Anspruch nehmen zu können. Gefordert wird daher gleiches Schutzniveau für Diskriminierungen in allen Bereichen ("Levelling-up").

Die Gleichbehandlungskommission zählte im Berichtszeitraum 135 Anträge wegen Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt und 73 Anträge wegen Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt. Die Fallzahl bei Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt ist mit 24 wesentlich geringer, es zeige sich aber eine Verbreiterung der Fallkonstellationen.

Unterstützungspaket für die Gemeinden in der Höhe von 1,5 Mrd. €

Durch die Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Einbruch der Einnahmen bleibt die Finanzsituation der Gemeinden weiterhin angespannt. Mit einem Unterstützungspaket in der Höhe von 1,5 Mrd. € möchte die Regierung die Liquidität der Gemeinden und ihre Investitionskraft für 2021 stärken. Da die Möglichkeiten der Gemeinden, sich durch Darlehensaufnahmen zu verschulden, begrenzt seien, würden sich die derzeit geringen Abgabenerträge auf die Liquidität der Gemeinden besonders negativ auswirken, heißt es in der Regierungsvorlage.

Das Vorhaben umfasst die Aufstockung der Ertragsanteile der Gemeinden um 400 Mio. € bei der Zwischenabrechnung im März 2021 sowie Sonder-Vorschüsse auf künftige Ertragsanteile der Kommunen von rund 1 Mrd. €. Die Rückzahlung soll frühestens im Jahr 2023 beginnen. Außerdem soll es zu einer Aufstockung des Strukturfonds für finanzschwache Gemeinden um 100 Mio. € kommen. In den Erläuterungen zur Gesetzesvorlage weist die Regierung überdies darauf hin, dass der Bund die Gemeinden schon jetzt durch das Kommunalinvestitionspaket 2020 mit 1 Mrd. € unterstützt.

Im Budgetausschuss erhielt der Gesetzentwurf die Stimmen der Koalitionsparteien und der NEOS. SPÖ und FPÖ hegen die Befürchtung, dass die Gemeinden kein Geld für Investitionen haben werden, wenn die Konjunktur wieder anspringt, weil sie dann die gewährten Vorschüsse zurückzahlen werden müssen.

Kontenregister-Erweiterung zur Geldwäschevermeidung und Terrorismusbekämpfung

Einen neuen Anlauf zur Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung haben ÖVP und Grüne mittels eines gemeinsamen Initiativantrags gestartet. Eine Regierungsvorlage, die diesen Zweck erfüllen sollte, scheiterte im Dezember an der verfassungsrechtlich notwendigen Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Nun soll diese Hürde durch die Berücksichtigung von Einwänden der Opposition genommen werden.

Unter anderem gehört eine Änderung des Kontenregister- und Konteneinschaugesetzes zum Gesetzespaket. Demnach sind künftig etwa auch Schließfächer von Kreditinstituten und von gewerblichen Schließfachanbietern zu melden. Weiters soll es zur Erteilung von Auskünften aus dem Kontenregister an die Geldwäschemeldestelle, das BVT, die FMA, die Vermögensabschöpfungsstelle, das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, die Sicherheitsbehörden sowie an die zuständigen Aufsichtsbehörden kommen. Im Rahmen von Anpassungen des Sanktionengesetzes sollen der Oesterreichischen Nationalbank und dem Innenminister für Ersuchen der Sicherheitsbehörden Auskünfte aus dem Kontenregister erteilt werden. Zudem soll ein Transaktionsmonitoring die Verwendung von künstlicher Intelligenz ermöglichen, wenn bestimmte Anforderungen eingehalten werden.

Rechnungshof-Berichte: Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen

Auf der Tagesordnung findet sich anschließend eine Reihe von Berichten des Rechnungshofs.

Bei der Umsetzung der in der Agenda 2030 zusammengefassten nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs) durch Österreich sieht der Rechnungshof noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Ein entsprechender Prüfbericht beklagt in diesem Zusammenhang das Fehlen einer klaren politischen Prioritätensetzung sowie einer zentralen Steuerung und vermisst zudem eine gesamtstaatliche Umsetzungsstrategie.

Geprüft wurde die Umsetzung der Agenda 2030 bereits im Jahr 2017. Der Rechnungshof kam dabei zunächst zum Schluss, dass die Beiträge der einzelnen Bundesministerien für eine Bestandsaufnahme in Bezug auf bereits bestehende Strategien und Programme hinsichtlich Qualität und Umfang sehr unterschiedlich ausgefallen waren. Das Bundeskanzleramt habe die Beiträge lediglich redaktionell zusammengefügt und über den Inhalt weder die Öffentlichkeit noch das Parlament informiert. Eine Lückenanalyse betreffend die Diskrepanz zwischen den Entwicklungszielen und dem Ergebnis der österreichweiten Bestandsaufnahme sei noch nicht vorgelegen. Kritisch beleuchtete der Rechnungshof auch den von der Bundesregierung gewählten Ansatz, die Verantwortung für die Umsetzung den einzelnen Ministerien zu übertragen. Dies habe zu einer Fragmentierung des Umsetzungsprozesses geführt, heißt es. Strukturen für eine systematische, gebietskörperschaftsübergreifende Koordinierung hätten ebenso gefehlt wie Strategien für die Einbeziehung der Zivilgesellschaft.

Prüfbericht zu Parteiakademien

In einem Prüfbericht zu den Parteiakademien bemängelt der Rechnungshof einmal mehr die unklare und mangelhafte Regelung im Umgang mit den Fördergeldern für die Bildungseinrichtungen der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien, deren gesetzlich festgelegter Zweck die staatsbürgerliche Bildung ist. Die Parteiakademien würden laut Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker in periodischen Abständen immer wieder einer Rechnungshofprüfung unterzogen. So wurde bereits im Jahr 2014 kritisiert, dass das Bundeskanzleramt als Fördergeber über keine direkten Kontrollrechte verfügt, woran sich bislang nichts geändert habe. Entsprechende legistische Vorschläge, etwa die Adaption des Publizistikförderungsgesetzes, seien nicht umgesetzt worden, sagte Kraker im Ausschuss. Von einer Prüfung der Jahresberichte der Parteiakademien habe das Bundekanzleramt außerdem abgesehen, wird im aktuellen Prüfbericht festgestellt.

Ungeregelt geblieben ist für den Rechnungshof auch die Frage, wie Parteiakademien, deren Förderwürdigkeit aufgrund des Ausscheidens ihrer Fraktion aus dem Nationalrat endet, mit nicht verbrauchten Fördermitteln umzugehen haben. Empfohlen wird daher, Klarstellungen zum Verbrauch der Mittel nach letztmaliger Auszahlung vorzunehmen und etwaige Rückforderungen anzudenken.

Die PrüferInnen des Rechnungshofs konnten im Prüfzeitraum 2012 bis 2017 Anhaltspunkte gesetzeswidriger Verwendung von Fördermitteln sowohl bei der FPÖ und den Grünen als auch beim Team Stronach und beim BZÖ feststellen. So habe das FPÖ-Bildungsinstitut widmungswidrige Beratungsleistungen und Spesen verbucht, die in keinem direkten Zusammenhang mit Veranstaltungen der Bildungsarbeit standen. Die Grüne Bildungswerkstatt finanzierte laut Rechnungshofbericht Projekte Dritter, denen keine Kooperation zugrunde lag, und Veranstaltungen, deren gesetzlich vorgeschriebene Federführung sie nicht inne hatte. Die Fälle seien der Finanzprokuratur weitergeleitet worden, sagte Ministerin Edstadler im Ausschuss, wobei allerdings kein einziger zu einer zivilrechtlichen Rückforderung geführt habe.

Beratungsleistungen und Studien im Sozial- und im Außenministerium

In einer anderen Gebarungsprüfung widmete sich der Rechnungshof den Beauftragungen von Beratungsleistungen und Studien im Sozial- und im Außenministerium. So wurde in beiden Ressorts externe Beratung in Anspruch genommen, obwohl interne FachspezialistInnen vorhanden waren, heißt es darin. Eine zentrale Empfehlung zielt daher darauf ab, auf die Verfügbarkeit internen Know-hows zu achten und vor Auftragserteilung den tatsächlichen Bedarf genau zu prüfen. Außerdem wird empfohlen, grundsätzlich mehrere Angebote einzuholen und Verträge schriftlich abzuschließen. Im Sozialministerium sei nämlich etwa ein Auftrag für strategische Kommunikationsberatung mündlich und ohne Einholdung von Vergleichsangeboten erteilt worden.

Berichtet wird vom Rechnungshof ferner über Studien, die ohne Ausschreibung in Auftrag gegeben wurden. Eine vom Außenministerium beauftragte Evaluierung islamischer Kindergärten in Wien schlug 2017 in Bezug auf den Studienautor mediale Wellen. Der Rechnungshof stellt dazu fest, dass der Kommunikationsprozess zwischen Ministerium und Autor sowie textliche Änderungen nicht aktenmäßig dokumentiert wurden. Positiv bewertet wird, dass die Studienergebnisse auf den Websites beider Ministerien veröffentlicht wurden, wobei sich die Rechnungshofpräsidentin für eine grundsätzliche Publikation von ministeriell beauftragten Studien ausspricht.

Prüfbericht über das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

Teamleitungen und verfahrensführende ReferentInnen würden über keinen (rechtswissenschaftlichen) Studienabschluss verfügen, bemängelt der Rechnungshof in seinem Prüfbericht über das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), mit dem der Debattenblock im Plenum über Rechnungshofberichte fortsetzt wird. Angesichts der fehlenden rechtlichen Vorkenntnisse, des breiten Aufgabenbereichs und möglicher Grundrechtseingriffe sei somit eine einheitliche Qualität der Entscheidungen (z.B. bei der Begründung von Asylbescheiden) nicht gewährleistet, heißt es dazu.

Kritisch vermerkte der Rechnungshof auch, dass das BFA nur geringe Möglichkeiten zur Steuerung des Personals – etwa durch Umschichtung innerhalb des Ministeriums – bei schwankender Auslastung hatte. Zur Entwicklung der Verfahrenszahlen hielt der Bericht fest, dem BFA sei es gelungen, die Anzahl der in erster Instanz offenen Asylverfahren von über 73.000 Ende 2015 auf rund 16.000 Ende Juni 2018 zu senken. Im gleichen Zeitraum habe sich aber der Stand an offenen Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) von rund 6.300 auf über 30.000 erhöht. Der Rechnungshof gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Entscheidungen des BVwG (z.B. Zurückverweisungen, Außerlandesbringungen) unmittelbaren Einfluss auf das Arbeitsaufkommen des BFA haben.

Schließlich ortete der Bericht auch Informationslücken bei straffälligen Fremden. Konkret bemängelte der Rechnungshof hier, dass die Justizanstalt Josefstadt die zuständige Regionaldirektion nicht durchgängig vor Spontanentlassungen von Fremden benachrichtigte. Handlungsbedarf ortete der Rechnungshof auch bei der Durchsetzung von aufenthaltsbeendenden Entscheidungen.

Follow-up-Überprüfung des Vollzugs der Schubhaft

Im Rahmen seiner Follow-up-Überprüfung des Vollzugs der Schubhaft – Anknüpfungspunkt ist im Rechnungshofbericht das Anhaltezentrum Vordernberg – empfahl der Rechnungshof eine Evaluierung und Neukonzeption des Polizeianhaltewesens im Hinblick auf die Entwicklung der Häftlingszahlen, der verfügbaren Kapazitäten und der personellen Ausstattung. Darüber hinaus wäre sicherzustellen, dass aufenthaltsbeendende Entscheidungen auch tatsächlich durchgesetzt werden. Konkrete Überlegungen sollten nach Ansicht des Rechnungshofs auch bezüglich der noch offenen Vorgehensweise bei den zur Ausreise verpflichteten Personen unbekannten Aufenthalts angestellt werden.

Abwehr von Drohnen auf Flughäfen

Derzeit gebe es keine wirksame Abwehrmöglichkeit von Drohnen auf Flughäfen, konstatiert der Rechnungshof zum Thema Drohnen in der zivilen Luftfahrt.Geprüft wurde, wie Behörden mit privaten Drohnen umgehen. Weder die Austro Control noch die Flughäfen in Österreich verfügen über stationäre Drohnenabwehrsysteme, lautet das Ergebnis seiner Analyse. Zudem waren nur rund sieben Prozent der bewilligungspflichtigen Drohnen tatsächlich bewilligt.

Auf Flughäfen gebe es eine erhöhte Gefahr durch Drohnen, weil sich hier Flugzeuge bei Start und Landung im Luftraum unter 150 Metern bewegen, so das Ergebnis des Prüfberichts. Im Notfall konnte im überprüften Zeitraum 2013 bis 2017 nur auf Drohnenabwehrgeräte des Innenministeriums zurückgegriffen werden. Diese mussten allerdings erst zum Flughafen transportiert werden und wären somit nur zeitverzögert einsetzbar gewesen.

Weil ein erhebliches Risiko für Personen- und Sachschäden bestehe, empfahl der Rechnungshof dem Innenministerium, für die größten Flughäfen zumindest je ein Drohnenabwehrsystem vor Ort bereitzustellen. Zudem sollen Strategien zur Drohnenabwehr für Flughäfen entwickelt werden. Die Drohnenabwehrgeräte des Innenministeriums seien einsatzbereit, unterstrich Innenminister Karl Nehammer im Rechnungshofausschuss. Grundsätzlich sei aber der Flughafeneigentümer für die Sicherheit auf dem Flughafen zuständig. Drohnenabwehrsysteme für Flughäfen anzuschaffen, falle demnach nicht in sein Ressort.

Rechnungshofanalyse zu Verkehrsstrafen

In einem weiteren Verfahren analysierte der Rechnungshof Verkehrsstrafen. Die Prüferinnen und Prüfer stellten fest, dass es kein zentrales, bundesweit abrufbares Verwaltungsstrafen–Register gibt. Den Strafbehörden sei es daher im Prüfzeitraum kaum möglich gewesen, eventuell offene Geldforderungen oder Freiheitsstrafen außerhalb der eigenen Zuständigkeitsbereiche – in der Regel die Grenzen der Bezirkshauptmannschaften – zu erkennen. Nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand sei es möglich gewesen, WiederholungstäterInnen zu identifizieren und dies beim Strafausmaß entsprechend zu berücksichtigen. Insgesamt nahmen Bund und ASFINAG sowie die Länder Niederösterreich und Oberösterreich im Jahr 2017 rund 310 Mio. € aus Verkehrsstrafen ein. Es werde zunehmend auf automatische Kontrollmöglichkeiten zurückgegriffen.

Je nach Bundesland würden unterschiedliche Strafgelder und Toleranzgrenzen gelten, stellte der Rechnungshof weiter fest. Das Innenministerium habe einen Bundes–Tatbestandskatalog erstellt, der für die Länder nicht verbindlich gewesen sei. In Folge habe es bei identischen Delikten je nach Bundesland unterschiedliche Strafgelder gegeben. Innenminister Karl Nehammer sprach sich im Rechnungshofausschuss neben einer Vereinheitlichung der Strafen auch für den wechselseitigen Informationsaustausch aus. Für eine zentrale Verwaltungsstrafevidenz sei eine Gesetzesänderung notwendig. Arbeiten des Bundeskanzleramts seien diesbezüglich im Gange, hieß es vom Innenministerium.

Rechnungshof: Folgen psychischer Erkrankungen führen zu Mehraufwendungen von rund 300 Mio. €

Grundlage des Rechnungshofberichts über das Angebot der Sozialversicherung für psychisch Erkrankte war die Durchleuchtung der psychosozialen Angebote in den Ländern Salzburg und Steiermark, die das Prüforgan des Parlaments 2016 durchgeführt hatte. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund die Hälfte der Bevölkerung zumindest einmal im Leben von psychischer Erkrankung betroffen ist. Die Mehraufwendungen für Krankheitsfolgen aufgrund psychischer Erkrankungen in Österreich allein für das Jahr 2016 bezifferte der Rechnungshof mit etwa 300 Mio. €.

Laut dem Rechnungshof liegen keine vollständigen Daten zu Verbreitung, Ursachen und Folgen psychischer Erkrankungen, aber auch zur Inanspruchnahme von Psychopharmaka oder psychosozialen Diensten und zur Wirkung der Behandlungen vor. Gesundheitsminister Rudolf Anschober betonte im Ausschuss, das Gesundheitsministerium sei laufend bemüht, das psychotherapeutische Angebot an den Bedarf anzupassen. Er setze hier auf die Fortführung und Ausweitung von bereits erfolgreich in Pilotversuchen erprobten Modellen, wie etwa den Clearingstellen, die dafür sorgen sollen, dass PatientInnen die für sie passende Therapie und Beratung erhalten. Er habe in Gesprächen mit den beteiligten Stellen eine hohe Bereitschaft erkennen können, die vom Rechnungshof angesprochenen Verbesserungen umzusetzen, etwa was die verbesserte Koordination der Daten betrifft.

Verbesserungsbedarf bei Diabetes-Prävention und -Versorgung

In seinem Bericht "Diabetes–Prävention und –Versorgung" weist der Rechnungshof auf einige qualitative Probleme bei der Versorgung von an Diabetes Typ 2 erkrankten Personen, auf Defizite in der Prävention sowie auf eine insgesamt schlechte Datenlage hin. Laut Hochrechnungen der Krankenversicherungsträger waren im Jahr 2016 österreichweit rund 506.700 Personen von der Stoffwechselkrankheit betroffen, wobei rund 294.000 Diabetes-Typ-2–Erkrankungen nicht diagnostiziert worden waren. Wegen der Zunahme der Zahl an Erkrankten, der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der finanziellen Folgen sieht der Rechnungshof eine wesentliche Herausforderung für das österreichische Gesundheitswesen. Geprüft wurde im niedergelassenen Bereich in den Jahren 2013 bis 2017, mit Schwerpunkt auf die Niederösterreichische und Tiroler Gebietskrankenkasse. Der Rechnungshof empfiehlt auch hier, valide und vollständige Datengrundlagen zu schaffen. Zudem sollten regionale und geschlechtsspezifische Besonderheiten von Diabeteserkrankungen analysiert und bei Prävention und Versorgung berücksichtigt werden.

Pflege: Länderspezifische Unterschiede und mangelnde Koordinierung

In einer von den Mitgliedern des Rechnungshofausschusses dankbar entgegengenommenen Analyse beurteilte der Rechnungshof die Zweckmäßigkeit der Pflegedienstleistungen in allen neun Bundesländern und berechnete die Pflegekosten für das Jahr 2016 mit insgesamt 7,9 Mrd. €. Bisher habe darüber eine österreichweite Statistik gefehlt, wird das Unterfangen begründet und zugleich Kritik geübt.

Für die zu dieser Zeit 452.688 Pflegebedürftigen kamen 2,9 Mrd. € vom Bund und rund 2,1 Mrd. € von den Ländern und Gemeinden, während weitere 2,9 Mrd. € privat abgedeckt wurden. Ein gutes Drittel der Pflegekosten wurde demnach also privat erbracht, wobei die Zahl der dafür zur Verfügung stehenden Angehörigen sich laut Rechnungshof in den nächsten Jahrzehnten drastisch verringern werde. Auch gesellschaftliche Entwicklungen, etwa eine höhere Frauenerwerbsquote könnten dem Prüforgan zufolge Auswirkungen auf die private Pflege haben, weshalb es auf eine Bedarfsprognose und die Erweiterung des Pflegeangebots anhand einer Gesamtstrategie pocht.

Fehlende Transparenz bei Lebensmittel-Qualitätszeichen

Auf dem österreichischen Lebensmittelsektor kommen über 100 Qualitätszeichen zum Einsatz, wobei es sich - abgesehen vom AMA-Gütesiegel und AMA-Biosiegel – zumeist um privatrechtliche, freiwillige Auszeichnungen handelt, die nicht auf Gesetzen beruhen. Der Rechnungshof geht daher davon aus, dass für die KonsumentInnen kaum nachvollziehbar ist, unter welchen Voraussetzungen diese Zeichen vergeben und überprüft werden, und empfiehlt in seinem Bericht, diesbezüglich Mindestanforderungen zu definieren, um eine Irreführung von KundInnen zu vermeiden. Es müsse klargestellt werden, dass eine solche Täuschung nicht stattfinden kann, sagte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker im Ausschuss und sprach sich auch für die Durchführung von regelmäßigen Schwerpunktkontrollen aus.

Eine gesamthafte Strategie wird ebenso für jene heimischen Produkte angeraten, die auf EU-Ebene unter Schutz gestellt werden sollen. Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung trugen nur 17 österreichische Produkte die EU-Angabe einer geschützten Ursprungsbezeichnung, etwa die Wachauer Marille, der Tiroler Graukäse oder der Gailtaler Speck.

Sammelbericht über Petitionen und Bürgerinitiativen

Der Petitionsausschuss hat dem Plenum einen Sammelbericht über den Abschluss der Beratungen zu insgesamt sechs Bürgerinitiativen und zehn Petitionen vorgelegt. Das Themenspektrum der Forderungen reicht von einem Abschiebestopp von Auszubildenden in Pflegeberufen über eine diskriminierungsfreie Blutspende bis hin zum Abbau von Hürden beim Familienhärtefonds sowie für eine gesetzliche Einlagensicherung und Ausfallshaftung für Gemeinden. Weitere Petitionen betreffen eine Nominierung des Otto-Wagner-Spitals am Steinhof als UNESCO-Weltkulturerbestätte, eine Wiedereinführung der Mutterkuhprämie, einen Stopp von "Mautflüchtlingen" in Kittsee, einen Ausbau der Verbindungsbahn in Hietzing sowie eine Öffnung des Engelstors als Eingang in den Schlosspark Schönbrunn.

Die Stoßrichtungen der Bürgerinitiativen sind unter anderem ein Verbot eines tierquälerischen, betäubungslosen Schächtens und ein Verbot der "post-cut-stunning"-Methode beim Schächten, eine Erhöhung der derzeitigen Polizeiplanstellen in Villach, das Heumarkt-Hochhausprojekt, das Thema Pensionen sowie ein Erhalt des Bezirksgerichtes am Standort Telfs. Unter dem Titel "ohne Kunst wird’s still – Forderungen: Schweigemarsch 2020" geht es um die aktuelle Situation im Kunst- und Kulturbereich.

Opposition will parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste stärken

Zum Abschluss der Sitzung stehen zwei Erste Lesungen auf dem Programm. NEOS, SPÖ und FPÖ nehmen einen gemeinsamen Anlauf zur Ausweitung der parlamentarischen Kontrollrechte gegenüber den österreichischen Nachrichtendiensten. Geht es nach ihnen, sollen sowohl der Verteidigungsminister als auch der Innenminister verpflichtet werden, dem jeweils zuständigen parlamentarischen Kontrollausschuss regelmäßig über die allgemeine Tätigkeit der Geheimdienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu berichten, wobei die bestehende Systematik – ein Unterausschuss für die beiden Heeres-Dienste, ein Unterausschuss für den Verfassungsschutz – beibehalten werden soll. Zudem soll den Abgeordneten auf Verlangen eines Viertels der Ausschussmitglieder Einsicht in einschlägige Unterlagen gewährt werden. Eine Verweigerung von Auskünften und Einsichtnahmen wäre dem Antrag zufolge nur in Ausnahmefällen möglich und müsste begründet werden.

In den Erläuterungen zum Antrag wird mit Hinweis auf Vorkommnisse in der Vergangenheit hervorgehoben, dass die derzeitigen Kontrollrechte des Parlaments unzureichend seien. Die drei Oppositionsparteien sind außerdem davon überzeugt, dass eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle auch die Akzeptanz und das Vertrauen der BürgerInnen in die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) verbessern würde. Der Antrag wird nach der Ersten Lesung dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen, eine begleitende Initiative zur Änderung des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes liegt bereits im Innenausschuss.

Gemeinsamer Vorschlag für erweitertes Begutachtungsverfahren

Ein gemeinsames Anliegen ist den fünf Parlamentsparteien die Ausweitung des Begutachtungsverfahrens auf alle Gesetzesinitiativen. ExpertInnen und BürgerInnen sollen demnach künftig nicht nur wie bisher zu Ministerialentwürfen der Regierung, sondern auch zu Gesetzesanträgen von Abgeordneten und Ausschüssen, fertigen Regierungsvorlagen, Gesetzesanträgen des Bundesrats und Volksbegehren Stellungnahmen abgeben können. Und zwar solange, bis das parlamentarische Verfahren zu Gänze abgeschlossen ist, also der Gesetzentwurf entweder den Bundesrat passiert hat oder in anderer Art und Weise erledigt wurde.

Die einlangenden Stellungnahmen sollen, wie schon jetzt bei Ministerialentwürfen, auf der Parlaments-Website veröffentlicht werden – kommen sie von Privatpersonen, allerdings nur mit deren Einwilligung. Eine weitere Änderung der Geschäftsordnung sieht vor, dass sich die Mitglieder des Immunitätsausschusses bzw. des Unvereinbarkeitsausschusses vertreten lassen sollen, wenn sie selbst von einem Auslieferungsbegehren oder einer Meldung über berufliche Tätigkeiten bzw. Nebeneinkünfte betroffen sind.

Auch dieser Gesetzentwurf wird im Geschäftsordnungsausschuss weiterberaten. (Schluss) mbu/gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.