Parlamentskorrespondenz Nr. 102 vom 29.01.2021

Neu im Justizausschuss

Oppositionsanträge zu staatsanwaltlichen Berichtspflichten sowie zur Fachaufsicht im Ibiza-Strafverfahren

Wien (PK) – In einer gemeinsamen Initiative von SPÖ, FPÖ und NEOS sowie in einem NEOS-Entschließungsantrag geht es den Oppositionsfraktionen um eine Abschaffung bestimmter staatsanwaltlicher Berichtspflichten in clamorosen Fällen. Außerdem fordern SPÖ und FPÖ mit einem Entschließungsantrag, der Oberstaatsanwaltschaft Wien im "Ibiza"-Strafverfahren die Fachaufsicht zu entziehen.

Oppositionsantrag zur Abschaffung der Drei-Tages-Berichtsfrist an die Oberstaatsanwaltschaft Wien

Die Justizministerin habe dafür Sorge zu tragen, dass eine wirklich unabhängige Justizbehörde vollumfassend und unbeeinflusst aufklären kann, werfen die Oppositionsparteien auf. Dies könne im "Ibiza"-Verfahrenskomplex nur gewährleistet werden, wenn zumindest die Drei-Tages-Berichtspflicht in clamorosen Fällen im Berichtspflichtenerlass der Oberstaatsanwaltschaft Wien in jenen Fällen, in denen bloß aufgrund der Funktion des/der Verdächtigen im öffentlichen Leben ein öffentliches Interesse besteht, abgeschafft werde, fordern SPÖ, FPÖ und NEOS in einem gemeinsamen Entschließungsantrag. Der Erlass der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien sehe für die Vorlage solcher Drei-Tages-Berichte grundsätzlich eine Vorab-Frist von zumindest drei Werktagen vor der Durchführung solcher Verfahrensschritte vor.

Im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss haben dem Antrag zufolge die betroffenen StaatsanwältInnen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Rahmen der Befragungen als Auskunftsperson von einer diesbezüglichen Problematik berichtetet – etwa hinsichtlich Verfahrensverzögerung durch diese Vorab-Informationspflicht in einem mehrstufigen Berichtssystem und entsprechender Bindung von Arbeitsressourcen, wie dem Antrag zu entnehmen ist. In dem Zusammenhang gehe es auch um die Frage nach politischen Einflussnahmen auf die mit dem "Ibiza"-Komplex verbundenen Strafverfahren, so die AntragstellerInnen von SPÖ, FPÖ und NEOS (1219/A(E)).

NEOS fordern Abschaffung der staatsanwaltschaftlichen Berichtspflichten in clamorosen Fällen

Darüber hinaus setzen sich die NEOS für eine einheitliche Rechtsanwendung staatsanwaltschaftlicher Berichterstattung ein und fordern die Abschaffung der staatsanwaltschaftlichen Berichtspflichten in clamorosen Fällen – also in Fällen, in denen bloß aufgrund der Funktion des/der Verdächtigen im öffentlichen Leben ein öffentliches Interesse besteht.

So sei etwa nicht klar, inwiefern bei clamorosen, rechtlich aber im Grunde unproblematischen Fällen derartige Berichtspflichten der "Qualitätssicherung" dienen sollen. An dieser Stelle bringe das aktuelle System der fachaufsichtlichen Prüfung die Gefahr einer Zweiklassenjustiz mit sich, in welcher prominenten Persönlichkeiten noch eine "politische Ehrenrunde" vergönnt werde, während der gemeine Bürger bzw. die gemeine Bürgerin schon längst auf der Anklagebank sitze. Anstatt der Implementierung zweier verschiedener Modi der Strafverfolgung - eine für Prominente und eine für NormalbürgerInnen - könne lediglich eine einheitliche Rechtsanwendung Sinn und Zweck staatsanwaltschaftlicher Berichterstattung sein. Weiterhin aufrechterhalten sollte laut Antrag zumindest vorerst die Berichtspflicht in rechtlich unklaren Fällen, um erst nach Evaluierung einen nächsten Schritt weiter in Richtung unabhängige Ermittlungsbehörde zu gehen, so die NEOS (1218/A(E)).

SPÖ und FPÖ fordern Entzug der Fachaufsicht der OStA Wien im "Ibiza"-Strafverfahren

SPÖ und FPÖ fordern außerdem die Justizministerin auf, der Oberstaatsanwaltschaft Wien die Fachaufsicht über die mit dem "lbiza"-Komplex zusammenhängenden Strafverfahren ehestmöglich zu entziehen und einer anderen, "vom Anschein von Befangenheit freien Oberstaatsanwaltschaft" zu übertragen. Der Umgang der Justiz mit dem Fall "Ibiza" sei im höchsten Maße dafür entscheidend, ob der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Strafrechtspflege in der öffentlichen Wahrnehmung der Bevölkerung genüge getan wird, werfen die beiden Fraktionen in einem Entschließungsantrag auf. In Anbetracht dieser Bedeutung sei ein Zustand untragbar, in dem von bestimmten Akteuren versucht werde, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen bzw. die Arbeit der WKStA zu blockieren, so der Vorwurf. In diesem Verfahren sei dies der Fall - dem Antrag von SPÖ und FPÖ zufolge "absurderweise" durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien unter Leitung von Johann Fuchs. Es müsse sichergestellt sein, dass auch die Fachaufsicht unbefangen agiere, so die Forderung (1220/A(E)). (Schluss) mbu