Parlamentskorrespondenz Nr. 92 vom 28.01.2021

Bundesrat billigt Gemeindehilfspaket

Familien-Agenden an Ministerin Raab übertragen

Wien (PK) – Das 1,5 Mrd. € schwere Unterstützungspaket zur Stärkung der Gemeindefinanzen erreichte heute die knappe Stimmenmehrheit der Länderkammer. Die BundesrätInnen von ÖVP, Grüne und NEOS begrüßen, dass die Kommunen in Zusammenhang mit der Corona-Krise auf diesem Weg 500 Mio. € als Sonderzuschuss und rund 1 Mrd. € als Vorschuss auf künftige Ertragsanteile erhalten und setzten sich durch, gegen den entsprechenden Nationalratsbeschluss keinen Einspruch zu erheben. SPÖ und FPÖ orten vielmehr eine Verschuldungsgefahr und sehen das Hilfspaket als verfehlt an.

Mehrheitlich besiegelt wurde in der heutigen Bundesratssitzung außerdem die Bundesministeriengesetz-Novelle, um die Agenden für Familie und Jugend aus dem Arbeitsministerium ins Bundeskanzleramt zu verschieben.

Zweites Hilfspaket für Gemeinden geschnürt

Zur Abfederung der Einnahmeausfälle infolge der COVID-19-Pandemie geht es den Regierungsparteien mit dem Gesetzespaket darum, die Liquidität der Gemeinden sowie ihre Investitionskraft für 2021 sicherzustellen. Konkret profitieren die Gemeinden bei der Zwischenabrechnung im kommenden März von zusätzlich 400 Mio. € vom Steuerertrag sowie von rund 1 Mrd. € an Sondervorschüssen auf künftige Ertragsanteile, wobei deren Rückzahlung frühestens 2023 beginnt. Zudem wird der Strukturfonds für finanzschwache Gemeinden um 100 Mrd. € aufgestockt.

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ/O) sieht darin eine "Mogelpackung" und warf der Bundesregierung vor, zu verschleiern, wie viel Geld tatsächlich bei den Gemeinden ankäme. Er schlug stattdessen "echte" Direktzahlungen vor. Auch sein Fraktionskollege Günther Novak (SPÖ/K) erachtet es als problematisch, zwei Drittel der Hilfsmittel rückzahlen zu müssen. Ein SPÖ-Entschließungsantrag zur Gewährung eines Finanzierungszweckzuschusses für Städte und Gemeinden in der Höhe von 250 € pro EinwohnerIn fand keine Mehrheit.

Josef Ofner (FPÖ/K) kritisierte, dass die Hilfsmittel nicht ankämen, weil viele Gemeinden nicht über die entsprechenden Eigenmittel verfügen würden. Der "Bund als Bank" sei keine Hilfestellung und keine verantwortliche Finanzpolitik für die Gemeinden. Es handle sich seiner Meinung nach nicht um ein Unterstützungspaket sondern um ein "Belastungspaket", das in eine Schuldenspirale führe.

Finanzminister Gernot Blümel konnte die ablehnende Haltung nicht nachvollziehen, da der SPÖ bei ihren Forderungen entgegen gekommen worden sei. Dass die Gemeindehilfen ankämen, würde man außerdem daran erkennen, dass sie auch von den OppositionsvertreterInnen in ihren Kommunen angenommen werden, meinte der Minister in Richtung der FPÖ-Fraktion.

ÖVP und Grüne verteidigten die Vorstöße der Bundesregierung. Bereits mit dem mit 1 Mrd. dotierten kommunalen Investitionspaket habe der Bund gezeigt, dass er die Gemeinden nicht im Stich lasse, meinte Bundesrätin Andrea Holzner (ÖVP/O). Das zweite Gemeindepaket sorge ihr zufolge für weitere Planungssicherheit und sichere 40.000 Arbeitsplätze. Eduard Köck (ÖVP/N) hob die Bedeutung der Strukturhilfe für finanziell schwache Gemeinden hervor.

Vom ersten Hilfspaket hätten die Gemeinden bereits 350 Mrd. € abgerufen, berichtete Elisabeth Kittl (Grüne/W). Mit dem zweiten Paket könnten künftig zusätzliche 1,5 Mrd. € zweckfrei automatisch mit den Ertragsanteilen ausgeschüttet werden, erläuterte sie das Ziel der Bundesregierung, die coronabedingten Ausfälle so gut wie möglich auszugleichen.

Raab hat künftig auch Familien- und Jugendressort inne

Mit breiter Mehrheit wurde vom Bundesrat ferner einer Änderung der Ministerienstruktur stattgegeben. Die Kompetenzen für Familie und Jugend werden aus dem Arbeitsministerium herausgelöst und an Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab ins Bundeskanzleramt übertragen. Für sie gilt es, die Synergien ihrer Agenden zu nutzen, um etwa für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bessere Rahmenbedingungen für Mütter zu schaffen, aber auch die Väterbeteiligung zu stärken, sagte Raab.

Die SPÖ sprach sich als einzige Bundesratsfraktion gegen die Novelle aus, weil sie die Zusammenführung der Ressorts als eine Schwächung der frauenpolitischen Agenden wertet. Frauen würden ihr eigenes Ressort verdienen, meinte Sandra Gerdenitsch (SPÖ/B). Angenommen wurde ein von der Bundesrätin in diesem Zusammenhang eingebrachter Entschließungsantrag hinsichtlich eines Soforthilfepakets für Alleinerzieherinnen, wie auch ein gemeinsamer Antrag von SPÖ und NEOS, womit Maßnahmen gegen die psychosozialen Auswirkungen der Corona-Krise bei Kindern und Jugendlichen gefordert werden. (Fortsetzung Bundesrat) fan

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